ZEIT für Unternehmer 1/23

Page 29

UNTERNEHMER FÜR

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ

Alle reden über Chatbots. Wir erklären, wie die Algorithmen Ihnen helfen

Erbe verpflichtet?

Elena und Franz von Metzler steuern ihr Bankhaus in zwölfter Generation. Im ersten gemeinsamen Interview verraten sie, was sie anders machen wollen als ihre Vorgänger, wie sie Zwist vermeiden und wie sich ihr Unternehmen in schweren Zeiten behaupten soll

Nummer 01 April 2023

FORD PRO™ SERVICE

M aßge s ch n e i d e r te

Unte r s tü t zu n g f ü r

Ih r B u s in e s s .

Mit Ford Pro Service haben wir smarte Lösungen zur Steigerung Ihrer Produktivität entwickelt. So kann unser Ford Mobiler Service nahezu alle anfallenden Arbeiten bei Ihnen vor Ort durchführen. Und über das FORDLiive Fleet Care Center können Sie bequem Ihren Servicetermin buchen –bundesweit und das in unter 72 Stunden!

Außerdem ermöglicht die Nutzung von Echtzeit-Fahrzeugdaten eine gezielte und datengesteuerte Unterstützung durch unsere Ford Transit Center vor Ort und unser FORDLiive Center Das maximiert Ihre Betriebszeit, senkt Kosten und steigert Ihre Produktivität Zum Service unserer Ford Transit Center gehören zudem verlängerte Öffnungszeiten, Inspektionen am selben Tag und weitere Services, die Sie bequem über unsere Online Service Buchung erhalten

Bleiben Sie up to date: Ford Pro Newsletter abonnieren und exklusive Studie zum Flottenmanagement sichern

Über dieses Heft

Künstliche Intelligenz ist das Thema der Stunde – dank der Software ChatGPT. Nützlicher sind auf Firmen zugeschnittene Lösungen. Wir haben recherchiert, worauf zu achten ist. Wir sind mit einem Unternehmer unterwegs, der neue Geschäftschancen lange vor anderen ergreift – anders als das traditionsbewusste Bankhaus Metzler, unser Titelthema. Viel Vergnügen. Ihr »ZEIT für Unternehmer«-Team

An dieser Ausgabe haben unter anderem mitgearbeitet:

IMPRESSUM

Herausgeber: Dr. Uwe Jean Heuser

Art-Direktion: Jan Kny

Redaktion: Jens Tönnesmann (verantwortlich); Kristina Läsker (frei)

Autoren: Carolyn Braun, Kevin Gallant, Jennifer Garic, Manuel Heckel, Günter Heismann, Navina Reus, Catalina Schröder, Niclas Seydack, Eva Wolfangel

Redaktionsassistenz: Andrea Capita, Katrin Ullmann

Chef vom Dienst: Dorothée Stöbener (verantwortlich), Mark Spörrle, Imke Kromer

Textchef: Dr. Christof Siemes

Gestaltung: Dorothee Holthöfer

Infografik: Pia Bublies (frei)

Bildredaktion: Amélie Schneider (verantw.), Navina Reus

Dorothee Holthöfer gestaltete die Ausgabe. Einer faszinierenden Maschine gönnte sie die ganze Seite 24

Uwe Jean Heuser prägt das Magazin seit dem Start 2019 als sein Erfinder und Herausgeber

Katrin Ullmann kümmert sich als Redaktionsassistentin um die vielen kleinen Baustellen

Wie gefällt Ihnen ZEIT für Unternehmer? Bitte nehmen Sie an unserer Umfrage teil: www.zeit.de/zfu-umfrage

Korrektorat: Thomas Worthmann (verantwortlich)

Dokumentation: Mirjam Zimmer (verantwortlich)

Herstellung: Torsten Bastian (verantw.), Jan Menssen, Oliver Nagel

Druck: Vogel Druck und Medienservice GmbH, Höchberg

Geschäftsführung: Dr. Rainer Esser

Verlagsleitung Magazine: Sandra Kreft, Malte Winter (stellv.)

Rastede

Hamburg Hannover

Göttingen Jena Schmallenberg

Ludwigshafen

Heidelberg

Berlin

Von Hamburg bis München

Wo die Firmen ihren Sitz haben, die in dieser Ausgabe vorkommen

Magazinmanagement: Stefan Wilke

Anzeigen: ZEIT Media: www.media.zeit.de

Verlagsleitung Marketing und Vertrieb: Nils von der Kall

Leitung Unternehmenskommunikation und Veranstaltungen: Silvie Rundel

Anzeigenpreise: Sonderpreisliste Nr. 1 vom 1. 1. 2023

An- und Abmeldung

Abonnement (4 Ausgaben): www.studiozx.de/events/zfu

Verlag und Redaktion: Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co. KG, Helmut-Schmidt-Haus, Buceriusstraße, Eingang Speersort 1, 20095 Hamburg, Telefon: 040/32 80-0, E-Mail: DieZeit@zeit.de

Titelfoto: Wolfgang Stahr für ZEIT
Kretschmer;
für Unternehmer; Fotos (v. l.): Henning
Claudia Höhne; Navina Reus Frechen Veldhoven Frankfurt Fürth München Ellwangen Oberkochen Ditzingen Stuttgart
EDITORIAL

SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG!

Wir wollen besser werden – und dafür brauchen wir Ihre Hilfe:

Wie gefällt Ihnen ZEIT für Unternehmer? Wie nutzen Sie unser Magazin?

Über welche Themen würden Sie gern mehr lesen? Hier teilnehmen:

www.zeit.de/zfu-umfrage

Unter allen Teilnehmern verlosen wir folgende Preise:

Hauptpreis: Ein Uhrenklassiker von Junghans

»Max Bill Mega Solar«

4 x Füllfederhalter aus der Manufaktur Otto Hutt Schreibgeräte

ANZEIGE
Näheres zu den Teilnahmebedingungen und den Datenschutzhinweisen finden Sie unter www.zeit.de/zfu-umfrage. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Anbieter: Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co. KG, Buceriusstraße, Hamburg.
JETZT MITMACHEN UND GEWINNEN! Hier direkt zur Umfrage: Wert 1.065,00 € Wert 185,00 €

WARUM?

Was Sie erwartet

TITELTHEMA

Elena und Franz von Metzler lenken die Geschicke des Bankhauses Metzler in zwölfter Generation. Hier geben sie ihr erstes gemeinsames Interview 18–23

ENERGIEKRISE

Ein Unternehmer will Deutschlands Gasversorgung umbauen 6–10

Infografik: Wie Mittelständler auf den Energie-Schock reagieren 12–13

INFLATION

Steigende Kosten belasten viele Firmen. Lassen sie sich weitergeben? 14–17

FOTOSTORY

Zu Besuch in einem Verlag, der nichts dem Zufall überlässt 24–27

Gerhard Steidl erklärt, warum er seine Firma daran hindert, zu wachsen 28

SCHWERPUNKT DIGITALISIERUNG

Ein Traditionsunternehmen wagt sich ins Metaversum vor 30–32

Zwei Familienfirmen kooperieren, um zu Technologieführern zu werden 34–36

Alle reden über Chatbots. So kann man sie im Unternehmen einsetzen 38–40

ARBEITSWELT

Grüne Jobs sind gefragt – und ein Handwerksmeister bietet sie 42–45

EIN TAG MIT …

... einem Forstwirt, der weit mehr als Bäume im Sinn hat 46–48

DIE ERFINDUNG MEINES LEBENS

Die Ingenieurin Anne Lamp hat einen Plastikersatz entwickelt 50

IMPRESSUM   3

Weil die reale Welt stillstand, hat diese Frau eine virtuelle erkundet – mit Erfolg.  Seite 30

„We i l für uns die Sicherheit für Mensch, Maschine und Umwelt an erster Stelle steht. Mit der Erfahrung und Leidenschaft unserer Mitarbeiter bieten wir weltweit innovative Automatisierungslösungen “

For your Safety. Erstklassige Produkte und Dienstleistungen – zugeschnitten auf Ihre Bedürfnisse Sprechen Sie mit uns. W ir automatisieren. Sicher.

Für so eine Hopfenkaltschale zahlt jeder gern mehr. Oder nicht?  Seite 14

Künstler reisen um die Welt, um diese Maschine und ihren Besitzer zu treffen.  Seite 24

HANNOVER MESSE

17 – 21 April 2023

W ir sind dabei, live und digital! Halle 9, Stand D17

Pilz GmbH & Co. KG

Telefon: 0711 3409-0 info@pilz de, w w w pilz

INHALT
Fotos (v. o.): Felix Schmitt;
Schmott; Mario Wezel
„Wollen wir die Welt jeden Tag ein bisschen sicherer machen.“
de
ANZEIGE

Er gibt Gas

ENERGIEKRISE   PORTRÄT
Johann Killinger, 62

Als es endlich losgeht mit dem Projekt, an dem so viel Hoffnung hängt, bleibt Johann Killinger im Hintergrund. Er lässt der Politik den Vortritt. Weil er sie als Verbündete braucht. An diesem Wintertag also darf Olaf Lies glänzen, der Wirtschaftsminister von Niedersachsen. Eben hat der SPDMann ein Signalhorn gedrückt und offiziell den Bau eines Hafen-Anlegers in Stade gestartet. In Warnweste steht Lies am Ufer der Elbe. Wo jetzt Gras wächst, soll bis Jahresende ein langer Kai entstehen. An ihm sollen dann Tanker und ein Fabrikschiff anlegen. Die Tanker liefern tiefgekühltes, flüssiges Erdgas (Liquified Natural Gas, LNG), das auf dem Fabrikschiff zu Gas umgewandelt und ins Netz eingespeist wird. Minister Lies fordert eine »neue Deutschlandgeschwindigkeit« für den Bau, denn das Land hat es inzwischen verdammt eilig.

Es geht um viel: Das Projekt in Stade soll dabei helfen, dass es in Deutschland auch im nächsten Winter keine Gas-Mangellage gibt. Dafür braucht es Terminals. Und Tempomacher wie Johann Killinger.

Der 62-Jährige ist Inhaber und Chef der Hamburger Buss-Gruppe, die Geschäfte rund um Häfen, Windparks und Schiffe

Amacht. Ein promovierter Jurist, Millionär, Ruderer, sechsfacher Vater und Arbeitstier. Manche halten ihn für einen Tausendsassa, andere beklagen übertriebenes Selbstbewusstsein. Killinger wagt sich mit Leidenschaft an neue riskante Geschäfte – und das oft mit Erfolg. Und so vereint seine Bewunderer und Kritiker etwas: Sie wüssten gerne, wie der Mann das macht.

Wer Killinger im Job begleitet, versteht schnell: Sein Erfolg hat mit Mühe zu tun, mit Hartnäckigkeit und dem scharfen Blick aufs Ausland. So zumindest in Stade.

Im Hafen des Gewerbegebiets StadeBützfleth, gut 30 Kilometer elbabwärts von Hamburg, hat Killinger dieses LNG-Projekt begonnen, eines der teuersten InfrastrukturProjekte der Republik. Es ist ein zweistufiges Vorhaben: Zunächst baut das Land den Hafen aus, dann legt der Bund für drei Jahre ein gepachtetes Fabrikschiff an den Kai. Parallel errichtet Killinger auf der Wiese nebenan zwei Gastanks und eine Anlage zum Erwärmen des tiefgekühlten Gases. Dieser Landterminal soll 2027 das Fabrikschiff ablösen. Zuerst soll Erdgas nach Stade importiert werden, und später sollen grüne Gase wie Bio-LNG folgen. Das ist flüssiges Biomethan, hergestellt aus organischen Abfällen, Energiepflanzen oder Gülle.

Die Gesamtkosten des Projekts schätzt Killinger auf »etwas über eine Milliarde Euro«. Land und Bund geben gut 300 Millionen, der Großteil kommt von Killinger und den Partnern. »Ich stecke hier seit mehr als fünf Jahren Energie hinein«, sagt er. Gemeint sind Geld und Lobbyarbeit. Ein Lokalpolitiker aus Stade erzählt, er sei vor dem Baustart regelrecht umgarnt worden. Killinger habe »mit großer Verve und fast schon penetrant« für das Vorhaben geworben und viel versprochen: Die kleine Hansestadt werde aufsteigen zum Importtor für Gas. Zur nationalen Drehscheibe. Für Stade, das

dass

oft im Schatten von Hamburg steht, wäre das Balsam. Manche halten Killinger wegen solcher Sätze für einen Menschenfänger.

Natürlich: Auch Killinger hat den Krieg nicht kommen sehen. Aber der Unternehmer hatte früh erkannt, dass er mit Alternativen zu russischem Gas gut verdienen könnte. 2018 gründete er mit Partnern die Hanseatic Energy Hub GmbH, an der auch der Schweizer Finanzinvestor Partners Group und der US-Chemiekonzern Dow beteiligt sind. Es war eine Gründung gegen den Mainstream. Sie war mutig, weil die Bundesregierung ausschließlich auf das Gas aus Russland setzte. Sie wollte keine Häfen für Gas-Importe von anderswo bauen oder private LNG-Terminals fördern – obwohl andere EU-Küstenländer das taten. Killinger sagt: »Man kämpfte gegen Windmühlen.« Er war zum Warten gezwungen. Zum Warten auf den Wendepunkt.

Den sah er Ende 2021 gekommen. Die Ampelkoalition in Berlin hielt im Koa litionsvertrag fest, dass klimaschädliches Erdgas für eine Übergangszeit »unverzichtbar« sei, damit das Land genug Energie hat. Zu groß war die Angst vor möglichen Engpässen in der Stromproduktion durch den Ausstieg aus Kohle und Atom, an eine Abkehr vom Putin-Gas dachte man da noch nicht.

Killinger legte los: Er trommelte in Berlin für den Importhafen und lobte die Vorteile von Stade, etwa die Gasleitung in der Nähe. Die Nähe zu der Fabrik, die Dow am Hafen betreibt und die Abwärme erzeugt, mit der sich das flüssige Gas emissionsfrei erwärmen lasse. Kosten in Millionenhöhe könne man damit sparen, schwärmte er.

Killinger tat all das, bevor Russland die Ukraine angriff und Deutschland das Gas abdrehte. Bevor die Energiepreise explodierten und die Angst vor kalten Wohnungen und toten Fabriken einsetzte. Bevor die Regierung die Fristen zur Genehmigung von

7
Johann Killinger setzte schon vor der Energiekrise darauf,
Deutschland flüssiges Erdgas brauchen könnte. Über einen Unternehmer, der immer wieder Neues wagt und Altes abstößt – auch wenn es wehtut
Foto:
ZEIT
Michael Kohls für
für Unternehmer

Leute

LNG-Terminals per Gesetz verkürzte. Deshalb konnte er so schnell reagieren.

Aber warum traut sich einer wie Killinger ein Milliardenprojekt zu? Warum riskiert ein Einzelner so viel? Was befähigt ihn dazu? Antworten liefert seine Karriere. Der Hamburger wurde in Krisen geformt, er ist zäh. Seine Firma, die Buss-Gruppe, hat nur überlebt, weil er sie hart sanierte und neu erfand. »Es war ein Totalumbau«, sagt ein Unternehmer, der ihn bewundert.

cken, Ballen oder Kisten. Es lief glänzend, bis die Reedereien in den 1960er-Jahren von Stückgut auf Container umstiegen. Buss blieben nur die Reedereien, die den Ostblock weiterhin mit Einzelstücken belieferten. Bis zur Wende reichte das. Dann brachen der Ostblock und das Kerngeschäft zusammen, Buss geriet in Schwierigkeiten.

Momentan ist Killinger häufig auf Lobby-Tour im Ausland. Er trifft sich mit Gas- und Geldgebern. Mal weilt er in Singapur. Mal in Dubai. Mal in den USA. An einem der Hamburg-Tage empfängt er mittags in der Zentrale in der HafenCity, später will er zwei seiner Kinder aus der Kita abholen. Killinger ist Vater von sechs Söhnen. In seinem Büro lehnen drei Räder an der Wand. Er radele oft zum Job, sagt er. In normalen Zeiten trainiert er auch morgens um sechs im Hamburger und Germania Ruder Club und geht mit Teamkollegen auf die Alster. Killinger sagt: »Wenn du aus dem Boot steigst, kann dir der Tag nichts mehr.« Gerade aber ist nichts normal. Kinder, Rudern oder Radeln kommen zu kurz. Er habe selten so viel gearbeitet wie jetzt: »Das letzte Jahr war brutal.«

Killinger stieg 1991 ein, da war er 31. Ein Kunde hatte die Firma gebeten, eine Lagerhalle zu bauen. Das hatten sie bei Buss noch nie gemacht. Killinger hatte keine Ahnung davon, aber er, der Neue, sollte das erledigen. Die erste Halle hatte Mängel, der Kunde forderte Nachbesserung. Killinger bot an, ihm eine zweite Halle zum gleichen Preis zu bauen – und vertraute darauf, die erste selbst zu vermieten. Die Wette ging auf, Killinger hatte erstmals sein Gespür für Märkte und ihre Schwankungen bewiesen.

Es folgte der Bau weiterer Hallen, das Ganze wurde zum Geschäftszweig, der fast zehn Jahre florierte. Dann erlebte Killinger mit einem Hochregal-Lager einen schweren Flop. Keiner brauchte es, als es fertig war. Killinger zeigte eine weitere unternehmerische Qualität: Er verwandelte die Niederlage in einen Sieg.

Killingers Firma verdiente anfangs ihr Geld mit Seefracht.

In seinem Büro steht dieses Modell eines Containerschiffs

Der Unternehmer erzählt von den Zeiten, als das anders war: Mit vier Geschwistern wuchs er in Hamburg auf, schon der Vater ruderte im Club. Nach der Schule studierte er Jura – »wie zehn Generationen vor mir in der Familie« – und ging zur Beratung Roland Berger nach Berlin. Das war kurz nach der Wende. Sein erster Kunde war die frühere DDR-Staatsreederei. Er sollte analysieren, welche Teile sich zum Verkauf eigneten. Killinger sagt: »Für mich war das ein Crashkurs – auch in Schifffahrt.«

Nach einem Jahr kehrte er heim, auch um dem Vater nachzufolgen. Der hatte bis zum Ruhestand als Gesellschafter in der Reederei August Bolten gearbeitet, die dann mit Buss fusionierte. Die Familie hielt ein Drittel an der Gemeinschaftsfirma und wollte nun, dass der Sohn sich kümmert.

