Wir handeln #3/2022

Page 1

Dem Krisensog widerstehen

Der Schweizer Aussenhandel ist mit parallelen Krisen konfrontiert: den Auswirkungen des Ukraine-Krieges, den steigenden Rohstoffpreisen und den möglichen zukünftigen Energieengpässen. Handel Schweiz wollte von den 33 Mitgliederverbänden wissen, wie diese Entwicklungen den Aussenhandel der Handelsfirmen beeinflussen. Wie die Umfrage ergab, sind 77 bis 93 Prozent der Handelsbranchen von den

Krisenfeldern betroffen, 40 bis 60 Prozent stark. Erstaunliche 50 Prozent der Unternehmen konnten in den vergangenen Monaten trotzdem ihren Umsatz im Aussenhandel steigern. Ein Fünftel der Firmen musste Umsatzeinbussen in Kauf nehmen. Von den drei Krisenherden wirken sich die Rohstoffpreise am stärksten aus. Die Aussichten lassen den Handel hoffen. Das KOF geht von einem schrittweisen Rückgang der Inflation aus.

Neue Kräfte im Handel
Magazin
Das
des Schweizer Handels
Schweizer Aussenhandel Aus dem Vorstand Berichte aus Firmen Sie erfahren, was die neuen Spezialisten bewegt und was sie bewegen. Seite 12 3 22 Neue Köpfe im Leitenden Ausschuss und im Vorstand. Seite 14 Geopolitische Einflüsse treffen auf robuste Firmen. Seite 2 Die alltägliche Komplexität im Aussenhandel. Seite 6 Beste Lernende 2022 Wow – solche Newcomer sind Hoffnungsträger und machen Freude. Seite 10 Neue Weiterbildung erhöht Karrierechancen im wachsenden Online-Markt. Seite 11 E-Commerce Spezialist Lieber digital lesen?

Aussenhandel

Editorial Die Tore weit auf

Händler sind seit jeher sehr flexibel und agil unterwegs. Jedes Jahr werden frische Herausforderungen geliefert. Solch ein geschäftliches Umfeld trainiert die Resilienz, die sich auch in den aktuellen Zahlen für den Schweizer Aussenhandel widerspiegelt. Im dritten Quartal 2022 nahmen die Exporte um 1,3 Prozent und die Importe um 0,8 Prozent zu. Es wurden 4,9 Prozent mehr Uhren ausgeführt – ein neuer Quartalshöchststand! Die Exporte nach Asien wuchsen um 10,3 Prozent, jene nach Nordamerika um 3,2 Prozent bzw. nach USA um 5,1 Prozent. Im Export nach Europa wurde dagegen im dritten Quartal 2022 ein Minus von 4,4 Prozent verzeichnet. So sanken die Ausfuhren nach Spanien, Deutschland und Slowenien insgesamt um CHF 1,2 Mrd. Dagegen nahmen die Exporte nach China um 19,3 Prozent sowie jene nach Japan um 15,5 Prozent zu. Auch die Prognosen lassen hoffen. Die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich erwartet für das Jahr 2022 eine Steigerung des BIP um 2,3 Prozent. Gemäss KOF sollte die Inflation ab Mitte 2023 sinken und Ende 2023 bei 2 Prozent liegen.

Ich wünsche Ihnen spannende Anregungen bei der Lektüre von «Wir handeln».

Der weltweite Handel hat sich in den letzten Monaten stark verändert. Der chinesische Wirtschaftsraum wurde durch die Covid-Strategie der Chinesen und der russische Wirtschaftsraum aufgrund des Ukraine-Kriegs durch Sanktionen abgeschottet. In der Folge entschieden die USA, dass China vom Zugang zu modernen Technologien abgeschnitten werden solle. Zudem will die USA autark von chinesischen Rohstoffen sein – so sollen «seltene Erden» aus anderen Weltregionen beschafft werden. Die Hightech-Chip-Fabrikation wollen die USA im eigenen Land oder in befreundeten Ländern ansiedeln.

Diese Bestrebungen machen immense Investitionen notwendig. So wollen die USA die Halbleiterindustrie mit 50 Mrd. Dollar fördern. Die Situation zwischen Taiwan und China hat diese Entscheide unterstützt, da auch die Waffentechnologie betroffen ist. Nicht ohne Grund hat Xi Jinping kürzlich propagiert, dass die chinesische Wirtschaft und Gesellschaft digitalisiert werden sollen. Die Folge: Bestehende, gewohnte Warenströme werden unterbunden oder verlagert.

Warenströme im Fluss

Für die EU gestaltet sich die Situation ähnlich, doch sind andere Warenströme betroffen. Die Unterstützung der Ukraine mit Sanktionen gegen Russland hat einen Energiekrieg ausgelöst. Eingespielte Handelsbeziehungen wurden abrupt unterbrochen. Die EU muss Energie anderweitig beschaffen und von den definierten Klimaschutzzielen zumindest kurzfristig abweichen.

Abschottung ist kein Rezept

Die kulturelle Globalisierung ist von der Abschottung der Blöcke China und Russland betroffen. Gegenseitige persönliche Kontakte von Wissensträgern an Universitäten, zwischen Unternehmen und in der Politik sind eingeschränkt. Sollten die bilateralen Verträge mit der EU nicht mehr weiterentwickelt werden, entsteht für die Schweiz eine zusätzliche Herausforderung.

Rudolf O. Schmid, Präsident Handel Schweiz, betont: «Um den Wohlstand für uns und unsere Partner zu erhalten, sollten die bestehenden Handelsstrukturen überarbeitet

2 Wir handeln 3/22

Umfrage

und erneuert werden. Neue Beziehungen sind zu erschliessen. Wir sollten neues Vertrauen gewinnen – auch in neue Partner! Als kleines Land profitiert die Schweiz vom grossen Vorteil, den Abschottungen nur teilweise zu unterliegen. Auch wir können für die Chip-Produktion keine Lithographie-Maschinen mehr nach China liefern – im Bewusstsein, den USA zuwiderzuhandeln –, aber wir können mit anderen Handelsgütern in unseren weltweiten Verbindungen tätig werden. Die Schweiz kann und darf Autarkie-Bestrebungen nicht unterstützen, da unsere Industrieproduktion abhängig ist von zugekauften Rohstoffen und Bauteilen.»

