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Hausarzt gesucht
from medianet 10.09.2021
by medianet
© APA/dpa/Christian Charisius
Ärztemangel
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Immer mehr Stellen im niedergelassenen Bereich bleiben unbesetzt.
ÖGK-Obmann Andreas Huss prüft neue Konzepte für Hausärzte.
Schwierige Suche nach Hausärzten
4,6 Prozent der Kassenstellen sind unbesetzt; die Gesundheitskasse will nun selbst Ärzte anstellen.
••• Von Kartrin Pfanner
WIEN. Kassenverträge werden bei niedergelassenen Ärzten immer unbeliebter. Der private Markt mit Privatversicherungen ist angesichts von dort rund 2,7 Mio. Versicherten attraktiv, verspricht gleich viel Einnahmen in kürzerer Zeit. Bürokratie und unflexible Möglichkeiten sowie die bereits angelaufene Pensionierungswelle bei Hausärzten führen dazu, dass immer mehr Kassenstellen unbesetzt sind.
Kritik des Rechnungshofs
Konkret waren in Österreich laut einer neuer Analyse des Rechnungshofs (RH) Ende 2019 rund 4,6% aller Planstellen für Kassenärzte unbesetzt. Kritik übte der RH nun an der Datenlage: Vermisst wurde eine systematische Erhebung der Bedürfnisse der Patienten, und bei der Umsetzung der Primärversorgungseinrichtungen hapert es laut RH ebenso. Kritik übt er daran, dass der „Österreichische Strukturplan Gesundheit“ zwar für die 35 Versorgungsregionen einen Richtwert zur Ärzteversorgung festlegt. Die Treffgenauigkeit sei jedoch gering, „weil sie regional nicht ausreichend differenziert waren, eine große Bandbreite von plus minus 30 Prozent aufwiesen und auch nicht auf Versorgungszielen basierten“.
Die Planung ließ nach Ansicht der Prüfer auch offen, ob zusätzliche Planstellen nötig waren oder eine höhere Auslastung ausreichte. Der fünfjährige, rollierende Planungszeitraum habe keine Soll-Ist-Vergleiche ermöglicht, die Planung auf Ebene der Versorgungsregionen sei für die Allgemeinmedizin zu unspezifisch gewesen. Verbindliche Versorgungsaufträge seien nicht festgelegt gewesen. „Der Rechnungshof beurteilt die Daten – von Gesundheitsministerium, Krankenversicherungsträgern, Dachverband und Österreichischer Ärztekammer – als nicht geeignet, um das Angebot der ärztlichen Leistung im niedergelassenen Bereich valide zu erfassen“, teilte der RH mit. Der RH erhob deshalb zusammen mit der ÖGK die Daten schließlich selbst. Der RH erkannte an, dass die Gebietskrankenkassen und nun die ÖGK Maßnahmen setzten, um die Stellen attraktiver zu machen, diese seien aber uneinheitlich. „Der Rechnungshof empfiehlt daher der ÖGK, eine Strategie zur Besetzung von Planstellen zu entwickeln, dazu gezielte Maßnahmen (wie die Flexibilisierung von Rahmenbedingungen) vorzusehen und diese nach regionalen Bedürfnissen anzuwenden“, heißt es.
Kassen legen Konzepte vor
Zur Attraktivierung von Kassenarztstellen kann sich die ÖGK vorstellen, eigene Primärversorgungszentren zu betreiben, sagte Obmann Andreas Huss. Er könne sich „sehr gut vorstellen, dass die ÖGK auch eigene Primärversorgungszentren führt, dass wir sozusagen als Unternehmer auftreten und in diesen Zentren auch Ärztinnen und Ärzte anstellen“.
© APA/Hans Punz

Wahlhürde Corona
Die bevorstehenden Wahlen in Oberösterreich bremsen die Corona-Maßnahmen. Regierung kritisiert die FPÖ.
LINZ/WIEN. Experten haben bereits vor zwei Monaten gewarnt, dass die Coronapandemie trotz Impfung nicht vorbei ist und die Infektions- und Hospitalisierungszahlen steigen werden. Für die Regierung galt allerdings, dass man einen „Sommer wie damals“ versprechen und erreichen wollte. Nun sind die Zahlen um ein Vielfaches höher als Anfang September 2020. Aber das Thema spielt, anders als im Vorfeld der Wien-Wahl vor einem Jahr, in der Vorbereitung und im Wahlkampf für die Oberösterreich-Wahlen am 26. September kaum eine Rolle.
Viele Corona-Skeptiker
In Oberösterreich, speziell im Innviertel, gibt es eine große Corona- und Impfskeptiker-Szene. Die FPÖ versucht, mit der impf- und maßnahmenkritischen FPÖLinie einen „Nach-Ibiza“-Absturz wie in Wien zu verhindern. ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer muss sich wiederum in der Hoffnung auf Konsolidierung nach dem Desaster des Jahres 2015 bemühen, damals zur FPÖ gewechselte Wähler zurückzuholen, und auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) fürchtet ein schlechtes Parteiergebnis. So waren von Stelzer – der im Sommer noch die Debatte über ein Ende der Gratistests angestoßen hat – zuletzt keine Forderungen nach Verschärfung mehr zu hören, nur mehr der Verweis auf die Zuständigkeit des Bundes. Eine Impfpflicht, die er im Vorjahr als einer der Ersten gefordert hatte, will Stelzer jetzt nicht mehr.
