54 HEALTH ECONOMY: CORONA
Freitag, 5. Februar 2021
medianet.at
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Kritik Die EU wirft der Pharma industrie vor, schuld an Eng pässen zu sein. Die Industrie kritisiert zu späte Bestellungen.
Impfstoffe werden Last für Industrie Wegen des EU-Streits über Liefermengen bei Impfstoffen drohen nun Exportbeschränkungen und Patentlockerungen.
WIEN. Der Streit zwischen der EU und Herstellern von Impfstoffen könnte aufgrund von geringeren Liefermengen nun zum Problem für die Pharmabranche werden. EU-Ratspräsident Charles Michel hat die Aktivierung von EU-Notfallmaßnahmen in den Raum gestellt, um eine Produktion und Versorgung von Impfstoffen in der EU angesichts der zahlreichen Schwierigkeiten mit den Pharmaunternehmen sicherzustellen; Michel brachte den Artikel 122 im Vertrag über die Arbeitsweise der EU ins Spiel. Exportkontrollen Dieser Artikel erlaubt der EU Sondermaßnahmen und „angemessene Maßnahmen“, insbesondere „falls gravierende Schwierigkeiten in der Versorgung mit bestimmten Waren, vor allem im Energiebereich,
auftreten“. Der deutsche GrünEuropaabgeordnete Sven Giegold erklärte das via Twitter so: „Wenn ein Impftstoff-Hersteller selbst die Ausweitung der Produktion nicht leisten kann, sollten wir das Patent freigeben und die Kräfte des Marktes voll auszunutzen. Das geht über Artikel 122 des EU-Vertrags“, schreibt Giegold. Auch Michel sehe dies so, fügte der EU-Abgeordnete hinzu. Aus dem Bundeskanzleramt in Wien hieß es dazu: „Wir unterstützen alle Bemühungen, die zu mehr Verfügbarkeit von Impfstoffen in Europa führen, und daher ist auch dieser Vorschlag zu prüfen.“ Fix sind nun Einschränkungen bei Exporten. Der Verkauf von in der EU produzierten CoronaImpfstoffen in Nicht-EU-Länder wird seit Samstag streng überwacht. Pharmakonzerne, die auch mit der EU Lieferverträge geschlossen haben, müssen nach einer am Freitag der Vor-
woche vorgestellten Verordnung künftig Ausfuhrgenehmigungen beantragen. Wenn Hersteller die EU bei Liefermengen unrechtmäßig benachteiligen, könnten die Genehmigungen dann verweigert werden. „Damit entsteht Transparenz, weil die Hersteller informieren müssen, welche Impfstoffe für den Export bestimmt sind. Gegebenenfalls
Industrie ist besorgt Auf wenig Freude stoßen die Maßnahmen beim Verband der pharmazeutischen Industrie, Pharmig. „Der Arzneimittelbereich ist stark globalisiert. Ein Verbot für Exporte von Impfstoffen aus der EU bedroht globale Lieferketten und gefährdet so die Versorgung mit diesen dringend benötigten Impfstoffen, und zwar überall“, betonte Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog. Andere Länder könnten ihrerseits Handelswege blockieren. Das kann dazu führen, dass Zulieferungen für die Impfstoffherstellung in die EU eingeschränkt werden.
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••• Von Katrin Pfanner
könnten diese auch unterbunden werden. In den USA gibt es bereits vergleichbare Export regelungen“, kommentiert das Gesundheitsministerium.
Die EU-Kommission in Brüssel macht Druck auf die Pharmaindustrie.