Steigende Rohstoffpreise

Nach wie vor gelingt es den Schweizer Unternehmen, die sich bietenden Chancen zu nutzen – trotz den schwierigeren Rahmenbedingungen. Das zeigt die aktuelle Umfrage von Handel Schweiz unter den 33 Mitgliederverbänden. In den vergangenen Monaten hat die Hälfte der Handelsbranchen im Aussenhandel den Umsatz um 3,1 bis zu 50 Prozent erhöht. Knapp ein Drittel beklagte einen Einbruch von 7 bis 20 Prozent. Von den drei Krisenbereichen Rohstoffe, UkraineKrieg und Energie wirken sich bis jetzt die steigenden Rohstoffpreise am stärksten auf die im Aussenhandel tätigen Händler aus. In fünf Handelsbranchen führten die steigenden Rohstoffpreise zu höheren Umsätzen. Zwei der befragten Verbände nehmen bei ihren Mitgliedern keine Auswirkungen der steigenden Rohstoffpreise wahr.

Der Ukraine-Krieg verändert den Aussenhandel von drei Vierteln der Mitglieder der befragten Verbände. 40 Prozent der Branchen beobachten starke Auswirkungen.

Zukünftige Energieengpässe zeigen in 77 Prozent der Handelsbranchen Auswirkungen auf den Aussenhandel. In jeder zweiten Handelsbranche sind die Folgen stark.

Auswirkungen durch höhere Rohstoffpreise auf Handelsbranchen

Grössere Lager 18 %

Mehraufwand 18 %

Höherer Liquiditätsbedarf 16 %

Umsatzverlust 13 %

Können Kunden nicht beliefern 8 %

Umsatzsteigerung 7 %

Wechsel der Lieferanten 7 %

Andere 7 %

Stornierte Bestellungen 6 %

Auswirkungen durch Ukraine-Krieg auf Handelsbranchen

Gestörte Lieferketten 32 %

Mehraufwand 18 %

Grössere Lager 14 %

Wechsel von Lieferanten 11 %

Neue Transportwege 9 % Andere 7 %

Umsatzverlust 5 % Umsatzsteigerung 4 %

Auswirkungen durch zukünftige Energieengpässe auf Handelsbranchen

Mehraufwand 21 %

Sparprogramm für Energie 20 %

Aufbau anderer Energie-Lösungen 10 % Umsatzverlust 10%

Höherer Liquiditätsbedarf 10 %

Können Kunden nicht beliefern 8 %

Mehr Homeoffice 8 %

Lieferstopp der Lieferanten 6 %

Wechsel der Lieferanten 4 %

Stornierte Bestellungen 3 %

3 Wir handeln 3/22
Video zum Mediengespräch

HandelsDialog

Handeln trotz Wandel

Am HandelsDialog zum Thema Aussenhandel führten Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter und Prof. Dr. Reto Föllmi in das Thema ein. In den anschliessenden Diskussionen gingen die teilnehmenden Unternehmer und Experten im Aussenhandel vor allem der Frage nach, was die Stärke des Schweizer Aussenhandels ausmacht und was dies für die einzelne Exportfirma bedeutet.

Fazit: Die Agilität der einzelnen Händler, ihre Resilienz und Bereitschaft, sich immer wieder den neuen Herausforderungen zu stellen – das macht letztlich den Kern des Erfolges aus.

Das zeigt sich gerade auch in schwierigen Zeiten, wie ihn der weltweite Handel im Jahr 2022 durchmacht. Damit trotzen die Handelsunternehmen auch den eher als schleppend empfundenen politischen Prozessen, sei es bei Freihandelsabkommen oder bei den Ver-

handlungen mit der EU. Ungeachtet dieser Hindernisse bewegen sich die Händler in ihren funktionierenden Netzwerken und machen tagtäglich das, was sie am besten können: handeln!

Die Post ist täglich in der ganzen Schweiz unterwegs. Und dies immer nachhaltiger. Sie besitzt die grösste Elektro-Fahrzeugflotte der Schweiz. Ab 2025 stellt die Post in urbanen Zentren alle Briefe und Pakete klimaneutral zu.

Die Post ist da. Für eine Schweiz, die sich bewegt.

Mehr erfahren: post.ch/nachhaltige-logistik

Video
Wenn Nachhaltigkeit mit jedem Meter gelebt wird. Dann ist die Post da.

HandelsDialog

Zwei globale Wellen

Prof. Dr. Reto Föllmi, SIAW Universität St.Gallen, Lehrstuhl für Internationale Ökonomie mit Schwerpunkten Aussenhandel und Makroökonomie

«In der ersten Globalisierungswelle wurde das weltweite Zusammenwachsen durch technische Errungenschaften wie die Eisenbahnnetze gefördert. Die zweite Globalisierungswelle begann nach dem 2. Weltkrieg. Harmonisierungen von Regeln und Zollerleichterungen liessen die Welt zusammenwachsen. Diese Bewegung kumulierte im Eintritt Chinas in die WTO im Jahr 2001. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts ist die Globalisierungswelle ins Stocken geraten. Das Handelsvolumen wächst nicht mehr stärker als das Volkseinkommen, was unter anderem die Inflationsrisiken erhöht. Denn solange das Handelsvolumen laufend stieg, wurden die inländischen Preissteigerungen durch den Import von Gütern aus dem asiatischen

Raum aufgefangen. Gleichzeitig beobachten wir eine stärkere Beteiligung von autokratischen Systemen am Welthandel. Früher handelten der Osten und Westen vor allem mit Rohstoffen. Heute ist der Westen auf den Handel mit Asien angewiesen. Auch China braucht den Handel mit dem Westen. Die Schweiz sollte sinnvolle Handelbeziehungen offen pflegen – auch als Teil der Entwicklungszusammenarbeit zum Beispiel mit afrikanischen Ländern. Dabei darf keine obrigkeitliche Haltung eingenommen werden. Gleichzeitig muss der Aussenhandel das Einhalten der Menschenrechte und Produktionsbedingungen berücksichtigen, wie das Freihandelsabkommen mit Indonesien zeigt. Nicht nur die Schweiz profitiert. Indonesien kann so die angestrebte Transformation besser umsetzen.»