Buss selbst war 1920 als Stauerei in Hamburg gegründet worden: Die Arbeiter beluden Schiffe mit Stückgütern wie Sä-

Das war 2000, die ganze Firma sei ein Sanierungsfall gewesen, sagt er. Nicht alle Gesellschafter glaubten an das neue Geschäft mit den Logistik-Immobilien, sie wollten es abstoßen. Killinger sah das anders. Er war überzeugt vom Wert der Immobilien und kaufte Buss die Hallen auf eigene Rechnung ab. Danach verkaufte er das Paket profitabel weiter, machte Kasse und tilgte Kredite. Mit dem Rest des Geldes übernahm er die Anteile der anderen Gesellschafter – gemeinsam trennten sie die einst fusionierten Geschäfte von Bolten und Buss in zwei unabhängige Firmen. Das war 2002, und Killinger war am Ziel: Die Bilanz war entlastet, und er hatte das Sagen bei Buss.

Nach dem Manöver räumte er sein Unternehmen so gründlich auf, als sei er noch bei Roland Berger. Schaute sich Bereich für Bereich an, kürzte Kosten, zerlegte das Ganze in kleine Teile mit eigener Haftung. »Brandmauern einziehen« nennt der Jurist das. Damit nicht alles in Flammen aufgeht, wenn es mal wieder irgendwo brennt.

»Gute
zu haben und machen zu lassen ist der Schlüssel zum Erfolg«
ENERGIEKRISE   PORTRÄT
Foto: Michael Kohls für ZEIT für Unternehmer

F Ü R H O M E U N D O F F I C E

Der neue GLC für Geschäftskunden. Der dynamischste SUV von Mercedes-Benz überzeugt mit sportlichem Design, luxuriösem Komfort und der neuesten Generation des Infotainmentsystems MBUX.

Erfahren Sie mehr über das Geschäftskundenprogramm auf mercedes-benz.de/geschaeftskunden D E R N E U E G L C J E T Z T I M O N L I N E S T O R E

An der Elbe bei Stade entsteht der LNG-Terminal samt Entladekai. Das Foto zeigt die Baustelle Anfang Februar

Gut 30 Jahre nach Killingers Einstieg ist vom Kerngeschäft wenig übrig. Die Gruppe hat sechs Sparten, einen Jahresumsatz von 320 Millionen Euro und erzielt laut ihrem Chef »gesunde Gewinne«. Sie entwickelt Immobilien und kümmert sich als Dienstleister um Windparks auf See. Sie hat ein Emissionshaus für Schiffscontainer-Fonds, ist an Häfen beteiligt, hält die Hälfte der Hamburger Reederei Leonhardt & Blumberg und betreibt neuerdings Gastanker. Weil da jetzt Dynamik drin ist.

Von außen gleicht das Gebilde mit den 600 Mitarbeitern einem unordentlichen Puzzle, bei dem manche Teile weggefallen und andere hinzugekommen sind. Das zentrale Puzzleteil von einst ist rausgefallen, ein Rahmen ist nicht erkennbar. Klar ist aber, dass neue Teile dort anzulegen sind, wo sich Möglichkeiten auftun.

Killinger ist der Prototyp eines Unternehmers, der Chancen ergreift und an alten Geschäften nicht aus Sentimentalität festhält, Jobs hin oder her. Man kann kritisieren, dass er wenig Rücksicht nimmt. Oder man kann loben, dass es aus diesem Grund bald einen LNG-Terminal in Stade gibt. Auf jeden Fall hängt beides zusammen.

Killinger selbst sagt: »Gute Leute zu haben und machen zu lassen ist der Schlüssel zum Erfolg.« Die Hierarchien sind flach, regelmäßig trifft er sich mit den Geschäftsführern der Sparten. Für Projekte wie Stade holt er starke Partner von außen. Damit verteilt er die Risiken und sichert eigene Einschätzungen ab. »Wir nutzen die Schwarmintelligenz, die hat man leider nicht allein«, sagt der Mann, der am Ende schon gerne selbst bestimmt.

Dass in der Hamburger Geschäftswelt das Urteil über Johann Killinger so gemischt ausfällt, hat auch mit seinem Abgang aus dem Hafen tun. Noch zur Jahrtausendwende betrieb die Firma einen Umschlagsplatz für Schwergüter mit gutem Ruf: den Hansa-Terminal. Buss profitierte von der Erfahrung im Umgang mit Einzelstücken. Doch dann plante die Stadt einen neuen Container-Terminal im Hafen und wollte die Flächen zurück, die Buss bis 2028 gepachtet hatte. Es gab ein jahrelanges Gezerre.

Killinger traf eine folgenschwere Entscheidung. 2016 machte er den defizitären Terminal dicht und bekam von der Stadt fast 120 Millionen Euro Ablöse. Damit kaufte er sich in Häfen wie Stade ein. Verlierer des Deals waren die etwa 90 Mitarbeiter. Sie bekamen nur eine magere Abfindung und standen ohne Job da. Auch Hamburg verlor: Der neue Terminal wurde nie gebaut, die Fläche liegt bis heute brach. Wie passt das damit zusammen, dass Killinger sich auch sozial und politisch für Hamburg engagiert?

An einem Sonntagnachmittag empfängt er in seinem Stadthaus nahe der Außenalster zu Zitronenkuchen und Cappuccino. In schwarzen Jeans, die Beine hochgelegt, sitzt Killinger im Sessel vor dem Kamin und erzählt von seiner Arbeit in der Hamburger Handelskammer. 2017 schloss er sich einer Gruppe von Kaufleuten an. Sie wollten die wichtigste Vertretung der Wirtschaft aufmischen und erneuern – das war ganz nach Killingers Geschmack. »Da musste man den Staub aus den Talaren klopfen«, sagt er. Bis Ende 2018 arbeitete er als Vize-Präses, bis sich das Bündnis der Rebellen zerstritt. Killinger kandidierte als Kammerchef, bekam aber nicht genug Stimmen.

Der Unternehmer, das zeigt sich hier, kann angriffslustig sein. Berührender aber ist es, wie Killinger seit einem persönlichen Verlust dafür sorgt, dass es anderen besser ergeht als ihm. Im September 2019 starb sein Sohn Oskar nachts am plötzlichen Epilepsietod –im Wohnzimmer erinnert ein Porträtfoto an der Wand an den damals 14-Jährigen. Die Ärzte hatten die Eltern nicht darüber aufgeklärt, dass Epilepsie-Anfälle selten auch zum vorzeitigen Tod führen können. Gemeinsam mit seiner Ex-Frau hat Killinger eine Stiftung mit einem Vermögen von 500.000 Euro gegründet. Sie kämpft für mehr Aufklärung und moderne Therapien. Damit es nicht noch mehr vermeidbare Todesfälle gibt.

Am nächsten Morgen wird Killinger wieder ins Ausland fliegen. Und bei Terminen kurz innehalten, wenn er den Laptop aufklappt und das Bildschirmfoto sieht. Es zeigt seinen Sohn Oskar bei einem Törn auf Killingers Jacht, wie er im Meer badet und strahlt.

Foto: Marc Elsen/Euroluftbild/Picture-Alliance
Killinger habe
»mit großer Verve und fast schon penetrant« für das Vorhaben geworben, sagt ein Lokalpolitiker
ENERGIEKRISE   PORTRÄT

Nachhaltigkeit b rau cht g ezielte A n s töße, damit sie langfris tig wirk t W ie b ei eine m Perp e tuum mobile, da s sich nach eine m er s te n Impul s von außen immer wie der selb s t antreibt . Die se s is t z war fik tiv, dient uns von d er DZ BA N K ab e r al s Vorbild un d Haltung s grun dlag e. W ir d e nke n in K reisläufen un d unter s tü t ze n un s e re Kun d e n dab ei, nachhaltig e Ve rän d erung en anzu s toßen Dab ei hab en wir imm e r die langfris tig en Au s wirkungen un sere s Handelns im Blick S o sichern wir gemein s am die Zukunf t durch nachhaltig e Leis tung s fähigkeit . Er fahre n Sie m ehr üb er un s ere Haltung unte r: dzbank .d e/haltun g

Unter Na c h h a lt ig keit ver ste hen w i r, heute die L eistungsfähigkeit von morgen zu sichern.

Der Schock und die Folgen

200 Mrd.

der von der DIHK befragten Unternehmen berichteten im vergangenen Herbst von einer schlechten Geschäftslage

ihre Finanzierungssituation damals als problematisch, jede zweite Firma erwartete für 2023 eine weitere Verschlechterung

Die Energiekrise drohte die Unternehmen hart zu treffen. Laut der Konjunkturumfrage der Deutschen Industrieund Handelskammer (DIHK) gab es im Herbst 2022 so wenige Betriebe, die positiv in die Zukunft blicken wie noch nie. Inzwischen haben sich die Preise für Energieprodukte auf hohem Niveau eingependelt, wie Daten des Statistischen Bundesamts zeigen:

Euro stellt die Bundesregierung dem Wirtschaftsund Stabilisierungsfonds zur Verfügung, damit die Strom ­ und Gaspreise sinken. Sie hat Strom ­, Gasund Wärmepreisbremsen beschlossen, am 24. Dezember 2022 traten die Gesetze in Kraft

12

Cent pro Kilowattstunde Gas beträgt der Preis, den die Bundesregierung zum 1. März 2023 festgelegt hat. Er gilt in der Regel für 80 Prozent der im Vorjahr verbrauchten Menge. Ähnlich ist es bei Fernwärme (9,5 Cent pro Kilowattstunde) und Strom (40 Cent pro Kilowattstunde) geregelt

59 % Weitergabe der gestiegenen Kosten

38 % Investitionen in energieeffizientere Anlagen

4 % Verlagerung der Produktion

14 %

Reduktion der Produktion oder des Angebots

14 % Ausweichen auf andere Energieträger

15 % gar nicht

13 % Sonstiges, etwa Kürzung der Betriebszeiten

ENERGIEKRISE   ANALYSE
beschrieben
1 9 % 41% Infografik: Pia Bublies, Quellen: DIHK, Statistisches Bundesamt, Handelsblatt/DZ Bank 100 0 Jul 21 Jan 22 Jul 22 Jan 23 200 300 Leichtes Heizöl Erdgas, ohne Betriebskosten Kraftsto e Strom Preisindizes (2020 = 100)
Im Jahr 2022 explodierten die Energiepreise. Wirtschaft und Politik mussten reagieren So haben die Unternehmen kurzfristig auf die Preissteigerungen reagiert

Der Anstieg der Preise für Gas und Strom besorgt viele Unternehmer –und lässt

2500 Stellen

Diese Investitionen erwägen Mittelständler mittel- und langfristig (Auswahl)

will BASF am Stammsitz in Ludwigshafen streichen und eine energieintensive Ammoniak-Anlage schließen. Ein zentraler Grund sind die hohen Energiekosten der Familienunternehmen bereitet ein möglicher weiterer Anstieg der Energiekosten große Sorgen, wie eine Umfrage des Verbands Die Familienunternehmer zum Jahreswechsel zeigt. Laut DIHK beurteilen viele Firmen die Lage aber wieder besser als im Herbst 2022

36 Mrd.

Euro Gewinn machte der Ölkonzern Shell 2022 – fast doppelt so viel wie 2021

PARTNERSCHAFT FÜR DEN ERFOLG:

Gemeinsam Wertvolles unternehmen.

Als verlässlicher Partner unterstützen wir Unternehmen dabei, Erfolg zu schaffen, der sich nicht nur in Zahlen bemisst. Mit großer Leidenschaft, Fachwissen und der ganzen Kraft eines großen Versicherers entwickeln wir ganzheitliche Absicherungs- und Vorsorgelösungen – für Ihr Unternehmen, Ihre Mitarbeiter, Sie und Ihre Kunden. Und sind für Sie da – gestern, heute und in Zukunft.

Erleben Sie Partnerschaft für den Erfolg: www.ruv.de/firmenkunden

Fotovo l t a ik Energiee izientere Gebäude Solarthermie Wä rm e p um p e n Kraft-Wärme-Kopplung Windkraft 35 % 65 % 28 % 27 % 17 % 10 % 13
69%
manche umdenken VON KEVIN GALLANT
ANZEIGE

Zahlen die das?

Strom, Gas und Rohstoffe sind deutlich teurer geworden. Viele Unternehmer fragen sich, wie sie die gestiegenen Kosten weitergeben und ihre Preise erhöhen können, ohne Kunden zu vergraulen VON NICLAS SEYDACK

0,2 %

mehr kostete Spielzeug im Dezember 2022 im Vergleich zum Januar 2022 – trotz Inflation. Für die Hersteller ist das ein Problem

REPORT
Foto: Sebastian Lock
INFLATION

Manchmal sorgt sich der Münchner Wiesnwirt Christian Schottenhamel vor bestimmten Bierpreisen, die er »magische Zahlen« nennt. Beträge, bei denen Durstige schlagartig sagen: Dann trink ich mein Bier halt woanders. Das war im Jahr 2014 so, als im Oktoberfestzelt seiner Familie die Maß erstmals über zehn Euro kostete. Neulich war es wieder so weit. Schottenhamel, 60 Jahre alt, musste in seinem Paulaner am Nockherberg – ein rustikales Wirtshaus mit Biergarten – den Bierpreis auf fünf Euro für den halben Liter erhöhen. Zum ersten Mal. Es ging nicht anders. Die Energiepreise, die Preise für Fleisch und Bier sind enorm gestiegen. Fünf Euro für den halben Liter also – wieder so eine magische Zahl, sagt Schottenhamel. Wieder die Bedenken. Aber, das wundert ihn selbst, bisher hat er das Gefühl: Des basst scho. »Kein einziger Gast hat sich beschwert«, sagt er. Kein Bier wurde weniger getrunken. Schottenhamel holt sein Handy aus der Tasche, um die Reservierungen für den Abend zu prüfen: »Alles ausgebucht.«

Viele Unternehmer fragen sich gerade, ob sie steigende Kosten an ihre Kunden weitergeben können. Die Erzeugerpreise sind 2022 um gut 30 Prozent gestiegen, so drastisch wie noch nie seit Erfassung der Daten durch das Statistische Bundesamt. Laut einer Studie des Ifo-Instituts, für die 6000 Unternehmen befragt wurden, haben sie im Mittel gerade einmal ein Drittel dieser Kosten auf die Preise draufgeschlagen. Natürlich müsste es eigentlich mehr sein.

Bloß sind die, die ihre Produkte kaufen sollen, ja selbst gebeutelt von einer Rekordinflation. Und sie kaufen dann vielleicht weniger oder wechseln zur Konkurrenz. Schottenhamel und die anderen Unternehmer müssen sich über etwas den Kopf zerbrechen, das Volkswirte die »Preiselastizität der Nachfrage« nennen. Sie gibt an, wie stark die Nachfrage sinkt, wenn der Preis steigt. Es gibt Produkte, da passiert das kaum, etwa bei Sprit oder Brot. Ohne sie geht es eben nicht. Bei Bio-Lebensmitteln ist es schon anders: Man kann ja auf konventionelle ausweichen.

MSchottenhamel hätte natürlich Alternativen. Statt den Preis seiner Produkte zu erhöhen, könnte er die Qualität oder die Menge reduzieren. Mastschwein statt bio, 0,4 Liter statt der klassischen Hoiben. Nach einer Umfrage der Zeitschrift Absatzwirtschaft und der Beratung Anxo Management Consulting lehnt das ein Großteil der Führungskräfte aber ab – Schottenhamel auch. Doch wenn er an Qualität und Menge festhält, muss er eben den Preis erhöhen, damit sich sein Geschäft weiter rechnet. Bloß, wie gelingt eine Preiserhöhung, ohne dass die Kunden sich abwenden?

Christian Schottenhamel schaut gerne und oft bei seinen Münchner GastroKollegen rein – »ich glaub, man sieht’s auch«, sagt er. Gerade in letzter Zeit hat ihn etwas überrascht. Bei den Sterneköchen ist es trotz Corona, Krieg und Inflation voll. Und in Schottenhamels Paulaner am Nockherberg ist das ähnlich, obwohl es keinen Luxus bietet: »Wir sind volksnah, wir wollen, dass sich jeder Geldbeutel bei uns wohlfühlt.« Man nimmt ihm ab, dass

15

er kein Problem damit hat, wenn ein kauziger Opi bei ihm drei Stunden an einem Bier nuckelt. Schottenhamel kann und will sich solche Gäste auch erlauben.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Bei Schottenhamel machen sich die, die seltener ins Restaurant gehen, womöglich einfach noch nicht bemerkbar. Sein Paulanergarten, in dem das Unternehmen seine berühmten Fernsehspots dreht, ist für viele Touristen das, was für Feinschmecker die Sterneküche ist: ein Sehnsuchtsort. »Es hilft natürlich, so eine Geschichte erzählen zu können«, gibt er zu und lässt sich eine Speisekarte bringen. Darauf steht: »I BY – Bei uns kommt Heimat auf den Tisch«.

Zusätzlich zu Gerichten und Preisen – Saftgulasch vom heimischen Ochsen für 26 Euro oder Schweinsbraten für 15,50 Euro – zeigt die Karte Fotos vom Bauernhof, der das Fleisch mit Bio-Siegel liefert. Neben dem Steinpilz-Zwiebelrostbraten mit Kartoffeln und Speckbohnen, 38 Euro, sieht man den Azubi, der am »Xaver« Fleisch mariniert, dem Grill in der Küche, den Schottenhamel nach dem jüngsten Sohn benannt hat. Diese Geschichten, so stellt sich Schottenhamel das vor, erklären den Kunden, warum es bei ihm eben etwas teurer ist – und gerade noch etwas teurer wird. Aber solange die Preissteigerungen verständlich gemacht würden und moderat ausfielen, sagt Schottenhamel, »fühlt sich da auch keiner über den Tisch gezogen. Die Leute spüren ja, dass es überall so ist.«

Ist das wirklich so? Anruf bei Martin Gornig vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Der Ökonom sagt: »So eine Akzeptanz für Preiserhöhungen wie momentan habe ich noch nie gesehen. Wenn man vor fünf Jahren gesagt hätte: Mein Produkt kostet ab jetzt 30 Prozent mehr, wäre der Kunde sofort wieder aus dem Laden rausgegangen.« Ein Grund dafür, dass es heute anders ist: Alle wüssten, dass es am Krieg in der Ukraine liege und nicht an der Gier der Anbieter. Und die Leute bekämen einen Schuldigen mitgeliefert: den russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Dazu kommen branchenspezifische Besonderheiten. In der Baubranche etwa sei die Nachfrage schneller gestiegen, als das Ange-

bot wachsen konnte, erklärt der Ökonom, Preiserhöhungen seien gut durchsetzbar. Niemand will in ein Haus einziehen, das keine Toilette hat oder dem der Dachstuhl fehlt. Das gelte, sagt Gornig, auch für die Kunden in der Industrie. Die sogenannten Hidden Champions, die oft kaum bekannten Marktführer, könnten die Preise leicht erhöhen, weil Kunden oft exakt deren Teile für die Herstellung der eigenen Produkte benötigten. Preiserhöhungen akzeptiert also, Typ eins, derjenige, der nicht anders kann.

