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Was er druckt, ist Kunst

ZEIT für Unternehmer: Herr Steidl, was macht Ihr Unternehmen?

Gerhard Steidl: Ich habe 1968 einen Verlag in Göttingen gegründet, los ging es mit einer Siebdruck-Werkstatt für Druckgrafik und Plakate. Seit 1972 drucken wir auch Bücher und legen Wert auf sehr hohe Qualität. Was ist Ihre größte Herausforderung?

Wir arbeiten mit Künstlern aus aller Welt zusammen. Deren Fotoprojekte und Texte sind individuell, und jedes Buch muss eine eigene Form und Gestalt bekommen. Ich hasse es, mich zu wiederholen.

Wie kommen Sie mit der Energiekrise und dem Papiermangel klar?

Wir haben Glück gehabt. Ich habe frühzeitig eine neue Druckmaschine gekauft, die nur halb so viel Strom verbraucht wie die alte. Unser Energieverbrauch ist jetzt niedriger als vor Corona. Und ich habe die Preise der Papierfabriken und -großhändler immer akzeptiert, dadurch werden wir gut beliefert. Ich stand nicht einen Tag ohne Papier da. Was hat sich im Verlag am meisten verändert seit der Gründung?

Alle zehn Jahre etwa ändert sich die Technik fundamental. Offset war vor 50 Jahren ein schlechtes Druckverfahren, wir haben gekämpft wie verrückt, um gute Bücher zu machen. Heute ist Offset spitze. Man hat eine hoch entwickelte Soft ware in der Maschine, mit der wir beste Qualität spielend erreichen.

Welche ist die wichtigste Maschine in Ihrem Unternehmen?

Das ist unsere Druckmaschine Roland 706 3B Evolution Elite, ihr Pulsieren erreicht jeden Raum im Verlag. Das ist der Herzschlag, der alle mitreißt.

Gibt es einen wichtigen Algorithmus?

Nein. Wir haben einen IT-Techniker im Haus, dem ich meine Anforderungen an die

Soft ware der Druckmaschine erkläre und was ich verbessert haben will. Es geht darum, das Bild und den Text auf dem jeweiligen Papier zu optimieren.

Sie haben weltweit Kunden und reisen viel. Warum sind Sie in Göttingen geblieben?

Ich finde es ganz smart, nicht in einer Metropole zu sein, wo Touristen spontan Besuche im Verlag machen würden. Zu mir nach Göttingen kommt man nur, wenn man eingeladen wird. Und wenn ich

Was begrenzt Ihr Wachstum am meisten?

Es wird durch meine Person begrenzt. Natürlich delegiere ich Arbeit an meine 45 Leute. Trotzdem habe ich den Anspruch, dass jeder Druckbogen, der durch die Maschine läuft, von mir abgezeichnet wird. Ich gebe nichts in Fremdauftrag.

Wie viel Geduld brauchen Ihre Kunden? Wenn mich jemand fragt: »Wann kommt das Buch raus?«, antworte ich immer: »Ein Buch ist fertig, wenn es fertig ist.« Manchen fordert das viel ab. Mit dem britischen Künstler Damien Hirst etwa arbeite ich seit 13 Jahren an einem Buch, dieses Jahr soll es fertig werden.

Welche Entwicklung Ihrer Firma erfüllt Sie mit der größten Genugtuung?

Dass die Marke Steidl weltweit für Qualität steht und dass viele Leute unsere Art, Bücher zu machen, gut finden.

Was schätzen Sie am Unternehmertum? Dass ich völlig unabhängig bin, als Unternehmer. Ich hatte nie Geschäftspartner. Welchen Unternehmer würden Sie gerne einmal zum Business-Lunch treffen?

Künstler besuche, reise ich morgens hin und abends zurück, denn ich will im eigenen Bett schlafen.

Was ist Ihr Anspruch an Ihre Bücher?

Meine Bücher sind von Künstlern konzipierte Kunstwerke, die ich in Serie herstelle. Sie sind identisch, aber immer einzigartig.

Wo müssen Sie Kompromisse machen?

Es gibt nur noch drei Buchbindereien in Europa, mit denen ich zusammenarbeiten will. Früher gab es viele spezialisierte Bindereien, die jetzt pleite oder geschlossen sind. Da ist viel Wissen verloren gegangen.

Michael Otto. Wir machen gerade ein Buch mit ihm. Ich habe noch nie einen so bescheidenen Großunternehmer kennengelernt. Er hat sein Unternehmen über die Jahre penibel weiterentwickelt, etwa beim Umweltschutz.

Sie kokettieren damit, dass Sie am Ende Ihres Lebens mit der Treppe im Verlag einstürzen und unter Büchern begraben werden möchten. Aber kann der Verlag ohne Sie überleben?

Es gibt keine Garantie dafür. Aber der Verlag ist ja eine Stiftung, und damit sind die Voraussetzungen geschaffen, dass es weitergehen könnte.

Die Fragen stellte Navina Reus

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