Wir sind keine Insel

«

Der Grossteil der Schweizer Händler ist nachhaltig unterwegs. Doch ich kann es nicht oft genug betonen: Darüber müssen Sie als Händler noch viel mehr sprechen. Es reicht nicht, einmal im Jahr im Jahresbericht auf ein Vorzeigeprojekt hinzuweisen. Sprechen Sie bei jeder Gelegenheit darüber, was Sie als Händler weltweit Gutes tun. Das ist wichtig, denn wir befinden uns in einem Wechsel: Die Aussenwirtschaft wird immer mehr zur Innenpolitik. Früher wurde die Aussenwirtschaft dem Bundesrat überlassen. Heute reden das Parlament und das Volk mit. Daher braucht es konstante Aufklärungsarbeit. Aussenpolitik muss heute transparent und partizipativ geschehen. Da sind auch die Experten aus den Exportunternehmen gefragt. Schaffen Sie Vertrauen und tragen Sie Ihre Erfolge und Erfahrungen nach aussen. Die Kernpunkte erfolgreicher Aussenpolitik sind heute: 1. Ein geordnetes Verhältnis zu Europa

2. Breit abgestützte Frei handelspolitik. 3. Multi lateralismus. 4. Auch in der Entwicklungszusammen arbeit. 5. Verantwortungsvolle Unternehmensführung mit ent sprechender Kommunikation nach aussen. 6. Verständnis für die Mechanismen der Schweizer Innenpolitik Es muss immer wieder bewusst gemacht wer den, dass die Schweizer Aussenpolitik zu den re silientesten überhaupt ge hört. Wir sind keine Inse Daher müssen wir die Offenheit behalten – auch was die diversifizierten Wert schöpfungsketten angeht.

5 Wir handeln 3/22
Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter am HandesDialog

Unternehmen im Aussenhandel Verkaufshits auf der Spur

Die Firma Nimex AG in Adliswil ist 69 Jahre im Handel tätig. Mit zehn Mitarbeitenden ist sie gross genug, um die Tätigkeit professionell auszuüben und doch klein genug für den persönlichen Dialog. Seit jeher pflegt sie langjährige Kontakte mit Partnern in Europa, in Fernost und in den USA. So findet sie immer wieder echte Verkaufshits.

Zu den Kerngeschäften von Nimex zählen Uhren und Schmuck sowie Spielwaren. Der Umsatz entfällt rund zur Hälfte auf die beiden Geschäftsfelder. In jedem Segment wird der Austausch mit 20 bis 50 Handelspartnern gepflegt – insgesamt mit über 100 Partnern weltweit. Die Modeuhren sowie der Schmuck werden an mehreren Orten produziert wie in Thailand, Taiwan oder China. Die Preise bewegen sich dabei zwischen ca. CHF 50 bis CHF 500 pro Schmuckstück. Der Valentinstag, Weihnachten und Geburtstage generieren die besten Umsätze. Dann leistet man sich ein besonderes Schmuckstück. Traditionelle Spielzeuge wie Autos, Puppen und Zubehör, Sammelartikel und Plüsch machen rund 70 Prozent des Spielwaren-Sortiments aus. Hier kommen rund 70 Prozent der Waren aus China.

Nimex stellt auch selbst Produkte her bzw. lässt sie produzieren, sei es in Europa wie zum Beispiel in Portugal oder in Fernost. So werden seit Jahren Swiss Made-Uhren mit lokalen Produzenten lanciert. Die Preise liegen im Bereich von CHF 150 bis 500. Diese Uhren stehen, wenn Swiss Made, für Schweizer Qualität, doch sind sie trotzdem «Massenprodukte». Sehr viele Menschen in vielen Ländern sind stolz, sie sich leisten zu können. Über die eigene Beteiligungsgesellschaft vertreibt und produziert Nimex die Swiss Made-Uhren, welche zu 95 Prozent exportiert werden. Zur Kundschaft zählen zum Beispiel Händler wie die Migros Gruppe, die Coop Gruppe, Manor, brack.ch oder Franz Carl Weber.

Nimex besitzt zudem Lizenzen für Merchandising-Produkte. Eines der prominentesten ist die inzwischen 90-jährige Marke Globi, die immer wieder neu erfunden wird und nach wie vor sehr beliebt ist. Globi oder zum Beispiel die Disney-Prinzessinnenpuppe sind Dauerbrenner, die seit Jahren gut verkauft werden.

Die geopolitischen Veränderungen haben bei Nimex zum Glück zu keinen Umsatzeinbussen geführt. Margenverbesserungen sind jedoch im Moment fast nicht möglich. Viele Partner im Ausland haben z.B. durch die Euroschwäche gegenüber dem US-Dollar mit Preiserhöhungen reagiert. Nimex pflegt langjährige Beziehungen zu ausgewählten Partnern wie Herald Holdings in Hongkong oder Nord-Transport in Arlesheim. «Solche Partnerschaften machen uns gegenseitig stark», ist Inhaber Hans Christian von der Crone überzeugt.

6 Wir handeln 3/22
Video

Unternehmen im Aussenhandel

Hongkong – China – Schweiz

Einer der langjährigen Handelspartner von Nimex ist Herald Holdings mit Sitz in Hongkong. Das Unternehmen wurde Mitte der 1950er Jahre durch die Familie des heutigen Verwaltungsratspräsidenten Robert Dorfman und eine zweite Familie aus Hongkong-China gegründet. Dorfman war am kürzlichen Online-Mediengespräch aus Hongkong zugeschaltet. Er erläuterte das Zusammenspiel der beiden Familien: «Wir bringen westliche Management- und Marketingtechniken mit und sie ein grosses Wissen über China und die Produktionsbasis.» Für den grössten Kunden, den US-amerikanischen Spielwarenhersteller Hasbro werden Actionfiguren wie Star Wars und Avengers produziert. Während Herald zu Beginn in Hongkong produzierte, wurde in den 1980er Jahren die Herstellung in das kostengünstigere China verlagert, zunächst über Subunternehmen, später in eigene Fabriken. Obwohl China längst nicht mehr das günstigste Land ist, kommt für Herald die Abwanderung nach Indonesien, Indien oder Vietnam nicht in Frage, wie Robert Dorfman erklärte: «Die Nähe zu Hongkong sowie die kulturelle und sprachliche Nähe machen es möglich, Fabriken in China einigermassen gut zu betreiben. Ein fast unbegrenztes Angebot an Arbeitskräften, leicht verfügbares Land und die vielleicht beste Infrastruktur aller Produktionsländer der Welt verschafft China einen grossen Vorteil. Herald hat die Verlagerung der

Produktion geprüft, doch sich für den Verbleib in China und die möglichst grosse Automatisierung des Herstellungsprozesses entschieden.» Der Handel mit europäischen Partnern läuft über eine Tochtergesellschaft in Grossbritannien, die auch ein grosses Lager unterhält. So kann zum Beispiel Nimex AG kurzfristig Waren liefern lassen.