Der zweite Typ, den Gornig beschreibt, sind all die, die es sich leisten können, mehr zu bezahlen. Damit bestätigt er die Beobachtung des Wirts Schottenhamel. Wer beim Sternekoch acht Gänge bestellt, dem ist es egal, ob die 300 oder 350 Euro kosten. »Im Luxusbereich ist es ja oftmals noch ein Ausweis besonderen Wertes, wenn ein Produkt

29,1 %

beträgt laut Ifo-Institut der Saldo der deutschen Unternehmen, die ihre Preise in den kommenden drei Monaten erhöhen wollen. Der Wert sinkt seit fünf Monaten

besonders teuer ist.« Wer sich etwas gönnen will und genug hat, der tut es eben trotzdem.

Es gibt einen weiteren Grund, warum Preiserhöhungen akzeptiert werden. Viele Menschen, sagt Gornig, hätten während der Pandemie Geld angespart. Schlichtweg, weil die Gelegenheit fehlte, es im Urlaub oder im Restaurant auszugeben. Die Sparquote der Haushalte in Deutschland stieg 2021 laut Statistischem Bundesamts auf den historischen Höchstwert von 18,2 Prozent, und nach Angaben der Bundesbank wuchs auch das Geldvermögen der Deutschen in der Pandemie deutlich. Das heißt: Die Menschen des dritten Typs verfügen nun über Ersparnisse und kaufen Dinge, die ihnen früher zu teuer gewesen wären.

Was aber, wenn die Ersparnisse weg sind und Nachzahlungen für Strom und Gas ins Haus flattern? Bricht dann die Nachfrage ein? Gornig hält diese Sorge für übertrieben. Zum einen glaubt er, dass sich die Reallohn-

verluste in Grenzen halten werden. Zum anderen lobt er die Bundesregierung für die Gas- und Strompreisbremse. Sie habe die Menschen beruhigt. Und wer keine Angst davor hat, wegen seines Heizverhaltens bankrottzugehen, kauft weiter ein und besucht Restaurants. Das sei gut, denn der private Konsum treibe die Konjunktur. Viele Menschen akzeptieren also offenbar, dass wegen des Kriegs in der Ukraine nun einmal alles teurer wird.

Eine Ausnahme macht Gornig allerdings. Er nennt es »das Verhalten der Grenzkunden« – also all jener, die jetzt schwanken, ob sie sich etwas leisten wollen, was sie nicht unbedingt brauchen. Es sind oft diejenigen, die nicht über größere Ersparnisse verfügen. Oder die zuletzt ihre Reserven aufgebraucht haben und nun sparsamer werden müssen.

Einer, der viel mit solchen Grenzkunden zu tun hat, ist der Unternehmer Florian Sieber, Chef des Spielwarenherstellers SimbaDickie Group. Beim Besuch in der Zentrale in Fürth hat Sieber, 37 Jahre alt, gute Laune. Gerade findet nebenan in Nürnberg zum ersten Mal seit der Pandemie wieder die Spielzeugmesse statt, die größte der Welt. Sein Unternehmen zeigt dort, was es zu bieten hat: die Bobby-Cars von BIG, die Wasserbahnen von AquaPlay und die Modelleisenbahnen von Märklin; Sieber hat den Modellbauer 2013 übernommen.

Der Firmenchef erzählt von den turbulenten vergangenen drei Jahren. 2020 sei »ein weltweites Rekordjahr für die Spielzeugbranche« gewesen. Die Leute hatten viel Zeit zu Hause. Eltern, die Hauptzielgruppe von Sieber, mussten den Nachwuchs in den eigenen vier Wänden bespaßen. 2021 folgte ein Jahr mit hoher Nachfrage und eingeschränktem Angebot durch angeschlagene Lieferketten aus China. 2022 war es dann wieder anders: Eine Nachfrage-Delle traf auf weiter schwierige Bedingungen in der Lieferkette. Das Resultat: sieben Prozent Umsatzrückgang, gut 50 Millionen Euro weniger als im Jahr zuvor. Trotz eines guten Weihnachtsgeschäfts. »Das ist schade«, sagt Sieber. »Aber angesichts von allem, was passiert ist, bin ich zufrieden.«

Sieber hat die Preise zuletzt im Frühjahr 2021 erhöht, zwischen vier und zehn Pro -

Foto: Schmott
REPORT INFLATION

8,3 %

zent hat er auf die Spielzeuge draufgeschlagen. Eigentlich hätte er sie im Herbst erneut verteuern müssen. Aber er hat sich anders entschieden: »Bei angespannter Kaufkraft können wir keine Preise erhöhen.« Eltern würden sich in diesen Zeiten zweimal überlegen, ob das alte Bobby-Car nicht noch einen Sommer durchhält. Besonders junge Eltern hätten oft nur wenig Rücklagen, sagt er. Sie reagierten auf Preiserhöhungen sensibel. Ökonomen würden sagen: Ihre Nachfrage ist besonders preiselastisch.

Und sie ist deutlich preiselastischer als die von Siebers zweiter Zielgruppe: den sogenannten »Kidults«. Dabei handelt es sich um Erwachsene, vor allem Männer, mit gutem Einkommen. Sie machen mittlerweile etwa 15 Prozent des Firmenumsatzes aus. Diese Menschen hätten kein Problem damit, für 150 Euro eine Hightech-Wasserpistole zu kaufen, deren Wasserstrahl sich elektronisch verstärken lässt und die über ein Display verfügt, das den Wasserstand angibt.

Ähnlich verhalten sich die Sammler der Modellbau-Marke Märklin, die Sieber während des Gesprächs gerne »unsere Modellbahnfreunde« nennt. Für sie hat er das Märklineum bauen lassen, ein Museum, das 35.000 Modellbahnfreunde im Jahr besuchen. Ihnen erklärt Sieber die Preiserhöhungen im firmeneigenen Märklin Magazin. Gerade in den Produktionswerken in Osteuropa seien langfristige Verträge mit Energieanbietern unüblich. Er müsse halt zahlen, was die verlangen. Und das sei im letzten Jahr ein »niedriger siebenstelliger Betrag« zusätzlich gewesen. Dennoch habe Märklin seinen Absatz im Jahr 2022 sogar leicht steigern können. Ein Märklin-Fan, der seine Sammlung ein Leben lang aufgebaut hat, wechselt nicht plötzlich zum Konkurrenten, weil der ein paar Euro günstiger ist. Sieber ist zudem überzeugt, dass so eine Modelleisenbahn in diesen Zeiten noch aus einem anderen Grund gefragt ist: »Je schlimmer die Welt gefühlt ist, desto lieber flüchtet man vor ihr«, sagt Sieber – etwa »in die selbst gebaute Modellbau-Welt, in der alles so funktioniert, wie man es mag«. Das Beispiel zeigt: Wer als Unternehmer höhere Preise verlangen möchte, braucht nicht nur Kunden. Er braucht Fans.

17
mehr als noch im Januar 2022 kostete Bier im Dezember 2022. Trotzdem stieg der Absatz gegenüber 2021 im Laufe des Jahres

»Jetzt gilt es zu liefern«

Elena von Metzler, 35
TITELTHEMA   DIE METZLERS
Fotos [M]: Wolfgang Stahr für ZEIT für Unternehmer

Franz und Elena von Metzler steuern die Geschicke des Bankhauses Metzler – in zwölfter Generation. Hier erklären sie in ihrem ersten gemeinsamen Interview, wie sie ihre Familie zusammenhalten, warum sie netzwerken und weshalb die Krise für sie auch eine Chance ist

Franz von Metzler, 37
19

Das Bankhaus Metzler ist die älteste Privatbank der Republik, die sich noch in Familienbesitz befindet. 1674 gegründet, hat sie auch deshalb Krisen und Kriege überdauert, weil die Metzlers eiserne Grundsätze beim Generationswechsel pflegen. Was in manch anderem Unternehmen notgedrungen von einem Tag auf den anderen passiert, wird hier akribisch vorbereitet und wie in Zeitlupe umgesetzt. Doch gerade gibt es für die Verhältnisse der Metzlers richtig viel Bewegung. 2018 hat Friedrich von Metzler, 79, die Leitung der Bank abgegeben, die er fast fünf Jahrzehnte innehatte. Und zwar an Emmerich Müller, der den Chefposten im Sommer seinem Vorstandskollegen Gerhard Wiesheu überlässt. Zwei Banker, die nicht zur Familie zählen. Aber womöglich folgt auf sie wieder ein Banker aus dem Familienkreis im Chefsessel. Im Januar dieses Jahres ist Friedrich von Metzlers Sohn Franz, 37, in den Vorstand eingetreten. Er und seine Schwester Elena, 35, die ausgewählte Kunden der Bank betreut, verkörpern die zwölfte Generation der Bankeigentümer. Zum Gespräch bitten die Geschwister ins Stammhaus in der Untermainanlage 1 in Frankfurt mit Blick auf den Main. Es gibt handgemachtes Gebäck von einer Konditorei in Königstein im Taunus, außerdem den bankeigenen Rauchtee. Und es gibt eine Herausforderung: Lässt sich den beiden Bankern entlocken, was sie in diesen turbulenten Zeiten anders machen wollen als ihre Ahnen?

Frau von Metzler, Herr von Metzler, wir leben in einer Zeit multipler Krisen. Von Ihrem Vater Friedrich von Metzler ist das Credo überliefert, Ihre Bank lasse im Boom viel Geld liegen, könne im Abschwung aber auch nicht viel verlieren. Sind Sie also froh, dass jetzt Ihre Zeit kommt?

Franz von Metzler: Nein, das steht in keinem Zusammenhang. Krisen sind kein Grund zur Freude, und sie ziehen auch an unserer Bank nicht spurlos vorbei. Aber in schwierigen Phasen bestätigt sich immer wieder, wie tragfähig unser risikoarmes Geschäftsmodell ist.

Kehren jetzt die Kunden zurück, die ihr Geld im Aufschwung lieber anderswo angelegt haben?

Elena von Metzler: Ein solches Hin und Her beobachten wir nicht. Wir pflegen langfristige, vertrauensvolle Beziehungen zu unseren Kunden. Unsere Kunden möchten ihr Vermögen nachhaltig gesichert wissen. Wer mehr Dynamik sucht, für den sind wir vielleicht nicht die Richtigen.

Apropos Nachhaltigkeit: Die spielt bei Ihnen ja eher eine untergeordnete Rolle?

Elena von Metzler: Im Gegenteil, die Bank ist fast 350 Jahre alt und in ununterbrochenem Familienbesitz. Unsere Geschäftsstrategie ist auf Kontinuität und in vielerlei Hinsicht nachhaltig ausgerichtet. Aber die ökologischen Fragen bei der Geldanlage betonen Sie nicht so prominent wie andere Banken, Ihren Nachhaltigkeitsbericht sucht man lange. Warum?

Franz von Metzler: Das sehe ich anders. Selbstverständlich bieten wir unseren Kunden nachhaltige Lösungen an. Im AssetManagement werden wir für unsere Nachhaltigkeitsfonds zunehmend von unabhängigen Rating-Agenturen ausgezeichnet.

Elena von Metzler: Manchen kirchlichen Organisationen oder Stiftungen ist nachhaltige Geldanlage schon seit 20 Jahren wichtig, wir haben in dieser Hinsicht früh und viel von unseren Kunden gelernt. Ihre Klimabilanz haben Sie aber noch nicht ermittelt?

Franz von Metzler: Wir sind gerade dabei, unseren ökologischen Fußabdruck mit einer unabhängigen Gesellschaft zu messen und zu verbessern. Davon abgesehen glaube ich, dass die Finanzwirtschaft mit der Kapitalallokation in der Vermögensanlage einen weit größeren Hebel in der Hand hat, um die Transformation der Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit voranzutreiben.

Herr von Metzler, Sie sind im Januar im Vorstand der Bank angekommen. Wie fühlt sich das an?

Franz von Metzler: Es ist eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe, an die ich mit einem positiven Gefühl herangehe. Auch weil ich die Bank über Jahre von innen kennengelernt habe und schon vor meiner Vorstandsnominierung bei Sitzungen dabei war. Im Vorstand bin ich für den Bereich Asset-Management zuständig, dafür brenne ich. Ich weiß aber auch: Jetzt gilt es zu liefern. (lacht)

Gibt es Maximen aus der Vergangenheit, die Ihnen persönlich auf dem Weg in diese Zukunft helfen?

Franz von Metzler: Unsere oberste Maxime ist es, unsere Unabhängigkeit zu bewahren. Schon unser Vater hat das Familienunternehmen keinen existenziellen Risiken ausgesetzt. Wir verzichten etwa auf Kreditgeschäfte, weil sie höhere Risiken bergen. Wir müssen uns auf diejenigen Geschäftsaktivitäten konzentrieren, die zur Größe des Hauses passen und uns eine wettbewerbsfähige Position ermöglichen. Darüber hinaus achten wir auf ein ausreichendes finanzielles Polster: Unsere Eigenkapitalquote liegt bei über 20 Prozent. Und wir achten auf den Zusammenhalt der Gründerfamilie. Wie gelingt das in so einer weitverzweigten Familie wie Ihrer?

Elena von Metzler: Indem wir klaren Regeln folgen, wer Anteilseigner der Bank werden kann. Derzeit gibt es drei Eigentümer: Das sind Franz und ich sowie unser Vetter Leonhard von Metzler. Alle leisten ihren Beitrag für die Bank.

Franz von Metzler: Wir haben also keine externen Aktionäre, die auf kurzfristigen Profit aus sind. Das gibt uns die Gelassenheit, unsere strategischen Unternehmensziele konsequent zu verfolgen.

Kürzlich haben Sie einer Historikerin Zugang zu Ihren Archiven gewährt, die sich die Rolle Ihrer Bank in der Zeit des Nationalsozialismus genau angesehen hat. Wie kam es dazu?

Franz von Metzler: Als wir vor einigen Jahren mit der Bank umgezogen sind, tauchten uns bislang unbekannte Dokumente auf. Sie von einer unabhängigen Historikerin bewerten zu lassen mag ein kleiner Beitrag zur Aufklärung über diese schreckliche Zeit sein. Wir finden es wichtig, uns mit diesem Kapitel unserer Vergangenheit auseinanderzusetzen und Transparenz für die nachfolgenden Generationen zu schaffen. Das Buch der Historikerin zeichnet ein ambivalentes Bild: Ihre Bank hat zwar keine jüdischen Bankhäuser arisiert und war manchmal sogar deren Unterstützer. Aber zur Verdrängung der Juden aus dem Wirtschaftsleben hat auch sie beigetra gen, indem sie jüdischen Bankiers

TITELTHEMA   DIE METZLERS

half, ihre Häuser zu liquidieren. Enthält das Buch da für Sie etwas Neues?

Franz von Metzler: Es bestätigt im Wesentlichen, wie wir uns in der Familie an diese schwierige Zeit erinnern. Es gibt immer weniger Zeitzeugen – und umso wichtiger ist dieses Buch.

Elena von Metzler: Wir hatten leider nicht das Glück, mit unserem Großvater Albert über diese Zeit sprechen zu können; er ist gestorben, als wir noch sehr klein waren. Es tut daher gut, zu lesen, dass Albert dem Widerstand näher war als dem Unrechtsregime. Während sein Vetter und Co-Gesellschafter Gustav NSDAP-Mitglied war.

Elena von Metzler: Gustav von Metzler trat früh in die Partei ein, weil er hoffte, sie würde die Probleme der Weimarer Republik lösen können. Er war den Nachforschungen zufolge im weiteren Verlauf allerdings weit weniger aktiv, als sich auf den ersten Blick vermuten lässt. Später wurde er als »Mitläufer« eingestuft. Die wesentliche Gestaltung der Bank lag bei unserem Großvater, der schon seit der Hyperinflation für sie tätig war. Er hat die Bank entscheidend geprägt. Der frühere Reichskanzler Otto von Bismarck hat den Begriff »metzlern« geprägt für das, was man heute netzwerken nennt. Dem Buch zufolge hat das Ihrer Bank auch nach der Hyperinflation 1923 geholfen. Wie netzwerkt man richtig?

Elena von Metzler: Nur wenn man sich Zeit für jeden Kunden nimmt, entsteht Vertrauen, und man erfährt, was ihn bewegt und bedrückt. Das macht den Reiz unserer Arbeit aus.

Wie viel Geld sollte man mindestens anlegen können, um diese Betreuung bei Ihnen in Anspruch nehmen zu können?

Franz von Metzler: Bei der Vermögensverwaltung für Privatkunden ist eine Mindestanlage von drei Millionen Euro erforderlich, in einen Publikumsfonds von Metzler Asset Management können auch Anleger ohne einen Mindestbetrag investieren.

Ist es nicht schwer, ein weites Netzwerk zu pflegen, wenn man zugleich sehr intensive Beziehungen zu seinen Kunden will?

Franz von Metzler: Es kommt auf die Balance an. Das bedeutet ganz praktisch: Neben einem durchgetakteten Kalender muss

2,3 Mio.

Euro betrug der offizielle Gewinn, den die Bank zuletzt jährlich an die Eigner ausschüttete. Die Bilanzsumme lag 2021 bei 8,8 Mrd. Euro

auch Raum für zufällige Begegnungen sein. Zu Veranstaltungen hinzugehen, von denen man nicht genau weiß, wen man trifft, und sich überraschen zu lassen: Diese Freiheit nehme ich mir.

Apropos Freiheit: War es immer ausgemacht, dass Sie beide in die Bank einsteigen, oder hätten Sie ablehnen können?

Franz von Metzler: Die Bank war bei uns immer ein Thema. Aber unsere Eltern haben nie Druck auf uns ausgeübt, sondern uns zu einer freien Berufswahl ermutigt. Ein Einstieg in das Unternehmen gegen unseren Willen wäre in ihren Augen nur nachteilig gewesen, sowohl für die Mitarbeiter als auch für das Unternehmen.

Elena von Metzler: Ich konnte mir lange nicht vorstellen, Bankerin zu werden, und habe erst während eines Traineeprogramms in unserem Bankhaus gemerkt, wie motivierend es ist, im eigenen Familienunternehmen zu arbeiten.

