DIE ERNÄHRUNG VOLUME 46 | 01.2022

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die ernährung wirtschaft economy

Österreichische Zeitschrift für Wissenschaft, Recht, Technik und Wirtschaft

Volume 46 | 01. 2022

Nachhaltig Kartoffeln veredeln Kreislauf­wirtschaft als Erfolgsmodell Seite 13 © PET to PET Recycling Österreich GmbH

Österreichische Post AG MZ 14Z040109 M SPV Printmedien GmbH, Florianigasse 7/14, 1080 Wien

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Höchste Qualität von der Saat bis zum Öl

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3 inhalt content

inhalt —

Liebe Leserin, lieber Leser,

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Wirtschaft economy 04 Nachhaltig Kartoffeln veredeln 09 Standortfaktor Energie- und Klimapolitik 13 Kreislauf­wirtschaft als Erfolgsmodell 16 Zusammenarbeit wesentlicher Erfolgsfaktor für Industrie 4.0 18 Blockchain für die Lebensmittelindustrie

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Technik technology 20 Lebensmittelverpackungen – Spagat zwischen Schutz und Recycling 22 Anuga FoodTec 2022 24 Worauf bei Oberflächen zu achten ist 28 Check 4.0: Datenmanagement in der Qualitätssicherung 30 Berieselungsautoklaven für die Herstellung nährstoffreicher Konserven 32 Digitalisierung von Shop Floor bis Top Floor

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Wissenschaft science 34 Verarbeitungsgrad im Brennpunkt 37 Mehr Kraft für den energetischen Balanceakt 40 DER ALIMENTARIUS 2021 – Wissenschaftspreis an zwei junge Forscherinnen vergeben 41 Laudatio DI Dr. Lisa Maria Calll 42 Laudatio DI Tamara Rudavský 43 Käsereischädliche Clostridien und deren Eintragswege in die Rohmilch

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diese Ausgabe von DIE ERNÄHRUNG stellt die Kreislaufwirtschaft ins Zentrum. Ein Vorzeigebetrieb aus der Branche ist dabei der Tief­ kühl-Kartoffelspezialist 11er, ein traditionelles Familienunternehmen aus Vorarlberg. Geschäftsführer Thomas Schwarz erklärt, was hinter der firmen­ eigenen Klimaschutzinitiative steckt und wie der Energiekreislauf mit der eigenen Biogasanlage funktioniert. Ein wichtiges Thema sind Standortkriterien für die Klima- und Energiepolitik. Der Experte Oliver Dworak verdeutlicht, warum wir europäische Vorgaben und keine nationalen Sonderwege brauchen. Das gilt für neue Technologien – von Industrie 4.0 bis zur Blockchain – ebenso wie für die 360-Grad-Kreislaufwirtschaft. Bis 2030 sollen alle Kunststoffverpackungen in Europa wiederverwendbar oder recyclefähig sein. Über die Herausforderungen haben wir unter anderem mit ARA-Vorstand Harald Hauke gesprochen. Besonders freue ich mich über die Beiträge unserer ALIMENTARIUSPreisträgerinnen. Ich bin schon gespannt auf die Einreichungen im heurigen Jahr – hoffentlich wieder in hoher Zahl. Zuletzt noch ein Hinweis für alle, die im Frühling wieder aktiv werden wollen: Ein Blick auf die Bewegungspyramide des forum. ernährung heute lohnt sich. So bleiben wir fit!

recht law 47 „Richtiges“ behördliches Strafen im Lebensmittelrecht

12 Impressum

Katharina Koßdorff

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Nachhaltig Kartoffeln veredeln Die Ernährung sprach mit Mag. Thomas Schwarz, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb beim Vorarlberger Tiefkühl-Kartoffelspezialisten 11er, über Regionalität, Nachhaltigkeit und Programme zur Reduktion der CO2-Emissionen, Auswirkungen der Pandemie sowie die Entwicklung der Märkte national und international. oskar wawschinek

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ie Ernährung: Wie erleben Sie die Coronakrise? Welche Auswirkungen hat(te) diese auf die Umsätze? Thomas Schwarz: Die letzten zwei Jahre waren für 11er durchwachsen, und wir waren gefordert, flexibel zu bleiben. Der ständige Wechsel zwischen Lockdowns und Öffnungen der Gastronomie hat uns sehr gefordert, denn immer wieder ist unser fundamentales Standbein der Gastronomie von heute auf morgen komplett weggebrochen. Das spüren wir sehr stark bei unseren Umsätzen und der Produktionsplanung. Zudem sind wir als Lebensmittelhersteller gezwungen, die kontrahierten Kartoffeln einer Ernte abzunehmen und zu verarbeiten, was eine große Herausforderung ist, wenn sich die Absatzkanäle so plötzlich verschieben und der Umsatz geringer wird. Durch die Komplettschließungen der Gastronomie erlebte der Absatz im Einzelhandel zwar einen Aufschwung, von dem wir natürlich mit profitierten. Ein kompletter Ausgleich zwischen Einzelhandel und Gastronomie war allerdings nicht möglich.

Was sich durch die Pandemie in den letzten Monaten sehr stark verändert hat, ist der Rohstoffmarkt und dessen Preise. Durch die weltweiten Verwerfungen der Wirtschaft aufgrund der Pandemie gibt es aktuell in vielen Bereichen sehr starke Preissteigerungen. Dies betrifft sämtliche Rohstoffe wie Lebensmittel, Verpackungsmaterialien, Lagerflächen, Energie, Transporte etc. und somit auch die Produktpreise. Auch ist es für manche unserer Kunden momentan schwierig bis fast unmöglich, den Bedarf und die Nachfrage zu planen. Das führt dazu, dass wir als Lieferant sehr kurzfristig und flexibel reagieren müssen, um nicht zu viel und auch nicht zu wenig Ware am Lager zu haben. Trotz allem ist unser Anspruch, so effizient wie möglich zu produzieren und die Bedürfnisse unserer Kunden zu bedienen. Diese Situation und Herausforderungen betreffen derzeit aber fast alle Unternehmen.

Wie haben Sie beim Produktportfolio reagiert? Wird in Österreich anders oder mehr zuhause gekocht? Schwarz: Durch die Komplettschließung der Gastronomie wurde deutlich mehr zu Hause gegessen, was sich im Anstieg bei der Nachfrage von Tiefkühlprodukten widerspiegelt. Denn der große Vorteil bei Tiefkühlprodukten ist: Sie eignen sich ideal für die Bevorratung zu Hause für einen späteren Verzehr und die Menge kann nach Bedarf portionsweise entnommen werden. Tiefkühlen ist zudem eine natürliche Art der Haltbarmachung von Produkten, so ist bei 11er der Großteil des Sortiments frei von Konservierungsstoffen – was der Natürlichkeit unserer Produkte zugutekommt und somit für viele Konsumenten auch ein Kaufargument darstellt. Vorteil der Tiefkühlung in der Gastronomie ist, dass die 11er Kartoffelspezialitäten

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11er Geschäftsführer Dr. Clemens Grabher und Mag. Thomas Schwarz (v.l.n.r.) vor der 11er Biogasanlage

bei einer kurzfristigen Schließung der Restaurants haltbar sind und später ohne Qualitätsverlust verarbeitet werden können. Wie entwickelt sich der Markt insgesamt – in Österreich und international? Schwarz: Im Jahr 2020 und auch 2021 waren der gesamte Foodservice und Außerhauskonsum stark betroffen. Das war für unser diesbezügliches Sortiment ein harter Schlag. Wir sehen aber auch, dass sich die Menschen danach sehnen, wieder auswärts Essen zu gehen. Das bedeutet, dass sich dieses Marktsegment nun Schritt für Schritt wieder erholt. Eine Planbarkeit gibt es aktuell aber nur schwer, da sich die Situation laufend ändert und es neue Regelungen gibt. Dies betrifft den österreichischen Markt wie auch alle anderen Märkte in Europa und teils weltweit, wo 11er tätig ist. Der gestiegene Heimkonsum brachte im Einzelhandel einen Aufschwung. Beim Start des Corona-Lockdowns und den damit verbundenen Hamsterkäufen war im Einzelhandel 2020 kurzzeitig ein massiver Anstieg bei der Nachfrage von Tiefkühlprodukten zu verzeichnen. Das Einkaufsverhalten im Lebensmitteleinzelhandel normalisierte sich nach kurzer Zeit wieder, blieb

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Welche Bedeutung hat für Ihr Unternehmen der Export? Schwarz: Der Exportanteil von 11er liegt aktuell bei 67 %. Hauptabsatzmärkte im Export sind unsere Nachbarländer Italien und Deutschland, wir liefern aber auch in fast alle anderen Länder Europas Welcher Teil Ihrer Produktpalette ent- – was durch die geographische Nähe eine wickelt sich besonders dynamisch? logische Konsequenz ist. Erste Versuche Schwarz: Als Röstispezialist legen und positive Geschäftsbeziehungen gibt es wir unseren Fokus auf unsere 11er Rösti­ auch nach Nahost und Asien. Diese Länder spezialitäten in unterschiedlichen For- legen großen Wert auf qualitativ hochwermen und Geschmacksrichtungen. Unser tige Produkte und Lebensmittel, die in ÖsTopseller im 11er Produktsortiment ist terreich hergestellt werden und sind auch das klassische 11er Knusper Rösti wie bereit, für qualitativ hochstehende Produkhausgemacht. Das goldgelbe Kartoffel-­ te zu bezahlen. Rösti von 11er schmeckt nicht nur wie hausgemacht, es sieht auch so aus. Aber Sie haben mit dem 11er Genuss Bus, der natürlich produzieren wir in Österreich Kartoffelspezialitäten als Streetfood pränebst unseren knusprigen Röstivarianten sentiert, Preise in Österreich und auch inqualitativ beste Pommes und feinste Kro- ternational gewonnen. Welche Bedeutung ketten in vielen Sorten und runden unser hat diese Aktivität insgesamt? TK-Sortiment mit Gemüse, Teigwaren, Schwarz: Dieses Jahr feiert unser 11er Ölen und Fleischprodukten ab. Unsere Genuss Bus bereits sein 5-Jahr-Jubiläum Hauptkompetenz liegt aber ganz klar bei und er hat in diesen fünf Jahren schon der Herstellung von TK-Kartoffelspezi- eine ganze Menge erlebt und erreicht: alitäten. Da ist 11er qualitativ top, und Zahlreiche Streetfood-Festivals, tolle Gedurch unsere Flexibilität punkten wir da nuss-Events, Gewinner beim Austrian Street Food Award als „Bester Food Truck bei unseren Kunden.

aber seither auf einem deutlich erhöhten Niveau. 11er konnte im Einzelhandel entsprechend mitwachsen und die Marktanteile auf konstantem Niveau halten. Auch hier ist die Situation in Österreich mit den meisten europäischen Ländern vergleichbar.