Handel als Notwendigkeit

Die Herausforderungen von Herald ähneln jenen der Schweizer Händler: gestörte Lieferketten, steigende Kosten für Rohstoffe und der Mangel an Chips. Entspannung zeigt sich beim Strommangel. Zudem hat Herald das Lager an Rohstoffen und Waren ausgebaut, was dank der gesunden Finanzlage möglich ist, trotz der nun längeren Zahlungsfristen. Der Verwaltungsratspräsident der Herald Holdings stellte fest: «Die Welt ist im Moment einfach ein Chaos; Beziehungen sind überall brüchig. Auch wenn das politische Geschrei zwischen den Ländern immer lauter wird, geht der Handel weiter. Der Handel ist eine Notwendigkeit.» Nachhaltigkeit ist der Unternehmensgruppe wichtig. Man setzt auf recycelbare Rohstoffe, sei es Kunststoff oder Metall. Viel Arbeit wurde in umweltfreundliche Verpackungen investiert. Robert Dorfman betont: «Wir sind ein verantwortungsvoller Hersteller und sorgen für faire Arbeitsbedingungen, was zum Beispiel Belüftung, Unterkünfte und Essen angeht. Wären wir nicht diese Art von Unternehmen, könnten wir einfach nicht mehr

Video
Wir handeln 3/22
Robert Dorfman, Chairman Herald Holdings LTD, Hongkong

Transporte Blind Spot: Freihandel

dig wechselnden Bestimmungen. Unsere Fachkräfte sind speziell aus- und weitergebildet. Trotzdem brauchen sie eine gewisse Zeit, um sich in die formalen Anforderungen der Freihandelsabkommen einzuarbeiten. 80 Prozent unserer Neukunden – meistens KMU – kennen sich in den Freihandelsabkommen nicht aus. Hier können wir wertvolle Unterstützung bieten.»

In der Nord-Transport AG aus Arlesheim kümmern sich 35 Mitarbeitende um Transporte innerhalb von Europa und nach Übersee sowie um Zoll und Logistik. Pro Jahr werden bis zu 25’000 Aufträge abgewickelt. Dabei geht es zum Beispiel um Spielwaren, Sportartikel wie Trampoline oder Tretroller, aber auch um Steine, Marmor für Bankengebäude, Holzplatten für Tische – das ganze Spektrum an Handelswaren. Mit Nimex AG arbeitet Nord-Transport AG seit bald 30 Jahren zusammen. Pascal Felten ist Geschäftsleitungsmitglied von Nord-Transport und erklärt: «Nimex ist für mich ein Beispiel für einen Kunden, der mittelund langfristig plant und vorausschauend zusammenarbeitet.»

Freihandelsabkommen sind für Handelsunternehmen ein «absoluter Enabler», weiss Pascal Felten aus täglicher Erfahrung. Für Nord-Transport sind sie ein administrativer Vorteil, denn die Zollprozesse werden vereinfacht. Zudem sind sie ein Marketing-Instrument. Pascal Felten: «Anhand der Seco-Statistiken sehen wir, dass immer noch bis zu CHF 400 Mio. für Zölle auf Waren aus Ländern mit Freihandelsabkommen erhoben wurden. Das liegt zum Teil an den komplizierten und stän-

Für Nord-Transport bestimmen Probleme auf den Lieferketten den Alltag. Pascal Felten gibt Beispiele: «Die Verzögerungen werden durch Servicestörungen in den Reederei-Liniendiensten ausgelöst. Bis Juni dieses Jahres ist nur eines von zehn Schiffen pünktlich angekommen; die restlichen 90 Prozent hatten mindestens drei Tage Verzögerung. Ein weiteres Problem sind die hohen Seefrachtraten, die sich zeitweise verzehnfacht hatten.» Beim Diesel oder anderen ölbasierten Betriebsmitteln betrifft die Energiekrise Nord-Transport direkt. Wenn immer möglich, setzt die Firma auf erneuerbare Energien sowie langfristige Kooperationen mit Subunternehmen und sucht nicht nur den günstigsten Preis. Pascal Felten: «Wir arbeiten nach Möglichkeit mit Partnern zusammen, die auch alternative Treibstoffe bzw. Elektroantriebe und Wasserstoffantriebe einsetzen. Auf der Seite der Reedereien bevorzugen wir Partner, die ihre Flotte nachhaltig betreiben und zukunftsorientiert planen.»

8 Wir handeln 3/22
Video Pascal

Unternehmen im Aussenhandel

Zentrale in Oberkirch

Jil Bachmann hat in diesem Jahr als beste Lernende KV-Branche Handel bei 7S Medical International eine verkürzte Lehre abgeschlossen. Für die Lehre hat sie sich nach dem Bachelor in Politikwissenschaften und Geografie entschieden, da sie sich nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch mit dem Aussenhandel auseinandersetzen wollte. 7S Medical International ist ein Subunternehmen der Stöckli Group und ein Medizinaltechnik-Unternehmen, welches sich auf die Orthopädie spezialisiert hat. Ein typisches Produkt ist Herakles –ein Oberschenkelhals-Nagel, der vom Lieferanten ausschliesslich für 7S produziert wird. Oberschenkelhalsfrakturen gehören weltweit zu den häufigsten Indikationen. Die von 7S vertriebenen Produkte werden unter anderem in China und Portugal hergestellt. Vom Standort der Hersteller gelangen sie in das zentrale Lager in Belgien. Die Bestellungen bei den Lieferanten und die Auslieferungen an die Kun-

den werden von der Schweiz aus in Oberkirch koordiniert. Jil Bachmann erklärt, warum das Lager in Belgien angesiedelt ist: «Einer der Gründe ist, dass in Belgien weitaus weniger Medizinprodukte patentiert sind als in anderen Staaten der EU. Von Belgien aus liefern wir unsere Produkte zum Beispiel nach Ungarn, Serbien, Slowenien, Kroatien, Malaysia, Panama oder auch Saudi-Arabien.» In den vergangenen Jahren haben die stockenden oder zusammengebrochenen Lieferketten 7S immer wieder stark beschäftigt. So brachte die Stromknappheit in den Produktionsstätten in China ganze Abläufe durcheinander. Kunden hatten für Auslieferungsverzögerungen wenig bis kein Verständnis. Denn die Spitäler hatten Operationen geplant und waren auf die entsprechenden Produkte angewiesen.

