Globaler Wachstumsausblick: Januar 2022

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Aufschwung – Engpass – Inflation | Die Weltwirtschaft im Corona-Zyklus 22/01/2022

Der Nahe Osten, Nordafrika und Pakistan dürften ebenso wie Israel und der Kaukasus sowie Zentralasien erneut mit gut vier Prozent zulegen. Afrika südlich der Sahara wird nach 3¾ Prozent Wachstum im letzten Jahr 2022 mit gleichem Tempo wachsen können, sofern die Pandemie nicht zu größeren Verwerfungen führen sollte. Südafrika ist 2021 deutlich besser aus der Krise herausgekommen als erwartet (plus fünf Prozent) und dürfte dieses Jahr mit zwei Prozent moderater zulegen. Nigeria wird erneut mit 2½ Prozent zulegen.

Inflation mit großer Dynamik Die weltweite Inflationsentwicklung ist vorrangig durch die Pandemie geprägt. Während die Industrieländer 2020 nur eine Inflationsrate von 0,7 Prozent aufwiesen, wurden 2021 gut drei Prozent erreicht; 2022 dürfte sich die Dynamik etwas abschwächen und nach Ansicht des IWFs bei knapp 2½ Prozent liegen, nach Ansicht der OECD im ähnlichen Länderkreis jedoch bei 4,2 Prozent (OECD 2021). Für die Schwellenländer hat sich die Lage nicht so stark verändert, die Inflationsrate dürfte um einen halben Punkt von 5,5 Prozent auf gut fünf Prozent abnehmen (IWF 2021). Inflationsgeschehen und Geldpolitik sehr uneinheitlich In den zurückliegenden Monaten hat sich die Inflationsdynamik in Europa und den USA weiter verstärkt, während sie in den großen Volkswirtschaften Asiens schwach war. Die Notenbanken in den Vereinigten Staaten und in den europäischen Ländern sind von der Stärke des Aufschwungs, den fortdauernden diversen Engpässen und einigen Sondereffekten etwas auf dem falschen Fuß erwischt worden, ebenso wie die Märkte selbst, die kontinuierlich ihre Prognosen nach oben revidieren mussten. Die Inflationsraten haben dabei Größenordnungen erreicht, wie sie seit über 20 Jahren nicht mehr zu beobachten waren. Infolgedessen hat auch die öffentliche Debatte um daraus resultierende Risiken – insbesondere in Deutschland – an Bedeutung gewonnen, sodass die großen Notenbanken ihre expansive Geldpolitik zunehmend öffentlich rechtfertigen müssen bzw. allmählich den Hebel umlegen und die Straffung einleiten. In anderen Ländern, vor allem in China und Japan, blieb die Inflationsrate dagegen aufgrund der wirtschaftlichen Abschwächung niedrig. In einigen Industrie- und Schwellenländern wiederum musste bereits durch eine geldpolitische Straffung auf temporären Druck reagiert werden, etwa in Australien und Neuseeland, in Brasilien, Russland und Süd-Korea sowie in einigen osteuropäischen Ländern (Polen, Ungarn, Tschechien). Das Bild bleibt weiterhin heterogen. Die USA und der Euroraum durchlaufen Inflationsschub Die verstärkte Preisdynamik in Nordamerika und in Europa wird weiterhin von dem Jojo-Effekt des Aufschwungs nach der Pandemie, dem strukturellen Nachfragewandel von Dienstleistungen zu Gütern, von einigen temporären Faktoren auf den Energiemärkten (mit kurzfristig inflationärem Einfluss) sowie pandemiebedingten Sondereffekten (wie der Schließung von Häfen, das querliegende Schiff im Suezkanal und des Logistikdurcheinanders im Containerschiffverkehr vor allem in Kalifornien) dominiert. Ergänzend kam die starke weltweite Nachfrage, gestützt durch die expansive Geld- und Finanzpolitik, insbesondere in den USA, hinzu. In einigen Ländern spielten auch wirtschaftspolitische Entscheidungen eine Rolle, etwa die halbjährige Absenkung des Mehrwertsteuersatzes und die Einführung eines nationalen Emissionshandelssystems in Deutschland bzw. das Auslaufen bestimmter Maßnahmen in der Arbeitsmarktpolitik der USA. Die meisten Sondereffekte werden im kommenden Jahr auslaufen; allein die Halbleiterkrise dürfte noch deutlich bis ins Jahr 2023 andauern.

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