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Österreichs“ 2019 und im selben Jahr Sieger beim European Street Food Award in Malmö in der Kategorie „Best Vegetarian“. Ganz nach dem Motto „11er auf die Zunge zu bringen“ haben wir den 11er Food­truck vor 5 Jahren aus der Taufe gehoben. Denn wir waren uns einig: um sich von der Qualität unserer 11er Kartoffelspezialitäten zu überzeugen und davon begeistert zu sein, führt kein Weg daran vorbei, die 11er Produkte selbst zu probieren. Zudem ist der 11er Genuss Bus ein direktes Sprachrohr zu unserer Community und ein attraktives Marketing Tool für zahlreiche Kunden-Events und Veranstaltungen – nicht zu vergessen, auch für die 11er Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Welchen Stellenwert hat für Sie Innovation? Wo sehen Sie die größten Potentiale? Schwarz: 11er ist bekannt für seine tüftlerische und wendige Art. Als relativ kleiner Player im Wettbewerb mit den großen Giganten im TK-Kartoffel-Sektor waren wir schon immer gezwungen, mit Produktneuheiten und Nischenpro-

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dukten zu punkten. Mittlerweile haben wir uns auf Spezialprodukte fokussiert, entwickeln und produzieren Produkte, die nicht so einfach herzustellen und nachmachbar sind. Das hat uns zu einem der führenden TK-Kartoffelspezialitätenhersteller Europas gemacht. Diese Kartoffelkompetenz haben wir über Jahrzehnte entwickelt und wir sind Vorreiter bei zahlreichen Produktinnovationen in der Branche. In der Gastronomie stehen Zeit- und Personalmangel meist an der Tagesordnung. Dennoch erwarten die Gäste eine hohe Qualität der Produkte. Ganz nach dem Motto „von Profis – für Profis“ ist unsere Mission bei 11er, außergewöhnliche Kartoffelspezialitäten aus Österreich in höchs-

ter Qualität für die Gastronomie herzustellen. Worauf sich die Kunden von 11er verlassen können: eine gleichbleibende hochwertige Produktqualität, Rezepturen und eine Optik wie hausgemacht, regionale Zutaten, einen zuverlässigen Partner und die österreichische Wertschöpfung. Zudem ist ein Großteil der 11er Produkte frei von Konservierungsstoffen. Gerade im Zusammenhang mit Lebensmitteln steht verstärkt das Thema Nachhaltigkeit im Mittelpunkt. Sie haben eine „11er Klimaschutzinitiative“ gestartet. Welche konkreten Maßnahmen setzen Sie? Schwarz: Nachhaltigkeit ist schon lange nicht mehr nur ein Trend in der Gesellschaft, sondern viel mehr eine bewusste Lebenseinstellung. Wir bei 11er können mit Stolz sagen, dass unser Unternehmen alle Produkte bereits seit 2015 zu 100 Prozent klimaneutral produziert – vom Acker bis in das Tiefkühlregal des Lebensmittelhandels. Dies gelingt uns durch aktives Handeln und die stetigen Anstrengungen zur Reduktion und Vermeidung unserer CO2-Emissionen. Im Zeitraum von 2015 bis 2020 konnten wir den CO2-Ausstoß pro kg verarbeitete Kartoffel durch gezielte Maßnahmen bereits um 17,4% senken. Um dies zu erreichen, werden zum Beispiel sämtliche Reststoffe der 11er Kartoffelspezialitäten aus der Produktion wie bspw. Kartoffelschalen in der eigenen Biogasanlage zu wertvollem Biogas in Treibstoffqualität verwertet. Die eigene Biogas-Tankstelle am 11er Firmengelände ermöglicht es unserem Familienunternehmen, unsere LKWs für die Kartoffelanlieferung mit diesem Gas zu betanken. So fahren sich die 11er Kartoffeln quasi selbst vom Acker in unsere Produktionsstätte. Weitere Maßnahmen im Sinne der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes sind die 100% Verwendung von Grünstrom, eine Wärmerückgewinnungsanlage sowie eine eigene PV-Anlage am Dach des 11er Tiefkühlhauses, mit der wir die durch Sonne gewonnene Energie für die Tiefkühlung unserer Produkte verwenden. Was ist die 4-Elemente Strategie? Schwarz: Die 4-Elemente-Strategie ist ein Teil unserer 11er Klimaschutz­ initiative, bei der die Vermeidung, Reduktion und der Ausgleich von CO2-Emissionen im Vordergrund steht. Ohne die 4 Elemente Luft, Wasser,

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Auch einen Energiekreislauf haben Sie entwickelt. Wie sieht das konkret aus? Schwarz: Mit der 2017 neu errichteten Biogasanlage haben wir einen Meilenstein in Richtung Energie-Kreislaufwirtschaft und CO2-Neutralität gesetzt. Sämtliche biogenen Reststoffe aus unserer Produktion wie z. B. Kartoffelschalen werden in der 11er Biogas Anlage zu wertvollem Biogas in Erdgasqualität umgewandelt. Nicht nur LKWs, auch einige unserer Stapler und Firmenfahrzeuge werden mit Biogas betrieben. Dadurch werden rund 3.300 Tonnen CO2 im Jahr eingespart. Welchen Aspekt von Nachhaltigkeit halten Sie persönlich für besonders wichtig? Schwarz: Nachhaltigkeit ist derzeit mehr denn je in aller Munde. Bei 11er wurde der Grundstein für eine nachhaltige und umweltbewusste Ausrichtung bereits in den 80er Jahren mit dem Bau der ersten Biogasanlage gelegt. Bei all unserem Tun und Handeln in Richtung Nachhaltigkeit ist uns besonders wichtig, dass unsere Aktivitäten einen tatsächlichen Nutzen für den Umweltschutz haben und wir kein Green­ washing betreiben, nur um ein grünes Image nach außen zu haben. Wenn wir Maßnahmen setzen, tun wir das, weil wir davon überzeugt sind, dass sie längerfristig einen Mehrwert bringen. Klimaschutz ist ein Thema, zu dem wir aktuell viel beitragen können, und dies steht auch ganz oben auf unserer Liste. Nachhaltigkeit geht aber über Klimaschutz (und Ökologie) hinaus. Auch wirtschaftliche Nachhaltigkeit und sozi-

person

Zur Person — Biographie Mag. Thomas Schwarz (50) absolvierte 1991 die Handelsakademie Bregenz und war danach 1 Jahr reisend in den USA unterwegs. Im Anschluss studierte er in Innsbruck und Madrid Internationale Wirtschaftswissenschaften und absolvierte beim Vorarlberger Kinderdorf seinen Zivildienst. 1999 startete er seine Karriere bei Rauch Fruchtsäfte als Trainee und konnte dort den neu entstehenden Convenience Vertrieb (Tankstellen, Bäckereien, etc.) aufbauen und etablieren. Es folgte die Funktion als Verkaufsleiter für Österreich. Im Anschluss war er für die Verhandlungen der internationalen Kundenverträge sowie die interne Abstimmung dieser mit den internationalen Rauch Niederlassungen zuständig. In diesen Funktionen konnte er reichlich Erfahrung in der Lebensmittelindustrie sammeln.

ale Nachhaltigkeit sind Felder, in denen wir uns immer wieder herausfordern und versuchen, uns als Unternehmen, Arbeitgeber und Lieferant von wertvollen Lebensmitteln zu verbessern. Wie sehen Sie die zunehmenden Ansätze zur Regulierung von Lebensbereichen, speziell im Hinblick auf Lebensmittel (z. B. Stichworte Besteuerung von Zucker, Fett und Salz)? Schwarz: Es ist sicher ein erstrebenswertes Ziel, die Ernährungsgewohnheiten der Bevölkerung positiv zu beeinflussen und gewisse Inhaltsstoffe im Auge zu behalten. Grundsätzlich ist dies jedoch ein diffiziles Thema, da es am Ende des Tages nicht ganz trivial ist. Es ist unseres Erachtens allgemeiner Konsens, dass grundsätzlich eine ausgewogene Ernährung und körperliche Aktivität dem Wohlbefinden und der Gesundheit zuträglich sind. Ob eine Besteuerung von gewissen Inhaltsstoffen zielführend ist, sollte genau geprüft werden. Als Hersteller von Lebensmitteln

© Studio Fasching

Feuer in Form von Energie und Erde gäbe es keine Kartoffeln. Deswegen haben wir uns für all jene CO2-Emissionen, die aktuell nicht vermeidbar sind, für den CO2-Ausgleich nach diesen 4-Elementen entschieden. Hier werden anerkannte CO2-Emissionszertifikate für die 4 Elemente angekauft. So unterstützen wir aktuell beispielsweise Windkraftprojekte als erneuerbare Energiequelle in Taiwan, Projekte zur nachhaltigen Stromproduktion durch Wasserkraft in Indien, ein Projekt in China, bei dem durch die Verbreitung von Biogasfermentern und Biogasherden der CO2-Ausstoß verringert wird sowie ein Waldschutzprojekt in Brasilien.

2014 wechselte er nach 15 Jahren in der Getränkeindustrie zum Vorarlberger Tiefkühl-Kartoffelspezialisten 11er, bei dem er seit 2015 als Geschäftsführer Marketing und Vertrieb tätig ist. Im Jahr 2020 wurde er ehrenamtlich in den Vorstand der Industriellenvereinigung Vorarlberg gewählt.

stellen wir uns dieser Herausforderung und versuchen laufend unsere Produkte zu optimieren. Was in diesem Zusammenhang jedoch nicht vergessen werden darf, ist die Komplexität der ganzen Sache. Schließlich reicht es nicht, nur die Werte zu optimieren, es muss all das auch in den Deklarationen auf den Verpackungen abgebildet werden. Und das dauert, da Packstoffe aufgebraucht werden müssen, um sie nicht ungenutzt zu entsorgen. In Summe eine leicht scheinende Sache, im Detail am Ende jedoch sehr komplex. Zudem muss auch gesagt werden, dass insbesondere Zucker und Fett wichtige Geschmacksträger in Lebensmitteln sind. Hier gilt es, eine ausgewogene Lösung zu finden. In diesem Zusammenhang ist oft von Werbeverboten für höher verarbeitete Produkte die Rede. Wie stehen Sie dazu? Schwarz: Grundsätzlich erachte ich Verbote zumeist nicht für das beste Mittel. Aufklärung könnte hier Abhilfe schaffen. Im Bereich der Bewerbung für

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© 11er Austria

11er Firmengelände

Kinder gibt es meines Wissens schon klare Regeln. Generelle Verbote erachten wir nicht für erstrebenswert. Die österreichische Politik plant eine rein nationale Herkunftskennzeichnung. Sie betreiben ein „Genuss Lädile“ und sind Träger des AMA-Gütesiegels. Wo kommen Ihre Rohstoffe her und wie stehen Sie zu solchen Vorhaben generell? Schwarz: Wir bei 11er legen sehr großen Wert auf Regionalität und kurze Transportwege. Mit Sitz in Vorarlberg im Dreiländereck ist es naheliegend, dass wir einen Großteil unseres Hauptrohstoffs Kartoffel neben den Anbaugebieten in Österreich entlang der Donau und der March aus Süd-

deutschland beziehen. Die Transportwege sind deutlich kürzer und dadurch auch nachhaltiger. Zudem versuchen wir, alle anderen Rohstoffe aus der möglichst näheren Umgebung zu beziehen. Damit stärken wir die heimische Wirtschaft und Reduzieren unsere CO2-Emissionen so gut wie möglich. Die geplante nationale Herkunftskennzeichnung würde ich eher unter das Thema Goldplating stellen. Dies ist für kleine Hersteller sicher einfacher umzusetzen. In Österreich gibt es aber viele international erfolgreiche Unternehmen, die mit ihren Qualitätsprodukten punkten können. Wenn hier Österreich einen nicht EU-weit akkordierten Sonderweg geht, stellt das

about

Zum Unternehmen —

11er – Der Kartoffelspezialist aus Österreich Das moderne Familienunternehmen im Westen Österreichs mit Sitz in Frastanz/Nenzing wurde schon 1941 von Wilhelm Grabher gegründet. Aus einem kleinen fahrenden Gemüsehandel, der die Küchen der umliegenden Dörfer mit frischem Obst und Gemüse belieferte, wurde bis heute ein Kartoffelspezialitäten-Hersteller, der auf die Herstellung und den Vertrieb von außergewöhnlichen tiefgekühlten Kartoffelspezialitäten spezialisiert ist. Die Produktion von Sauerkraut, die in den 1970er Jahren bestimmend war, wurde zugunsten der Kartoffelverarbeitung aufgegeben. Leitgedanke war immer gutes Essen und die Überzeugung, dass es „wie hausgemacht“ am besten schmeckt. Gerade in der Produktentwicklung wird in diesem Sinne jeden Tag an Produkten und Rezepturen gearbeitet,

um diese Positionierung zu behaupten. Die Produktpalette reicht von Pommes über Kroketten bis zu Rösti und anderen Kreationen. Der Umsatz der 11er Gruppe mit rund 360 Mitarbeiter:innen lag im Jahr 2020 bei € 88 Mio., der Exportanteil bei ca. 67 %. Schwerpunkt Nachhaltigkeit: Die 11er Photovoltaik-Anlage liefert rund 500 kWP Nennleistung und wird zu 100 % im eigenen Unternehmen genutzt. Die Leistung entspricht dem Durchschnittsbedarf von ~110 Haushalten. Das Unternehmen ist sehr aktiv: Projektpartner klimaaktiv, Mitglied UN Global Compact, Mitglied Klimaneutralitätsbündnis 2025 – neu Turn to Zero, 2015 Gründung einer eigenen 11er Klimaschutzinitiative entlang der gesamten Wertschöpfungskette und seither 100% klimaneutral (durch Vermeiden, Reduzieren und Ausgleichen von CO2). www.11er.at

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genau diese international tätigen Unternehmen vor große Herausforderungen, da Verpackungen oftmals sinnvollerweise international genutzt werden. Es sollte das Ziel sein, die hochqualitativen österreichischen Lebensmittel in Übereinstimmung mit EURecht zu vermarkten und kein Goldplating zu betreiben. Wie zufrieden sind Sie generell mit dem Standort Österreich? Schwarz: Im Herzen Europas zeigt sich Österreich als wirtschaftlich starker Wirtschaftsstandort für uns als Lebensmittelproduzent. Gerade auch österreichische Lebensmittel haben international einen großen Stellenwert und sind gefragt. So gesehen freuen wir uns, in Österreich ansässig zu sein. Ein Thema, das die österreichische Politik schon oft in den Mund genommen hat, wo es aber noch viel Luft nach oben gibt, ist die Entbürokratisierung. Hier könnte die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Unternehmen noch einmal nachhaltig gestärkt werden. Unter dem Strich sind wir jedoch glücklich, in Österreich tätig zu sein! Welche Wünsche hätten Sie an die Bundesregierung? Schwarz: Die Entbürokratisierung habe ich schon genannt. Des Weiteren wäre insbesondere mit Hinsicht auf den Green Deal der EU und die wichtigen Ziele zur Entkarbonisierung eine Planbarkeit wünschenswert. Es sollte also nicht nur geplant werden, in welchem Ausmaß die CO2-Emissionen bis wann reduziert werden müssen. Es muss den Unternehmen auch ein verbindlicher Fahrplan an die Hand gegeben werden, wie das erreicht werden soll und kann. Und das Ganze muss europaweit abgestimmt sein, damit die Wettbewerbsfähigkeit nicht leidet. Damit können Unternehmen schon frühzeitig Investitionen planen und die richtigen Entscheidungen treffen. Ohne klaren Fahrplan besteht die Gefahr, dass man falsche Entscheidungen trifft und aufs falsche Pferd setzt. Was ist Ihr Lieblingsessen? Schwarz: Vorarlberger Käsknöpfle (oder Kässpätzle) – die kann man übrigens statt mit Spätzle auch mit 11er Rösti-Kartoffeln machen – einfach und gut!