Christina Barbara Metzler war Mitte des 18. Jahrhundert die erste Chefin des Bankhauses. Bis heute ist sie die einzige geblieben

Franz von Metzler: Womöglich hat also genau diese Freiheit bewirkt, dass wir uns am Ende für die Bank entschieden haben. Dagegen ist Ihr Vater nach dem Zweiten Weltkrieg quasi in der Bank groß geworden und wurde 1971 mit nicht einmal 30 Jahren Chef. Im Jahr 2004 hat er erklärt, seine Nachfolge sei gesichert. Er meinte damit Ihren Großcousin Leonhard von Metzler, der sich dann aber 2017 aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hat.

Warum kam es doch anders als gedacht?

Elena von Metzler: Auch das lässt sich mit der Freiheit erklären, die wir als zwölfte Generation haben. Uns steht es frei, wofür wir uns begeistern. Leo hat seine Rolle nun im Aufsichtsrat der Bank gefunden. Franz nimmt seine Rolle im Vorstand ein. Und auch meine Rolle hat sich verändert: Ich habe sehr viel mit Kunden gearbeitet, bis ich in kurzer Zeit Mutter von zwei Töchtern wurde. Jetzt habe ich ein ordentliches Programm zu Hause

... und besuchen trotzdem noch wichtige Kunden, wie man lesen konnte.

Elena von Metzler: Ich will für meine Kinder und für das Unternehmen da sein. Dass ich beides verbinden kann, ist sicher das Privileg einer Familienunternehmerin. Diese Rollen haben Franz, Leo und ich üb­

21
»Unser Vater sagt immer: Das Unternehmen ist ein Geschenk auf Zeit«
Abb.:
Elena von Metzler
Bankhaus Metzler

rigens im Jahr 2021 definiert, als wir eine Familiencharta aufgesetzt haben. Damit fühlen wir drei uns bisher sehr gut. Welche Regeln stehen denn genau in Ihrer Charta? Es war ja schon früher bei Metzler so, dass nur Vorstand werden konnte, wer ausgebildeter Banker ist.

Franz von Metzler: Wir haben einige dieser lange praktizierten, aber nie formalisierten Regeln festgeschrieben. Zum Beispiel, dass es ein Ziel unserer Familie ist, die Anteile an der Bank stets auf wenige Eigentümer zu konzentrieren.

Auf höchstens drei, wie derzeit?

Franz von Metzler: Es kann nur Gesellschafter werden, wer sich auch für das Bankhaus engagiert. Dieses ungeschriebene Gesetz haben wir formalisiert. Ohne aber der nächsten Generation zu viele Vorgaben zu machen. Es können also auch sechs oder neun sein, je nachdem, wie viele Kinder wir bekommen, insgesamt sechs sind es ja schon. In vielen Unternehmerfamilien ist Streit üblich. Wenn eine Charta formuliert wird, heißt es immer, dabei seien auch Tränen geflossen. Bei Ihnen auch?

Elena von Metzler: Wir haben uns mehrere Wochenenden für diesen Prozess Zeit genommen. Und wir waren überrascht, wie gut die Moderatorin uns zu den Knackpunkten gelotst hat. Am Ende waren wir alle froh, diesen Prozess angestoßen zu haben.

Franz von Metzler: Bei uns sind keine Tränen geflossen. Es war aber auch nicht alles einfach.

Was zum Beispiel?

Franz von Metzler: Es ging nicht nur um die Strategie oder das Geschäftsmodell, sondern auch um persönliche Themen, die nur uns etwas angehen. Wir konnten aber alle Themen offen ansprechen und sind uns einig geworden über den künftigen Pfad des Familienunternehmens.

Was haben Sie beide Neues über den jeweils anderen gelernt?

Franz von Metzler: Wir kennen uns tatsächlich sehr gut – was ja nicht bei allen Geschwistern der Fall ist.

Elena von Metzler: Mir ist klar geworden, wie gut wir aufeinander zählen können. Das ist wichtig, denn wir haben Respekt vor der Verantwortung, die unser Unternehmen mit

Die Bankiersgattin Emma Metzler mischte sich im 19. Jahrhundert politisch ein. Mit ihren Briefen an Otto von Bismarck erreichte sie, dass Preußen auf Geldforderungen an Frankfurt verzichtete

sich bringt. Unser Vater sagt immer: Das ist ein Geschenk auf Zeit, das ihr annehmen könnt und irgendwann weitergeben müsst. Angeblich soll ein gewisser Teil der Bank immer in der Hand der sogenannten Bona meser Linie Ihrer Familie bleiben, benannt nach dem Frankfurter Stadtteil Bonames. Zu ihr zählt Leonhard, dem 20 Prozent gehören. Sie beide mit jeweils 40 Prozent der Anteile gehören zur Frankfurter Linie. Von außen betrachtet liegt darin natürlich Konfliktpotenzial.

Franz von Metzler: Das würde ich nicht sagen, denn das Familienunternehmen hat uns ja auch zusammengehalten. Und wir haben in der Charta nicht festgeschrieben, dass jeder der beiden Stämme immer Anteile besitzen muss. Das kann die nächste Generation in beiden Linien dann neu entscheiden. Wie sehr redet da Ihr Vater noch mit? Er hat ja früher sogar aus dem Urlaub an der Atlantikküste gearbeitet, als mobiles Arbeiten noch nicht selbstverständlich war.

Franz von Metzler: Er hat sich damals eigens ein Faxgerät gekauft, das hat wahrscheinlich für unglaubliche Telefonkosten gesorgt. Er war sehr tief drin. Aber er konnte trotzdem gut loslassen Elena von Metzler: ... und hat den Wechsel an der Spitze 2018 sehr gut organisiert, indem er die Unternehmensleitung abgegeben und sich dann wirklich herausgehalten hat. Aber natürlich hat er hier noch ein Büro. Er ist eben ein Unternehmer und bleibt es. Es heißt, er sei »abschlussorientiert« ...

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt das Bankhaus heute

Franz von Metzler: Gestern hat er mich angerufen und gesagt, wir müssten mal wieder mit einem bestimmten Kunden sprechen. Ich habe vorgeschlagen, ihn in die Bank einzuladen. Aber unser Vater war dafür, zu ihm zu fahren. Und der Erfolg gibt ihm recht. Manche nennen ihn auch einen Ein-Mann-Strukturvertrieb. Das ist natürlich nicht ernst gemeint ... (lacht) Ihr Vater hat in den 1970er-Jahren das Kreditgeschäft abgeschafft, auf das Ihr Großvater noch gesetzt hatte. Was wollen Sie selbst ganz anders machen?

Franz von Metzler: Aktionistisch werde ich sicher nicht vorgehen. Wir verfolgen eine langfristige Geschäftsstrategie und müssen uns keinen Moden beugen.

800
»Wir haben nicht den Anspruch, plakativ politischen Gestaltungswillen zu zeigen«
Franz von Metzler
TITELTHEMA   DIE METZLERS
Foto: Bankhaus Metzler

Noch sind Sie ja auch nicht der Chef. Aber es ist schon ziemlich unwahrscheinlich, dass Sie es nicht werden, oder?

Franz von Metzler: Jetzt bin ich erst einmal Vorstand und übernehme noch mehr unternehmerische Verantwortung. Darüber bin ich sehr glücklich. Alles Weitere wird sich weisen.

Bedeutet diese Verantwortung für Sie auch, sich öffentlich einzumischen?

Elena von Metzler: Natürlich. Wir engagieren uns seit vielen Jahren sozial und gesellschaftlich in vielen Bereichen, so fördern wir etwa Wohltätigkeitseinrichtungen, die hiesige Kulturszene und wissenschaftliche Einrichtungen, unter anderem das Städel und das Senckenberg-Museum.

Ihr Vater hat sich aber auch schon öffentlich zur Energiepolitik geäußert oder 2017 einen offenen Brief an Grüne, FDP und CDU geschrieben. Also: Was stört Sie politisch hierzulande am meisten?

Franz von Metzler: Ich könnte jetzt einige Sachverhalte aufführen. Wir haben allerdings nicht den Anspruch, plakativ politischen Gestaltungswillen zu zeigen, sondern setzen dieses Instrument dosiert ein. Aber das kann sich in Zukunft durchaus ändern. Warum halten Sie sich so zurück, obwohl gerade so viele Umbrüche stattfinden –bei der Globalisierung, der Energieversorgung, den Zinsen?

Franz von Metzler: Gerade steht für uns die Arbeit in der Bank im Mittelpunkt; und vielleicht ist es auch eine Frage der Lebenserfahrung, zu wissen, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um sich zu Wort zu melden. Unser Vater etwa hat sich vor Jahren schon zur Aktienrente geäußert. Jetzt hat sich die Ampelkoalition das Thema vorgenommen. Kurz gesagt will Bundesfinanzminister Christian Lindner in den nächsten 15 Jahren jedes Jahr zehn Mil liarden Euro am Kapitalmarkt

anlegen. Daran gibt es aber auch Kritik –etwa an der Höhe des Betrags.

Franz von Metzler: Wir glauben sehr daran. Weil es Ihnen geschäftlich hilft?

Franz von Metzler: Nein, nicht aus einem Eigeninteresse der Bank, sondern weil die Aktienrente die Beteiligung der Bürger am wachsenden Produktivkapital ermöglicht und die Rentenversicherung sinnvoll ergänzt. Das ist ein Meilenstein in Deutschland. Jetzt haben Sie mir also doch ein politisches Statement entlockt!

Nach dem Gespräch steht da plötzlich Friedrich von Metzler, in Anzug und Turnschuhen. Der Senior erkundigt sich, was hier passiert –und während seine Kinder fotografiert werden, besorgt er eine Broschüre für den Journalisten. In ihr geht es darum, wie man die Rentenlücke schließen soll: mit Aktien natürlich.

Das Gespräch führte Jens Tönnesmann

Da m it I h r Fa m i l ienunter neh men auc h i n st ür m isc hen Zeiten n ic ht s so leic ht umw i r f t.

Familienunternehmen: Ver trauen Sie auf ein Team, das langjährige Er fahrung mit mit telständischen und Familienunternehmen hat.

Ein Team, das genau weiß, wie man diese durch schwierige Zeiten be gleitet und noch besser und krisenfester macht. So schaf fen wir gemeinsam mit Ihnen nachhaltige Wer te und Ver trauen – heute und in Zukunf t w w w pwc de/familienunternehmen

23
ANZEIGE
FOTOSTORY   STEIDL VERLAG 1

Ein Mann macht Druck

Ihm vertrauen Star-Autoren, Top-Fotografen und Modekonzerne:

Der Verleger Gerhard Steidl lebt für ästhetisch anspruchsvolle Bücher. Loslassen kommt für den 72-Jährigen nicht infrage.

Zu Besuch in seinem Reich in Göttingen

VON NAVINA REUS; FOTOS: MARIO WEZEL

1 Das Herz des Steidl Verlags ist die Druckmaschine. Sie rattert, und es riecht intensiv. Die Farben und Lacke werden noch von Hand auf die Walzen gegossen

2 Gerhard Steidl, hier in einem maßgeschneiderten Arbeitskittel, hat den Verlag 1968 gegründet. Bis heute hängt von ihm alles ab: die Zukunft der Firma genauso wie die Dauer der Projekte und die Wartezeit für einzelne Termine

3 »Die Bibliothek« nennt Steidl den Raum unterm Dach, dessen Wandregale mit vielen der mehr als 6500 Bücher des Verlags bestückt sind. Hier trifft er seine Kunden, die aus aller Welt zu ihm reisen

25
3 2

4 Ist Steidl sich mit einem Künstler über ein Buchprojekt einig, werden dessen Werke für den Druck fotografiert – so wie hier ein Bild des US-Malers Jim Dine. Das Zimmer ist fensterlos und wird von Scheinwerfern ausgeleuchtet, damit die Farben optimal zur Geltung kommen

5 Hier selektiert und arrangiert ein Künstler seine Kunstwerke. Dabei helfen die Mitarbeiter des Verlags, 45 beschäftigt das Unternehmen insgesamt

6 Sind die Bücher entworfen, folgt der Druck. Die Farben dafür hat der Verleger Steidl eigens für seinen Verlag entwickeln lassen

7 Mehr als einen Quadratmeter groß sind die Druckplatten, die der Verlag mit dieser Plattenmaschine herstellt

4 5
FOTOSTORY   STEIDL VERLAG

8 In hohen Stapeln liegen die breiten Papierbögen in der Druckmaschine. Jeder Künstler bekommt ein auf sein Buch abgestimmtes Papier. Steidl überlässt nichts dem Zufall

9 Nach dem Druck gehen die Produkte auf die Reise, dieses Paket mit gerahmten Plakaten ist für einen Kunden in Katar bestimmt. Gerhard Steidl beschriftet es persönlich. Vieles macht der Unternehmer einfach gerne selbst – bis heute

27 6 7 8 9

UNTERNEHMER-FRAGEBOGEN

Was er druckt, ist Kunst

ZEIT für Unternehmer: Herr Steidl, was macht Ihr Unternehmen?

Gerhard Steidl: Ich habe 1968 einen Verlag in Göttingen gegründet, los ging es mit einer Siebdruck-Werkstatt für Druckgrafik und Plakate. Seit 1972 drucken wir auch Bücher und legen Wert auf sehr hohe Qualität. Was ist Ihre größte Herausforderung?

Wir arbeiten mit Künstlern aus aller Welt zusammen. Deren Fotoprojekte und Texte sind individuell, und jedes Buch muss eine eigene Form und Gestalt bekommen. Ich hasse es, mich zu wiederholen.

Wie kommen Sie mit der Energiekrise und dem Papiermangel klar?

Wir haben Glück gehabt. Ich habe frühzeitig eine neue Druckmaschine gekauft, die nur halb so viel Strom verbraucht wie die alte. Unser Energieverbrauch ist jetzt niedriger als vor Corona. Und ich habe die Preise der Papierfabriken und -großhändler immer akzeptiert, dadurch werden wir gut beliefert. Ich stand nicht einen Tag ohne Papier da. Was hat sich im Verlag am meisten verändert seit der Gründung?

Alle zehn Jahre etwa ändert sich die Technik fundamental. Offset war vor 50 Jahren ein schlechtes Druckverfahren, wir haben gekämpft wie verrückt, um gute Bücher zu machen. Heute ist Offset spitze. Man hat eine hoch entwickelte Soft ware in der Maschine, mit der wir beste Qualität spielend erreichen.

Welche ist die wichtigste Maschine in Ihrem Unternehmen?

Das ist unsere Druckmaschine Roland 706 3B Evolution Elite, ihr Pulsieren erreicht jeden Raum im Verlag. Das ist der Herzschlag, der alle mitreißt.

Gibt es einen wichtigen Algorithmus?

Nein. Wir haben einen IT-Techniker im Haus, dem ich meine Anforderungen an die

Soft ware der Druckmaschine erkläre und was ich verbessert haben will. Es geht darum, das Bild und den Text auf dem jeweiligen Papier zu optimieren.

Sie haben weltweit Kunden und reisen viel. Warum sind Sie in Göttingen geblieben?

Ich finde es ganz smart, nicht in einer Metropole zu sein, wo Touristen spontan Besuche im Verlag machen würden. Zu mir nach Göttingen kommt man nur, wenn man eingeladen wird. Und wenn ich

Was begrenzt Ihr Wachstum am meisten?

Es wird durch meine Person begrenzt. Natürlich delegiere ich Arbeit an meine 45 Leute. Trotzdem habe ich den Anspruch, dass jeder Druckbogen, der durch die Maschine läuft, von mir abgezeichnet wird. Ich gebe nichts in Fremdauftrag.

Wie viel Geduld brauchen Ihre Kunden? Wenn mich jemand fragt: »Wann kommt das Buch raus?«, antworte ich immer: »Ein Buch ist fertig, wenn es fertig ist.« Manchen fordert das viel ab. Mit dem britischen Künstler Damien Hirst etwa arbeite ich seit 13 Jahren an einem Buch, dieses Jahr soll es fertig werden.

Welche Entwicklung Ihrer Firma erfüllt Sie mit der größten Genugtuung?

Dass die Marke Steidl weltweit für Qualität steht und dass viele Leute unsere Art, Bücher zu machen, gut finden.

Was schätzen Sie am Unternehmertum? Dass ich völlig unabhängig bin, als Unternehmer. Ich hatte nie Geschäftspartner. Welchen Unternehmer würden Sie gerne einmal zum Business-Lunch treffen?

Künstler besuche, reise ich morgens hin und abends zurück, denn ich will im eigenen Bett schlafen.

Was ist Ihr Anspruch an Ihre Bücher?

Meine Bücher sind von Künstlern konzipierte Kunstwerke, die ich in Serie herstelle. Sie sind identisch, aber immer einzigartig.

Wo müssen Sie Kompromisse machen?

Es gibt nur noch drei Buchbindereien in Europa, mit denen ich zusammenarbeiten will. Früher gab es viele spezialisierte Bindereien, die jetzt pleite oder geschlossen sind. Da ist viel Wissen verloren gegangen.

Michael Otto. Wir machen gerade ein Buch mit ihm. Ich habe noch nie einen so bescheidenen Großunternehmer kennengelernt. Er hat sein Unternehmen über die Jahre penibel weiterentwickelt, etwa beim Umweltschutz.

Sie kokettieren damit, dass Sie am Ende Ihres Lebens mit der Treppe im Verlag einstürzen und unter Büchern begraben werden möchten. Aber kann der Verlag ohne Sie überleben?

Es gibt keine Garantie dafür. Aber der Verlag ist ja eine Stiftung, und damit sind die Voraussetzungen geschaffen, dass es weitergehen könnte.

Die Fragen stellte Navina Reus

Gerhard Steidl, 72, Verleger
FOTOSTORY   STEIDL VERLAG
Foto: Mario Wezel für ZEIT für Unternehmer

Die besten Entscheidungen zeigen sich in T URBULEN T EN ZEI T EN .

Risiken und Chancen managen. #DasIstMir Wichtig

Wer f r üh vorauss c hau t , is t auc h in s c hwierigen Zeiten im Vor teil . D es w e gen b era ten wir von der H y p oVereinsb ank Unternehmen so, dass sie nicht nur f ür Krisen gewappnet sind, sondern durch vorausschauendes Denken und Handeln nachhaltig er folgreich bleiben. Zum B eispiel mit grüner Logis tik . S o wird aus Weit sicht Zuver sicht .

hvb.de/f iege
Felix und Jens Fiege,

Diese Affenbilder nutzt Herbert Geiss (re.), um Kunden zu binden

Echte Fründe

Für manche ist das Metaversum die Zukunft des Internets – und andere wissen nicht einmal, was das sein soll. Ausgerechnet ein rheinisches Karnevalsunternehmen zeigt, wie nützlich die neue digitale Sphäre sein kann VON CATALINA SCHRÖDER

Als die Kostüme liegen blieben, hatte Corinna Dahlhaus die rettende Idee

SCHWERPUNKT DIGITALISIERUNG METAVERSUM

Als es losging, fühlte sich Herbert Geiss ein bisschen wie Neil Armstrong. Ähnlich wie der erste Mann auf dem Mond wusste der 40-Jährige nicht genau, wie seine Reise verlaufen wird. Doch jetzt, da er einmal »auf diesem Mond gelandet ist«, wie Geiss es formuliert, gefällt ihm die Reise ziemlich gut.

