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Internationale Koordination zur Überwindung der Krise sinnvoll
die Dienstleistungsimporte steigen. Somit dürften die Importe von Waren und Dienstleistungen preisbereinigt um 4 ½ Prozent etwas stärker steigen als die Ausfuhren. In der Summe geht damit vom Außenbeitrag ein kleiner Wachstumsimpuls von 0,1 Prozentpunkten auf das BIP aus.
Auch die Binnenwirtschaft könnte nach Überwindung der fünften Welle im Frühjahr Tritt fassen. Die Beschäftigtenzahlen sind zuletzt weiter gestiegen. Bei der Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten wurde bereits im Juni des vergangenen Jahres das Vorkrisenniveau überschritten. Aufgrund der hohen Sparquote spricht vieles dafür, dass beim Privaten Konsum nachfrageseitig keine Probleme zu erwarten sind. Wir rechnen daher für das laufende Jahr mit einem kräftigen Anstieg der Privaten Konsumausgaben um fünf Prozent. Da von den öffentlichen Konsumausgaben in diesem Jahr keine weiteren Steigerungen zu erwarten sind, resultiert hieraus ein Anstieg der Konsumausgaben um 3,5 Prozent. Bei steigendem Exportgeschäft dürfte auch die Investitionstätigkeit weiter anziehen, zumal die Kapazitätsauslastung in vielen Branchen des Verarbeitenden Gewerbes noch oberhalb des langjährigen Durchschnitts liegt. Auch Bauinvestitionen und Investitionen in sonstige Anlagen (Software, Forschung und Entwicklung) dürften im Jahresverlauf wieder zulegen. Alles in allem ist mit einem Anstieg der Bruttoanlageinvestitionen im Vergleich zum Vorjahr um 3,2 Prozent zu rechnen.
In der Summe rechnen wir damit, dass das Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr in realer Rechnung um 3,5 Prozent steigt. Wir gehen bei unseren Einschätzungen davon aus, dass bis zum Herbst ein großer Teil der Bevölkerung einen Impfschutz bekommen hat, pandemiebedingte Vorsichtsmaßnahmen die wirtschaftlichen Aktivitäten nicht mehr beeinträchtigen und sich die Lieferkettenproblematik in der zweiten Jahreshälfte entspannt.
Internationale Koordination zur Überwindung der Krise sinnvoll
Eine engere Zusammenarbeit und Abstimmung der wirtschafts-, finanz- und gesundheitspolitischen Maßnahmen zumindest in den großen Demokratien bleibt im Hinblick auf die Überwindung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie sicherlich ein Gebot der Stunde. Deutschland kann dabei im Rahmen der G7-Präsidentschaft eine konstruktive Rolle spielen.
Dosierte Rettungs- und Wachstumsmaßnahmen dürften erforderlich werden
Im Frühjahr wird überprüft werden müssen, ob die wirtschafts- und finanzpolitische Antwort auf die vierte und voraussichtlich fünfte Welle in ausreichendem Maß eingeplant ist oder weitere Schritte zur Stabilisierung erforderlich werden. Die Wachstumserwartungen der Regierungen für dieses Jahr werden voraussichtlich in fast allen G-7-Ländern nicht erreicht werden können, da die fünfte Welle viel zu stark ausfallen dürfte. Ein erneuter Rückgriff auf Liquiditäts- und Solvenzmaßnahmen zur Stützung von Unternehmen bleibt damit unverzichtbar. Zugleich erhöht sich der Schwierigkeitsgrad, da diejenigen kontaktintensiven Branchen, die erneut in Mitleidenschaft gezogen werden dürften, aus einer schwächeren betriebswirtschaftlichen Situation heraus agieren müssen. Insofern dürften zwar Liquiditätshilfen in bewährtem Stil kurzfristig helfen, ggf. wird aber stärker als in den letzten Wellen auch mit einfachen Eigenkapitalhilfen operiert werden müssen, sofern die Unternehmen grundsätzlich solvent sind.
Weitere Wachstumsstimuli sind angesichts der ambitionierten Programme in den europäischen G-7-Ländern zwar nicht in gleichem Umfang wie 202/21 sinnvoll oder angemessen, könnten aber gleichwohl helfen, den Verlust an wirtschaftlicher Leistung zu kompensieren. Diese sollten gezielter
zur Verstärkung der doppelten Transformation vor allem über die Förderung privater Investitionen eingesetzt werden, zumal in der EU die Aufbau- und Resilienzprogramme mit einem Fokus auf öffentlichen Investitionen gut angelaufen sind und nicht kurzfristig hochskaliert werden können. In Deutschland stehen ohnehin noch geplante Maßnahmen zur Stärkung der Investitionstätigkeit gemäß Koalitionsvertrag an. In den USA dürften v.a. arbeitsmarktpolitische Instrumente erneut benötigt werden. Japan hat bereits ein größeres Paket verabschiedet. In Frankreich könnte ggf. noch nachgesteuert werden. Italien ist mit der Umsetzung eines großen Pakets schon stark engagiert. Kanada hat im Fall der Fälle noch Spielraum. Zudem sollten die G7-Regierungen hervorheben, wie sie mittelfristig die Heilung der öffentlichen Finanzen angehen wollen.
Notenbanken können nicht im Gleichschritt marschieren
Dies würde zudem den Notenbanken das Leben erleichtern, die bereits jetzt auf die vielfältigen Angebotsschocks und die sehr partiellen positiven Nachfrageschocks reagieren müssen. Aufgrund der etwas unterschiedlichen konjunkturellen und pandemischen Lage werden die Notenbanken in der G7 differenziert vorgehen müssen, mit einer früheren Straffung – und ggf. adäquaten Reaktion auf das Pandemiegeschehen – in den Vereinigten Staaten und im Vereinigten Königreich als im Euroraum und in Japan.