Export nach China

Der 18-jährige Thomas Stjelja hat ebenfalls als einer der besten diesjährigen Lernenden die KV-Lehre Branche Handel abgeschlossen. Sein Arbeitgeber ist die SFS Group in Heerbrugg, ein weltweit führender Anbieter von Präzisionsformteilen, mechanischen Befestigungssystemen, Qualitätswerkzeugen sowie Logistiksystemen. Die Produkte erfüllen oft unsichtbar erfolgskritische Funktionen in technischen Geräten wie Autos, Smartphones oder Flugzeugen. Während der Lehre gewann der angehende Betriebswirtschaftler auch einen Einblick in den Aussenhandel. So hat er im Export persönlich miterlebt, was unterbrochene Lieferketten im Alltag bedeuten. Er erklärt: «Wir exportieren von unseren Schweizer Produktionsstandorten aus rund 70 Prozent in europäische Länder. Nach China liefern wir zum Beispiel die weltweit kleinsten gewindefurchenden Miniaturschrauben für Hörgeräte mit einem Durchmesser von 0,5 mm. Während der Covid-Pandemie kamen wegen des geschlossenen Hafens in Shanghai und diversen Lockdowns in China unsere Schrauben nicht recht-

zeitig an und konnten nicht ausgeliefert werden. Beim chinesischen Hersteller wurde die Produktion stark verzögert, was zu verspäteten Auslieferungen an die Endverbraucher führte. Zeitweise standen die Maschinen still; dies bei mehreren Kunden.»

9 Wir handeln 3/22
Video Video

Beste Lernende

Nachwuchs gedeiht

360 Nachwuchskräfte haben 2022 die KV-Lehre Branche Handel abgeschlossen. Keine Branche bildet mehr Jugendliche aus als der Schweizer Handel. 38’000 Personen erlernen aktuell einen der zahlreichen Berufe – von der Logistik über Handwerk und Technik bis zum Detailhandel und der kaufmännischen Lehre. 1’400 junge Leute haben sich für die KV-Lehre Branche Handel entschieden.

Jil Bachmann liegt mit der betrieblichen Note 5,8 auf dem ersten Rang. Für sie machen die «international surroundings» den Alltag besonders abwechslungsreich, wie sie erklärt: «Morgens tausche ich mich mit China aus, bevor meine Ansprechpartner schlafen gehen. Mit Panama habe ich am Nachmittag zu tun, denn dort stehen sie erst um 15 Uhr Schweizerzeit auf», erklärt sie lachend. Internationale Herausforderungen im Handel gibt es ihrer Meinung nach einige. Dazu zählt auch die Nachhaltigkeit: «Hier ist noch viel Luft nach oben! So gibt es in der effizienten Gestaltung der Lieferketten einen grossen Nachholbedarf. Da muss der Handel schnellstens dahinter!»

Auch Laila Lomello findet das Thema Nachhaltigkeit sehr wichtig, wie sie betont: «Die Jugend legt Wert auf nachhaltige Verpackungen oder Materialien bei den Produkten.» Das konnte die 22-Jährige während ihrer Erstlehre im Detailhandel feststellen. Diese Erfahrungen haben sie motiviert, sich mehr Wissen über die Herkunft der Artikel, die Lieferketten und Preisgestaltungen anzueignen. So folgte bei ihrem Arbeitgeber Interdiscount in Jegenstorf eine Zweitlehre im KV-Branche Handel. Diese hat sie mit der betrieblichen Note 5,5 abgeschlossen und liegt damit auf dem zweiten Rang. Weiterbildung ist eines ihrer persönlichen Ziele.

Der 18-jährige Thomas Stjelja wollte seine Fremdsprachenkenntnisse nicht nur in der Freizeit nutzen und entschied sich für die Lehre im Handel. Bereits hat er eine Weiterbildung zum Dipl. Betriebswirtschafter begonnen. Am Handel findet er die wichtige Funktion in der Gesellschaft spannend. Auch er ist überzeugt, dass bei der Umsetzung der Nachhaltigkeit viel Potenzial besteht: «Zwar wird Nachhaltigkeit vielerorts grossgeschrieben, doch noch zu oft handelt es sich um Bekenntnisse auf dem Papier». Mit der betrieblichen Note 5,5 und dem zweiten Rang ist auch er einer der sechs «Besten Lernenden» KV-Lehre Branche Handel.

Dounia Schmid verspürte als Teenager keine Lust aufs Gymnasium. Stattdessen hat sie eine Lehre bei Audemars Piquet in Le Brassus angefangen. Die 1875 gegründete Uhrenmanufaktur erwirtschaftet mit 800 Mitarbeitenden, davon 610 in der Schweiz, einen Jahresumsatz von CHF 1,58 Mrd. Die 19-Jährige ist stolz auf ihre betriebliche Note 5,5 und den 2. Rang der «Besten Lernenden». Sie will sich nun im international erfolgreichen Unternehmen weiterentwickeln und ist überzeugt: «Die Schweiz ist als kleines Land auf gute internationale Kontakte angewiesen. Dabei kommt es auch darauf an, die Nachhaltigkeit noch besser zu leben und sich sehr zu Herzen zu nehmen.»

10 Wir handeln 3/22
Sie gehören zu den besten Lernenden KV-Branche Handel: Thomas Stjelja, Dounia Schmid, Jil Bachmann, Laila Lomello. (v.l.n.r.)
Video

E-Commerce Spezialist

Bereit für Karriereschub?

Die frisch lancierte Weiterbildung E-Commerce Spezialist auf Stufe eidg. Berufsprüfung fördert Karrieren im Schweizer Onlinehandel. Der Dachverband Handel Schweiz zählt zusammen mit der ODA Bildung Detailhandel Schweiz und Handelsverband.swiss zu den Trägerorganisationen.

Mehr E-Commerce im Grosshandel

Auch im B2B wird E-Commerce immer wichtiger. Das bestätigt Ueli Stursberg, erster Sekretär von Handel Schweiz und Leiter Bildung: «Innovationen im E-Commerce betreffen zunehmend den Handel zwischen den Unternehmen wie zum Beispiel im Grosshandel. Hier rechnen wir mit einem stärkeren Wachstum. Denn die Generation, die nun in den Firmen Einsitz nimmt und Entscheidungen trifft, ist als Consumer an den Onlinehandel gewöhnt. Ähnliche Standards verlangt sie von den Lieferanten. Deshalb sind versierte Fachkräfte sehr gefragt.»