Gemeint ist mit der Reise ein sogenanntes NFT-Projekt, das sein Familienunternehmen im Januar 2022 begonnen hat.

Spoiler: Für Herbert Geiss und die etwa 280 Mitarbeiter hat es sich als Chance entpuppt, eine völlig neue Form der Kundenbindung aufzubauen. Um zu verstehen, wie Geiss jetzt seine Kunden begeistert, muss man ihm erst mal auf den Mond folgen –und in die Welt der NFTs.

Die Abkürzung kursiert seit zwei Jahren, sie wird auf Technologiekonferenzen und in Strategieworkshops genutzt. Doch nur jeder zehnte Bundesbürger kennt den Begriff überhaupt, und nur jeder zwanzigste kann ihn erklären. Das hat eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom ergeben. Kein Wunder, denn ganz so einfach ist das nicht.

NFT steht für Non-fungible Token, was so viel heißt wie: ein einzigartiges Gut. Es handelt sich um das digital verbriefte Eigentumsrecht an einem virtuellen Gegenstand – etwa einem Kunstwerk, das aber nur in digitaler Form existiert. Zwar lassen sich die Bilder beliebig oft kopieren, per Mail verschicken oder auf Instagram verbreiten wie jedes Digitalfoto. Der NFT, der das Eigentum an dem Original belegt, ist aber einzigartig.

Das liegt daran, dass NFTs auf einer Blockchain verwaltet werden. Dabei handelt

es sich um eine Datenbank, die man sich wie ein Kassenbuch vorstellen muss: Sobald ein NFT seinen Besitzer wechselt, wird das in der Datenbank eingetragen. Und weil dieses Kassenbuch für jeden einsehbar ist, kann jeder zu jedem Zeitpunkt überprüfen, wem ein bestimmter NFT gehört. In etwa so wie bei einem Grundbuch, in dem festgehalten wird, wem ein Haus gehört. Mit einem wichtigen Unterschied: Das Kassenbuch mit den NFTs führt nicht eine Behörde oder Firma, Tausende Computer verwalten es gemeinsam. Das macht es fälschungssicher.

Man kann sich also vorstellen, warum sich Herbert Geiss mit NFTs anfangs schwertat. Er leitet ja in vierter Generation ein Unternehmen, das seit Jahrzehnten sehr irdische Belange erfüllt: Deiters gibt es seit 1921, es sitzt in Frechen bei Köln und ist nach eigenen Angaben Marktführer für Verkleidungen aller Art. Zu Karneval ist es in den 31 Filialen des Unternehmens extrem voll, an einem Autobahnkreuz westlich von Köln betreibt Deiters das »größte Karnevalskaufhaus der Welt«, wo man gut 2500 Kostüme anprobieren kann.

Was also will jemand, der sein Geld damit verdient, dass Menschen Kostümpartys feiern und an Rosenmontagen als Bären oder an Halloween als Vampire durch die Gegend zockeln, mit Non-fungible Tokens? Warum braucht er digitale Güter, wenn er mit seinen Kostümen echte Menschen in Einhörner, Ninjas oder Astronauten verwandeln kann?

Die Antwort ist schlicht: NFTs sind die Eintrittskarte in das sogenannte Metaversum. Man muss sich das Metaversum wie

eine neue Welt vorstellen, in der man virtuelle Häuser bauen und sie mit virtuellen Kunstwerken ausstatten kann, und NFTs sind die Besitzurkunden für diese Gegenstände. Eines Tages – so die Vision – soll sich jeder mithilfe eines Avatars durch diese digitale Welt bewegen können, um dort einzukaufen, zu arbeiten, Freunde zu treffen oder Spiele zu spielen.

Die Geschichte, wie Deiters und die NFTs zusammengefunden haben, geht so: Während der Corona-Pandemie brach das Geschäftsmodell des Unternehmens nahezu zusammen, der Umsatz fiel um 95 Prozent. Man kann das im Geschäftsbericht nachlesen: Am Ende der zwölf Monate vom 1. April 2020 bis 31. März 2021 stand ein Fehlbetrag von fast vier Millionen Euro –trotz Kurzarbeitergeld und Corona-Hilfen. Ein Fiasko.

Kein Wunder: Karnevalsumzüge, Halloween-Feiern, Motto-Partys – all das fiel damals aus. Dementsprechend wenig Anlässe gab es, um bei Deiters einzukaufen.

Aber Geiss ist niemand, der tatenlos rumsitzt. Seit er die Leitung des Familienunternehmens Anfang der 2000er-Jahre übernommen hat, hat er eine Filiale nach der anderen eröffnet. »Weil wir an dieser Situation erst mal nichts ändern konnten, haben wir uns auf die Zukunft konzentriert«, erzählt der Unternehmer. Er nahm sich vor, die Bedürfnisse seiner Kunden noch besser kennenzulernen und aus Kunden Fans mit einer starken Bindung an die Marke zu machen. »Damit wir mit 200 Prozent durchstarten, sobald die Menschen wieder feiern gehen.«

31
Fotos: Felix Schmitt für ZEIT für Unternehmer
A

Ein klassisches Kundenbeziehungsmanagement kam nicht infrage. Zu teuer. Eine Kundenkarte erschien dem Unternehmer zu gewöhnlich. Schließlich kam Geiss’ Marketingchefin Corinna Dahlhaus auf die NFTs. Denn als der Karneval ausfiel, boomte der Handel mit den virtuellen Gütern – besonders mit digitalen Bildern. Am größten war der Hype um ein paar comicartige Affenbildchen, die »Bored Apes«. Dabei handelt es sich um eine digitale Kunstsammlung von insgesamt 10.000 gelangweilt aussehenden Cartoon-Affen. Ein Algorithmus hat jeden aus Einzelteilen zusammengesetzt, deswegen ist jeder ein Unikat. Und der teuerste Bored Ape wurde 2021 für etwa zwei Millionen Euro verkauft.

Die Idee von Marketingchefin Dahlhaus: »Lasst uns zwei Bored Apes mit digitalen Deiters-Kostümen verkleiden, die Affen dann für einen kleinen Betrag an unsere Kunden und weitere Interessenten verkaufen.« Affenbildchen statt Affenkostüme also. Aber warum sollten die Kunden dafür Geld ausgeben? Die Idee von Dahlhaus: So könnte sich eine Art Community aufbauen lassen, zu der die NFTs quasi die Eintrittskarte würden. Früher hätte man eine Mitgliedskarte verschickt, heute verkauft man einen NFT.

Tatsächlich stellten zwei Besitzer von Bored-Ape-NFTs Deiters ihre Affen zur Verfügung und erhielten dafür eine Lizenzgebühr. Eine Grafikerin zeichnete 211 digitale Kostümteile. Seit Juni 2021 können Interessenten einen kostümierten Affen kaufen, anfangs kosteten sie 50 Euro. Ein Algorithmus würfelt die Kostümteile individuell zusammen, sodass ausschließlich verkleidete Affen-Unikate entstehen.

Spricht man mit Firmenchef Geiss darüber, was das alles bringen soll, merkt man schnell: Inzwischen ist der Unternehmer nicht nur auf dem Mond gelandet, er kennt sich dort auch gut aus. Geiss sagt: »Unser Ziel besteht ganz explizit nicht darin, dass die Leute die Affen kaufen und später für mehr Geld wieder verkaufen.« Die Affen sollen kein Spekulationsobjekt sein.

Das Ziel ist ein anderes: »Wir wollen über die NFTs unsere Kunden an uns binden, indem wir ihnen im echten Leben einen

Mehrwert bieten.« Heißt: Je nachdem, welchen Affen der Algorithmus einem Käufer zufällig zuweist, erhält dieser im Deiters Online-Shop einen Rabatt zwischen 10 und 25 Prozent. Auf jeden Einkauf und solange er oder sie den NFT besitzt.

Darüber hinaus erhalten alle NFTBesitzer auch Fan-Produkte: von Socken mit dem Logo der Deiters-Affen bis hin zum vollständigen Kostüm ihres jeweiligen Affen. Und: Alle NFT-Besitzer dürfen kostenlos an besonderen Veranstaltungen von Deiters teilnehmen und können Karten für Plätze auf der Rosenmontagstribüne von Deiters in Köln gewinnen.

Das Konzept geht offenbar auf: Von den 2222 verkleideten Affen hat Deiters schon 980 verkauft; das Unternehmen hat geschätzt mehrere Zehntausend Euro eingenommen. Und es ist eine Art Fanclub entstanden, dessen Mitglieder beim Kostümhändler nun häufiger Verkleidungen kaufen. Genau beziffern will Firmenchef Geiss den zusätzlichen Umsatz nicht. Viel wichtiger sei ihm die vertiefte Bindung zu den etwa 1000 Kunden mit NFTs.

Denn Deiters profitiert enorm von der Chatgruppe, in der sich die Eigentümer der Affenbildchen austauschen. »Im realen Leben sind unsere Kunden überwiegend Frauen, in der NFT-Community gibt es aber viele Männer«, erzählt Marketingchefin Dahlhaus. Durch die Diskussionen in der Gruppe könne sie besser verstehen, welche Produkte den Männern etwa im Online-Shop fehlen. An solche Informationen wäre Deiters nicht über eine Kundenkarte gekommen.

Für andere Mittelständler stellt sich jetzt die Frage: Lässt sich das Projekt übertragen?

Antworten hat Marylin Repp, stellvertretende Leiterin beim Mittelstand-Digital Zentrum Handel. Dabei handelt es sich um eine Anlaufstelle für kleine und mittlere Unternehmen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. »Mittelständische Unternehmen, die mit einem NFT-Projekt erste Schritte in ein Metaversum wagen, gibt es in Deutschland bislang so gut wie gar nicht«, sagt Repp. Vielen Unternehmern sei gar nicht klar, welchen Mehrwert sie so generieren könnten. »Die

meisten können mit dem Begriff des Metaversums wenig anfangen«, sagt Repp, »außerdem schreckt sie die vermeintlich komplizierte Technik ab.«

Bisher gehen eher große Unternehmen und Luxusmarken erste Schritte in ein Metaversum: Adidas hat dort beispielsweise NFTs in Form einer exklusiven limitierten Kollektion verkauft. Nike hat eine virtuelle Sneaker-Kollektion auf den Markt gebracht, und Dolce & Gabbana hat eine erste ModeNFT-Kollektion veröffentlicht. Zwar haben die Konzerne damit bereits viele Milliarden US-Dollar im Metaversum umgesetzt. Gemessen an der gesamten Wirtschaft handelt es sich jedoch um einen eher kleinen Betrag. Die Digitalexpertin Repp findet es trotzdem wichtig, dass Mittelständler sich schon heute mit dem Metaversum beschäftigen. Aus ihrer Sicht könnte es künftig die wichtigste Plattform für den Online-Handel werden. Neben einer neuen Form der Kundenbindung, wie Deiters sie geschaffen hat, könnten Unternehmen dort virtuelle Läden eröffnen und 3-D-Modelle ihrer Produkte oder Virtual-Reality-Erlebnisse anbieten. »Die Aufmerksamkeitsspanne der Kunden ist dadurch viel länger als in einem gewöhnlichen Online-Shop.«

Allerdings gibt es auch Kritik an NFTs. Denn sie werden in Kryptowährungen wie dem Bitcoin gehandelt. Und deren Wert schwankt massiv. Im November 2021 war eine Einheit Solana noch 220 Euro wert; ein Deiters-NFT kostet ein Solana und damit damals so viel wie drei aufwendige Kostüme des Typs »Voodoo Priesterin«. Inzwischen ist ein Solana nur noch 20 Euro wert – so viel wie eine einfache »Geisterbeschwörerin«. Wer sich also damals einen Deiters-NFT gekauft hat, würde ihn heute nur mit deutlichem Verlust wieder los. Kritiker warnen deshalb, dass es sich bei NFTs um Finanzprodukte mit einem besonders hohen Risiko handelt.

Herbert Geiss lässt das Argument nicht gelten. Die NFTs dienten für die Firma nicht in erster Linie dazu, Geld zu verdienen, und für die Käufer dienten sie nicht als Geldanlage. Geiss will vor allem eine Fangemeinde aufbauen. Und das ist dem Unternehmer offenbar gelungen.

SCHWERPUNKT DIGITALISIERUNG METAVERSUM

Nachha

Der Nachhaltigkeitsbericht 2022 von Schneider Electric - 440 Millionen Tonnen eingespar tes CO2 und 10 Prozent weniger Scope 3-Emissionen

Schneider Electric, mit rund 4.700 Mitarbeitenden in Deutschland vertreten, entwickelt für Industrie, Gebäude, Rechenzentren und Infrastruktur die komplette Bandbreite an IoT-fähigen Hard- und Softwarekomponenten. Erklärtes Ziel der Lösungsentwicklung ist es, das Potenzial des IoT dafür zu nutzen, Unternehmen nachhaltig erfolgreicheres Wirtschaften zu ermöglichen. Mit dieser Geschäftsstrategie ist Schneider Electric bereits seit mehr als einem Jahrzehnt am Markt erfolgreich und gibt regelmäßig detailliert Auskunft über den Stand der unternehmenseigenen Nachhaltigkeitsbemühungen.

So war Schneider Electric im Jahr 2005 eines der ersten Unternehmen, das mit einem branchenführenden Nachhaltigkeitsbarometer die Auswirkungen auf Menschen, Umwelt und Gewinn überwacht hat.

Jetzt hat der Tech-Konzern die neuesten Zahlen zu den Fortschritten seiner Nachhaltigkeitsmaßnahmen veröffentlicht. In dem Bericht für das Jahr 2022 heißt es, dass es den Kunden des Unternehmens mithilfe von digitalen Lösungen und Services im vergangenen Jahr ermöglicht wurde, rund 90 Millionen Tonnen CO2 einzusparen. Damit sind es seit 2018 nun etwa 440 Millionen Tonnen insgesamt. Im Rahmen des Zero Carbon Projects ist es

außerdem gelungen, die CO2-Emissionen der wichtigsten Zulieferer um 10 Prozent zu reduzieren. Damit wurde ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur geplanten Scope-3-Klimaneutralität bis 2050 erreicht. Hinzu kommt, dass mittlerweile 45 Prozent der firmeneigenen Verpackungen ohne Einwegplastik auskommen. Erst kürzlich wurde Schneider Electric von führenden Ratingagenturen, wie Moodys oder S&P Global, mit Bestnoten für die eigene Nachhaltigkeitsbilanz bewertet.

Im Rahmen des Programms Schneider Sustainability Impact wurden diese Zielvorgaben zuletzt 2021 erneuert und aktualisiert. Mit elf globalen und jeweils einem lokalen Ziel sollen bis 2025 signifikante Verbesserungen erreicht werden. Einmal pro Quartal wird ausführlich über den Erfolg der unternommenen Maßnahmen berichtet.

se.com/de

ltigkeit ist der Weg zu Net Zero.
Resources Climate Trust Generations Equal Local empower all to make the most of our energy and resources ANZEIGE
Sustaina bility is for life.

Die Chip-Connection

Trumpf und Carl Zeiss sind zu Spitzenreitern in der Halbleiter­Branche aufgestiegen. Das liegt an ihrer Risikofreude – und an einer sehr speziellen Beziehung

VON GÜNTER HEISMANN

Pinguine springen von einem Gletscher ins eisige Meer: Dieses Bild ziert den aktuellen Geschäftsbericht von Trumpf aus Ditzingen. Das Cover ist symbolisch gemeint: Immer wieder springt das Familienunternehmen ins kalte Wasser. Der Mittelständler investiert in neue Technologien –mit teils unbekanntem Ausgang. »Vorn zu sein im technologischen wie unternehmerischen Sinne entspricht schon immer unserem Selbstverständnis«, sagt die Vorstandsvorsitzende und Miteigentümerin Nicola Leibinger­Kammüller, als sie im Herbst 2022 in der Firmenzentrale auf einem Podium die Bilanz von Trumpf vorstellt und auch die Pinguine anspricht.

Mehr als zehn Prozent des Umsatzes steckt Trumpf jedes Jahr in Forschung und Entwicklung – das sichert der Firma das Überleben in einer Welt, die sich

schnell wandelt. Früher stellte die Gruppe vorrangig Werkzeugmaschinen her. Heute ist der Mittelständler mit seinen mehr als 16.500 Mitarbeitern auch zum Laserspezialisten und Spitzenreiter in der ChipBranche aufgestiegen. Das wiederum liegt an einer sehr »speziellen Beziehung« zu der niederländischen Firma ASML, wie es auf jener Pressekonferenz heißt.

Diese Beziehung ist besonders, weil sie der deutschen Wirtschaft hilft, in einem extrem wichtigen Geschäft mitzumischen: bei der Produktion von Mikrochips. Und sie ist ein Projekt, von dem andere Mittelständler lernen können, wie viel möglich ist, wenn man Partnerschaften eingeht.

Man muss dazu wissen: Trumpf ist nicht die einzige deutsche Firma, die bei der Chip­Technologie mitmischt. Auch das Elektronik­ und Optikunternehmen

Carl Zeiss nimmt eine führende Rolle ein: So werden nach Angaben der Firma 80 Prozent aller Mikrochips weltweit mit ihren Technologien hergestellt. Und wie Trumpf ist auch Carl Zeiss heute ein zentraler Lieferant von ASML. ASML wiederum ist der weltweit führende Hersteller von Maschinen zur Chip­Produktion.

Während die Chips selbst vor allem in Asien und den USA gefertigt werden, kommen die dafür nötigen Maschinen meistens von europäischen Firmen. Dafür habe man sich mit ASML quasi zu einem »virtuell integrierten Unternehmen« zusammengetan, wie es Peter Leibinger formuliert, der stellvertretende Chef von Trumpf. 200 bis 300 Mitarbeiter von Trumpf arbeiteten ständig in Veldhoven bei ASML, sogar eigene Büros unterhalte man dort.

