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Wien ist wichtigster Markt“
from medianet 10.09.2021
by medianet
„Wien ist unser Exportmarkt Nr. 1“
Export ist für die Brauerei Zwettl kein Thema, sagt Geschäftsführer Karl Schwarz, der Betrieb bleibe seinem Kernwert Regionalität treu.
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Wechsel
In fünfter Generation führt Karl Schwarz die Brauerei Zwettl, die sich seit dem Jahr 1890 in Familienbesitz befindet.
••• Von Daniela Prugger
Die Bewahrung einer möglichst intakten Umwelt, von Traditionen und gelebter Heimatverbundenheit spielten für die im nördlichen Niederösterreich ansässige Brauerei Zwettl schon immer eine große Rolle. Nun wird der Betrieb in der fünften Generation geführt. Wie er sich Herausforderungen wie dem Klimawandel und Corona stellt, erklärt GF Karl Schwarz im Interview.
medianet: Mit welchen Erwartungen sind Sie ins Geschäft eingestiegen? Wie kann die Zusammenarbeit mit den Eltern und Großeltern gelingen? Karl Schwarz: Die Privatbrauerei Zwettl habe ich schon 1996 – praktisch von einem Tag auf den anderen – aufgrund der Erkrankung meines Vaters übernommen. Ich musste daher sehr schnell lernen, wie man einen solchen Betrieb führt, hatte aber das Glück, eine sehr gesunde Brauerei übernehmen zu können. Und so konnte ich – und das wünsche ich auch meiner nächsten Generation – von Beginn an prägend mitgestalten.
medianet: Sie sagten, dass Sie finden, dass Beschaffungs- und Absatzmarkt ident sein sollten. Welche Stellung haben Wachstum und Export für Sie? Schwarz: Als Familienunternehmen sind wir nur uns selbst, den
bäuerlichen Lieferanten und den Mitarbeitern gegenüber verantwortlich und können daher eine klare Linie vertreten: Wir wollen nicht primär aktiv wachsen, sondern vielmehr in einer gesunden Struktur Stabilität und Wertschöpfung für weitere Generationen sichern. Export ist für uns daher kein Thema, wir verkaufen unsere Biere vor allem im Osten Österreichs, wobei Wien nach wie vor der wichtigste Zielmarkt für unsere Biere über die niederösterreichischen Grenzen hinaus ist. Wenn Sie so wollen, ist Wien unser wichtigster Exportmarkt.
medianet: Wie erging es dem Unternehmen seit und während der Pandemie? Schwarz: Wir blicken mit gemischten Gefühlen auf das Jahr 2020 zurück: Zwar stieg der Bierabsatz im Lebensmittelhandel, aber den Verlust aus der Gastronomie konnten wir nicht zur Gänze kompensieren. Der Gesamtabsatz an Getränken lag bei 205.400 hl und damit doch deutlich unter dem Niveau des Vorjahres. Bier ist ein geselliges Produkt – und die Lage war im Vorjahr und zumindest im ersten Halbjahr 2021 nicht gesellig. Dort, wo Bier gefragt war, waren
es vor allem die regionstypischen Biere aus Zwettl und Weitra. Konsumenten lokale Produzenten klar bevorzugen. Es sind die lokalen Produzenten, die Arbeitsplätze schaffen und auch in krisenhaften Situationen in der Lage sind, die Menschen zu versorgen. Auch der Trend zu Produkten, die sich vom Mainstream abheben, kommt uns entgegen.
medianet: Corona hat ein Schlaglicht auf handwerkliche Berufe geworfen. Wie viel Handwerk steckt in den Bieren der Brauerei Zwettl?
Regional
Die Brauerei Zwettl forciert seit vielen Jahren eine regionale Wertschöpfung. nen sorgt. Frauen sind eine extrem wichtige Zielgruppe für Bierbrauer – gerade für handwerklich gefertigte, sogenannte Craft-Biere. Wir wollen den Wissensstand rund um Bier, Bierproduktion und -brauen ausbauen und natürlich auch allfälligen Vorurteilen dem Getränk Bier gegenüber entgegentreten. Wir sind daher sehr stolz darauf, dass eine der ersten angehenden Braumeisterinnen des Landes – Karin Thaller – bei uns ihre Lehre absolviert hat.
© Privatbrauerei Zwettl

Wir verkaufen unsere Biere im Osten Österreichs, wobei Wien der wichtigste Zielmarkt für unsere Biere über Niederösterreich hinaus ist.