Für die neue Weiterbildung sollten die Interessenten eine Grundbildung im Detailhandel, im Kaufmännischen oder als Mediamatikerin

bzw. Mediamatiker vorweisen und über mindestens zwei Jahre Berufspraxis verfügen. Weitere Grundbildungen werden akzeptiert. Seit Herbst 2022 können die ersten Weiterbildungen besucht werden, begonnen wird in der Deutschschweiz. Es sind sieben Modulprüfungen zu absolvieren. Mit ersten Abschlüssen wird 2024 gerechnet.

Breites Aufgabenspektrum E-Commerce Spezialistinnen und Spezialisten bauen Onlineshops oder digitale Plattformen zum Verkauf von Dienstleistungen oder Produkten auf. Ausserdem betreiben sie diese und entwickeln sie weiter. Sie führen und begleiten E-Commerce-Projekte. Gemeinsam mit ihrem Team übernehmen sie Aufgaben zur Optimierung der digitalen Produktpräsentation.

Sie verbessern den digitalen Einkaufsprozess und setzen vorgegebene Marketingaktivitäten im Onlineshop oder auf der digitalen Plattform um – jeweils unter Einbezug der Kundschaft.

Im vergangenen Jahr tätigten über 58 Prozent der Weltbevölkerung einmal pro Woche einen Onlinekauf. Im europäischen Onlinehandel lag die Schweiz an sechster Stelle, vor Deutschland, Belgien und Frankreich. Seit 2015 hat sich in der Schweiz der Einkauf via Internet verdoppelt. Bis vor kurzem galt unser Land als Nachzügler im E-Commerce. Inzwischen holt es auf. Im Jahr 2021 wuchs hier der Onlinehandel um knapp 10 Prozent. Davon profitiert zunehmend auch der inländische E-Commerce. Während die Schweizerinnen und Schweizer zwischen 2010 und 2018 immer mehr Waren online aus dem Ausland bestellten, sinkt bzw. stagniert dieser Anteil seit 2019. 2021 setzte der Schweizer E-Commerce insgesamt CHF 14,4 Mrd. um.

11 Wir handeln 3/22
Video

Fachleute im Aussenhandel

Weltweit verflochten

Die Schweiz beschäftigt bereits über 1'000 Spezialisten im Aussenhandel. Sie befinden sich an den neuralgischen Punkten im globalen Warenverkehr. Sie helfen Schweizer Firmen, im internationalen Handel erfolgreich zu agieren. Zudem sorgen sie dafür, dass Schwellenländer Hightechprodukte made in Switzerland reibungslos einführen können. An der Diplomfeier betonte SWISSMEM-Präsident Martin Hirzel gegenüber den 24 Aussenhandelsleiterinnen und Aussenhandelsleitern sowie den 86 Aussenhandelsfachfrauen und Aussenhandelsfachmännern, dass die Schweizer Industrie weltweit neue, klimafreundliche Technologien exportiert und somit eine beträchtliche Hebelwirkung bei der Reduktion von CO2-Emissionen erzielt.

Fabienne Fisch spornen solche Aufgaben enorm an. Sie belegt beim eidg. Diplom als Aussenhandelsleiterin den 1. Rang. Die 31-Jährige bringt ihre Faszination auf einen kurzen Nenner: «Der Welthandel ist immer in Bewegung. Gegebenheiten wie auch Gesetze verändern sich ständig. Dieses Diplom öffnet Türen. Man kann Mitarbeiter führen und im Management arbeiten. In fünf Jahren sehe ich mich in einer Kader-Funktion, vielleicht sogar als Teil der Geschäftsleitung.»

Die 37-jährige Jolanda Guérig belegt als frisch gebackene Aussenhandelsleiterin den 2. Rang. Sie geht davon aus, dass vermehrt auf die Nähe von Lieferanten geachtet wird: «Wenn man den Aussenhandel betrachtet, sollte man das ganze System sehen. Der Freihandel ermöglicht, dass Unternehmen sehr günstig und möglichst einfach ihre Waren und Dienstleistungen austauschen können. Doch müssen auch Aspekte wie Menschenrechte, Ethik, Nachhaltigkeit und Klimaschutz stärker gewichtet werden.»

Jasmin Jung (23) ist über ihren 2. Rang bei den Aussenhandelsfachfrauen stolz. Sie kam schon nach ihrer KV-Lehre zum Export. «Ich schätze die vielen Kontakte mit Personen aus verschiedenen Kulturen. Die Karrierechancen im Aussenhandel betrachte ich als sehr gross, denn die Schweiz ist ein Importund Exportland. An der Globalisierung sieht man sehr gut, wie wichtig die Auseinandersetzung mit dem Aussenhandel ist. Dabei sollten wir uns auf Fortschritte ausrichten. Hier ist auch der Freihandel wichtig.»

Der 27-jährige Najinthan Srikanthan hat jeden Tag mit Kunstauktionen in einem internationalen Umfeld zu tun. Dabei hilft ihm die Weiterbildung zum Aussenhandelsfachmann, abgeschlossen auf dem 2. Rang. Denn das war für ihn schon lange klar: «Die internationalen Verflechtungen konfrontieren uns mit verschiedenen Ländern und unterschiedlichen Reglementen. Dementsprechend stehe ich ständig vor neuen Herausforderungen.»

12 Wir handeln 3/22
Die neuen Experten im Aussenhandel freuten sich mit SWISSMEM-Präsident Martin Hirzel und den zahlreichen Gästen über den erfolgreichen Abschluss.

Fachleute im Aussenhandel

Der 31-jährige Gregory Grossenbacher, seit kurzem Aussenhandelsfachmann, mit einem Abschluss auf dem 3. Rang, ist mit seiner Weiterbildung sehr zufrieden: «In fünf Jahren möchte ich als Führungskraft mein Knowhow an die jüngere Generation weitergeben. Als eine grosse Herausforderung sehe ich das Thema Nachhaltigkeit. Kunden verlangen heute danach. Freihandelsabkommen sollten für faire Rahmenbedingungen im Welthandel sorgen; auch die ärmeren Länder sollten profitieren.»