SCHWERPUNKT DIGITALISIERUNG KOOPERATION Foto: Samsung
Um diesen Chip herstellen zu können, arbeiten mehrere Firmen eng zusammen
ANZEIGE

1. Lektion: Offen sein für riskante Projekte

Begonnen hat das Ganze für Trumpf 2005 mit einer ungewöhnlichen Anfrage. ASML wollte wissen, ob der schwäbische Maschinenbauer eine leistungsfähige Laserkanone entwickeln könne. Die Holländer brauchten so eine Anlage, um sie in ihre Maschinen für die Chips der nächsten und übernächsten Generation einzubauen. 100.000 Lichtpulse pro Sekunde sollte der Laser aussenden – extrem viel. Die Entwicklung würde lange dauern und beträchtliche Kosten verursachen, ihr Erfolg war ungewiss. Die Inhaber von Trumpf sagten dennoch sofort zu. »Die Familie Leibinger hat die Entwicklung von Anfang an mitgetragen«, sagt Volker Jacobsen, der bei Trumpf das Geschäft mit Lasertechnologie für die Halbleiterindustrie verantwortet.

Die Entscheidung war riskant – und vorausschauend gleichermaßen. Drei Jahre später, in der Finanzkrise 2008, sank die Nachfrage nach Werkzeugmaschinen deutlich, die Umsätze bei Trumpf brachen massiv ein. Jetzt zahlte sich aus, dass die Inhaberfamilie ins Risiko gegangen war und bereits in den 1970er­Jahren begonnen hatte, Lasersysteme zu entwickeln. So hat Trumpf das unternehmerische Risiko auf mehrere Standbeine verteilt. »Mit Lasersystemen für andere Kunden machen wir heute etwa genauso viel Umsatz wie mit Werkzeugmaschinen«, sagt Jacobsen.

Nach der Anfrage von ASML brauchten die Ingenieure von Trumpf dennoch mehr als ein Jahrzehnt, bis sie die gewünschten Laser entwickelt hatten. Aber dann waren sie tatsächlich einsetzbar, um Hochleistungschips herzustellen. Mit den Lasern werden Zinntropfen beschossen, die sich so in ultraheißes Plasma verwandeln. Dieses Plasma sendet extrem ultraviolettes Licht (EUV) aus, dass man braucht, um irrwitzig feine Strukturen in die Chips zu ätzen. Diese Halbleiter kommen dann etwa in Smartphones, wo auf kleinstem Raum höchste Leistung gefragt ist.

Um die Chips herzustellen, braucht es neben der Lichtquelle noch etwas: ein op­

tisches System, das das Licht lenkt – bestehend aus Spiegeln, die extrem klein und präzise sind. Damit landet man bei Carl Zeiss. Der Optikspezialist, der 1846 in Jena gegründet wurde und seinen Hauptsitz heute in Oberkochen im Ostalbkreis hat, besaß bereits Erfahrung im Umgang mit ultraviolettem Licht. Dennoch sei der Übergang zu EUV »ein großer Sprung« gewesen, sagt Peter Kürz. Der Manager verantwortet bei Carl Zeiss die Entwicklung von Komponenten für die ChipIndustrie. Auch seine Leute mussten extrem viel forschen und entwickeln.

2. Lektion: Innovationen wagen, die lange brauchen

Was besonders ist: Die schwäbischen Firmen arbeiteten an den Technologien mit einem klaren Ziel – und extremen Durchhaltevermögen. Das war in den USA oder auch in Japan anders. Denn erste Forschungsarbeiten mit extrem ultraviolettem Licht hatten in den USA bereits in den 1980er­Jahren begonnen. Aber die Projekte blieben auf Grundlagenforschung beschränkt; zur Entwicklung von industriellen Anwendungen kam es nicht.

In Japan wiederum hatte ein Konsortium in den 1990er­Jahren die Entwicklung von EUV­Verfahren für die Chip­Herstellung gestartet. Damals war schon klar, dass mit der zunehmenden Miniaturisierung der Halbleiter irgendwann eine neue Technologie nötig werden würde. Doch es tauchten technische Schwierigkeiten auf. Canon und Nikon stellten die Entwicklung wieder ein.

Im Unterschied dazu hielt Carl Zeiss unbeirrt an dem kühnen Projekt fest. Obwohl die Bemühungen erst zwei Jahrzehnte später erfolgreich waren. Ende 2018 startete die Serienfertigung. »2019 kamen erste Smartphones, deren Prozessor mit EUV­Technologie hergestellt wurde, auf den Markt«, berichtet Kürz. Wie hoch die Kosten für Forschung und Entwicklung waren, verrät das Unternehmen nicht. Aber eine Zahl spiegelt den Aufwand gut wider: Zeiss hält in der EUVTechnologie mehr als 2000 Patente.

3. Lektion: Partnerschaften zwischen Firmen aufbauen

Wie konnte den Europäern gelingen, was weder die Amerikaner noch die Japaner schafften? Nun: In den USA und in Asien dominieren in den Hochtechnologien vielfach Großunternehmen. Sie vereinen Forschung und Entwicklung oft unter einem Dach und wollen die Dinge größtenteils autark managen. Typisch für Europa sind hingegen Netzwerke – wie die Kooperation zwischen ASML und den Lieferanten Trumpf und Zeiss. »Solche Ökosysteme sind oft erfolgreicher als hoch integrierte Konzerne«, sagt der Trumpf­Manager Volker Jacobsen.

Ein Grund: In einem Netzwerk können jederzeit neue Partner einbezogen werden, die je nach Bedarf ihr spezielles Wissen einbringen. Das EUV­Konsortium etwa arbeitet mit gut 1200 Partnern aus Industrie und Wissenschaft zusammen, darunter die Fraunhofer­Gesellschaft, Europas größter Forschungsverbund. Und die Kooperation zwischen den Kernunternehmen des Netzwerks ist sehr eng. Trumpf etwa hat dauerhaft ein Team von Entwicklern in die Niederlande zu ASML geschickt, während umgekehrt holländische Experten bei Trumpf in Schwaben aktiv sind. Ähnlich hält es Zeiss.

Dank dieser Kooperation haben ASML, Trumpf und Zeiss bei Anwendungen mit extrem ultraviolettem Licht weltweit eine Alleinstellung erreicht, die sich auszahlt: Trumpf zum Beispiel erzielte mit seinem EUV­ Geschäft im letzten Geschäftsjahr einen Jahresumsatz von 795 Millionen Euro – fast doppelt so viel wie noch im Jahr zuvor. Und die drei Firmen wollen dieses Monopol auf absehbare Zeit behaupten. »Der Vorsprung, den wir uns in mehr als zwei Jahrzehnten erarbeitet haben, ist schwer einzuholen«, sagt der Carl­Zeiss­Manager Kürz. Wenn der kalifornische Halbleiter­Konzern Intel eine neue Chip­Fabrik baut, dann gilt: Ganz gleich, für welchen Standort man sich entscheidet – die mutigen pinguingleichen Mittelständler aus Deutschland dürften in jedem Fall profitieren.

SCHWERPUNKT DIGITALISIERUNG KOOPERATION
Deutsche Standards M A R K E D E S JA H R H U N D E RT S 2023 M A R K E D E S JA H R H U N D E RT S Marke Unternehmen Gattung Deutsche Standards Weitere Informationen unter: www.deutsche-standards.de A B U S DA S S I C H E R H E I T SS C H LO S S A B U S A U G U ST B R E M I C K E R S Ö H N E KG 2023 Deutsche Standards M A R K E D E S JA H R H U N D E RT S www deutsche-standards de 2023 B R A N D O F T H E C E N T U RY 2023 www deutsche-standards de German Standards B R A N D O F T H E C E N T U RY 2023

Saim Rolf Alkan kann sich noch so anstrengen, so schnell wie seine Software texten kann er nicht. Ein Text über einen leichten Wanderrucksack? »Dieser Rucksack wiegt nur 200 Gramm, er beflügelt Sie auf Ihrer nächsten Tour«, spuckt Alkan aus, ohne nachzudenken. Ein kleiner Rucksack? Ein »urbaner Begleiter«. Ein kompakter LaptopRucksack? »Ein perfekter Reisebegleiter.«

All das kann seine »Maschine« inzwischen besser, in mehr Variationen. Und sie kann in der gleichen Zeit hundertmal, wenn nicht tausendmal so viele treffende Beschreibungen generieren wie ihr Entwickler.

Chatbots an die Leine!

Alle reden über künstliche Intelligenz. Aber wie setzt man sie sinnvoll ein?

Drei Beispiele zeigen, was mit der neuen Software heute schon möglich ist

Alkan ist Werbetexter und Gründer von AX Semantics, einem Unternehmen in Stuttgart, das einst Texte verkauft hat – und heute intelligente Soft ware verleiht. Alkans Kunden sind überwiegend Online-Shops, die mithilfe seiner Algorithmen ihre Produkte betexten: Rucksäcke, Schuhe, Kopierpapier, Damenwäsche, was auch immer.

Alkan arbeitet schon lange an der Technologie, mit der er Werbetexter wie sich

selbst ein Stück weit überflüssig macht. Der letzte Besuch der Autorin dieses Textes bei seinem IT-Unternehmen war 2016. Und während der damalige Anlass ein Barcamp war – eine Art spontane, selbst organisierte Konferenz, deren Programm spontan entstand und einfach auf Post-its an die Wand geheftet wurde –, sieht es in Alkans Firmenzentrale in Stuttgart heute ganz anders aus. Es gibt großzügige Flächen mit Schreibtischen, einen Besprechungsraum mit Ledersofa, Pokale auf einer Ablage – etwa ein E-Commerce-Award. Sein Team ist von vier auf mehr als 40 Köpfe gewachsen, die Zahl

SCHWERPUNKT DIGITALISIERUNG   KI
VON EVA WOLFANGEL
Illustration: Pia Bublies für ZEIT für Unternehmer

seiner aktiven Kunden auf mehr als 300. Vor allem aber hat sich seine Technologie verändert: Zu Beginn bestanden Alkans maschinell erstellte Texte größtenteils aus einer Art Lückentext, in den ein Computerprogramm Zahlen oder Daten einfügte. Das war quasi die Epoche der Aufklärung in der Textgenerierung: Die Menschen gewöhnten sich an den Gedanken, dass Computer sinnvolle Texte schreiben können.

Inzwischen ist AX Semantics im Sturm und Drang angekommen, Firmenchef Alkan ist nicht mehr auf Lückentexte angewiesen. »Die Maschine kann perfekt Grammatik«, sagt der 53-Jährige. Man braucht sie nur mit ein paar Beispielen zu füttern, damit sie lernt, wie die Inhalte aussehen sollen. Und zwar in einer von 110 Sprachen.

Die Maschinen können Menschen jetzt also abnehmen, was deren Gehirne bisher besser konnten als Schaltkreise und Chips. Um die menschliche Sprache zu lernen, brauchen die Algorithmen heute vor allem ausreichend Daten. Regeln wie etwa die richtige Kommasetzung muss man ihnen nicht mehr erklären. Besonders beeindruckend beherrscht das die Soft ware ChatGPT, die das amerikanische Unternehmen OpenAI im November veröffentlicht hat: Ein sogenannter Chatbot, den man alles fragen kann und der auf alles eine kluge oder zumindest klug klingende Antwort weiß.

Selbst die sonst so technologieskeptischen Deutschen sind auf einmal ganz optimistisch: Laut einer aktuellen Umfrage des Branchenverbands der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche (Bitkom) sind etwa drei Viertel der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger inzwischen der Meinung, dass künstliche Intelligenz (KI) eine Chance ist. Nur 14 Prozent halten KI für eine Gefahr. Außerdem sind 79 Prozent der Befragten überzeugt, dass KI die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft stärken wird.

Auch eine Umfrage bei den Leserinnen und Lesern von ZEIT für Unternehmer bestätigt dieses Bild. Danach sind acht von zehn Befragten der Meinung, der Mittelstand unterschätze die Bedeutung von KI. Und gut die Hälfte der Befragten geben an, in ihrem Unternehmen bereits KI einzuset-

zen oder zumindest zu erproben – etwa um Werbetexte oder Beiträge für das FirmenBlog zu verfassen oder E-Mails zu übersetzen. Was vielen Menschen aber aktuell auch klar wird angesichts der falschen Antworten, die ChatGPT immer wieder produziert: Moderne textende KI ist ziemlich unberechenbar. Dass die Soft ware ChatGPT Fragen korrekt beantwortet, sei nicht garantiert, bestätigt Tina Klüwer, Director AI beim Berliner Künstliche Intelligenz Entrepreneurship Zentrum. Klüwer ist Computerlinguistin und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit maschineller Sprache. Wie immer beim maschinellen Lernen beruhe der Output solcher Systeme auch auf den Trainingsdaten – und diese seien nicht immer aktuell oder passten nicht immer zum Anwendungsfall. »Unsere Welt dreht sich sekündlich weiter und verändert sich«, sagt Klüwer. Die Welt sei zudem zu mehrdeutig, um von den Maschinen immer verstanden zu werden.

Können Firmen die neuen intelligenten Textgeneratoren angesichts solcher Einschränkungen überhaupt sinnvoll benutzen?

Die KI, die strukturierte Daten braucht

Saim Alkan glaubt: Ja, das geht. Allerdings nicht mit ChatGPT. Wenn man mit einer solchen Soft ware Produkte in einem Online-Shop betexte, kämen zwar schöne Texte heraus. Sie träfen aber häufig nicht zu. Die Gefahren: Kunden könnten Produkte zurückschicken, den Anbieter oder Hersteller schlecht bewerten oder sogar rechtlich gegen ihn vorgehen. Alkan sagt: »ChatGPT würde alles Mögliche antworten, das kann sich kein Händler leisten.«

Damit das nicht passiert, bietet Alkan seinen Kunden eine Soft ware an, die auf strukturierte Daten setzt. Das bedeutet: Wer Rucksäcke verkauft, muss Listen mit Merkmalen bereitstellen wie Material, Größe oder Gewicht, die dann von der KI verarbeitet werden. Zudem benötigt die Soft ware Textproben von Menschen, die ihr helfen, die Tonalität des Unternehmens zu lernen. Manche Kunden geben sogar vor, welche Wörter vorzugsweise benutzt werden sol-

len – und welche nicht benutzt werden dürfen. »Adidas will anders klingen als Puma«, sagt Alkan. So sollen Texte entstehen, die authentisch wirken und korrekt sind.

Anders als maschinell seien viele Dinge heute nicht mehr zu betexten, sagt Alkan. AX Semantics hat 300 aktive Kunden, darunter Obi, Daimler, Adidas und Otto. Einer der Kunden erstellt beispielsweise gut 60 Millionen Texte im Monat, weil er seine Produkte auf 28 Plattformen verkauft –»und jede hat ihren eigenen Ton«. Die Maschine optimiere die Texte über jedes einzelne T-Shirt oder jede einzelne Bluse. »Das kann kein Mensch leisten.«

Und das will auch kein Mensch leisten, meint der gelernte Werbetexter. »Otto hat zum Beispiel 40.000 verschiedene SofaKombinationen«, sagt er. »Spätestens wenn du das zwanzigste Wollmischgewebe beschrieben hast, kriegst du doch die Krise.« Seine Algorithmen sollen den Menschen diese nervige Arbeit abnehmen. Kürzlich habe sich die Produkttexterin eines Büromittelversenders bei ihm gemeldet und bedankt: Endlich mache ihr Job Spaß. »Das waren extrem repetitive Texte«, sagt Alkan, »die verkaufen allein 28 verschiedene DIN-A4-Papiersorten.« Jetzt trainiere die Frau die Maschine, was wesentlich interessanter sei als das Betexten unzähliger Büroartikel. »Früher ging es um den Wettstreit Mensch oder Maschine«, sagt Alkan, »jetzt geht es um die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine.«

Die Computerlinguistin Tina Klüwer gibt Alkan recht. Für nutzlos hält sie Sprachmodelle wie ChatGPT aber nicht, die nur auf Basis einer Wahrscheinlichkeit Texte generieren, ohne dass ihnen durch strukturierte Daten klare Grenzen gesetzt sind. Bei diesen Modellen ist der Mensch für eine Qualitätskontrolle nötig: »Wenn ich einen Text oder ein Bild von solch einem KI-Modell generieren lasse, sollte ich das Ergebnis schon noch mal anschauen und überprüfen, ob es für meinen Zweck in Fakten, Tonalität und Qualität passt«, sagt Klüwer. »Wenn ich einem anderen Menschen den Auftrag gebe, einen Text für mich zu verfassen, schaue ich mir den ja auch noch einmal an.«

39

Die KI, die vorhandenes Wissen abgreift

Ralf Mühlenhöver benennt weitere Defizite von Soft ware wie ChatGPT. So falle es den in den USA entwickelten Sprachmodellen oft schwer, deutsche Formulierungen wie »ich habe gekündigt«, »ich werde kündigen, wenn das nicht passiert« oder »ich will die Kündigung rückgängig machen« auseinander zu halten. Und das kann für viel Ärger sorgen.

Mühlenhöver ist Produktentwickler und Marketing­Chef bei der Vier GmbH aus Hannover. Die Firma bietet unter anderem Chatsysteme an, mit denen Firmen Kundenanfragen beantworten können oder die Callcenter­Agenten helfen, bei einem Anruf schnell die nötigen Informationen zu finden. »Dafür braucht es nicht immer KI«, sagt Mühlenhöver. Um die Kündigungs­Sätze zu verstehen, würde er eine sogenannte semantische Intelligenz einsetzen, die auf Regeln basiert und dabei hilft, deutsche Schachtelsätze zu verstehen oder Bezüge klarzumachen.

Ein anderes Beispiel der Vier GmbH zeigt, wofür KI­Technologien bereits gut geeignet sind: Sie können Anfragen verstehen und Informationen kombinieren, die gut strukturiert vorhanden sind. So könne eine Kundin einer Mietwagenfirma etwa einen Chatbot fragen, ob sie ihre Jacke am Vortag im Mietwagen vergessen hat. »Der Mensch würde am Telefon das Gleiche machen wie der Chatbot«, sagt Mühlenhöver. Also: in das System der Mietwagenfirma schauen, die Buchung identifizieren, das Protokoll des Autos abfragen. Und wenn das Reinigungspersonal da eine vergessene Jacke notiert hat, dann kann es der Kundin sagen, wo sie die abholen kann. Wenn die Daten ohnehin schon so gespeichert würden, sei es ein »logischer Schritt«, einer Maschine die Kommunikation zu überlassen. Ist die Anfrage dagegen komplizierter, sei weiterhin der Mensch gefordert, weil er mehr versteht als die Maschine und empathischer reagieren kann. Mühlenhöver sagt: »Der Mensch wird weiterhin gebraucht.«

Und dann gibt es da noch die Idee, die Fähigkeiten einer sehr kreativen und erfin­

dungsfreudigen KI – wie etwa ChatGPT –mit der einer beschränkten und exakten KI zu vermischen. Also das »unfassbare Weltwissen« der einen Technologie mit dem »präzisen Domänenwissen« der anderen zu kombinieren, wie Mühlenhöver sagt.

