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Echte Fründe

Für manche ist das Metaversum die Zukunft des Internets – und andere wissen nicht einmal, was das sein soll. Ausgerechnet ein rheinisches Karnevalsunternehmen zeigt, wie nützlich die neue digitale Sphäre sein kann VON CATALINA SCHRÖDER

Als die Kostüme liegen blieben, hatte Corinna Dahlhaus die rettende Idee

Als es losging, fühlte sich Herbert Geiss ein bisschen wie Neil Armstrong. Ähnlich wie der erste Mann auf dem Mond wusste der 40-Jährige nicht genau, wie seine Reise verlaufen wird. Doch jetzt, da er einmal »auf diesem Mond gelandet ist«, wie Geiss es formuliert, gefällt ihm die Reise ziemlich gut.

Gemeint ist mit der Reise ein sogenanntes NFT-Projekt, das sein Familienunternehmen im Januar 2022 begonnen hat.

Spoiler: Für Herbert Geiss und die etwa 280 Mitarbeiter hat es sich als Chance entpuppt, eine völlig neue Form der Kundenbindung aufzubauen. Um zu verstehen, wie Geiss jetzt seine Kunden begeistert, muss man ihm erst mal auf den Mond folgen –und in die Welt der NFTs.

Die Abkürzung kursiert seit zwei Jahren, sie wird auf Technologiekonferenzen und in Strategieworkshops genutzt. Doch nur jeder zehnte Bundesbürger kennt den Begriff überhaupt, und nur jeder zwanzigste kann ihn erklären. Das hat eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom ergeben. Kein Wunder, denn ganz so einfach ist das nicht.

NFT steht für Non-fungible Token, was so viel heißt wie: ein einzigartiges Gut. Es handelt sich um das digital verbriefte Eigentumsrecht an einem virtuellen Gegenstand – etwa einem Kunstwerk, das aber nur in digitaler Form existiert. Zwar lassen sich die Bilder beliebig oft kopieren, per Mail verschicken oder auf Instagram verbreiten wie jedes Digitalfoto. Der NFT, der das Eigentum an dem Original belegt, ist aber einzigartig.

Das liegt daran, dass NFTs auf einer Blockchain verwaltet werden. Dabei handelt es sich um eine Datenbank, die man sich wie ein Kassenbuch vorstellen muss: Sobald ein NFT seinen Besitzer wechselt, wird das in der Datenbank eingetragen. Und weil dieses Kassenbuch für jeden einsehbar ist, kann jeder zu jedem Zeitpunkt überprüfen, wem ein bestimmter NFT gehört. In etwa so wie bei einem Grundbuch, in dem festgehalten wird, wem ein Haus gehört. Mit einem wichtigen Unterschied: Das Kassenbuch mit den NFTs führt nicht eine Behörde oder Firma, Tausende Computer verwalten es gemeinsam. Das macht es fälschungssicher.

Man kann sich also vorstellen, warum sich Herbert Geiss mit NFTs anfangs schwertat. Er leitet ja in vierter Generation ein Unternehmen, das seit Jahrzehnten sehr irdische Belange erfüllt: Deiters gibt es seit 1921, es sitzt in Frechen bei Köln und ist nach eigenen Angaben Marktführer für Verkleidungen aller Art. Zu Karneval ist es in den 31 Filialen des Unternehmens extrem voll, an einem Autobahnkreuz westlich von Köln betreibt Deiters das »größte Karnevalskaufhaus der Welt«, wo man gut 2500 Kostüme anprobieren kann.

Was also will jemand, der sein Geld damit verdient, dass Menschen Kostümpartys feiern und an Rosenmontagen als Bären oder an Halloween als Vampire durch die Gegend zockeln, mit Non-fungible Tokens? Warum braucht er digitale Güter, wenn er mit seinen Kostümen echte Menschen in Einhörner, Ninjas oder Astronauten verwandeln kann?