Die Aussenhandelsfachfrau Julienne Wechsler (24) freut sich über den erreichten 3. Rang. Sie erklärt: «Sehr viele Einflüsse, auch globaler Natur, machen den Arbeitsalltag ausgesprochen abwechslungsreich. In fünf Jahren möchte ich gerne in einer verantwortungsvollen Funktion tätig sein. Die Zukunft bietet viele Chancen: Denn der Aussenhandel entwickelt sich stark in Richtung Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Junge Menschen können bei null anfangen, sich weiterbilden und schliesslich verantwortungsvolle Aufgaben übernehmen.»

Für die 26-jährige Aussenhandelsfachfrau Sandra Fernandes Fariast und ihren Arbeitgeber bedeutet die Weiterbildung einen Mehrwert, wie sie erklärt: «Das Wissen gibt mir Sicherheit für meine tägliche Arbeit. Ich gewinne Einblick in die unterschiedlichen Seiten des Exports und Imports. In fünf Jahren möchte ich vielleicht ein Team leiten und in jedem Fall im Export tätig bleiben. Die Karrierechancen im Aussenhandel sind sehr gross, da der Aussenhandel wächst. Da hat es viel Platz für neue, junge Leute.»

Der Aussenhandelsfachmann Dominik Villiger (38) hatte früh Kontakt mit Schnittstellenfunktionen wie Marketing und Sales. Er findet die Tätigkeit im Handel sehr spannend, wie er betont: «Es herrscht eine gewisse Dynamik. Versorgungswege oder politische Situationen können sich sehr schnell drehen. Da muss man auf Zack sein, um zu reagieren und die Vertriebswege entsprechend umstellen. Mein Abschluss weist nach, dass ich das grosse Ganze und die Zusammenhänge dahinter begreife und mehr in die Tiefe gehen kann.»

13 Wir handeln 3/22
Die Diplomfeier macht auch Martin Schuler, Präsident der Prüfungskommission, sehr viel Freude.
Impressum Herausgeber: Handel Schweiz, Postfach, Güterstrasse 78, 4010 Basel • Auflage: 4'000 Ex. • Sprachen: Deutsch, Französisch Inserate/Werbung: Tel. +41 61 228 90 30, E-Mail: werbung@handel-schweiz.com Konzept, Design, Redaktion: Iris Wirz c&p communications, iriswirz.com Fotos: / 1: © Worawut – stock.adobe.com • © Wayhome Studio – stock.adobe.com • © istockphoto.com / chaiyapruek2520 • © istockphoto.com / Rawpixel • © Richard de Stoutz / 2: © istockphoto.com / nikom1234 / 3: © istockphoto.com / narvikk | / 5: © istockphoto.com / saz1977 • © sewcream – stock. adobe.com | / 6: © istockphoto.com / romrodinka • © Nimex AG | / 7: © istockphoto.com / TracyHornbrook | / 8: © istockphoto.com / Gerard1610 / 9: © Maksim Shmeljov – stock.adobe.com • © istockphoto.com / peakSTOCK / 11: © istockphoto.com / Phiromya Intawongpan | / 12: © Richard de Stoutz | / 13: © Richard de Stoutz / 14: © istockphoto.com / scyther5 • © istockphoto.com / Rawpixel / 15: © istockphoto.com / AndyL • © istockphoto.com / AndreyPopov
Video

«Mit meinen 31 Jahren und als Vizepräsident des VSBH kann ich als neues Vorstandsmitglied von Handel Schweiz frische Inputs aus dem Handel mit Baumaterialien liefern. Seit meiner frühen Jugend habe ich mich im Familienunternehmen, das mein Urgrossvater 1913 gegründet hat, mit dem Handel befasst. Baumaterialien waren in den vergangenen Jahren bei gewissen Produkten von Teuerungszuschlägen von 10 bis 60 Prozent sowie Lieferschwierigkeiten betroffen. Zwar hat sich die Bautätigkeit parallel gut entwickelt, doch gehen wir für das kommende Jahr von einer leicht rückläufigen Tendenz aus. Der Handel prägt unseren Lebensstil und unseren Wohlstand – das fasziniert mich. Junge Menschen für eine Tätigkeit im Baumaterialhandel zu begeistern, ist eine

spezielle Herausforderung – zumal es dafür noch keine eigene Berufslehre gibt. Die Digitalisierung zählt für mich zur zentralen Herausforderung im Handel. In meiner Branche müssen Millionen von Artikeln standardisiert erfasst werden, damit für Kunden und Lieferanten ein echter Mehrwert entsteht. Erst dann können in Onlineshops oder auf Plattformen die Waren einfacher bestellt werden und just-in-time auf der Baustelle ankommen. Denn auch dort gibt es heute weniger Platz, um die Materialien für längere Zeit zu lagern.»

Datenmengen verknüpfen Vorstand: Neue Köpfe und Themen Menschen wie du und ich

«

Als neuer Präsident des Spielwaren Verbands Schweiz SVS vertrete ich seit diesem Jahr unsere Branche im Vorstand von Handel Schweiz. Die Spielwarenbranche ist zwar mit einem Jahresumsatz von «nur» CHF 560 Mio. (2021) eine kleine Branche. Doch ist Spielen ein wichtiges gesellschaftliches Thema. Ich möchte meinen Erfahrungsschatz einbringen und der Branche ein Gesicht geben. Am Handel faszinieren mich die Internationalität, der Austausch mit spannenden Menschen und die interessanten Produktwelten. Als Vorstandsmitglied setze ich mich für die ganzheitliche 360-Grad-Perspektive ein und für die Sicht von Menschen wie du und ich. Ausser der Lobbyarbeit ist es auch wichtig, dass der Verband bei den Leuten ist. Handel ist Wandel – das hat sich in den 35 Jahren meiner Tätigkeit als Unternehmer nicht geändert. Doch alles wird immer kurzfristiger – der Handel muss heute noch flexibler reagieren.

Das gilt auch für Verbände, die sich entsprechend rasch anpassen müssen. Mein Gruss an die Mitglieder von Handel Schweiz lautet daher: Handelt und wandelt!