Auch die Bundesregierung hat es bisher vermieden, die neue Corona-Welle zum Thema zu machen – auch wenn Ärzte, Spitalsverantwortliche, Experten, manche Branchen und die SPÖ lautstark nach Maßnahmen rufen, um einen weiteren Lockdown zu verhindern. VPGesundheitssprecherin Gaby Schwarz nahm stattdessen die FPÖ ins Visier und appellierte, die „parteipolitischen Spielchen zu beenden und mitzuhelfen, die Impfquote zu steigern“.
Sorge vor Wahlbeteiligung
Wird die Corona-Situation noch schlechter, könnte in Oberösterreich die Angst vor einer Ansteckung im Wahllokal die Wahlbeteiligung aber durchaus drücken. Derzeit ist das Land mit 81,6% noch absoluter Spitzenreiter – zumal es 2015 erstmals seit Langem und österreichweit einzigartig sogar einen leichten Zuwachs verzeichnete. (rüm)
Impfdosen sollen künftig pünktlich kommen
EU-Kommission und AstraZeneca beenden Rechtsstreit zu Impfdosen.
LONDON/BRÜSSEL/WIEN. Die EU-Kommission und die Pharmafirma AstraZeneca haben ihren laufenden Rechtsstreit zur Lieferung von Corona-Impfdosen beigelegt. Damit werde die Lieferung von 200 Mio. ausstehenden Dosen bis März 2022 garantiert. Die EU-Kommission hatte Ende April juristische Schritte gegen AstraZeneca eingeleitet. Der britisch-schwedische Hersteller hatte die Lieferungen von Corona-Impfstoff an die Europäische Union in den Monaten zuvor immer wieder einseitig – unter Verweis auf Produktionsprobleme – gekürzt.
70 Prozent in EU geimpft
„Obwohl wir diese Woche den wichtigen Meilenstein der vollständigen Impfung von 70 Prozent der erwachsenen Bevölkerung der EU erreicht haben, gibt es große Unterschiede zwischen den Impfquoten, und die kontinuierliche Verfügbarkeit von Impfstoffen, inklusive von AstraZeneca, bleibt ausschlaggebend“, sagte Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. AstraZenecaVizepräsident Ruud Dobber sagte, er freue sich sehr, „dass wir ein gemeinsames Verständnis erzielen konnten“. (red/ag)
© APA/Helmut Fohringer
Österreich hat besonders viel Impfstoff bei AstraZeneca bestellt.

Demenz
Mit dem Alter steigt das Risiko, an Demenz zu erkranken. Es gibt aber Möglichkeiten zur Vorbeugung.
Die Pflege stößt an ihre Grenzen
Monatsschwerpunkt Demenz – Teil 2 Die Reform der Pflege wird immer dringender, sagt die Caritas.
••• Von Martin Rümmele
WIEN/GENF. Die Caritas drängt auf eine baldige Umsetzung der Pflegereform. Der Personalengpass werde immer akuter, zahlreiche Stellen könnten nicht besetzt werden. Caritas-Präsident Michael Landau forderte daher die Politik am Mittwoch zu Taten auf: „Der Pflegenotstand ist längst Realität. Die Regierung muss jetzt liefern, sonst lässt sie die Menschen im Stich.“
Generalsekretärin Anna Parr wies auf die vielen offenen Stellen im Pflegebereich hin, mehrere Hundert Fachkräfte würden aktuell fehlen. In Niederösterreich müssten deshalb Anfragen für mobile Pflege abgelehnt werden, in Kärnten gebe es Aufnahmestopps in Wohnheimen. Hier müsse man ansetzen, sagte Parr: „Eine Reform steht und fällt mit der Frage nach Fachkräften.“ Caritasdirektor Klaus Schwertner merkte an, dass bis zum Jahr 2030 rund 100.000 neue Pflegekräfte benötigt würden. Das sei eine schlechte Nachricht, es gebe aber auch eine gute: „Das sind sichere Jobs mit Sinn und Zukunft.“ Die Rahmenbedingungen müssten stimmen, die Wertigkeit der Berufe steigen, sagte Schwertner.
Zahlen steigen
Hintergrund ist die demografische Entwicklung und mit ihr die Zunahme von alterbedingten Erkrankungen. Die Zahl der Demenzkranken wird nach einer neuen Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf rasant steigen. Bis 2030 dürften rund 40% mehr Personen weltweit mit Demenz leben als heute.
Die positive Botschaft: Viele Menschen könnten ihr Demenzrisiko deutlich reduzieren, etwa durch einen gesünderen Lebensstil, gute Schulbildung und intakte Sozialkontakte. „Schulbildung baut Hirnreserven auf“, sagte WHO-Expertin Katrin Seeher in Genf. Als Risikofaktoren für Demenz nannte sie Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes, Depressionen und soziale Isolation. Rauchen und Alkohol trinken gehören nach WHOAngaben ebenfalls dazu. Auch ein Schutz des Gehirns, etwa bei bestimmten Aktivitäten Helme tragen, dämme das Risiko von Demenz ein, sagte Seeher. Einer der Hauptgründe für die steigenden Zahlen ist aber die Tatsache, dass Menschen dank besserer Lebensbedingungen deutlich älter werden als frühere Generationen.
Kritik der WHO
Mit dem Alter steigt generell das Risiko nicht übertragbarer Krankheiten, darunter Demenz. „Demenz raubt Millionen Menschen das Gedächtnis, die Unabhängigkeit und die Würde, aber sie raubt uns anderen auch die Menschen, die wir kennen und lieben“, sagte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus. Die meisten Länder seien auf die wachsende Zahl von Demenzkranken nicht genügend vorbereitet, so die WHO. „Die Welt lässt Menschen mit Demenz im Stich“, sagte Tedros.
© APA/AFP/Stefanie Loos