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Standortfaktor Energie- und Klimapolitik Die Industrie braucht am Weg in Richtung Klimaneutralität einen wettbewerbsfähigen europäischen Rechtsrahmen ohne zusätzliche nationale Belastungen. Oliver Dworak

Versorgungssicherheit und wettbewerbsfähige Energiepreise gewährleisten Voraussetzung für die Transformation der Industrie in Richtung Klimaneutralität ist Energie-Versorgungssicherheit zu wettbewerbsfähigen Preisen. Dies

© Wirtschaftskammer Österreich

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ie österreichische Industrie unterstützt die Ziele des Pariser Klimavertrags und des EU Green Deals, die negativen Auswirkungen des Klimawandels engagiert auf globaler Ebene zu bekämpfen. Die Umsetzung der EU-Ziele für 2030 (Senkung der Treibhausgasreduktionen um mindestens 55 %) und 2050 (Klimaneutralität – Net Zero) stellt für den Standort Österreich und die hier tätigen Unternehmen eine gewaltige Herausforderung dar. Diese wird durch die politischen Vorgaben des aktuellen Regierungsprogramms – 100 % Strom aus erneuerbaren Energien bis 2030 und Klimaneutralität bereits bis 2040 – verschärft. Nur wenn die Industriebetriebe während dieser umfassenden Transformation erfolgreich wirtschaften und international wettbewerbsfähig bleiben, können sie in neue Technologien investieren sowie Arbeitsplätze und Wohlstand sichern.

Oliver Dworak

betrifft neben Strom, auf den die Industrie mit zunehmender Elektrifizierung der Prozesse immer stärker angewiesen ist, auch Gas. Mit dem verstärkten Einsatz von erneuerbarem Strom und grünem Gas inkl. Wasserstoff wird die Industrie wesentliche Beiträge zur Dekarbonisierung leisten. Mittel- und langfristig wird der Ausbau der Erneuerbaren kostendämpfend wirken. Aktuell gefährden aber die massiv gestiegenen Energiepreise neue Investitionen. Die Bundesregierung hat sich auf Druck der Wirtschaft bereits Ende 2021 auf das Aussetzen des Erneuerba-

ren-Förderbeitrags und der Erneuerbaren-Förderpauschale verständigt. Nun müssen weitere Entlastungsmaßnahmen gesetzt werden, wie insbesondere die im Regierungsprogramm verankerte Umsetzung der Strompreiskompensation gemäß EU-ETS-Richtlinie, die Schaffung von Anreizen zu flexiblem Abnahmeverhalten in den Netztarifen und die Ausweitung der unterjährigen Vergütung der Energieabgaben. Durch verbesserte Teilnahmemöglichkeit von Industrieanlagen an der Netzreserve kann die Versorgungssicherheit und Netzstabilität gestärkt werden.

Raschen Zugang zu klimafreundlichen Energien schaffen Die Transformation der Industrie erfordert den Zugang zu riesigen Mengen erneuerbarer Energie, insbesondere Strom und Wasserstoff, zu wettbewerbsfähigen Kosten. Ebenso wichtig wie die Erzeugung ist der Auf- bzw. Ausbau der erforderlichen Infrastruktur (Netze, Speicheranlagen, grüngas- bzw. wasserstofftaugliche Gasleitungen usw.). Um Versorgungs­sicherheit und Netzstabilität gewährleisten zu können und erneu-

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erbare Energie rasch für relevante Anwendungen verfügbar zu machen, ist es zwingend notwendig, die Rechtssicherheit für Investoren zu stärken und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Genehmigungsverfahren müssen rasch und effizient durchgeführt werden. Dazu bedarf es vor allem auch Änderungen im UVP-Gesetz, die von der WKÖ bereits erarbeitet wurden und zeitnahe umzusetzen sind. Auch Technologieoffenheit ist ein Gebot der Stunde. Solange grünes Gas und Wasserstoff nicht in ausreichenden Mengen und zu bezahlbaren Kosten für den breiten Einsatz in der Industrie zur Verfügung stehen, kommt Erdgas eine entscheidende Rolle zu – sein Einsatz darf daher nicht voreilig eingeschränkt werden.

Wasserstoffhochlauf vorantreiben Zentraler Baustein der Energiewende in der Industrie ist der Einsatz von erneuerbarem bzw. CO2-neutralem Wasserstoff zur Dekarbonisierung der Produktionsprozesse. Die dafür notwendigen Investitionen erfordern die gesicherte Verfügbarkeit von Wasserstoff durch kosteneffiziente Kombination von nationalem Markthochlauf und Import entsprechender Mengen durch Anschluss an transnationale Wasserstoffnetze. Die nationale Wasserstoffstrategie ist rasch zu finalisieren. Im Einklang mit EU-Vorgaben muss ein Rechtsrahmen erarbeitet werden, der Planungs- und Investitionssicherheit gibt. Der Ausund Umbau der erforderlichen (Gas-) Infrastruktur muss insbesondere in regionaler Nähe zu industriellen Transformationsprojekten unterstützt werden. Gleichzeitig müssen internationale Wasserstoff-Partnerschaften aufgebaut werden.

Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit stärken Europa und Österreich müssen auch mit dem neuen EU-2030-Ziel von -55% wettbewerbsfähig bleiben. Die Industrie darf nicht aufgrund neuer Kostenbelastungen durch ungleichen

internationalen Wettbewerb aus dem Markt gedrängt werden. Vor dem Hintergrund des im Regierungsprogramm formulierten Ziels der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Österreich unterstützt die BSI Initiativen der Bundesregierung zur Schaffung einer international einheitlichen, verbindlichen CO2-Bepreisung. Dies muss in einem ersten Schritt in den nächsten fünf Jahren erfolgen (UN, OECD, WTO, G20). Dazu ist es notwendig, die Bemühungen zur Implementierung eines Klima-Clubs der relevanten Wirtschaftsräume zu verstärken. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass die benchmark-basierte freie Zuteilung im Rahmen des EU-Emissionshandels zum Erhalt der Rechts- und Investitionssicherheit der Betriebe uneingeschränkt bis mindestens 2030 weiterläuft. Ein vorerst probeweise implementierter CO2-Grenzausgleich (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM) kann ergänzend für verbesserete Kostenwahrheit am EU-Binnenmarkt sorgen. Für Österreich als exportorientiertes Land ist es aber unverzichtbar, dass Exporte in Drittstaaten, die nicht von einem EU-CBAM umfasst wären, durch verstärkten Carbon-Leakage-Schutz wettbewerbsfähig bleiben. Die CO2-Bepreisung auf nationaler Ebene darf zu keinen zusätzlichen Belastungen für die Betriebe führen.

Zielerreichung durch Rechtsrahmen und Instrumentenmix unterstützen Wie aktuelle Studien zeigen, sind die Reduktionspotenziale der Industrie durch den Einsatz innovativer Technologien und den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energie erheblich. Um bereits vorliegende Investitionspläne und -projekte umzusetzen, muss rasch der fehlende Rechtsrahmen geschaffen werden. Dabei ist zu beachten, dass das nationale Ziel „Klimaneutralität 2040“ aus rechtlicher Perspektive nur für die Sektoren außerhalb des EU-Emissionshandels gilt. Die ver-

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fassungsrechtliche Verankerung im Konnex mit den Zielen und Inhalten des Klimaschutzgesetzes untergräbt den standortpolitischen Handlungsspielraum und wird abgelehnt. Die Umsetzung von Potenzialen der Kreislaufwirtschaft (z. B. verstärkte Abwärmenutzung, Einsatz von Sekundärrohstoffen, CO2-Technologien (CCU, CCS) muss unterstützt werden. Teil eines zukunftsfähigen Instrumentenmixes sind Regelungen für das Marktdesign von grünem Gas und Wasserstoff sowie Bestimmungen für Projekte zur Abscheidung, Verarbeitung und Speicherung von CO2. Dabei müssen Vorgaben auf EU-Ebene ebenso berücksichtigt werden wie die Weiterentwicklung nationaler Regelungen. Voraussetzung dafür ist die rasche Finalisierung der Wasserstoffstrategie und die Erarbeitung einer CCUS-Strategie zur Erreichung der Klimaneutralität. Die Nutzung industrieller Abwärme muss durch entsprechende Anreize unterstützt werden. Weiters muss die Taxonomie-Verordnung im Sinne nachhaltiger Finanzierung Kriterien festlegen, die den Wandel der Unternehmen zur Klimaneutralität ermöglichen und die dafür erforderliche Finanzierung fördern. Essenzielle Tätigkeiten dürfen nicht durch unerfüllbare Kriterien ausgeschlossen werden.

Förderrahmen für Klimaneutralität ausbauen Die Industrie verfolgt das Ziel, möglichst rasch CO2-frei zu produzieren. Der Technologiewechsel zu CO2-armen und perspektivisch klimaneutralen Verfahren ist jedoch mit umfangreichen Investitionen der Unternehmen über viele Jahre verbunden. Dafür sind sowohl angemessene Anschubfinanzierungen für Neuinvestitionen (CAPEX) als auch laufende Unterstützung für deutlich höhere Betriebskosten (OPEX) zwingend notwendig. Der entsprechende Förderrahmen muss Spielräume des EU-Beihilfenrechts nutzen, z. B. für energieintensive Betriebe. Er muss Förderungen als


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nationale Hebelwirkung für EU-Förderprogramme (z. B. ETS Innovation Fund, IPCEI) bereitstellen. Entsprechend dem Ministerratsvortrag vom 18.11.2020 und dem Nationalen Reformprogramm 2021 ist ein nationaler Transformationsfonds rechtlich zu verankern und zu dotieren, um im internationalen Wettbewerb stehende, emissionsintensive Unternehmen zu unterstützen.

Ökosoziale Steuerreform investitionsfreundlich und technologieoffen ausgestalten Die Bundesregierung hat sich im Regierungsprogramm die Umsetzung einer Ökosozialen Steuerreform vorgenommen. Dabei sollen klimaschädliche Emissionen aufkommensneutral bepreist sowie Private und Unternehmen entlastet werden. Als wesentliche Maßnahme wird eine nationale CO2-Bepreisung in Form eines Emissionszertifikatehandelsgesetzes vorgeschlagen. Ziel muss aber eine EU-weit einheitliche Regelung sein. Industrieanlagen, die dem EU ETS unterliegen, dürfen nicht unter die nationale Regelung fallen. Für Non-ETS-Anlagen sind umfassende Kompensations- bzw. Härtefallregelungen vorzusehen. Es darf zu keiner Verschärfung gegenüber den deutschen Regelung kommen. Entlastungen dürfen nicht durch zu knappe Budget-Obergrenzen eingeschränkt werden.