Die Antwort ist schlicht: NFTs sind die Eintrittskarte in das sogenannte Metaversum. Man muss sich das Metaversum wie eine neue Welt vorstellen, in der man virtuelle Häuser bauen und sie mit virtuellen Kunstwerken ausstatten kann, und NFTs sind die Besitzurkunden für diese Gegenstände. Eines Tages – so die Vision – soll sich jeder mithilfe eines Avatars durch diese digitale Welt bewegen können, um dort einzukaufen, zu arbeiten, Freunde zu treffen oder Spiele zu spielen.

Die Geschichte, wie Deiters und die NFTs zusammengefunden haben, geht so: Während der Corona-Pandemie brach das Geschäftsmodell des Unternehmens nahezu zusammen, der Umsatz fiel um 95 Prozent. Man kann das im Geschäftsbericht nachlesen: Am Ende der zwölf Monate vom 1. April 2020 bis 31. März 2021 stand ein Fehlbetrag von fast vier Millionen Euro –trotz Kurzarbeitergeld und Corona-Hilfen. Ein Fiasko.

Kein Wunder: Karnevalsumzüge, Halloween-Feiern, Motto-Partys – all das fiel damals aus. Dementsprechend wenig Anlässe gab es, um bei Deiters einzukaufen.

Aber Geiss ist niemand, der tatenlos rumsitzt. Seit er die Leitung des Familienunternehmens Anfang der 2000er-Jahre übernommen hat, hat er eine Filiale nach der anderen eröffnet. »Weil wir an dieser Situation erst mal nichts ändern konnten, haben wir uns auf die Zukunft konzentriert«, erzählt der Unternehmer. Er nahm sich vor, die Bedürfnisse seiner Kunden noch besser kennenzulernen und aus Kunden Fans mit einer starken Bindung an die Marke zu machen. »Damit wir mit 200 Prozent durchstarten, sobald die Menschen wieder feiern gehen.«

Ein klassisches Kundenbeziehungsmanagement kam nicht infrage. Zu teuer. Eine Kundenkarte erschien dem Unternehmer zu gewöhnlich. Schließlich kam Geiss’ Marketingchefin Corinna Dahlhaus auf die NFTs. Denn als der Karneval ausfiel, boomte der Handel mit den virtuellen Gütern – besonders mit digitalen Bildern. Am größten war der Hype um ein paar comicartige Affenbildchen, die »Bored Apes«. Dabei handelt es sich um eine digitale Kunstsammlung von insgesamt 10.000 gelangweilt aussehenden Cartoon-Affen. Ein Algorithmus hat jeden aus Einzelteilen zusammengesetzt, deswegen ist jeder ein Unikat. Und der teuerste Bored Ape wurde 2021 für etwa zwei Millionen Euro verkauft.

Die Idee von Marketingchefin Dahlhaus: »Lasst uns zwei Bored Apes mit digitalen Deiters-Kostümen verkleiden, die Affen dann für einen kleinen Betrag an unsere Kunden und weitere Interessenten verkaufen.« Affenbildchen statt Affenkostüme also. Aber warum sollten die Kunden dafür Geld ausgeben? Die Idee von Dahlhaus: So könnte sich eine Art Community aufbauen lassen, zu der die NFTs quasi die Eintrittskarte würden. Früher hätte man eine Mitgliedskarte verschickt, heute verkauft man einen NFT.

Tatsächlich stellten zwei Besitzer von Bored-Ape-NFTs Deiters ihre Affen zur Verfügung und erhielten dafür eine Lizenzgebühr. Eine Grafikerin zeichnete 211 digitale Kostümteile. Seit Juni 2021 können Interessenten einen kostümierten Affen kaufen, anfangs kosteten sie 50 Euro. Ein Algorithmus würfelt die Kostümteile individuell zusammen, sodass ausschließlich verkleidete Affen-Unikate entstehen.