An dieser Kombination arbeitet AlephAlpha. Das Start­up aus Heidelberg gilt als einer der Hoffnungsträger der deutschen KI­ Gründungen. Es entwickelt eigene große Sprachmodelle und trainiert damit eigene Konversationsagenten – das ist recht ähnlich wie bei ChatGPT. »Aber unsere Modelle können jede Aussage mit einer Quelle belegen«, sagt Gründer Jonas Andrulis, der schon als Teenager angefangen hatte zu programmieren. Damit schafft Andrulis etwas, was auch Microsoft und Google vorhaben: Sie wollen, dass ihre intelligenten Chatbots zuverlässige und korrekte Antworten geben. Denn nur dann können die Tech­Konzerne damit ihre Suchmaschinen aufrüsten.

Die KI, die in engen Grenzen kreativ werden darf

Aber kann AlephAlpha mit OpenAI überhaupt ernsthaft mithalten? Das Heidelberger Start­up hat von Investoren gut 28 Millionen Euro Wagniskapital bekommen. OpenAI soll Medienberichten zufolge von Microsoft zehn Milliarden Dollar erhalten haben – also ein Vielfaches dieser Summe. Der Gründer Andrulis beteuert dennoch: »Wir haben einen Vorsprung vor OpenAI.« Der Grund für diesen Optimismus: AlephAlpha hat von Anfang an auf den Einsatz in Unternehmen hingearbeitet – und dabei war klar, dass mit zufälligen, unberechenbaren Antworten wenig zu erreichen ist. Das ganze erste Jahr hat das Start­up laut Andrulis damit verbracht, die Trainingsdaten zu »reinigen«, auf deren Basis der Konversationsagent die menschliche Sprache lernen sollte. Das heißt konkret: Das Team hat massenhaft Texte aus Büchern, Wikipedia oder auch dem europäischen Parlament händisch aussortiert. »Das wäre sonst zu messy gewesen und könnte die komplexe Sprache unserer Kunden nicht repräsentieren«, sagt Andrulis.

AlephAlphas Kunden kommen aus dem juristischen Bereich, dem Gesundheitswesen, der Finanzindustrie oder der Verwaltung. So hat die Stadt Heidelberg einen Chatbot beauftragt, der mit den Bürgerinnen und Bürgern interagiert. Ein Dienstleister der Bundeswehr hat einen Chatbot bestellt, der Angestellten in der Vielzahl von Vorschriften schnell die richtige Antwort auf ihre Fragen ermittelt. Im Gesundheitsbereich arbeiteten Fachleute mit dem Chatbot, um in Datenbanken mit verschiedenen Diagnosen oder Symptomen schnell eingrenzen zu können, was sie für einen aktuellen Fall brauchen. Andrulis sagt: »Im Prinzip können unsere Chatbots alles machen, was ein pfiffiger Praktikant auch machen könnte.«

Der Gründer denkt nicht, dass die neue Generation erfindungsfreudiger KI­Modelle per se nicht geeignet sei für Unternehmen und dass es immer Regeln brauche, um sie zu zügeln. So mache auch der eigene Chatbot manchmal noch Fehler, aber er sei deutlich zuverlässiger als ChatGPT. »Außerdem haben wir in keiner einzigen Installation das System voll automatisiert«, betont Andrulis, »es schaut immer noch ein Mensch drauf.«

Für Andrulis ist es zudem wichtig, dass Kunden seine Soft ware in ihre eigenen Dienste integrieren können. Das habe ihm sogar einige größere Auftraggeber aus den USA eingebracht, die unabhängig sein wollen von Tech­Konzernen. Expertinnen wie Tina Klüwer nennen das software as a service. Dabei wird die KI genutzt, als würde man beim Baumarkt eine Hebebühne mieten –einsatzfertig und nur solange man sie braucht. Und noch etwas habe sich geändert, sagt Tina Klüwer. Früher hätten viele Chatbots einfach »Das habe ich nicht verstanden« auf Fragen geantwortet, die nicht exakt so in ihren Datenbanken vorkamen. Heute können die Chatbots der neusten Generation nicht nur zwischen den Zeilen lesen, sie wissen auch sehr viel besser, was sie nicht wissen. Sie würden so auch den sogenannten TuringTest bestehen, den der Informatiker Alan Turing schon 1950 erfunden hat. Das bedeutet: Würde man der Maschine und einem Menschen dieselben Fragen stellen, könnte man anhand der Antworten nicht sagen, wer Mensch und wer Maschine ist.

SCHWERPUNKT DIGITALISIERUNG   KI

Baden-Württemberg

Baden-Württemberg

11. Juli 2023 | 9:00 Uhr

Juli | Uhr

Design Offices Eberhardhöfe

Stuttgart

Die Konferenz für den Mittelstand in Baden-Württemberg

11. Juli 2023, Design Offices Eberhardhöfe Stuttgart

Vernetzen. Austauschen. Lernen.

Melden Sie sich an. Eberhardhöfe Stuttgart für Austauschen. Lernen.

• Was braucht Ihr Unternehmen um langfristig global mitzuspielen?

• Welche politischen Rahmenbedingungen sind für Sie von Relevanz, um Innovationen zu fördern und in der Region zu bleiben?

• Wie gehen Sie als Unternehmer:in mit gestiegenen Energiekosten, Inflation sowie unsicheren Lieferketten um?

Diese und viele weitere aktuelle Fragen stehen im Mittelpunkt der Konferenz, zu der wir Sie herzlich nach Stuttgart einladen.

Welche politischen Rahmenbedingungen sind für Sie um zu mit Lieferketten und viele im Konferenz, der wir für Unternehmer für Anpacker. Für alle, pragmatisch neue Zeit

Zur kostenfreien Registrierung einfach den QR-Code scannen! studiozx.de/events/zfubw

Abonnieren Sie auch unseren ZEIT für Unternehmer Community Newsletter. Das Netzwerk für Anpacker. Für alle, die den Mittelstand pragmatisch in die neue Zeit überführen wollen.

zeitfuerunternehmer.de

© Design Offices

Ist der Weg zu steinig, sollte man vielleicht mal seine Ziele reflektieren

Kündigung wg. Klima

Viele Menschen würden ihren Job aufgeben, wenn sich ihr Betrieb zu wenig für den Umweltschutz einsetzt. Nicht nur das bringt Arbeitgeber in Zugzwang

VON JENNIFER GARIC ARBEITSWELT CLIMATE-QUITTING
Foto: Rita Puig-Serra Costa & Dani Pujalte/Connected Archives

Eigentlich mochte Silvia Brecht ihren Job. Nach dem Biologiestudium hatte die heute 32-Jährige bei einem Pharmaunternehmen in Frankfurt im Außendienst begonnen, später führte sie dort klinische Studien durch. Dann kamen die ersten Zweifel: War das der richtige Arbeitgeber für sie? Verhielt er sich ökologisch nachhaltig genug? Brecht fuhr nur mit dem Fahrrad zur Arbeit, kaufte vorwiegend Biolebensmittel und wollte auch im Job mehr für das Klima tun. »Irgendwann war ich vollends davon überzeugt, dass es nichts Wichtigeres und Spannenderes als den Klimaschutz gibt«, sagt sie. Ihr Job passte nicht mehr zu ihr. Denn ihr Arbeitgeber bemühte sich zwar. Er schaffte Elektroautos an und spendierte Bahntickets. Aber das reichte ihr nicht. Brecht kündigte und zog nach Berlin. Inzwischen arbeitet sie beim Naturschutzbund Deutschland.

Was Brecht gemacht hat, nennt sich Climate-Quitting – also dem Arbeitgeber

ANZEIGE

zu kündigen, um einen klimafreundlicheren Posten anzunehmen. Das kommt inzwischen häufiger vor, zeigt eine Umfrage von Lufthansa Industry Solutions aus dem Jahr 2022. Die Beratung hat dafür mehr als 1000 Arbeitnehmer in Deutschland befragt. Das Ergebnis: 71 Prozent würden sich kurzbis mittelfristig einen neuen Job suchen, wenn ihr Unternehmen gegen Menschenrechte oder Umweltstandards verstößt. Für 61 Prozent ist ein ethisch agierender Arbeitgeber wichtiger als ein hohes Gehalt.

Für Firmen heißt das, dass sie sich mehr für das Klima engagieren müssen – auch um ihrer Belegschaft willen: »Es reicht eben nicht, alle Glühbirnen durch LEDs auszutauschen und ein paar Firmenfahrräder anzuschaffen«, sagt Ellen Enslin, Gründerin von Ecofair Consulting. »Wer heute den Fachkräftenachwuchs überzeugen will, der muss beim Nachhaltigkeitsengagement im Unternehmen etwas bieten.«

Mehr Zeit fürs Wesentliche

Personio ist eine All-in-One HR-Lösung für kleine und mittelständische Unternehmen Die Personalsof tware verschaff t Ihnen Zeit für den wesentlichen Teil Ihrer Arbeit: Ihre Mitarbeitenden. Lassen Sie administrative Aufgaben hinter sich und fokussieren Sie sich auf Projekte, die Ihnen am Herzen liegen.

Enslin berät mittelständische Unternehmen. Vielen falle es zunehmend schwer, engagierte und ökologisch interessierte Mitarbeiter zu finden oder zu halten. Wer zu einem grünen Arbeitgeber wechseln oder direkt im Bereich Nachhaltigkeit arbeiten will, hat heute eine große Auswahl. Das zeigt der Blick in die Jobbörse Stepstone: Im Februar gab es zum Stichwort »CSR-Management«, das Kürzel steht für Corporate Social Responsibility, mehr als 62.000 Stellengesuche.

Dass Mitarbeiter mehr Klimaschutz von den Arbeitgebern einfordern, merken auch die Firmen, die Ellen Enslin berät. Sie rät: »Unternehmen sollten zunächst eine zentrale Anlaufstelle zu den Themen Klima und Nachhaltigkeit aufbauen.« Das könne ein einzelner Mitarbeiter sein oder ein Team mit Kollegen aus verschiedenen Abteilungen. Bei Mittelständlern liege die Verantwortung für das Thema oft noch bei der Geschäftsführung, sagt Enslin. Das könne

Er

43
fahren Sie, wie Personio Ihre Personalarbeit digitalisier t.
personio.de

anfangs der richtige Weg sein, später aber sollten die Beschäftigten intensiv beteiligt werden. Weil sie gute Ideen haben und oft näher am Geschehen sind und weil das für mehr Zufriedenheit sorgen kann. Im besten Fall helfen solche Initiativen dabei, Mitarbeiter wie Silvia Brecht zu halten.

Tina Betzold will sogar für ClimateQuitter aus anderen Firmen attraktiv sein. Betzold ist Geschäftsführerin bei der Arnulf Betzold GmbH in Ellwangen und dort zuständig für das Personal. Die familieneigene Firma mit den 400 Mitarbeitern produziert Einrichtungen für Schulen, Krippen und Kindergärten – sie ist also per se in einer eher sozial nachhaltigen Branche tätig. Tina Betzold sagt, ihre Familie setze sich außerdem regelmäßig zusammen und überlege, wie sie den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen näher kommen könnten. Zusätzlich gibt es ein 15-köpfiges Nachhaltigkeitsteam mit Mitarbeitern aus allen Abteilungen, Führungskräfte seien bewusst nicht vertreten. »Wir wollten den Weg zu mehr Nachhaltigkeit nicht allein vorgeben und unseren Mitarbeitern eine Möglichkeit bieten, sich aktiv einzubringen«, sagt Betzold.

Aus Sicht der Beraterin Enslin ist eine solche Initiative für viele kleine und mittelständische Firmen ein guter erster Schritt.

»In Nachhaltigkeitsteams sollten die Abteilungen vertreten sein, die für das Thema besonders wichtig sind«, sagt Enslin. Die Arbeitsgruppen müssten sich regelmäßig treffen, Ziele setzen und diese auch erfüllen. Sonst könne es schnell passieren, dass sich wenig im Unternehmen ändert.

Wenn Unternehmen erst einmal ausloten wollten, wie groß das Interesse an und das Engagement für Nachhaltigkeit in ihren Reihen sind, könnten sie auch mit kleinen Initiativen starten, rät Enslin. Wie einem Ideenwettbewerb oder einem Anreizsystem. Auf jeden Fall aber sollten Mittelständler ein betriebliches Vorschlagswesen für Klimaschutz-Ideen etablieren. Weil Mitarbeiter wissen müssten, dass ihre Ideen gern gehört und auch ernsthaft geprüft werden.

Dazu kommt die Pflicht. Von 2024 an müssen Unternehmen mit 1000 Mitarbeitern und mehr das sogenannte deutsche Lieferkettengesetz befolgen, für Firmen mit

Gas, Wasser, Sch...ocial Media

Ein Handwerksmeister macht vor, wie man

Azubis findet

Cehan San und seine Firma wirken wie die Antithese zu seiner Branche. Er öffnet die Tür in Sneakers, Jeans und Rollkragenpulli. Sein Büro ist minimalistisch eingerichtet, sein Schreibtisch bis auf den Computer leer. Macbooks, Flipcharts: Durch sein Unternehmen in Rastede bei Oldenburg weht Start-up-Atmosphäre. Dabei führt der 39-Jährige einen Handwerksbetrieb, Schwerpunkt: Haustechnik.

Seit 2017 installieren, warten und reparieren der Anlagenmechanikermeister für Sanitär, Heizung und Klima und sein 14-köpfiges Team unter anderem Heizungsanlagen. Firmen wie seine haben oft ein Problem: Sie finden keine Azubis. Zehntausende Lehrstellen im Handwerk bleiben jedes Jahr unbesetzt. Und schon jetzt fehlen laut dem Zentralverband des Deutschen Handwerks rund 250.000 Fachkräfte.

Cehan San sagt trotzdem, er könne sogar zwischen Bewerbern auswählen. Und das liege nicht daran, dass er besonders viel Lohn biete. »Wer wegen des Geldes kommt, geht wahrscheinlich auch irgendwann deswegen«, sagt der Unternehmer. Er will seinen Azubis einen modernen Betrieb bieten: »Wir wollen nicht dem Klischee entsprechen«, sagt San. Deswegen habe er etwa eine Vier-Tage-Woche eingeführt – für mehr Work-Life-Balance, auch im Handwerk.

Und San legt Wert auf Nachhaltigkeit. Das liege, sagt er, an einem »Schlüsselerlebnis«. Dann erzählt San, wie er kurz nach der Flutkatastrophe im Ahrtal im Sommer 2021 nach Ahr-

weiler fuhr, um so viele Heizungen wie möglich zu reparieren oder zu ersetzen. Dabei habe er mit betroffenen Anwohnern gesprochen. »Als ich in meine heile Welt zurückkam, war ich immer noch traurig und überwältigt und habe geweint«, sagt San. Er findet: »Wir können den Klimawandel nicht aufhalten, aber verlangsamen.«

Sans Azubis lernen deswegen, wie sie klimaschonende Wärmepumpen installieren oder Solaranlagen planen. Und San trägt diese Botschaft nach außen, wirbt auf Messen und in Schulen, spricht auf Panels über die Zukunft des Handwerks, bespielt alle gängigen Social-Media-Plattformen. Bei TikTok etwa führt er in Videos über Baustellen, auf denen er Wärmepumpen installiert.

Wenn San zeigen will, wie das funktioniert, steigt er in sein Hybrid-Auto und fährt zu einer seiner Baustellen. Dort hilft Marvin Schubert gerade dabei, eine Wärmepumpe zu installieren, er macht bei San eine Lehre zum Anlagenmechaniker. Der 17-Jährige ist durch eine Instagram-Story auf den Betrieb aufmerksam geworden. Er erzählt, dass es immer noch Betriebe gebe, die Lehrlinge als günstige Arbeitskraft ausnutzen, in seiner Berufsschulklasse etwa müsse ein Kollege nur stupide Kabel verlegen. Cehan San glaubt: Solchen jungen Menschen fehlten nach der Lehre so oftmals Fähigkeiten, die in einer nachhaltigeren Zukunft gebraucht würden – dabei könnten sie so viel bewirken. »Auch deswegen hoffe ich, dass ich mit meiner Arbeit einige wachrütteln kann«, sagt er.

ARBEITSWELT CLIMATE-QUITTING

mehr als 3000 Mitarbeitern gilt es bereits seit Beginn dieses Jahres. Das Gesetz weist Unternehmen eindeutig die Sorgfaltspflicht für den gesamten Wertschöpfungsprozess zu, vom Rohstoff bis zum fertigen Verkaufsprodukt. Firmen haften damit für Menschen- und Klimarechtsverstöße entlang ihrer Lieferkette. Mittelständler müssen stärker als bisher ihre Zulieferer kontrollieren und damit Mitarbeiter betrauen.

Bei einem Jahresumsatz von 150 Millionen Euro und mehr als 500 Mitarbeitern greift zudem das Lieferkettengesetz der Europäischen Union. Für Unternehmer heißt das wiederum: Sie müssen ihre Zulieferer und Partner noch strenger überwachen und ihre Mitarbeiter darin schulen, wie sie die Lieferketten und die Einhaltung des Gesetzes kontrollieren.

Von 2025 an müssen viele Firmen auch die neue EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung befolgen. Sie gilt für Be-

triebe, die mindestens zwei der drei Kriterien erfüllen: mehr als 250 Beschäftigte, eine Bilanzsumme von mehr als 20 Millionen Euro, Umsätze von mehr als 40 Millionen Euro. Auch Mittelständler wie Betzold fallen darunter – und sie müssen sich bereits heute darum kümmern, Daten für den Bericht zu erheben. So müssen Firmen künftig etwa Angaben zu ihren Nachhaltigkeitszielen, den wichtigsten nachteiligen Wirkungen des Unternehmens und zu noch nicht bilanzierten immateriellen Ressourcen machen.

Wer als Chef nicht weiß, was all das in der Praxis genau bedeutet, braucht Hilfe. Die Beraterin Enslin rät, für solche regulatorischen Anforderungen im Zweifel neue Mitarbeiter mit mehr Expertise einzustellen.

Die Unternehmerin Betzold sucht deswegen gerade nach einem Nachhaltigkeitsmanager: »Wir haben schon einige gute Gespräche geführt.« Aber: Wer als kleines oder mittelgroßes Unternehmen auf Jobportalen

ein Gesuch schaltet, konkurriert oft mit Konzernen und hat es schwer herauszustechen. Sie verlasse sich auf das »gute Standing am Standort Ellwangen«, sagt Betzold.