Klimaschutzverträge als Schlüsselelement evaluieren Klimafreundliche Produkte sind durch die hohen energie- und klimaschutz. B.edingten Zusatzkosten derzeit nicht international wettbewerbsfähig. Deshalb sind projektbasierte Klimaschutzverträge (CO2-Differenzverträge, Carbon Contracts for Difference) bei Investitionsprojekten für CO2-arme Verfahren und Produkte zur Absicherung gegen Markt- und Kostenrisken ein entscheidender Anreiz, um die Mehrkosten im laufenden Betrieb auszugleichen. Je

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schneller Leitmärkte für klimaneutrale Grundstoffe geschaffen werden und der Hochlauf „grüner“ Industrieprodukte gelingt, umso besser wird der Standort Österreich im internationalen Wettbewerb gestärkt. Vor dem Hintergrund der ambitionierten nationalen Klimaziele soll der Einsatz innovativer Förderinstrumente wie insbesondere von CO2-Differenzverträgen im Rahmen eines Pilotprojekts evaluiert werden, um den raschen Einsatz klimafreundlicher Verfahren in der Industrie zu unterstützen. Im Hinblick auf die neuen EU-Klima-, Energie- und Umweltbeihilfe-Leitlinien (CEEAG) sind entsprechende Handlungsspielräume auf nationaler Ebene bestmöglich auszunützen. Entsprechende Entwicklungen in Deutschland können wertvollen Input geben.

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Energieeffizienzgesetz praxisnahe verbessern Unternehmen haben wirtschaftlich nutz. B.are Potenziale zur laufenden Verbesserung der Energieeffizienz über viele Jahre und Jahrzehnte weitgehend ausgeschöpft. Die Verpflichtung zur Umsetzung weiterer Maßnahmen ohne Rücksicht auf praxiskonforme Investitionszyklen und auf unverhältnismäßige Kosten schwächt die Wettbewerbsposition im EU-Binnenmarkt sowie zu Mitbewerbern außerhalb der EU. Der neue Energieeffizienz-Rechtsrahmen muss wettbewerbsfähige Planungen ermöglichen. So müssen bereits erzielte und weiterhin wirksame Verbesserungen in der neuen Verpflichtungsperiode anrechenbar sein.

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Der verstärkte Einsatz strategischer Maßnahmen wie insbesondere steuerlicher Anreize und technologieoffener Förderungen ist der Ausweitung des Verpflichtungssystems vorzuziehen. Energieeffizienz-Verbesserungen müssen auch bei effizienter Nutzung fossiler Ressourcen anrechenbar sein. Auch Maßnahmen, deren Umsetzung durch Förderungen unterstützt wird, müssen berücksichtigt werden. Die Bindung der freien Zuteilung im EU ETS an Vorgaben der EU-Energieeffizienz-Richtlinie wird abgelehnt.

Dem EU-Klimapaket eine industriepolitische Perspektive geben Europa steht vor der Jahrhundertaufgabe, der Welt zu beweisen, dass ein klimaneutraler Industriekontinent möglich ist. Die EU-Kommission zeigt mit dem Paket „Fit for 55“ einen Fahrplan für Europas Weg zur Klimaneutralität bis 2050 auf. Wir vermissen aber Antworten auf zentrale Fragen zum Erhalt der

Wettbewerbsfähigkeit des Industrie- und Innovationsstandorts Europa. Damit der EU Green Deal eine echte Wachstumsstrategie werden kann, braucht die Industrie stärkere Rückendeckung im globalen Rennen um beste Klimaschutzlösungen, insbesondere durch Engagement der EU für einen international einheitlichen Ansatz einer verbindlichen CO2-Bepreisung. Wie auch die COP 26 in Glasgow gezeigt hat, hilft ein weiterer europäischer Alleingang beim Klimaschutz dem Weltklima nicht. Die EU muss sich daher stärker als bisher für ein weltweites Level Playing Field einsetzen. Massive Schäden an der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie durch die weitere Verschärfung bereits ambitionierter Vorgaben dürfen nicht mit einem Schulterzucken in Kauf genommen werden. Die EU braucht eine schlüssige Antwort auf die dramatische Veränderung der internationalen Wertschöpfungsketten, von analogen Produkten hin zu digitalen Plattformen. Die zunehmend spürbaren Auswirkungen des Klimawandels erfordern eine starke Antwort, basierend auf breitem

internationalem Engagement mit hoher gleichgerichteter Ambition. Das Fit-for-55-Paket muss die Industrie daher bei der Dekarbonisierung und am Weg zur Klimaneutralität unterstützen. Vorrangiges Ziel muss es sein, in den nächsten fünf Jahren eine international einheitliche, verbindliche CO2-Bepreisung umzusetzen, bevorzugt in Form eines Standards auf G7/G-20Ebene. Solange dies nicht erreicht ist, braucht die Indus­trie einen regulatorischen Rahmen, in dem die Unternehmen während des gesamten Transformationsprozesses international wettbewerbsfähig bleiben. Ein starker Schutz gegen Carbon Leakage in Form der freien Zuteilung von CO2-Zertifikaten auf Basis anspruchsvoller Produkt- und Technologie-Benchmarks muss beibehalten werden, solange es kein Level Playing Field mit einer international vergleichbaren CO2-Bepreisung gibt. DI Oliver Dworak Bundessparte Industrie in der Wirtschaftskammer Österreich, Wien

Impressum — DIE ERNÄHRUNG Österreichische Zeitschrift für Wissenschaft, Recht, Technik und Wirtschaft ∙ ­NUTRITION Austrian journal for science, law, t­echnology and economy ∙ ­redaktion@ernaehrung-nutrition.at ∙ Offizielles Organ des Fachverbands der Nahrungs- und Genussmittelindustrie Österreichs und des Vereins zur Förderung der österreichischen Lebensmittelwirtschaft (foodalliance) ∙ ­Herausgeber: Fachverband der Lebensmittel­industrie; A-1030 Wien, Zaunergasse 1–3 ∙ Wissenschaftlicher Beirat: General­direktor Univ.-Prof. Dr. iur. et rer. pol. Walter Barfuß, Ao. Univ.-Prof. i. R. DI Dr. nat. techn. Emmerich Berg­h ofer, Dr. ­Michael Blass, Hon.-Prof. Dr. Konrad

Brustbauer, Ass.-Prof. DI Dr. nat. techn. Klaus Dürrschmid, Prof. Dr. Christian Hauer, Univ.-Prof. Dr. Ing. Henry Jäger, OR Dr. Leopold Jirovetz, Univ.-Prof. i.R. DI Dr. nat. techn. Wolfgang Kneifel, Univ.-Prof. Dr. Jürgen König, Dr. Andreas Natterer, Ass.Prof. Dr. Peter Paulsen, Univ.-Prof. Dr. Werner Schroeder, LL.M, Univ.-Prof. Dr. Veronika Somoza, Univ.-Doz. Mag. Dr. Manfred Tacker, Univ.-Prof. Dr. med. vet. Martin Wagner Dipl. ECVPH ∙ Chefredakteur: DI Oskar Wawschinek, MAS, MBA ∙ Redaktion Wissenschaft: Ass.-Prof. DI Dr. nat. techn. Klaus Dürrschmid ∙ Redaktion Recht: Mag. Ka­tharina Koßdorff ∙ Verleger: SPV Printmedien Gesellschaft m.b.H.; A-1080 Wien, Florianigasse 7/14;

Tel.: 01/581 28 90; Fax: 01/581 28 90-23; online-redaktion@­blickinsland.at ∙ Lektorat: Mag. Nina Wildzeisz-­Rezner, MAS ∙ Satz: Gerald ­Mollay ∙ Herstellung: ­proprint.at ∙ Anzeigen­leitung: Prok. Doris Orthaber-­ Dättel, Tel.: 01/581 28 90-12, daettel@ blick­ins­land.at, Tel.: 01/581 28 90-27, smejkal@­blickinsland.at ∙ ­Ernährung/Nutrition – ISSN 0250-1554 – erscheint sechsmal jährlich. Nachdruck sämtlicher Artikel, auch auszugsweise, nur mit Quellen­angabe, gegen Belegexemplar; Zitierung von wissenschaftlichen Beiträgen: Ernährung/Nutrition. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Autors wieder, die nicht mit jener des He­rausgebers überein­stimmen muss.

Offenlegung gemäß Mediengesetz § 25 — Verleger: Fachverband der Lebensmittel­ industrie Österreichs, Zaunergasse 1–3, 1030 Wien, vertreten durch Geschäfts­ führerin Mag. Katharina Koßdorff. Eigentümer: Fachverband der Lebensmittel­industrie

Österreichs zu 100 %. Erklärung über die grundlegende Richtung gem. § 25 (4) MedienG: Österreichisches Fachmagazin für die Lebensmittelwirtschaft, Wissenschaftler, Lehrende und Studierende der Ernährungs­

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wissenschaften, Diätologen, Medizin, Lebensmittel- und Biotechnologie- und -chemie, für Lebensmittel zuständige Behörden und Institutionen, Verantwortliche in der Zulieferwirtschaft und von Großküchen.


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Kreislauf­ wirtschaft als Erfolgsmodell DIE ERNÄHRUNG sprach mit Harald Hauke, Vorstand der ARA AG (Altstoff Recycling Austria AG), über die Bedeutung von Verpackungen für Lebensmittel im Spannungsfeld zwischen Schutz, Sicherheit und Kreislaufwirtschaft, über Sammelquoten und Pfandsysteme, Digitalisierung und Circular Design sowie die Herausforderungen in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Bewusstseinsbildung. oskar wawschinek

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ie Ernährung: Wie ist das Jahr 2021 für die ARA generell gelaufen? Harald Hauke: Trotz der immer noch anhaltenden Pandemie und den daraus entstandenen Herausforderungen war das Jahr 2021 erfolgreich. Uns ist es durch entschlossene Maßnahmen und Optimierungen gelungen, die Lizenztarife für das Jahr 2021 und auch für das Jahr 2022 auf dem Niveau von 2020 zu belassen. Uns ist bewusst, dass nicht nur die Pandemie Unternehmen vor finanzielle Herausforderungen stellt, sondern diese durch die EU-Kreislaufwirtschaft und den Green Deal mit völlig neuen Investitionen konfrontiert sind. Hat sich die Coronapandemie auf Ihr Unternehmen ausgewirkt? Hauke: Die Coronapandemie hat sich im Abfallaufkommen der österreichischen Haushalte bemerkbar gemacht. Die Sammelquote von 2021 zeigt dabei deutlich, dass verstärkt Kartonagen durch Onlinehandel und Lieferdienste bei den Recyclinghöfen erfasst wurden. In anderen Abfallfraktionen konnten wir hingegen einen Rückgang beobachten: Silvesterfeiern

waren beispielsweise immer ein Garant für hohe Glasmengen, diese sind letztes Jahr ausgefallen, und auch der ausbleibende Wintertourismus hat sich auf die Glasund Metallverpackungen ausgewirkt. Wie haben Sie die emotionale Debatte um die Einführung eines Pfandsystems für Kunststoff-Getränkeflaschen erlebt? Hauke: Fakt ist: Die EU fordert bis 2030 wesentlich strengere Recyclingziele. Während wir bei Papier, Metall und Glas schon heute die meisten EU-Ziele bis 2030 erfüllen, müssen wir die Recyclingquote bei Kunststoffverpackungen von aktuell 25 % bis 2025 auf 50 % verdoppeln. Die Einführung des Pfand­ systems ist ein Schritt in Richtung EU Green Deal. Allerdings sehen wir als ARA das Einwegpfand als nur eine Maßnahme von vielen hinsichtlich einer zirkulären Wirtschaft, es bringt keine Gesamt­lösung. Mit dem Pfand auf Kunststoffgetränke­ flaschen können wir lediglich einen kleinen Teil der zu füllenden Lücke schließen, denn sie machen nur rund 16 % der Kunststoffverpackungen aus. Wir müssen die Sammelquoten von Kunststoff die nächsten Jahre mehr als verdoppeln. Das

kann nur gelingen, wenn wir eine Gesamtstrategie für Kunststoffverpackungen durchbringen. Wie werden Sie als ARA damit umgehen – welche Maßnahmen werden Sie setzen? Hauke: Mehr Sammlung, mehr Sortierung, mehr Recycling lautet die Devise für Kunststoffverpackungen. Wir müssen mit der Sammlung noch näher zu den Konsument:innen, müssen alle Sammelpotentiale im Out-of-home-Bereich und in Gewerbebetrieben nutzen, brauchen Lösungen für neue, recyclingfähige Verpackungen (Stichwort: Circular Design), neue Sortieranlagen und neue Einsatzgebiete für Recyclingmaterial. Das Thema Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Welchen Beitrag zu Stoffkreisläufen können Sie leisten? Hauke: Für eine erfolgreiche 360-Grad-Kreislaufwirtschaft braucht es effiziente Stoffkreisläufe. Die getrennte Verpackungssammlung und das anschießende Recycling sind dabei wichtige Faktoren. Erst sie ermöglichen es, dass wertvolle Rohstoffe in den Kreislauf zurückgeführt werden können. Aber auch unsere Dienstleis-