Spricht man mit Firmenchef Geiss darüber, was das alles bringen soll, merkt man schnell: Inzwischen ist der Unternehmer nicht nur auf dem Mond gelandet, er kennt sich dort auch gut aus. Geiss sagt: »Unser Ziel besteht ganz explizit nicht darin, dass die Leute die Affen kaufen und später für mehr Geld wieder verkaufen.« Die Affen sollen kein Spekulationsobjekt sein.

Das Ziel ist ein anderes: »Wir wollen über die NFTs unsere Kunden an uns binden, indem wir ihnen im echten Leben einen

Mehrwert bieten.« Heißt: Je nachdem, welchen Affen der Algorithmus einem Käufer zufällig zuweist, erhält dieser im Deiters Online-Shop einen Rabatt zwischen 10 und 25 Prozent. Auf jeden Einkauf und solange er oder sie den NFT besitzt.

Darüber hinaus erhalten alle NFTBesitzer auch Fan-Produkte: von Socken mit dem Logo der Deiters-Affen bis hin zum vollständigen Kostüm ihres jeweiligen Affen. Und: Alle NFT-Besitzer dürfen kostenlos an besonderen Veranstaltungen von Deiters teilnehmen und können Karten für Plätze auf der Rosenmontagstribüne von Deiters in Köln gewinnen.

Das Konzept geht offenbar auf: Von den 2222 verkleideten Affen hat Deiters schon 980 verkauft; das Unternehmen hat geschätzt mehrere Zehntausend Euro eingenommen. Und es ist eine Art Fanclub entstanden, dessen Mitglieder beim Kostümhändler nun häufiger Verkleidungen kaufen. Genau beziffern will Firmenchef Geiss den zusätzlichen Umsatz nicht. Viel wichtiger sei ihm die vertiefte Bindung zu den etwa 1000 Kunden mit NFTs.

Denn Deiters profitiert enorm von der Chatgruppe, in der sich die Eigentümer der Affenbildchen austauschen. »Im realen Leben sind unsere Kunden überwiegend Frauen, in der NFT-Community gibt es aber viele Männer«, erzählt Marketingchefin Dahlhaus. Durch die Diskussionen in der Gruppe könne sie besser verstehen, welche Produkte den Männern etwa im Online-Shop fehlen. An solche Informationen wäre Deiters nicht über eine Kundenkarte gekommen.

Für andere Mittelständler stellt sich jetzt die Frage: Lässt sich das Projekt übertragen?

Antworten hat Marylin Repp, stellvertretende Leiterin beim Mittelstand-Digital Zentrum Handel. Dabei handelt es sich um eine Anlaufstelle für kleine und mittlere Unternehmen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. »Mittelständische Unternehmen, die mit einem NFT-Projekt erste Schritte in ein Metaversum wagen, gibt es in Deutschland bislang so gut wie gar nicht«, sagt Repp. Vielen Unternehmern sei gar nicht klar, welchen Mehrwert sie so generieren könnten. »Die meisten können mit dem Begriff des Metaversums wenig anfangen«, sagt Repp, »außerdem schreckt sie die vermeintlich komplizierte Technik ab.«

Bisher gehen eher große Unternehmen und Luxusmarken erste Schritte in ein Metaversum: Adidas hat dort beispielsweise NFTs in Form einer exklusiven limitierten Kollektion verkauft. Nike hat eine virtuelle Sneaker-Kollektion auf den Markt gebracht, und Dolce & Gabbana hat eine erste ModeNFT-Kollektion veröffentlicht. Zwar haben die Konzerne damit bereits viele Milliarden US-Dollar im Metaversum umgesetzt. Gemessen an der gesamten Wirtschaft handelt es sich jedoch um einen eher kleinen Betrag. Die Digitalexpertin Repp findet es trotzdem wichtig, dass Mittelständler sich schon heute mit dem Metaversum beschäftigen. Aus ihrer Sicht könnte es künftig die wichtigste Plattform für den Online-Handel werden. Neben einer neuen Form der Kundenbindung, wie Deiters sie geschaffen hat, könnten Unternehmen dort virtuelle Läden eröffnen und 3-D-Modelle ihrer Produkte oder Virtual-Reality-Erlebnisse anbieten. »Die Aufmerksamkeitsspanne der Kunden ist dadurch viel länger als in einem gewöhnlichen Online-Shop.«