Karl Schwarz
Geschäftsführer Brauerei Zwettl
medianet: Welche Veränderungen haben Sie im Konsumentenverhalten bemerkt? Schwarz: Wir sind davon überzeugt, dass sich der neue ‚Lebensmittel-Patriotismus‘ auch künftig fortsetzen wird und die Schwarz: Die Biere aus unserem Haus sind von den handwerklichen Fähigkeiten derer, die sie brauen, geprägt. Wir haben heuer die Bierwerkstatt Weitra modernisiert und damit die Kapazität nahezu verdoppelt. Wichtig dabei war uns, die handwerkliche Tradition der offenen Gärung zu erhalten. Aufgrund der Komplexität und des unbedingt notwendigen Wissens der Mitarbeiter gerät diese bewährte Methode zunehmend in Vergessenheit. Wir gehen hier zweifelsohne den komplizierteren, aufwendigeren Weg, werden aber mit außergewöhnlichen Bieren belohnt.
medianet: Weshalb ist es Ihnen ein Anliegen, darauf aufmerksam zu machen, dass Bierbrauen ‚weiblich‘ ist? Schwarz: Weil das schlicht die wenigsten wissen und man damit immer für Aha-Momente und spannende Konversatio-
4,5
Mio. €
Jubiläum
Pünktlich zum 700 Jahr-Jubiläum von Weitra als älteste Braustadt Österreichs wurde die Bierwerkstatt Weitra um 4,5 Mio. € modernisiert und damit die Kapazität verdoppelt. medianet: Laut dem Verein ‚Land schafft Leben‘ konnte Österreich in den letzten Jahren den Bedarf an Sommerbraugerste nicht mehr decken. Die Jahre waren zu trocken und zu heiß. Welche Strategien könnten dabei helfen, dass sich die Landwirtschaft an die erschwerten Bedingungen anpasst? Schwarz: Das Waldviertel wirbt mit dem Slogan ‚Wo wir sind, ist oben‘ – dennoch gehört es zu einer der südlichsten Regionen weltweit, in denen die Braugerste angebaut werden kann. Der ‚hohe Norden‘ zählt in Österreich zu den wichtigsten Anbaugegenden für Sommer- und Winterbraugerste. Das zunehmend heiße und trockene Wetter setzt der Sommerbraugerste sehr zu. Unsere bäuerlichen Zulieferbetriebe haben daher heuer erstmals sowohl Sommer- und Winterbraugerste angebaut. Dieser Mix ermöglicht gute Erträge.

Neue Ära
Seit Mai diesen Jahres hat Florian Berger alle Agenden der Getränkeverbände im Rahmen der WKÖ und damit auch des Verbandes der Brauereien Österreichs übernommen.
Bier ist ein soziales Getränk, erklärt Florian Berger vom Brauereiverband.
Wie geht es der Bierbranche?
Langsam erholt sich die Branche. Welche Themen am meisten drängen, erzählt Verbandschef Florian Berger.
WIEN. Seit Mai führt Florian Berger die Geschäfte des österreichischen Brauereiverbandes und jene des Verbandes der Getränkehersteller Österreichs. Es sei ihm ein großes Anliegen, die Kommunikation des Bierlandes Österreich in seiner Gesamtheit weiter zu fördern – wissend, dass die heimische Braukultur mit ihrer Vielzahl an großen, kleinen und mittelständischen Brauereien eine sehr heterogene ist, sagt Berger gegenüber medianet. „Die gemeinsamen Themen, die uns alle verbinden, werde ich weiter forcieren – zum Beispiel die Bierkultur in ihrer Vielfalt an Angeboten auszubauen, um sie weiterhin auf dem hohen Niveau zu halten.“
Der Branche gehe es den Umständen entsprechend: Nach wie vor sei die Rückkehr zu einem normalen Gastronomie- und Tourismusbetrieb und zu einer normalen Festkultur das bestimmende Thema. Covidbedingt hatte sich der Konsum in die eigenen vier Wände verlagert. Unverändert beliebt bei Konsumenten blieb das Lager/ Märzen, aber auch alkoholfreies Bier sowie alkoholfreie Biermischgetränke sind auch wieder im Kommen.
Langsam „back to normal“
„Wir registrieren jetzt bei unseren Partnern in der Gastronomie ein langsames ‚back to normal‘, so Berger. Denn Gaststätten, Biergärten und Restaurants werden unter Einhaltung aller Sicherheitsvorkehrungen wieder verstärkt aufgesucht.
„Wir hatten im vergangenen Jahr ein Minus von rund 170 Mio. Krügerl in der Gastronomie. Dieser Totalausfall ist so schnell nicht aufzuholen. Vor allem kleinere Brauereien sind hier stark betroffen“, so Berger. „Daher ist für uns auch die Forderung nach einer Halbierung der Biersteuer sowie deren Aussetzen für Fassbier nach wie vor am Tisch. Darüber hinaus brauchen wir eine Ausweitung der Biersteuermengenstaffel von derzeit 50.000 Hektoliter auf bis zu 200.000 Hektoliter Jahresausstoß.“
Der dadurch ermäßigte Steuersatz würde vor allem den von der Krise besonders hart getroffenen klein- und mittelständischen Brauereien zugutekommen. Der Fachkräftemangel in der Gastronomie bereite der Branche ebenfalls Sorgen – manche Betriebe, die jetzt eigentlich in der Hochsaison sind, müssen infolge Personalknappheit tageweise zusperren.
Mehrweg fördern
In der Produktion setzen immer mehr Betriebe auf den Einsatz erneuerbarer Energien sowie Ressourcenschonung bei Herstellung und Logistik. Der gesamte Mehrweg-Anteil bei Bier beträgt in Österreich 66%. „Bei der Getränkedose unterstützen wir alle Initiativen zur getrennten Sammlung und dem Recycling – schließlich kann eine Aluminiumdose zu fast 100 Prozent ohne Qualitätsverlust recycelt werden“, so Berger. (dp)
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