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© Werner Streitfelder

Vorstand der Altstoff Recycling Austria AG Harald Hauke

tungen für Unternehmen spielen eine große Rolle: Wir unterstützen sie zum Beispiel beim effizienten Stoffstrom- und Abfallmanagement in Betrieben oder bei der Entwicklung kreislauffähiger Verpackungen. Welche Mengen werden derzeit pro Jahr gesammelt und verwertet? Hauke: Die österreichischen Haushalte haben 2021 mehr als 1 Million Tonnen Verpackungen und Altpapier gesammelt. Je nach Fraktion gab es aufgrund der Coronapandemie einen Zuwachs bzw. Rückgang. Papierverpackungen wurden mit einem Plus von 0,4 % im Vergleich zum Vorjahr, insgesamt 616.500 Tonnen, gesammelt, bei Glas gab es ein leichtes Minus mit 253.000 Tonnen, bei Metall ebenso mit 32.100 Tonnen. Kunststoffverpackungen blieben mit 180.700 Tonnen konstant. Mit einer Recyclingquote von 66 % zählen wir beim Verpackungsrecycling zu den EU-Spitzenreitern. Gibt es regionale Unterschiede bei der Sammlung? In Wien wurde die Kombination der „Gelben“ mit der „Blauen“ Tonne anfänglich skeptisch gesehen … Hauke: Grundsätzlich kann man sagen, dass im ländlichen Raum besser gesammelt wird als in Großstädten. Zum einen spielt hier die Anonymität eine Rolle, zum anderen aber auch die Sammelinfrastruktur: In Einfamilienhaus-Gegenden wird der Gelbe Sack bequem beim Haus

abgeholt, in Ballungsräumen müssen die Konsument:innen zur nächsten Sammel­ insel, das ist für viele eine Hürde. Wie bereits angesprochen, wollen wir das Sammelsystem weiter optimieren. Wir haben zum Beispiel ein Pilotprojekt in Wien Favoriten gestartet, bei dem 10.000 Menschen die Gelbe Tonne für ein Jahr direkt im Haus haben. Die Kombination der Gelben und der Blauen Tonne in Wien hat sich definitiv bewährt. Seit der Systemumstellung 2019 hat sich die Sammelmenge um rund 11 % erhöht. Bei den PET-Flaschen gibt es ein Plus von 26 %, bei den Getränkedosen beträgt es 24 % und bei Getränkekartons 30 %. Mit Hilfe automatisierter Sortiertechnologien lassen sich die gesammelten Verpackungen sortenrein trennen und anschließend umweltgerecht recyceln. Was ist ARA Circular Design genau und wen sprechen Sie damit an? Hauke: Circular Design befasst sich mit den Herausforderungen der Kreislaufwirtschaft. Lange Zeit war das Design von Verpackungen linear – Verpackungen hatten dabei einen Anfang und ein Ende. An dieser Stelle setzt Circular Design an. Es sorgt dafür, dass sich die Verpackung gut recyceln lässt – Design for Recycling – und für die Herstellung neuer Produkte eingesetzt wird – Design from Recycling. Bis 2030 müssen alle Kunststoffver­

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packungen recyclingfähig sein. Die wahrscheinlich größte Herausforderung hierbei ist eine recycelbare Gestaltung der Ver­packung bei gleichzeitig perfektem Produktschutz. Mit ARA Circular Design optimieren wir gemeinsam mit unseren Kunden ihre Verpackungen, damit sie gut recyclingfähig sind und einen hohen Anteil an Recyclingmaterial haben, gleich­zeitig aber Sicherheit und Qualität gewährleistet wird. Stichwort Digitalisierung – welche Schritte sind geplant? Hauke: Digitalisierung der Abfallwirtschaft kann auf unterschiedlichen Ebenen gedacht werden. Einerseits geht es darum, dass Abfallströme effizient gesteuert werden können, andererseits spielt sie auch in der Sammlung eine große Rolle, denn die Konsument:innen wünschen sich Lösungen, die ihrem modernen Lifestyle entsprechen. Die Wirtschaft hat das Potenzial und die Notwendigkeit der Digitalisierung erkannt. Kreislaufwirtschaft funktioniert nur dann, wenn die Akteure entlang der Wertschöpfungskette Informationen über die stoff­liche Zusammensetzung, Nutzung, Wartung und Entsorgung der Produkte austauschen. Diese Fakten können dann für das Recycling genutzt werden und gleichzeitig auch umweltrelevante Informationen beinhalten. Zum unternehmensübergreifenden Austausch von Echtzeit-Daten haben wir


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DiGiDO entwickelt. Mit unserer digitalen Datenplattform können wir genau sagen, wann welcher Abfall in welchem Ausmaß anfällt. Das spart allen Beteiligten Zeit und Geld, weil Produktions- und Logistikprozesse rascher und effizienter geplant werden können. Für die Konsument:innen wird Convenience groß geschrieben – ein Schlüssel dafür liegt in der Digitalisierung. So kann beispielsweise mittels Gamification die Sammelmotivation der Bevölkerung gesteigert werden. Das zeigt unter anderem unsere anreizbasierte App „digi-Cycle“ – in einem ersten Pilotversuch konnten wir mithilfe von Incentivierung die Sammelquote von Kunststoffgetränkeflaschen und Getränkedosen in der steirischen Gemeinde Gnas deutlich steigern. Investieren Sie auch in Forschung und Entwicklung? Die verschiedenen Kunststoffarten sind ja eine Herausforderung bei der Sammlung bzw. Verwertung, oder? Hauke: Mit unserer 30-jährigen Erfahrung konnten wir eine tiefgehende Expertise aufbauen. Als treibende Kraft der Kreislaufwirtschaft sehen wir es als unsere zentrale Aufgabe, neue Erkenntnisse zu gewinnen. Gemeinsam mit Partnern aus Wirtschaft und Forschung arbeiten wir an Prozess- und Produktinnovationen in allen Bereichen der Wertschöpfungskette, damit die österreichische Wirtschaft auch für künf-

tige Herausforderungen gerüstet ist. So unterstützen wir bereits drei Christian Doppler-Laboratorien zu Themen der Kreislaufwirtschaft. Welche Dienstleistungen bieten Sie speziell für Unternehmen der Lebensmittel­ industrie an? Hauke: Verpackungen und die richtige Lagerung sind der Schlüssel für eine längere Haltbarkeit von Lebensmitteln. Denn während gerade jede:r von recycelten Verpackungen spricht, ist bei Lebensmitteln besondere Vorsicht geboten. Materialien und Verpackungen, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, müssen in jedem Fall sicher sein, es darf zu keinen Verunreinigungen der Lebensmittel kommen. Die EU legt aktuell ein besonderes Augenmerk auf recycelte Verpackungen und arbeitet an einer europaweiten Verordnung, um Sicherheit für Konsument:innen zu garantieren. Unser Leistungsportfolio umfasst neben der Unterstützung im rechtlichen Bereich ebenso die Forschung und Entwicklung geeigneter Verpackungen. Welche Initiativen gibt es zur Information und Bildung der Bevölkerung bezüglich Vermeidung von Abfall und sinnvoller Sammlung von Wertstoffen? Hauke: Grundsätzlich muss man einmal sagen, dass wir in Österreich zu den besten Sammelnationen in

Europa und zu den besten weltweit gehören. Aber für die zukünftigen Herausforderungen müssen wir noch besser werden, denn wir wollen jede Verpackung zurück fürs Recycling. Und Bewusstseinsbildung nimmt dabei einen extrem hohen Stellenwert ein. Wir haben das Programm „ARA4kids“ entwickelt, mit dem wir schon den Kindergartenkindern erklären, wie man richtig sammelt. „Bobby Bottle“ erklärt den Schüler:innen in den Volksschulen, wie man richtig Glas sammelt. Und wir machen viel im Bereich Social Media. Dazu ist im letzten Jahr unsere Kampagne „Wie schwer kann’s sein?!“ gelaufen, die bei der Zielgruppe zwischen 15 und 30 Jahren sehr gut angekommen ist. Im Februar 2022 haben wir gemeinsam mit Wirtschaftspartnern eine österreichweite Awareness-Kampagne gestartet. Wir wollen die Menschen dazu motivieren, ihre Verpackungen noch stärker getrennt zu sammeln und gemeinsam mit unseren Kund:innen ein Zeichen für noch mehr Nachhaltigkeit setzen. Mit dem Slogan „Wir wollen deine (Verpackungen) Rohstoffe zurück“ wenden wir uns über die Online- und Offline-Kommunikationskanäle der teilnehmenden Unternehmen – von IKEA über Ölz und Salzburgmilch bis hin zu Maresi – an die Endkonsument:innen. Denn Recycling betrifft wirklich jede:n.

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Zusammenarbeit wesentlicher Erfolgsfaktor für Industrie 4.0 Der Chip einer Bankomatkarte, ein Rohr aus Gusseisen und eine Getränkeflasche – all diese Gegenstände werden heute in Österreich produziert. Natürlich gibt es groSSe Unterschiede zwischen der Mikroelektronik, der Metallverarbeitung und der Lebensmittelindustrie, es existieren aber auch sehr viele Gemeinsamkeiten. Michael Fellner

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ie Produktion von Gütern erfordert zumeist ähnliche Prozesse. Es gibt einen Einkauf und einen Vertrieb, Logistik spielt eine Rolle, Instandhaltung und Qualitätsmanagement sind Themen, mit denen man sich branchenübergreifend beschäftigen muss. Die Weiterentwicklung dieser Prozesse ist für Industrieunternehmen daher schon immer ein wichtiges Vorhaben, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Digitale Technologien sind in diesem Zusammenhang ein zen­ traler Treiber.

verbrauch bei der Verpackung frischer Lebensmittel reduziert oder die Gesamtanlageneffektivität (OEE) bei der Herstellung von Getränkeflaschen gesteigert werden. Im medialen Diskurs zu neuen, digitalen Technologien stehen aber häufig große Visionen anstatt konkreter Beispiele im Mittelpunkt. „5G“, „Industrial IoT“ oder „Artificial Intelligence“ kommen in Zeitungen oder im Fernsehen immer wieder vor, für den konkreten Einsatz im Industriebetrieb sind die Informationen zu den Technologien aber oft zu abstrakt.

Digitalisierung und Industrie 4.0: immer relevant, manchmal abstrakt Digitale Technologien prägen zunehmend Innovationen und Effizienzsteigerungen in der Produktion. Der Einkauf funktioniert nicht mehr ohne Software, Sensortechnik und Datenanalyse sind im Bereich des Qualitätsmanagements wesentliche Elemente. So kann z.B. mit Mess- und Sensortechnik der Material-

Von großen Visionen zu konkreten Projekten durch Zusammenarbeit Wie kann man aus vielleicht abstrakten Technologien konkrete Projekte machen und diese erfolgreich im eigenen Betrieb umsetzen? Natürlich steht jedes Unternehmen vor ganz eigenen, individuellen Herausforderungen. Was man aber sagen kann, ist, dass viele Unternehmen, die erfolgreich digitale Technologien

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einsetzen, eine zentrale Eigenschaft eint: der Wille zur Zusammenarbeit zum Nutzen der gesamten Wertschöpfungskette. Zusammenarbeit ermöglicht den Austausch mit anderen Personen oder Unternehmen zu den eigenen Problemen und zu potenziellen Lösungen. Zusammenarbeit ermöglicht die Umsetzung von Projekten mit verschiedenen Experten im eigenen Unternehmen und schließlich die Weiterentwicklung von Technologien, aufbauend auf dem eigenen Bedarf. Zusammenarbeit beim Entdecken von Technologien In den 1980er und 1990er Jahren begannen sich ERP-Systeme (Enterprise Ressource Planning) in der Industrie durchzusetzen. Die Systeme hatten unterschiedliche Eigenschaften, waren nicht miteinander kompatibel und viele ihrer Hersteller waren in Österreich kaum bekannt. Um die richtige Auswahl treffen und um Erfahrungen diskutieren zu können, war daher der


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Austausch mit anderen Unternehmen zentral. Diese Situation hat sich heute nicht verändert, es gibt aber viel mehr Technologien, die diskutiert werden. Heute gibt es z.B. unterschiedliche Anbieter von Cloud-Lösungen oder Edge Devices1. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Produktionsdaten zu speichern und Werkzeuge, um diese zu analysieren. Immer gibt es unterschiedliche Anbieter und zumeist auch Open-Source-Lösungen, die man einsetzen kann.2 Der Austausch und damit die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen kann äußerst hilfreich sein, um das Potenzial verschiedener Technologien besser abschätzen zu können. Für eine solche Zusammenarbeit eignen sich Branchen-Cluster, wie z. B. der oberösterreichische Lebensmittel-Cluster oder technologieaffine Netzwerke wie z. B. die Plattform Industrie 4.0.