Zusätzlich will die Gesellschaft mit Extra leistungen punkten: Mittlerweile gibt es eine betriebseigene Kita, ein Fitnessstudio und ein Bistro, das mit regionalen Lebensmitteln kocht. Das Unternehmen heizt mit einem Blockheizkraftwerk und hat Solarpanels auf dem Dach. Die Firma ist damit unabhängig von Strom- und Wärmeerzeugern. »Wir hoffen, dass unsere Bemühungen auch extern gesehen werden«, sagt Betzold.

Wenn Unternehmen mit ihren Klimaschutzbemühungen werben, rät Ellen Enslin übrigens zu Vorsicht. Sie müssten darauf achten, nicht zu oberflächlich zu wirken. Wer ernst genommen werden will, sollte erst Ergebnisse produzieren und dann Erfolge vermelden. Nicht umgekehrt. Die ClimateQuitter schauen nämlich ganz genau hin.

45
Im Magazin. Im Netz. Im Podcast. effecten-spiegel.com Unabhängiger Börsenjournalismus seit 1971 Das Anlegermagazin Dividendenlust
Steuerfrust Ungeheuer Quellen(s)teuer
ANZEIGE
statt
EIN TAG MIT LUCAS VON FÜRSTENBERG
Lucas von Fürstenberg in seinem Wald. Für den Betriebswirt ist er eher ein Wirtschaftsort als ein Sehnsuchtsort

Wo die wilden Wälder wachsen

Lucas von Fürstenberg hat viel Forst und noch mehr Ideen. Die tägliche Herausforderung für den Multi-Unternehmer: Er muss die richtige Mischung der Baumarten finden, damit der Wald überleben kann VON MANUEL

Es schüttet im Sauerland, aber Otto ist bereit. Als sich die Kofferraumklappe des SUVs öffnet, wetzt der schwarze Labrador durch den Regen aus dem Haus und springt ins Auto. »Der will bloß nichts verpassen«, sagt Lucas von Fürstenberg. Der 39-Jährige ist Ottos Herrchen – und Waldbauer, Startup-Investor, Betriebswirt, Vermieter. Er ist ein Multi-Unternehmer, der schon mal mit einer Gründung gescheitert ist und beinahe als Marketing-Spezialist beim OnlineModehänd ler About You gelandet wäre. Und der nun zeigen will, dass man auch da viel Neues erschaffen kann, wo Wachstum lange dauert – im Wald.

Genauer: in und rund um Brabecke, einen Ortsteil von Schmallenberg, knapp eineinhalb Stunden südöstlich von Dortmund. Keine 200 Einwohner hat das Dorf, die Häuser sind nach ihrem Baujahr durchnummeriert. Hier lebt Lucas von Fürstenberg mit seiner Frau und den drei Kindern und bewirtschaftet rund 1700 Hektar Wald. Seine Fläche ist fast so groß wie der Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Er bewirtschaftet sie auf besondere Weise: nicht mit radikalem Kahlschlag und sorgfältiger Pflanzung in Reih und Glied, auch wenn das die Pflege und den Einschlag erleichtert.

Er durchmischt lieber verschiedene Baumarten, weil sie das besser vor Krankheiten bewahrt und nachhaltiger ist. Außerdem lässt er unter dem Schutz der alten Stämme neue heranwachsen.

Knapp die Hälfte des deutschen Waldes ist in Privatbesitz, verteilt auf etwa zwei Millionen Eigentümer. Es gibt etwa 29.000 Forstbetriebe, nur knapp 1000 bewirtschaften mehr als 1000 Hektar. Aber von Forstunternehmern hört man selten, auch wenn sie besonders wichtig sind. 2021 hat die Bundesregierung eine Waldstrategie beschlossen, um die Schäden von Dürre, Stürmen und durch Käfer wieder aufzuforsten – es soll das »größte ökologische Waldumbauprogramm« in der Geschichte des Landes sein. Auf Menschen wie Lucas von Fürstenberg kommt es also an.

Nun also rein in den Wald, Otto wird ungeduldig. Ab ins Auto, auf die Landstraße. Dann eine gute Dreiviertelstunde durch den Regen des Sauerlandes fahren. Kurven hoch, Kurven runter, eine Currywurst zum Mittag irgendwo auf halber Strecke.

Unterwegs erzählt Fürstenberg seine Geschichte: ein Austauschjahr in den USA, Internat, BWL-Studium. Dann zum Startup-Gründen nach Berlin: »Da habe ich

mich richtig ins Leben geworfen.« Seine Gründung, eine Online-Vermittlung für nachhaltige Reisen, schlägt fehl. Dann geht er ins Online-Marketing, entscheidet sich aber gegen die Schreibtischkarriere. Er zieht sich aus der Großstadt zurück in den immer wilderen Wald und übernimmt den Betrieb vom Vater. »Da hatten wir schon Respekt vor«, erinnert er sich an die gemeinsame Entscheidung mit seiner Frau.

Der Anfang ist hart. »Gleich im ersten Jahr schlug die Borkenkäferkatastrophe voll durch«, sagt er. Ein sechsstelliger Verlust. Krisenstimmung. Noch vor Sonnenaufgang marschierte er damals durch die Wälder und markierte kranke Bäume, danach folgte eine schwere Forstmaschine und fällte die Stämme. Doch Fürstenberg kam mit dem Verlust klar: In den besseren Zeiten hatte die Familie in der Region viele Immobilien gekauft. »Das macht uns unabhängig vom zyklischen Holzmarkt.«

Ankunft in Rüspe, das Dorf hat noch weniger Einwohner als Brabecke. Hier lebt der Förster, der einen Teil von Fürstenbergs Wald eigenständig betreut – wenn nicht gerade eine Käferplage die geballte Aufmerksamkeit erfordert. Der Kampf gegen die Schädlinge prägt die Arbeit. Vorne rumpelt

47
Foto:
ZEIT
Unternehmer
HECKEL
Maximilian Mann für
für

der Pick-up des Försters, dann folgt Fürstenbergs geländegängiges SUV. Irgendwann endet der matschige Feldweg, es geht auf 650 Meter Höhe. Früher standen hier Bäume dicht an dicht, dann kamen die Käfer. Jetzt läuft die Gruppe über eine zugige Freifläche.

Auch Ole Seidenberg und Dominik Wind stapfen mit über den Acker. Sie sind Gründer aus Berlin, mit Gummistiefeln im Kofferraum. Mit ihrem Start-up Skyseed wollen sie Drohnen künftig pelletiertes Saatgut ausbringen lassen. So lässt sich im bergigen Gelände schneller säen und aufforsten. Und es vereinfacht die Arbeit auf den kahlen Landstrichen, die sich die Käfer geholt haben. Auf etwa 115.000 Hektar, auf denen mal Wald wuchs, stehen in Nordrhein-Westfalen keine Bäume mehr, meldete das Landwirtschaftsministerium 2022, es ist eine schleichende Entwaldung. »Wenn das alles durch einen einzigen Sturm passieren würde, würde man von einer Katastrophe sprechen«, sagt Dominik Wind.

Was schlecht ist für den Wald und gut für das Start-up. Es bekommt von Waldbesitzern – durchaus eine konservative Klientel – immer mehr Aufmerksamkeit. Auch Fürstenberg hat sich an den Berlinern finanziell beteiligt. Und überlegt jetzt, die Drohnen testweise über seinen Freiflächen aufsteigen zu lassen. Die Idee: Sie könnten eine Mischung aus Spitzwegerich, Weidenröschen und anderen Bodendeckern abwerfen. Daraus entsteht eine krautige Schutzschicht, in deren Schatten junge Bäume Kraft für den ersten Meter sammeln können. Das ist aber ein Balanceakt, nicht nur auf dem sumpfigen Boden der Sauerländer Höhenzüge.

Neue Technologien und sogar neue Bäume: Ein paar Hundert Meter entfernt hat Fürstenbergs Praktikant Tristan überwacht, wie die Amerikanische Roteiche gesetzt wurde. Heimisch ist der Laubbaum hier nicht. Noch nicht. »Das Klima wandelt sich rasch, die Natur kann ja nicht vorausschauen«, sagt Fürstenberg. Die Exoten sind Teil seines Konzepts, die Natur zu verjüngen. Dazu gehört auch, dass Bäume behutsam gefällt werden: Eine schwere Maschine hebt die abgeholzten Stämme vorsichtig aus dem Wald. Drum herum, daneben, darunter wächst bereits die nächste Generation heran.

Zurück über die Feldwege, hinab ins Tal. Otto spurtet vor dem Geländewagen her. Nur an Gabelungen bleibt er kurz stehen, um sicherzugehen, dass er in die richtige Richtung läuft. Fürstenberg kennt das Problem. Er trifft heute Entscheidungen und weiß, dass sich manche seiner Ideen erst auf den Alltag der übernächsten Generation auswirken werden. Er sagt: »Durch die langen Zeiträume kann man nicht mal eben schnell etwas testen.«

Aber Fürstenberg ist ein Macher. Das alte, baufällige Haus, das zum Gelände gehört? Wird vielleicht bald aufgemöbelt und als Ferienwohnung bei Airbnb gelistet. Im Online-Shop gibt es Apfelsaft, Rehrücken, sogar Baumpatenschaften. Außerdem inte-

29.000

Forstbetriebe gibt es hierzulande. Etwa 1000 bewirtschaften wie Fürstenberg mehr als 1000 Hektar

17.000

Tonnen CO2 sind in Fürstenbergs Wald gespeichert. Dafür hätte er gern eine faire Vergütung

ressiert er sich für Windkraft. Fürstenbergs bergige Flächen sind schwierig zu bewirtschaften, doch sie sind attraktiv für Windparkbetreiber. Denn in Höhenlagen ist der Ertrag am besten.

Nur: Der Widerstand aus der Bevölkerung ist groß, selbst gute Bekannte wollen keine Anlagen im Blickfeld haben. »Beim Schützenfest sparen wir das Thema aus«, sagt Fürstenberg. Doch für ihn sind die Projekte alternativlos: Einige wenige Windräder brächten so viel Ertrag pro Jahr wie der gesamte Holzverkauf. Die Energiewende macht seine Pläne nun wahrscheinlicher. Noch sei keine konkrete Anlage spruchreif, aber der Unternehmer sagt: »Ich kann es mir einfach nicht leisten, das nicht zu machen.«

An diesem Nachmittag trifft er sich noch mit zwei weiteren Unternehmern, die im Pick-up aus dem Kölner Raum gekommen sind. Sie versprechen ihm geschulte Arbeitskräfte, die wissen, welchen Ast sie zurückschneiden dürfen. Eigentlich übernehmen das Saisonarbeiter aus Osteuropa, doch die kommen nicht mehr hinterher.

Braucht es diese Waldpflege überhaupt? Auf Podien streitet Fürstenberg darüber gern mit dem Star-Förster Peter Wohlleben. Der will Wälder sich selbst überlassen –Fürstenberg fährt lieber mit schwerem Gerät rein. »Es gibt den Clash zwischen dem Wald als Wirtschaftsort und dem Wald als Sehnsuchtsort«, sagt er. Er glaubt vor allem an Ersteres. Aber er engagiert sich auch in der »Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft« und wirbt für das Prinzip der Ökosystemleistungen. Denn wenn ein Wald naturnah bewirtschaftet wird, bindet er Kohlenstoffdioxid, das sorgt für Sauerstoff und Kühlung und schafft Lebensraum für Insekten und bedrohte Tiere.

17.000 Tonnen CO₂ seien in seinem Holz gespeichert, rechnet Fürstenberg vor, 80.000 Tonnen Ruß und Staub würden jährlich durch den Wald gefiltert. Doch eine faire Vergütung erhalte er dafür nicht. Eine neu aufgelegte »Nachhaltigkeitsprämie« des Bundes sieht er kritisch. Die verspricht Geld für Flächen, die wenig angetastet werden. Forstverbände begrüßen den Schritt, Fürstenberg findet ihn nicht geeignet: »Ein System, bei dem man für Zielerreichungen belohnt wird und nicht fürs Nichtstun, wäre sinnvoller.«

Eine erstes Projekt findet sich auf seinen Flächen. Entlang eines Bachs wachsen statt Fichten nun Erlen. Diese Verbesserung belohnen Behörden mit »Ökopunkten«. Und die können Bauherren erwerben, wenn sie anderswo Flächen versiegeln und Ausgleich brauchen. Das Problem laut Fürstenberg: Jeder Kreis, jede Kommune regelt anders, wie viele Punkte es für welche Fläche braucht. Das macht den Naturschutz nicht leichter.

Am Forsthaus klopfen die Männer ihre Gummistiefel ab. Otto springt in den Kofferraum, Fürstenberg setzt sich ans Steuer. Es geht zurück nach Brabecke, raus aus dem Wald und rein in den Feierabend.

EIN TAG MIT LUCAS VON FÜRSTENBERG

ist messbar, da sie direkte Auswirkungen auf den wir tschaf tlichen Erfolg hat. Unternehmen, in denen eine nachhaltige Unternehmenskultur gelebt

verzeichnen signifikant höhere Bewerbungsquoten, weniger Krankentage pro Jahr und eine deutlich geringere Fluktuation. Wer Unternehmenskultur für

Unternehmenskultur wird überbewer tet

hält, verkennt den entscheidenden Wettbewerbsvor teil bei der Gewinnung von Fachkräf ten und bei der Bindung der Mitarbeitenden in der Zukunf t. Personalarbeit wird Kulturarbeit.

ANZEIGE
Hier f i nden Sie «Deutschlands B este Arbeitgeber 2023»

Anne Lamp (rechts) und ihr Material.

Links: Ihre Co-Gründerin

Johanna Baare

Gut für den Kreislauf

Eine Ingenieurin will die Plastikflut eindämmen: Das Start-up traceless materials arbeitet an einer Kunststoff-Alternative, die vollständig biologisch abbaubar ist

Die Irritation

Anne Lamp könnte aus den Ergebnissen ihrer Forschung wohl viele Geschäftsideen entwickeln. Die 31-Jährige hat Verfahrenstechnik in Hamburg studiert und wurde mit summa cum laude promoviert. Dafür hatte sie herausgefunden, was man aus den Resten herstellen kann, die übrig bleiben, wenn Getreide zu Alkohol oder Lebensmitteln verarbeitet wird: Fleischersatzprodukte etwa oder Nahrungsergänzungsmittel. Und noch etwas anderes.

Die Marktlücke

Und zwar einen Kunststoffersatz in Form eines Granulats, das sich zu Folien, Beschichtungen, Formteilen oder Klebstoffen verarbeiten lässt. Anders als Plastik oder gängige Biokunststoffe sind die Produkte kompostierbar – sogar auf dem heimischen Komposthaufen. Die Wissenschaftlerin erkannte, dass in der Erfindung eine Geschäftsidee liegt, mit der sich ein enormes Umweltproblem lösen lässt. Jährlich werden etwa 400 Millionen Tonnen Plastik produziert, gut 80 Prozent aller jemals hergestellten Kunststoffe sind unrecycelt auf Müllhalden und in den Ozeanen gelandet.

Die Idee

Anne Lamp sagt: »Wir brauchen nicht noch mehr Produkte, die weniger schlecht sind, sondern solche, die von Grund auf gut gedacht sind.« Nach ihrem Studium tat sie deswegen etwas, das sie selbst »ingenieursuntypisch« nennt: Sie nahm ihren Mut zusammen und beschloss, aus ihrer Idee ein verkäufliches Produkt zu entwickeln. 2020 gründete sie dafür die Firma traceless materials, ihren Öko-Kunststoff nennt sie traceless – zu Deutsch: spurlos.

Die Förderer

Lamp bekam viel Hilfe, sie war gut vernetzt. Während des Studiums hatte sie den Hamburger Ableger von Cradle-to-Cradle gegründet und geleitet. Das ist eine NGO, die sich für eine abfallfreie Kreislaufwirtschaft starkmacht. Freunde von ihr bauten gerade Planet A auf, einen Investor, der besonders auf Nachhaltigkeit achtet – und Lamp unterstützte das Projekt mit ihrem Fachwissen. Die Freunde wiederum ermutigten sie, an ihre Idee zu glauben, und nahmen sie mit zu Veranstaltungen. So lernte sie Johanna Baare kennen, eine Psychologin und Unternehmensberaterin, die zu ihrer Mitgründerin

wurde. Zusammen hätten sie Mitstreiter gefunden, die im ersten Jahr unentgeltlich gearbeitet hätten, erzählt Lamp. Bis sich erste Investoren beteiligten. Zu den Geldgebern gehörten Planet A, der halbstaatliche HighTech Gründerfonds und die b.value AG.

Der Erfolg

Auch der European Innovation Council hat zuletzt knapp 2,5 Millionen Euro in das Start-up gesteckt, 2022 gewann es den Deutschen Gründerpreis. Inzwischen gibt es auch eine Pilotanlage, mit der traceless gerade eine Charge Kleiderhaken für C&A hergestellt hat – laut Lamp ist das der »erste Schritt aus dem Labor in die Produktion und in den Markt«. Auch andere Unternehmen wagen Verpackungsexperimente mit der Firma, wie der Versandhändler Otto oder ein Tierfutterhersteller. Der nächste Schritt: eine größere Industrieanlage. Mit ihr will traceless bis 2030 gut eine Million Tonnen Granulat herstellen. Doch die Ingenieurin Lamp will mehr als ihr Geschäft in Fahrt bringen. Künftig möchte sie auch an Hochschulen Studierende davon überzeugen, ihr Leben »nicht nur als Angestellte« zu verbringen, sondern Firmen zu gründen.

50
DIE NÄCHSTE AUSGABE VON ZEIT FÜR UNTERNEHMER ERSCHEINT AM 22. JUNI 2023
Schulze/dpa/Picture Alliance
VON CAROLYN BRAUN
Foto: Philipp
DIE ERFINDUNG MEINES LEBENS

UNSERE SCHÖNSTEN WORTE

FÜR SIE

4 Ausgaben gratis lesen

wams.de/lesen

D U N K E L

Mach dir den Bürokram federleicht.

Wenn der Falkner der Herzen mit seinen streichelzahmen Eulen kranken Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubert, denkt er nicht an Buchhaltung. Das erledigt er ganz automatisch und kann sich voll aufs Glücklichmachen konzentrieren. Für große Träume braucht es jemanden, der dir den Rücken freihält. www.lexware.de

Achim Häfner, Falkner der Herzen
„Mein Traum: Herzen im Flug erobern.“

Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
ZEIT für Unternehmer 1/23 by ZEIT Magazine - Issuu