globalen Mindeststeuer
Verhinderung von Wettbewerbsnachteilen der europäischen Wirtschaft
Juli 2025
Globale Mindeststeuer in Frage gestellt
Der BDI hat die Diskussion um die globale Mindeststeuer seit ihrem Beginn konstruktiv begleitet und die Arbeiten der OECD unterstützt, ein „global level playing field“ zu schaffen und steuerinduzierte Wettbewerbsverzerrungen zu minimieren. Tatsächlich hat sich die globale Mindeststeuer aber zu einem hochkomplexen Bürokratiemonster entwickelt, dass nicht nur die betroffenen Steuerpflichtigen mit massivem Administrationsaufwand belastet, sondern auch die Finanzverwaltung in Zeiten erheblicher Ressourcenengpässe mit einer kaum zu bewältigenden Vollzugsaufgabe konfrontiert. Es ist daher nicht erstaunlich, dass einige Landesfinanzverwaltungen wie auch Bundeskanzler Merz offen die Aussetzung der Mindeststeuer gefordert haben.
Die Vereinbarung der G7 von Ende Juni 2025, US-Unternehmen vollständig aus dem Anwendungsbereich der globalen Mindeststeuer auszunehmen, muss zeitnah umgesetzt werden, entzieht der Mindeststeuer aber nunmehr ihre Geschäftsgrundlage Ohne die Beteiligung der Vereinigten Staaten verliert die Mindeststeuer ihren globalen Charakter und führt primär zu Wettbewerbsnachteilen für den Wirtschaftsstandort Deutschland und Europa. Wir begrüßen daher ausdrücklich die klare Positionierung der Bundesregierung, dass deutsche Unternehmen nicht benachteiligt werden sollen, wenn andere Länder vom globalen Konsens abrücken.
Kein globaler Konsens vorhanden
Der ursprünglich angestrebte globale Konsens ist offensichtlich nicht mehr vorhanden, was die Maßnahmen der USA in diesem Jahr mehr als deutlich machen Die USA sind nicht nur aus der globalen Mindeststeuer ausgestiegen, sondern haben sogar allen Staaten mit Gegenmaßnahmen gedroht, die die globale Mindeststeuer „gegen“ US-Unternehmen anwenden. Indien und China haben die globale Mindeststeuer ebenfalls noch nicht umgesetzt, sodass nunmehr der größte Teil der globalen Wirtschaft außerhalb der globalen Mindeststeuer liegt
Tatsächlich hat vor allem die Europäische Union durch die Mindeststeuer-Richtlinie eine verpflichtende Umsetzung der globalen Mindeststeuer für die EU-Mitgliedstaaten verordnet – ein Schritt, der bereits kompetenzrechtlich zweifelhaft erscheint und sich nun in Zeiten veränderter geopolitischer Gegebenheiten als Falle erweist.
Wettbewerbsnachteile der deutschen Wirtschaft
Da US-Unternehmen nach der G7-Vereinbarung weder der sog. primären noch der sog. sekundären Ergänzungssteuer (Income Inclusion Rule, IIR, und Undertaxed Profit Rule, UTPR) unterliegen, sondern nur den vorhandenen US-Regelungen (insb. der GILTI), ergibt sich eine mehrfache Wettbewerbsverzerrung. US-Unternehmen sind administrativ entlastet, da sie keinen bzw. einen deutlich reduzierten Erfüllungsaufwand für die globale Mindeststeuer haben. Gleichzeitig müssen deutsche/europäische multinationale Unternehmen in spiegelbildlicher Situation nicht nur die Regeln der globalen Mindeststeuer erfüllen, sondern auch die anwendbaren US-Regeln umsetzen. Und deutsche Unternehmen müssen zusätzlich noch die Vorschriften der Hinzurechnungsbesteuerung beachten und anwenden sowie weitere Vorgaben der zwei Anti-Tax-Avoidance Richtlinien der EU (ATAD I und II)
Unverhältnismäßige Komplexität
Die globale Mindeststeuer ist ein vollständiges neues Steuersystem, das auf einer ganz neuen Terminologie aufbaut und den ohnehin bereits komplexen Bereich des Unternehmenssteuerrechts mit der ebenso komplizierten Rechnungslegung nach internationalen Standards kombiniert. Dabei wurde eine Vielzahl von „Anpassungen“ festgeschrieben, die für die Steuerpflichtigen und die Finanzverwaltung einen erheblichen administrativen Aufwand mit sich bringen und teilweise so gut wie nicht zu erfüllen sind – ohne zu einem entsprechenden Mehraufkommen zu führen. Ein großer Teil dieser Komplexität ist unnötig, echte Vereinfachungen sind bislang nicht zu erkennen.