© Robert Teleu

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Michael Fellner

Zusammenarbeit beim Einsatz von Technologien Wenn man eine Vorstellung von den Möglichkeiten einer Technologie und von deren Einsatzgebieten hat, dann gilt es, diese mit den umsetzenden und von der Umsetzung betroffenen Mitarbeitern zu besprechen. Diese sind für Unternehmen ein wichtiger Erfolgsfaktor: Mit der Hilfe neugieriger IT-Techniker, kompetenter Mechatroniker oder erfahrener Produktionsmitarbeiter wird Industrie 4.0 schließlich erst zur Realität. Der Einsatz neuer Technologien erfordert die Zusammenarbeit unterschiedlicher Personen und Abteilungen im eigenen Unternehmen. Möchte man z. B. Lösungen im Bereich der künstlichen Intelligenz einsetzen, dann gilt es, vor deren Einführung, währenddessen und danach Maßnahmen umzusetzen, um die Mitarbeiter sinnvoll einzubinden. Strukturierte Handlungsanleitungen bzw. Leitfäden3 können auch für die Zusammenarbeit mit den eigenen Mitarbeitern hilfreich sein. Zusammenarbeit bei der Weiterentwicklung von Technologien Es war noch nie einfacher als heute, die Weiterentwicklung einzelner Technologien selbst mitzugestalten. Von internationalen Standards (wie z.B. rund um vertrauenswürdige KI4) bis hin zu österrei-

chischen Forschungseinrichtungen (in jedem Bundesland5) – die Perspektiven und Erfahrungen von Technologie-Anwendern, sprich: seitens der Industrie selbst, werden bei der Weiterentwicklung von Technologien zunehmend nachgefragt und miteinbezogen. Auch große EU-Projekte (wie z. B. Connected Factories 6) und -Initiativen (wie z.B. das EIT Manufacturing7 – European Institute of Innovation & Technology) bieten niederschwellige Möglichkeiten der Zusammenarbeit an. Europäische Technologie-Initiativen, wie z. B. die auf den souveränen Austausch von Daten fokussierte Initiative Gaia-X8, entwickeln ihre Resultate in einer offenen Partnerschaft mit Industrie­ unternehmen. Fazit: Industrie 4.0 ist keine One-(Wo) Man-Show Die Auswirkungen digitaler Technologien auf einzelne Branchen und Unternehmen sind nicht immer sofort erkennbar. Welche Aspekte interessant sein könnten, lässt sich durch den Austausch und die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen einfacher herausfinden. Beim Einsatz digitaler Werkzeuge sind das Wissen und Know-how im eigenen Betrieb wesentlich, die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit ist ein zentraler Bestandteil

erfolgreicher Industrie 4.0-Projekte. Auch die internationale Entwicklung produktionsrelevanter Standards und Bauteile setzt auf die offene Zusammenarbeit mit Technologie-Anwendern. Es gilt also: Für die Produktion ist der Wille zur Kooperation ein wichtiger Erfolgsfaktor. Im Bereich der Lebensmittelindustrie gibt es dafür die besten Voraussetzungen: Mit digitalen Werkzeugen kann die Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette, von den Landwirten über die Produzenten bis hin zu den Konsumenten, zukünftig weiter verbessert werden. Michael Fellner MSc, Referent Verein Industrie 4.0 Österreich – die Plattform für intelligente Produktion, Wien Weiterführende Links [1] https://plattformindustrie40.at/edge-computing-aktuelle-entwicklungen/ [2] https://plattformindustrie40.at/blog/ 2021/12/07/open-source-industrie40/ [3] https://plattformindustrie40.at/aiforgood/ [4] https://plattformindustrie40.at/services/#vertrauen [5] https://plattformindustrie40.at/services/#steckbriefe [6] https://www.connectedfactories.eu/ [7] https://www.eitmanufacturing.eu/ [8] https://gaia-x.eu/

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Blockchain für die Lebensmittelindustrie Viele haben den Begriff Blockchain schon gehört, die meisten verbinden damit aber nur virtuelle Währungen wie z.B. Bitcoins. Die dahinterstehende Technologie kann aber viel mehr, was in diesem Beitrag konkret für die Lebensmittelindustrie aufgezeigt werden soll. Gerhard Laga

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echnisch gesehen ist jede Blockchain eine Datenbank, die von mehreren Teilnehmern betrieben wird, und wo die eingebrachten Daten automatisch an alle Teilnehmer der Blockchain übermittelt werden. Jeder Teilnehmer der Blockchain hat also eine identische Kopie aller Daten, die von den anderen Teilnehmern in die Blockchain gespeichert werden. Anders als bei anderen Software-Technologien kann man eine Blockchain nicht alleine betreiben. Dies würde auch technisch keinen Sinn machen, da Blockchains im Vergleich zu anderen Datenbanken verhältnismäßig langsam und träge reagieren. Blockchain ist eine „Truth machine“ und sorgt dafür, dass digitale Daten so gespeichert werden, dass jede nachträgliche Änderung sofort auffällt und sich nicht durchsetzen kann. Dies geschieht dadurch, dass Daten in zeitlichen Blöcken gespeichert und mit einer Prüfsumme gesichert werden. Vereinfacht dargestellt speichert beispielsweise die Bitcoin-Blockchain alle Transaktionen, die innerhalb von 10 Minuten durchgeführt werden, in einem Block ab. Danach wird eine Prüfsumme mittels eines Algorithmus be-

© Schneider

Gerhard Laga

rechnet („gemined“), der sehr schwer errechnet, aber einfach durch jeden Teilnehmer nachgeprüft werden kann. Diese Berechnung erfolgt durch sogenannte „Miner“, ist aber freiwillig und keine Voraussetzung für die bloße Verwendung von Bitcoin. Gleichzeitig werden die in der Blockchain gespeicherten Daten automatisiert an alle Teilnehmer verteilt, sodass dadurch eine hohe Datenresilienz erreicht werden kann – solange auch nur ein Teilnehmer mitmacht, sind alle Daten dieser Blockchain reproduzierbar. Dadurch wird Vertrauen auch zwischen unbekannten Teilnehmern der Blockchain geschaffen, da dies aus der Technologie und nicht der Vertrauenswürdigkeit der Teilnehmer entsteht.

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Ausgehend von diesen beiden Grundsätzen (Speicherung in Blöcken und automatische Verteilung an alle Teilnehmer) gibt es unterschiedlichste Einsatzmöglichkeiten, die auch durch unterschiedliche Technologien und Konfigurationen abgebildet werden. Beispielsweise ist die oft vorgebrachte Kritik der Energieverschwendung von „Blockchain“ zwar für einen Großteil der aktuellen Kryptowährungen richtig, aber nicht immanent für BlockchainAnwendungen. Andererseits löst die Technologie die Abhängigkeit von einer bestimmten einzelnen Datenbank, die ja bisher auch von einem bestimmten Betreiber gewartet werden muss, auf den sich alle Teilnehmer einlassen müssen. In manchen Projekten mit vielen unterschiedlichen Teilnehmern ist gerade dies – nämlich den einen Betreiber zu finden und fair zu bezahlen – ein Stolperstein. Was sind nun mögliche Anwendungsfälle in der Lebensmittelindustrie? An erster Stelle ist an die Verfolgbarkeit für Lieferketten (Supply Chains) im Lebensmittelbereich zu denken. Dabei geht es um die Rückverfolgbarkeit bei der Herstellung, dem Transport und dem Handel von einzel-

nen Gütern. Die Waren oder deren Gebinde können von Beginn an mit einem Sender versehen werden, der Ort und Zeitpunkt automatisch in eine Blockchain schreibt. Anders als bisher muss man diesen Angaben daher nicht mehr nur vertrauen, sondern kann sie im historischen Kontext auf Plausibilität prüfen. Theoretisch kann man der Milch gebenden Kuh mittels Webcam beim Grasen zusehen und die GPS-Daten werden vom Halsband direkt in die Blockchain gesendet. Die Milchgebinde/Tankwagen senden ebenfalls Zeit und Ort in die Blockchain und machen die verarbeitende Molkerei transparent. Die einzelnen Chargen z.B. vom Joghurt werden bei der Produktion mit Seriennummern individualisiert und ebenfalls in der Blockchain angelegt, damit ihr weiteres Transportschicksal (z.B. inkl. Temperatur und Luftfeuchtigkeit des Inneren des Kühl-LKWs) auch aus der Blockchain ausgelesen werden können. Dass das keine reine Fantasie ist, zeigen im internationalen Kontext bereits verfügbare Pilotprojekte wie z.B. von IBM, die bereits seit Jahren die Blockchain-basierende „Food Trust “-Lösungen im Einsatz hat.


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© Adobe stock – Sashkin

Eine weitere aktuelle Anwendungsmöglichkeit betrifft das Thema Echtheit von – meist hochwertigen – Produkten. Diese können mit eindeutigen/-maligen Sicherheitsettiketten versehen werden und sind somit eindeutig erkennbar. Die individuelle Kennzeichnung wird in einer Blockchain eingetragen. Sobald das Produkt das Werk verlässt, wird der jeweilige Besitzer/ Transporteur gemeinsam mit Ort und Zeitpunkt der Übergabe ebenfalls unveränderlich in der Blockchain eingetragen. Somit kann in Echtzeit nachvollzogen werden, wo sich das Gut befindet. Handelt es sich um ein gefälschtes Produkt, fällt dies bei einem Blick in die Blockchain sofort auf, da es sich nicht am dort eingetragenen Ort befindet. Dieses Sicherungsverfahren findet ebenfalls bereits bei Medikamenten Einsatz, deren Fälschungen ja nicht nur finanzielle, sondern vor allem auch lebensgefährliche Folgen haben könnten. Etwaige dabei auftretende Datenschutzbedenken können via Anonymisierung bzw. Verschlüsselung gelöst werden. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt das Projekt „Cryptowine“ der Landwirtschaftskammer Niederösterreich: Bei dieser Anwendung erwirbt man sogenannte „Non fungible Tokens“ (NFTs), die zum jederzeitigen Bezug einer bestimmten Weinflasche berechtigen. Im Unterschied zu „normalen“, nicht voneinander unterscheidbaren Tokens wie Bitcoins oder Ether sind NFTs einmalig und

eindeutig gekennzeichnet und meist der digitale „Zwilling“ eines physischen oder digitalen Werks, können aber auch Patente, Lizenzen, Eintrittskarten und Mitgliedschaften abbilden. Auch im Marketingbereich bietet Blockchain einen Mehrwert, so z. B. bei der Ausgabe von Gutscheinen, die bei verschiedenen Unternehmen eingelöst werden können. Die Blockchain löst hier das „double spending“ Problem, nämlich dass Gutscheine illegalerweise kopiert und so mehrfach bei unterschiedlichen Unternehmen eingelöst werden. Ein anderer Einsatzbereich der Blockchain könnte sich im Bereich der Verpackungsvermeidung und -verfolgung finden. In einem Forschungsprojekt des Austrian Blockchain Center mit der WU Wien und Coca-Cola HBC wurde untersucht, inwieweit die Recycling-Rate von PET-Flaschen gesteigert werden kann, indem Blockchain-basierte Incentivierungsmechanismen eingesetzt werden. Die Einsatzbereiche dieser doch noch recht neuen Technologie sind daher auch im Bereich der Lebensmittelindustrie gegeben. Wie bei so vielen Themen stellt sich daher die Frage, wie man den Einstieg in diese Vertrauen schaffende Technologie findet. Die Antwort: Mitarbeiter des Unternehmens sollten Wissen dazu aufbauen und erste eigene Erfahrungen sammeln. Die WKÖ stellt dafür allgemein verständliche Informati-

onen unter wko.at/blockchain zur Verfügung, bietet einen eigenen Online-Ratgeber zum sinnvollen Einsatz an und zeigt Best-Practice-Beispiele beim Austrian Blockchain Award, der 2021 bereits zum 2. Mal vergeben wurde. Zum Ausprobieren gibt es das kostenlose Service der „Datenzertifizierung“ unter wko.at/ blockchainservice. Dabei geht es um die Beweisbarkeit, dass digitale Daten in jeder Form (z. B. Logfiles der Produktion, Pläne, Videos, geschäftliche Kommunikation …) zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer bestimmten Form vorgelegen sind und danach nicht mehr verändert wurden. Die Daten verlassen den Betrieb nicht, nur eine Prüfsumme wird in der Blockchain gespeichert. Das Unternehmen bekommt eine PDF-Datei als Bestätigung des Eintrags; dieses System läuft bereits und ist sofort nutzbar. Gemeinsam mit dem Verein AustriaPro wird ein Blockchain-Arbeitskreis betrieben, in dem sich Unternehmensvertreter über ihre Erfahrungen austauschen und branchenübergreifende Projekte entwickeln können. Dieser Austausch ist im Blockchain-Bereich besonders wichtig, da man eine Blockchain eben nicht allein betreiben kann. Das heißt aber auch nicht, dass jede Blockchain öffentlich sein muss: Die meisten Business-Blockchains sind Konsortialblockchains, denen vertragliche Regelungen zugrunde liegen.