»

14 Wir handeln 3/22
Videointerview
Hans Christian von der Crone, Präsident und Mediensprecher, Spielwaren Verband Schweiz Alain Jordi, Vizepräsident VSBH, Präsident Sektion DEUTI, Vertreter Handelsgruppe SABAG
Videointerview

Vorstand: Neue Köpfe und Themen Geben und Nehmen

«

Als langjähriges Vorstandsmitglied von Handel Schweiz engagiere ich mich neu im Leitenden Ausschuss. Verbandstätigkeit verstehe ich als einen Dienst an der Allgemeinheit. Dafür bekomme ich auch etwas zurück. Im Alltag pflegt man oft den Kontakt mit Kollegen aus der gleichen Branche. Im Vorstand von Handel Schweiz gewinne ich Einblick in die Herausforderungen anderer Branchen und führe interessante Gespräche über die Entwicklungen im Handel. Persönlich bringe ich meine Kompetenz in der Digitalisierung und das Knowhow rund um die technischen Medien ein. Ich setze mich dafür ein, dass der Verband auch in diesem Bereich Schritt hält. Zu den Herausforderungen eines Verbandes zähle ich die ständige Erweiterung des Horizonts. Sehr wichtig sind die engagierten Freiwilligen. Wir alle

verfügen über begrenzte zeitliche Ressourcen. Das macht es nicht einfacher, Menschen für Freiwilligenarbeit in Verbänden zu gewinnen. Ich finde es spannend, dass sich Handel Schweiz mit Querschnittsthemen auseinandersetzt wie Energie, CO2, Wirtschaftlichkeit von Handelsströmen und neuen Regulierungen. In diesen Spannungsfeldern ist der Handel gefordert sich laufend anzupassen. Für Handel Schweiz bedeutet dies, die Position weiterhin zu verstärken und sich auch in Zukunft im Interesse der Mitglieder für den Abbau von Handelshemmnissen einzusetzen.»

Übergeordnete Interessen

«Als neues Vorstandsmitglied von Handel Schweiz bringe ich die Sicht der Mitglieder des Verbandes der Anbieter von Arbeitsbühnen VSAA ein. Als Präsident des VSAA und Unternehmer kann ich einen aktiven Beitrag leisten und an branchenübergreifenden Lösungen mitarbeiten. So sind die Themen Arbeitssicherheit, Fachkräfte, Nachhaltigkeit und Lieferketten auch im Dachverband wichtig. Der globale Aspekt fasziniert mich besonders an der Tätigkeit von Handel Schweiz. Eine der Herausforderungen sehe ich darin, dass sich Menschen neben dem eigenen Betrieb freiwillig für übergeordnete Interessen einsetzen. Es gilt, sie davon zu überzeugen, dass in den zentralen Themen nur das gemeinsame Vorgehen zu Lösungen führt. Sonst kämpfen wir alle einzeln mit stumpfen Schwertern. Für die nächsten Jahre sehe ich das Thema Nachhaltigkeit, CO2 und den sparsamen Umgang mit Ressourcen im Fokus der Diskussion. Parallel dazu sorgen aktuelle Fragen

mit politischem Hintergrund wie zum Beispiel rund um die Energie für immer wieder neue Herausforderungen. Solche Entwicklungen brauchen unsere gemeinsame Stärke und abgestimmtes Handeln.»

15 Wir handeln 3/22
Videointerview
Eric Hunziker, Präsident des VSAA, Verband Schweizer Arbeitsbühnen Anbieter
Videointerview

IT-Sicherheitslösungen sind nicht teuer – Cyberangriffe schon

Der digitale Wandel erweist sich für Unternehmen als Chance für eine zukunftsfähige Aufstellung – damit steigen parallel die IT-Sicherheitsanforderungen. Viele Unternehmen haben noch Nachholbedarf. Dabei fallen Massnahmen eines smarten IT-Sicherheitskonzeptes, im Vergleich zu den Auswirkungen eines Cyberangriffes, deutlich kostensensibler aus, wie Andreas Pankow, CEO Schweiz bei der DGC, im Interview aufzeigt.

Wie wahrscheinlich ist es für Unternehmen, Opfer eines Cyberangriffes zu werden?

Der frühere FBI-Direktor Robert Mueller hat es schon vor zehn Jahren auf den Punkt gebracht: „Es gibt zwei Arten von Unternehmen – solche, die bereits gehackt wurden und solche, die es noch werden.“

Cyberkriminalität ist mit der steigenden digitalen Vernetzung weiter auf dem Vormarsch. Hacker werden immer professioneller und passen ihre Angriffstaktiken schnell an technologische Innovationen an. Es sind Unternehmen jeder Grösse und Branche von einem hohen Risiko betroffen.

Auf welche Konsequenzen müssen sich Unternehmen bei einem Cyberangriff einstellen?

Im Falle eines erfolgreichen Cyberangriffs entstehen weitreichende wirtschaftliche Schäden. Erpressungssummen liegen nicht selten bei mehreren Hundert Millionen US-Dollar. Werden

vertrauliche Daten entwendet, drohen darüber hinaus Umsatzeinbussen und Schadenersatzansprüche von Kunden, Lieferanten und Geschäftspartnern. Zudem können erhebliche Imageschäden entstehen, die sich über Jahre hinweg geschäftsschädigend auswirken.

Sind Massnahmen eines IT-Sicherheitskonzeptes günstiger als durch Cyberangriffe entstandene Kosten?

Ja, das sind sie definitiv. Die Schadenshöhe im Falle einer Cyberattacke ist stets von der Angriffsart sowie von dem betroffenen Unternehmen abhängig. Doch generell sind die Kosten für ein professionelles IT-Risikomanagement, bei dem die IT-Infrastruktur geprüft und Sicherheitslücken proaktiv geschlossen werden, deutlich geringer als die Konsequenzen eines Angriffs. Generell empfiehlt es sich, rund 20 Prozent des IT-Gesamtbudgets für die IT-Sicherheit einzusetzen.

Mit welchen Lösungen unterstützt die DGC Unternehmen, um ihre IT-Sicherheit kostenoptimiert voranzubringen?

Wir bieten unseren Kunden smarte ITSecurity Lösungen und stehen ihnen bei der Abwehr von Cyberattacken zur Seite. Unsere Produkte und Services reichen von der automatisierten Schwachstellenanalyse mittels unseres IT-Security Tools cyberscan.io über Penetrationstests und Security Awareness Trainings bis zum Bereich Incident Response in unserem Cyber Defense Operation Center (CDOC). Zudem beraten und unterstützen wir bei der Erstellung von Notfallkonzepten. Kunden, die eine Cyber Security Partnerschaft mit uns eingehen, erhalten ein individuelles, flexibles Cyber SecurityPaket.

Wir bündeln unsere Kompetenzen mit anderen Spezialisten und bieten so stets höchste Sicherheitsstandards sowie Innovationen.

dgc.org
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.