Allerdings gibt es auch Kritik an NFTs. Denn sie werden in Kryptowährungen wie dem Bitcoin gehandelt. Und deren Wert schwankt massiv. Im November 2021 war eine Einheit Solana noch 220 Euro wert; ein Deiters-NFT kostet ein Solana und damit damals so viel wie drei aufwendige Kostüme des Typs »Voodoo Priesterin«. Inzwischen ist ein Solana nur noch 20 Euro wert – so viel wie eine einfache »Geisterbeschwörerin«. Wer sich also damals einen Deiters-NFT gekauft hat, würde ihn heute nur mit deutlichem Verlust wieder los. Kritiker warnen deshalb, dass es sich bei NFTs um Finanzprodukte mit einem besonders hohen Risiko handelt.

Herbert Geiss lässt das Argument nicht gelten. Die NFTs dienten für die Firma nicht in erster Linie dazu, Geld zu verdienen, und für die Käufer dienten sie nicht als Geldanlage. Geiss will vor allem eine Fangemeinde aufbauen. Und das ist dem Unternehmer offenbar gelungen.

Nachha

Der Nachhaltigkeitsbericht 2022 von Schneider Electric - 440 Millionen Tonnen eingespar tes CO2 und 10 Prozent weniger Scope 3-Emissionen

Schneider Electric, mit rund 4.700 Mitarbeitenden in Deutschland vertreten, entwickelt für Industrie, Gebäude, Rechenzentren und Infrastruktur die komplette Bandbreite an IoT-fähigen Hard- und Softwarekomponenten. Erklärtes Ziel der Lösungsentwicklung ist es, das Potenzial des IoT dafür zu nutzen, Unternehmen nachhaltig erfolgreicheres Wirtschaften zu ermöglichen. Mit dieser Geschäftsstrategie ist Schneider Electric bereits seit mehr als einem Jahrzehnt am Markt erfolgreich und gibt regelmäßig detailliert Auskunft über den Stand der unternehmenseigenen Nachhaltigkeitsbemühungen.

So war Schneider Electric im Jahr 2005 eines der ersten Unternehmen, das mit einem branchenführenden Nachhaltigkeitsbarometer die Auswirkungen auf Menschen, Umwelt und Gewinn überwacht hat.

Jetzt hat der Tech-Konzern die neuesten Zahlen zu den Fortschritten seiner Nachhaltigkeitsmaßnahmen veröffentlicht. In dem Bericht für das Jahr 2022 heißt es, dass es den Kunden des Unternehmens mithilfe von digitalen Lösungen und Services im vergangenen Jahr ermöglicht wurde, rund 90 Millionen Tonnen CO2 einzusparen. Damit sind es seit 2018 nun etwa 440 Millionen Tonnen insgesamt. Im Rahmen des Zero Carbon Projects ist es außerdem gelungen, die CO2-Emissionen der wichtigsten Zulieferer um 10 Prozent zu reduzieren. Damit wurde ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur geplanten Scope-3-Klimaneutralität bis 2050 erreicht. Hinzu kommt, dass mittlerweile 45 Prozent der firmeneigenen Verpackungen ohne Einwegplastik auskommen. Erst kürzlich wurde Schneider Electric von führenden Ratingagenturen, wie Moodys oder S&P Global, mit Bestnoten für die eigene Nachhaltigkeitsbilanz bewertet. se.com/de

Im Rahmen des Programms Schneider Sustainability Impact wurden diese Zielvorgaben zuletzt 2021 erneuert und aktualisiert. Mit elf globalen und jeweils einem lokalen Ziel sollen bis 2025 signifikante Verbesserungen erreicht werden. Einmal pro Quartal wird ausführlich über den Erfolg der unternommenen Maßnahmen berichtet.

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