Dass Blockchain-Technologie verstärkt zum Einsatz kommen wird, ist klar. Die Frage ist: Nutzt man als Passagier schon fertige Lösungen – die bald üblich sein werden – dafür, die von großen, internationalen Konzernen entwickelt werden? Oder schafft man es gemeinsam mit dem in Österreich überaus kompetenten Blockchain-Netzwerk, eine führende Rolle beim Einsatz und der Weiterentwicklung dieser Technologie einzunehmen? Dr. Gerhard Laga, CMC Servicemanagement und IKT E-Center Wirtschaftskammer Österreich, Wien Literatur – Im Internet unter https://www. ibm.com/blockchain/solutions/ food-trust – Z. B. die österreichischen Anbieter https://www.securikett. com/ oder https://www.marzek.at/promotion-spezialitaeten/prazisionslaser/ – Siehe zB https://www.merckgroup.com/de/research/science-space/envisioning-tomorrow/smarter-connected-world/ blockchain.html – Im Internet unter https://cryptowine.at/ – Nähere Informationen unter https://www4.baumann.at/ blockchain-enabled-circular-plastic-supply-chains/ – Im Internet unter https://blockchainaward.at/ – Überblick und Protokolle unter https://www.wko.at/service/ netzwerke/austriapro-arbeitskreis-blockchain.html

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Lebensmittelverpackungen – Spagat zwischen Schutz und Recycling Die optimale Verpackung für Lebensmittel muss sehr hohen Ansprüchen gerecht werden. Sie soll nicht nur Konsument*innen zum Kauf anregen, sondern auch das enthaltene Produkt vor äuSSeren Einwirkungen und Kontaminationen schützen. Zusätzlich muss das Material kostengünstig und gleichzeitig auch nachhaltig sein. Diese Anforderungen sind bereits hochkomplex, allerdings kommt auch noch dazu, dass im Rahmen der europäischen Kreislaufwirtschaftsstrategie bis zum Jahr 2030 alle Verpackungen entweder wiederverwendet oder recycelt werden müssen. Silvia Apprich, Bernhard Rainer

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esonders bei Kunststoffen, die einen großen Teil der Packstoffe im Lebensmittelbereich darstellen, ist das Recycling eine große Herausforderung, für die es noch keinen einfachen Lösungsansatz gibt. Papier, Glas und Metall können im Gegensatz dazu zwar besser recycelt werden, haben allerdings auch einige spezifische Nachteile. Um nur ein paar zu nennen: Bei Glas und Metall ist der Energieverbrauch bei der Herstellung und beim Recycling um ein Vielfaches höher als bei Kunststoffen, was auch einen höheren Ausstoß an Treibhausgasen bewirkt. Papier ist hier zwar besser, allerdings ist es für zahlreiche Anwendungen im Lebensmittelbereich nur bedingt geeignet und muss oft mit speziellen Beschichtungen behandelt werden. Im Gegensatz dazu sind Kunststoffe oft eine sehr gute Al-

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Silvia Apprich

Bernhard Rainer

ternative, wenn das Problem mit der Recyclingfähigkeit nicht gegeben wäre.

zu waschen, zerkleinern und einzuschmelzen, um eine neue Verpackung daraus herzustellen. Einer der Hauptgründe dafür ist, dass Kunststoffverpackungen oft aus mehreren Schichten bestehen, deren Eigenschaften sich ergänzen, um das Produkt vor Sauerstoff, Feuchtigkeit oder UV-Strahlung zu schützen. Dadurch wird der Aufbau des Materials zwar komplexer, aller-

Mehrschichtverpackungen im Recyclingprozess Doch woher kommt die Recyclingproblematik bei den Kunststoffen? Technisch gesehen ist es nämlich nicht schwierig, einen thermoplastischen Kunststoff, wie beispielsweise Polyethylene,

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dings können die gewünschten Eigenschaften mit einem deutlich geringeren Materialeinsatz erreicht werden, was sich wiederum positiv auf den ökologischen Fußabdruck der Verpackung auswirkt. Man spricht in diesem Fall auch vom „Mehrschichtaufbau“ oder von „Multilayermaterialien“. Wenn die Recyclingfähigkeit allerdings ein wichtiger Faktor wird, ist es nur schwer möglich, diese Materialien wiederaufzubereiten, da die Schichten oft nicht mehr voneinander getrennt werden können. Wenn diese Materialien wieder eingeschmolzen und recycelt werden, ist das Endprodukt in vielen Fällen unbrauchbar. Um diesem Effekt entgegenzuwirken, ist es also nötig, den Mehrschichtaufbau so zu gestalten, dass solche unbrauchbaren Mischfraktionen vermieden werden. Dazu gehört beispielsweise, möglichst nur einen Kunststoff zu verwen-


21 technik technology

den und diesen mit geringen Anteilen an Barrierematerialien, wie beispielsweise < 5 % EVOH (Ethylen-Vinylalkohol) für die Sauerstoffbarriere, zu kombinieren. Einen tieferen Einblick in die technischen Details für das recyclinggerechte Verpackungsdesign bietet die aktuelle Version der internationalen „Circular Packaging Design Guideline“ der FH Campus Wien1. Für Leser*innen die gerne am aktuellsten Stand der Forschung zum Thema flexible Verpackungen und Mehrschichtmaterialien sein wollen: Im November 2021 wurde eine Publikation zum Thema Recyclingfähigkeit von flexiblen Verpackungen von Anna-Sophia Bauer der FH Campus Wien veröffentlicht. Im Rahmen des Literaturreviews werden die Anforderungen und wissenschaftlichen Hintergründe näher erläutert2. Toxikologische Eigenschaften von Recyclingmaterialien Ein weiteres Problem ist die Eigenschaft mancher Kunststoffe, Schadstoffe durch Migrationsprozesse an enthaltene Lebensmittel abgeben zu können. Während die neu hergestellten „Virgin“-Materialien toxikologisch gesehen weitgehend sicher sind, kann es beim Recyclingprozess zu Problemen kommen. Es ist nämlich bei den meisten Kunststoffen möglich, dass sie über ihre Lebensdauer Substanzen aufnehmen, die in weiterer Folge eine erbgutschädigende Wirkung haben. Das kann entweder durch falsche Benutzung durch die Konsument*innen (Stichwort: Benzin in der Kunststoffflasche) oder durch Kreuzkontaminationen während der Lagerung

© Bernhard Rainer

Bioassays und Kunststoffe

bzw. im Recyclingprozess passieren. Die Methoden die gegenwärtig für die Untersuchung von Verpackungsmaterialien eingesetzt werden, hauptsächlich klassische chemische Analytik, sind derzeit noch nicht dazu in der Lage, niedrige Konzentrationen an unbekannten Kontaminanten rechtzeitig zu identifizieren und damit die Sicherheit der Konsument*innen zu gewährleisten. Aus diesem Grund gibt es derzeit, mit der Ausnahme für PET-Flaschen, noch kaum Zulassungen für den Einsatz von recycelten Kunststoffen für den Lebensmittelkontakt. Im Jahr 2020 wurde an der FH Campus Wien das FFG-geförderte Projekt „PolyCycle“ gestartet, bei dem neue Methoden für die Sicherheitsbewertung von Recyclingmaterialien entwickelt werden. Das internationale Projekt wird in Kooperation mit dem Fraunhoferinstitut für Verfahrenstechnik IVV Freising und dem OFI Wien durchgeführt. Dabei ist der Ansatz biologische Testsysteme, die auf Bakterien basieren, einzusetzen, um erbgutschädigende Substanzen bereits in sehr geringen Konzentrationen zu detektieren. Zusätzlich dazu erfolgen chemische Analysen,

um die Schadstoffquellen zu identifizieren. Durch laufende Kooperation mit den Partner*innen aus Industrie und Forschung konnten schon zahlreiche vielversprechende Ergebnisse erzielt und die Methoden laufend optimiert werden. Allerdings wird in diesem Bereich auch nach Ende des Projekts weitere Forschung nötig sein, da sich gezeigt hat, dass zahlreiche recycelte Kunststoffe tatsächlich relevante Schadstoffe enthalten. Es ist hier also erforderlich, die Recyclingprozesse genauer zu untersuchen, die Kontaminationsquellen zu identifizieren und gezielt auszuschalten. Ein kurzer Ausblick in die Zukunft Ein großflächiges Recycling von Verpackungsmaterialien aus Kunststoffen könnte ein echter Gamechanger für das Erreichen unserer Klima- und Umweltziele sein. Allerdings ist es aus den bereits genannten Gründen derzeit noch schwer umsetzbar. In den kommenden Jahren wird sich zeigen, ob die Verpackungshersteller*innen und Recyclingunternehmen dazu in der Lage sind, entsprechende Verpackungen herzustellen und gleichzeitig die Sicherheit der Konsument*innen

zu gewährleisten. Einen spannenden Ansatz könnte hier auch das chemische Recycling darstellen, bei dem die Kunststoffe durch thermisch/ chemische Prozesse in die Monomere abgebaut und neu zusammengefügt werden. Eines ist jedoch klar: Der Einsatz von Kunststoffen wird auch in Zukunft nicht durch andere Packstoffe, wie Papier oder Glas, ersetzt werden können. Insofern führt kein Weg daran vorbei, die Forschung in diesem Sektor weiter voranzutreiben, um nachhaltige und sichere Verpackungs- und Recyclinglösungen zu finden. FH-Prof.in Dr.in Silvia Apprich Studiengangsleitung Fachbereich Verpackungsund Ressourcenmanagement, FH Campus Wien Bernhard Rainer, MSc Lehre und Forschung, FH Campus Wien Referenzen [1] Gürlich, U., Kladnik, V. und Pavlovic, K.; 09/2021; Circular Packaging Design Guideline – Empfehlungen für die Gestaltung Recyclinggerechter Verpackungen. Online verfügbar unter: https://www. fh-campuswien.ac.at/forschung/kompetenzzentren-fuer-forschung-und-entwicklung/ kompetenzzentrum-fuer-sustainable-and-future-oriented-packaging-solutions/circular-packaging-design-guideline. html [2] Bauer, A.-S.; Tacker, M.; Uysal-Unalan, I.; Cruz, R.M.S.; Varzakas, T.; Krauter, V. Recyclability and Redesign Challenges in Multilayer Flexible Food Packaging—A Review. Foods 2021, 10, 2702. Online verfügbar unter: https://doi.org/10.3390/ foods10112702

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Anuga FoodTec 2022 Nachhaltige Verpackungsbranche Der aktuelle Trend in der Verpackungsbranche ist auf der Anuga FoodTec 2022 unübersehbar: Sustainable Packaging. Die Lebensmittelund Getränkebranche setzt vermehrt auf nachwachsende Rohstoffe, recycelbare Materialien und stellt konventionelle Verpackungskonzepte zunehmend auf andere Konzepte um.

V

om 26. bis 29. April 2022 erfahren Besucher auf der internationalen Zuliefermesse für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie in Köln, wie Packmittelhersteller und Verpackungsmaschinenbauer den Wandel zu mehr Nachhaltigkeit gestalten und welche Herausforderungen es dabei zu meistern gilt.

Es zeigt sich: Eine Universallösung für die Reduzierung und Recyclingfähigkeit von Verpackungsmaterialien gibt es nicht. Doch überall dort, wo auf Verbundfolien oder Kunststoff-Trays verzichtet werden kann, werden diese durch Mono­folien oder Karton ersetzt.