Zudem unterliegen deutsche Steuerpflichtige ohnehin schon der Hinzurechnungsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz, die ebenfalls eine Höherbesteuerung niedrig besteuerter ausländischer Gewinne sicherstellt, und müssen zusätzlich auch die umfangreichen Vorgaben der ATAD I und II erfüllen.
Kein nennenswertes Steueraufkommen
Unsere Mitglieder gehen durchgängig davon aus, dass die zu erwartende sog. primäre Ergänzungssteuer im Rahmen der globalen Mindeststeuer für sie nicht wesentlich sein wird Das zu erwartende Steuermehraufkommen in Deutschland durch die globale Mindeststeuer liegt in einer marginalen Größenordnung. Der administrative Aufwand für die Betroffenen, sowohl auf Seite der Steuerpflichtigen als auch auf Seiten der Finanzverwaltung steht hierzu in keinem Verhältnis.
Forderungen der deutschen Wirtschaft
Das Ziel einer globalen Mindesteuer wird angesichts der aktuellen Entwicklungen im Jahr 2025 verfehlt und nun ist eine Reaktion auf die aktuellen Entwicklungen gefordert. Europäische Unternehmen stehen vor erheblichen Wettbewerbsnachteilen gegenüber weltweit tätigen Unternehmen aus Drittstaaten und die europäische Mindeststeuer ist eine unverhältnismäßige administrative Zusatzbelastung.
Der BDI fordert daher:
1. Aussetzung der Mindeststeuer
Die Vereinbarung der G7 von Ende Juni 2025, US-Unternehmen vollständig aus dem Anwendungsbereich der globalen Mindeststeuer auszunehmen, muss zeitnah umgesetzt werden, entzieht der Mindeststeuer aber nunmehr ihre Geschäftsgrundlage. Deutschland muss sich daher auf EUEbene in einem ersten Schritt für eine vorübergehende Aussetzung der Mindeststeuer-Richtlinie der EU einsetzen, damit die Mitgliedstaaten wieder für sich frei entscheiden können, wie sie in der veränderten Gesamtsituation reagieren wollen. Ohne Aussetzung der Mindeststeuer wird sich die Wettbewerbssituation der deutschen und europäischen Wirtschaft weiter verschlechtern.
2. Weitere Vereinfachungen
Wird die EU nicht entsprechend tätig, muss Deutschland in einem zweiten Schritt auf eine erhebliche und echte Vereinfachung der Regeln der globalen Mindeststeuer dringen In erster Linie müssen hierbei eine Verbesserung und Verlängerung des bis Ende 2025 befristeten CbCR-Save Harbors erfolgen, der eine deutliche Vereinfachung begründet. Dabei muss auch darauf hingewirkt werden, dass überlagernde Regelungen, wie etwa die Hinzurechnungsbesteuerung, reduziert werden. Daneben muss eine Evaluierung und Beseitigung redundanter Regelungen erfolgen, die für die Wirtschaft zu überhöhtem Compliance-Aufwand führen. Dies betrifft insbesondere die parallele Anwendung der Mindeststeuer und der Hinzurechnungsbesteuerung
3. Kooperation mit der OECD
Die OECD sollte weiterhin eine zentrale Rolle einnehmen. Die globale Mindeststeuer wurde von der OECD unter anderen Vorzeichen entwickelt; der Konfrontation mit der globalen wirtschaftlichen Realität hält sie jedoch nicht mehr stand.
Die globale Mindeststeuer sollte daher von Seiten der OECD während der Aussetzungsphase so weiterentwickelt werden, dass sie die veränderten geopolitischen Rahmenbedingungen widerspiegelt, die ersten Erfahrungen mit der Umsetzung der Regeln sowie die berechtigten Kritikpunkte aufgreift und damit zu einer echten „globalen Mindeststeuer“ weiterentwickelt werden kann – einer Mindeststeuer, die Wettbewerbsverzerrungen verhindert und nicht erzeugt. Damit würde die OECD auch nicht beschädigt, sondern handelte entsprechend ihres ureigenen Auftrages: die Kooperation zwischen den Mitgliedsstaaten und deren wirtschaftliche Entwicklung zu fördern.
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