„Die Trendwende hin zu nachhaltigen Verpackungs­ lösungen ist in vollem Gange“, bestätigen Experten. Derzeit würden viele Hersteller und Markenartikler ihre bestehenden Verpackungen einer kritischen Prüfung unterziehen, an welchen Stellen auf Kunststoff verzichtet werden kann, um anschließend beispielsweise auf nachwachsende Fasern umzustellen. Die Notwendigkeit für die Verwendung von Kunststoff ist noch bei der Dichtigkeit von Verpackungen, um eine längere Haltbarkeit zu gewährleisten – beispielsweise im Bereich der Schlauchbeutelverpackungen – gegeben. Eine der zentralen Herausforderungen bei der Umstellung auf nachhaltige Materialien

ist es, die Overall Equipment Effectiveness (OEE) der Anlage auf gleich hohem Level zu halten – denn das Handling von papierbasierten Folien ist wesentlich anspruchsvoller als das von Verbundfolien. Bisher werden vor allem trockene oder bereits primärverpackte Produkte in papierbasierten Folien verpackt. Denn je komplexer und sensibler das zu verpackende Lebensmittel ist, umso schwieriger wird es, eine Alternative für Kunststoffverpackungen zu finden. Auch Getränkeproduzenten und Hersteller flüssiger Lebensmittel finden auf der Anuga FoodTec für jeden Prozessschritt und jede Be-

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ERNÄHRUNG | Nutrition volume 46 | 01. 2022

hälterart maßgeschneiderte Lösungen. Die Aussteller der international führenden Zuliefermesse für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie sorgen mit einer ganzen Reihe von Neuerungen für höhere Effizienz, größeren Bedienkomfort und optimale Produktsicherheit. Hinzu kommt die rasant wachsende Anzahl von Formaten, mit der auch die Anforderungen an die Flexibilität der aseptischen Abfüllsysteme steigen. Die jüngsten technischen Updates versetzen die Maschinen in der Getränkeindustrie in die Lage, sich an möglichst viele verschiedene Gebinde anzupassen und unterschiedlichste Produkte abzufüllen – über kohlensäurehaltige


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Mehrweg-PET-Behälter, die in erster Linie für karbonisierte Softdrinks und Wasser eingesetzt werden, haben im vergangenen Jahrzehnt einen hohen Marktanteil erlangt. Für ESL-Produkte spielen PET-Verpackungen bisher allerdings eine eher untergeordnete Rolle. Ein Forschungsprojekt soll dies nun ändern. So gelang es einem Anlagenbauer, einen Mehrweg-PET-Behälter zu entwickeln, der sensiblen Produkten in der Kühlkette einen optimalen Schutz bietet.

Erfrischungsgetränke bis hin zu Wasser. Schritt für Schritt vernetzen die Anlagenbauer mithilfe digitaler und smarter Technologien die Produktionsprozesse, damit Maschinen effizienter miteinander kommunizieren und zusammenarbeiten. In puncto Produktsicherheit verkörpern die auf der Anuga FoodTec 2022 gezeigten Lösungen den neuesten Stand aseptischer Technologie. Je nach Bedarf beherrschen sie Nass- oder Trockensterilisation und arbei-

ten im hohen oder niedrigen Leistungsbereich. Abfüllen unter hygienischen Bedingungen Milchmixgetränke, Säfte, Smoothies und Near-Water-Produkte stellen besonders hohe Anforderungen an eine hygienische Abfüllung, Für das rekontaminationsfreie Abfüllen und Verschließen ist insbesondere die Abfüllung unter aseptischen Bedingungen ein schonendes Verfahren.

Auch die Anforderungen an die volumetrischen Dosiermodule in den Abfüllanlagen sind hoch. So gilt es beispielsweise, die geforderte Ausbringungsmenge bei hohen Taktraten präzise einzuhalten, was gerade bei hochviskosen Flüssigkeiten und stückigen Zutaten eine Herausforderung ist. Vollständig automatisierte und aseptisch arbeitende In-Line-Dosierer, die zwischen Prozess- und Abfüllmaschinen installiert sind, übernehmen diese Aufgabe.

Rund ums Herstellen, Abfüllen und Verpacken Von Prozesstechnik, Abfüllanlagen, Verpackungsmaschinen bis hin zu IT-Lösungen – die Aussteller der Anuga FoodTec 2022 planen und realisieren Komplettlinien, die jeden Schritt der Produktion abdecken. Besucher, die vor der Frage stehen, ob sie in eine neue Anlage oder Umrüstung der bestehenden investieren sollen, erfahren auf dem Kölner Messegelände aus erster Hand, welche Lösungen es für die Getränke- und Lebensmittelindustrie gibt. www.anugafoodtec.de

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Worauf bei Oberflächen zu achten ist

I

m folgenden Interview sprechen wir mit Dr.-Ing. Marc Mauermann (MM, Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung, IVV) Fragen zu den Themenpunkten Oberflächen, Auswahl der Konstruktionsmaterialien sowie deren Formgestaltung.

flächen erwiesen. Es hat sich gezeigt, dass der Einfluss der Rauigkeit auf die Reinigbarkeit bei glatteren Oberflächen (Ra < 0,8 µm) eher gering ist. Rauere Oberflächen sind nicht so leicht zu reinigen und die Reproduzierbarkeit des Reinigungsergebnisses ist geringer.

Wann kann eine Oberfläche als „glatt“ bezeichnet werden und in diesem Zusammenhang zur verbesserten Reinigbarkeit/ Hygiene bzw. zur Lebensmittelsicherheit beitragen? Marc Mauermann: Für den Produktkontaktbereich wird von der EHEDG eine maximale Rauigkeit von Ra 0,8 µm empfohlen (Ra ist der arithmetische Mittenrauwert). Dieser Wert hat sich über die Jahre und in verschiedenen Untersuchungen als ein guter Kompromiss zwischen Reinigbarkeit und dem höheren Fertigungsaufwand für noch glattere Ober-

Wie kann die Rauheit einer Oberfläche in der Praxis zuverlässig ermittelt werden? Mauermann: Es gibt eine Vielzahl von Messgeräten zur zwei- oder dreidimensionalen Vermessung mikroskopischer oder submikroskopischer Oberflächentopografien. Geräte, welche nach dem Tastschnittverfahren (2D) arbeiten, sind in fast jeder mechanischen Fertigung zu finden. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von berührungslosen, optischen Messverfahren, mit denen die Oberflächenprofile sehr genau ermittelt werden können.

Welche Anforderungen bestehen für Oberflächen mit direktem Lebensmittel­kontakt? Mauermann: Entsprechend der Richtlinie 2006/42/EG müssen alle Oberflächen, die mit Lebensmitteln, kosmetischen oder pharmazeutischen Erzeugnissen in Berührung kommen: – glatt sein und dürfen keine Erhöhungen oder Vertiefungen aufweisen (kein Zurückhalten von Produktresten), – leicht zu reinigen oder zu desinfizieren sein (Oberflächenbenetzung und Reinigbarkeit). Oberflächen mit Produktkontakt müssen vor jeder Benutzung gereinigt werden können. Ist das nicht möglich, sind Einwegteile zu verwenden. Entsprechend der Norm DIN EN 1672-2-2009 müssen Oberflächen: – korrosionsbeständig (Zusammensetzung der Reinigungs-

medien und der Produkte beachten), – nichttoxisch (keine Abgabe, Erzeugung gesundheitsschädlicher Substanzen), – nichtabsorbierend (kein Zurückhalten von Stoffen, die sich nachteilig auf das Lebensmittel auswirken können) und – mechanisch beständig sein (widerstandsfähig gegen Brechen, Splittern, Abblättern). Es dürfen keine unerwünschten Gerüche, Farb- und Geschmacksstoffe von den Oberflächen auf das Lebensmittel übertragen werden. Welches Material wird für verfahrenstechnische Anlagen unter welchen Bedingungen bzw. Voraussetzungen eingesetzt? Mauermann: Die Auswahl der Konstruktionsmaterialien orientiert sich am Anwendungsfall und daran, welche mechanischen, statischen, dynamischen, chemischen und thermischen Belas-

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25 technik technology

tungen vorherrschen. Für den Werkstoffeinsatz im Lebensmittelbereich gilt ganz grundlegend, dass das Risiko einer Kontamination so gering wie möglich sein muss. Ebenfalls müssen die bei der vorhergehenden Frage angeführten Vorschriften erfüllt sein. Neben diesen Forderungen müssen gegebenenfalls ergänzende nationale Standards beachtet werden, wie zum Beispiel für Kunststoffe oder aktive bzw. intelligente Materialien. Was sind die Vor- bzw. Nachteile von Edelstahl/ Stahl/Elastomeren? Mauermann: Aufgrund seiner günstigen Eigenschaften (Beständigkeit und Verarbeitbarkeit) ist Edelstahl wahrscheinlich der am häufigsten verwendete Werkstoff mit Lebensmittelkontakt im Produktionsbereich. Die große Bandbreite der Elastomere kommt als Dichtungsmaterial zum Einsatz. Hier paaren sich gute Beständigkeit und Flexibilität. Oberflächenbeschichteter Baustahl sollte in der Regel nur bei nicht-produktberührenden Oberflächen zum Einsatz kommen.

© Mauermann

Unter welchen Bedingungen ist Edelstahl für den Gebrauch im Lebensmittelbereich zu präferieren? Mauermann: Edelstahl ist eine gute Wahl, wenn hervorragende mechanische Eigenschaften, Korrosionsbeständigkeit, Schweißbarkeit, Oxidationsbeständigkeit und gute Verarbeitbarkeit gefordert sind.

Welche Edelstahl-Gruppen sind für welche Anwendungen geeignet bzw. ausreichend? Mauermann: Der Einsatzbereich von austenitischen, nicht-rostenden Edelstählen wird im Produktkontakt vor allem durch die Korrosionsbeständigkeit begrenzt. Um einige Bespiele zu nennen: Bei Einsatzbedingung mit geringem Ha-

logenidanteil (z. B. Chlor) kann 1.4301 zum Einsatz kommen. Es besteht aber Lochfraßgefahr. Für Einsatzbedingungen mit höherem Halogenidanteil und Temperaturen < 60° C kommen 1.4401 oder 1.4404 in Frage. Bei Temperaturen von 60–150 °C und Halogeniden kann z. B. 1.4006 gewählt werden.

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„Erst desinfizieren, dann passieren!“


26 technik technology

nenten aus dem Elastomer herausgelöst werden und die Funktion beeinträchtigen. Bleibende Druckverformung kann Dichtungseigenschaften mit der Zeit beeinträchtigen, deshalb sind Dichtungsnuten so auszuführen, dass ein Druckgrenzwert nicht überschritten werden kann.

© Adobe Stock – Friends Stock

Auf welche Kriterien sollte man speziell beim Einsatz von Elastomeren im hygienegerechten Design achten? Mauermann: Über die Komponenten der Elastomere können die gewünschten

physikalischen Eigenschaften optimiert werden. Nachteilige Eigenschaften wie das Absorbieren von Prozessflüssigkeiten z. B. Öl oder Fett (bei EPDM, EthylenPropylen-Terpolymer-Kautschuk)

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können aber nicht immer eliminiert werden. Bei Temperaturschwankungen können Volumenänderungen Elastomerdichtungen beschädigen. Unter gewissen Prozessbedingungen können Kompo-

Mit freundlicher Genehmigung aus Zand, E., Stollewerk, K., Schottroff, F., Drausinger, J., Jäger, H. (2021). Handlungsempfehlungen für die Produktionshygiene in der Lebensmittelindustrie. Entstanden aus dem Projekt „Neue Aseptik- und Dekontaminationsstrategien in der Produktions- und Gebäudetechnik“ (2018–2021). BOKU, Wien. ISBN 978-3-200-07736-2


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Dustcontrol: Einfach hygienisch

D

as Saugbürsten­p rogramm „Good for Food“ für Lebensmittelkontakt von Dustcontrol erfüllt die Anforderungen der EU und der FDA an eine hygienische Lebensmittelproduktion. Sie sind antistatisch, hygienisch, autoklavierbar und bieten die Möglichkeit der automatischen Detektion. Die Farbcodierung der Bürsten und der Zubehörteile minimiert das Risiko einer Kreuzkontamination. Außerdem sind die Bürstenköpfe auswechselbar und leisten einen wesentlichen Beitrag zur Nachhaltigkeit. info@dustcontrol.at

Zentrale Absaugsysteme für die Lebensmittelindustrie Die Hygieneanforderungen in der Lebensmittelindustrie sind äußerst streng. Das österreichische Unternehmen Dustcontrol liefert effiziente Absaugtechnik für die Lebensmittelindustrie.

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volume 46 bei | 01.der 2022 ERNÄHRUNG | Nutrition hygienischen Herstellung

von Lebensmitteln.


28 technik technology

Check 4.0: Datenmanagement in der Qualitätssicherung Interne Audits, Sicherheitsrundgänge, Betriebsbegehungen und weitere Vor-Ort-Kontrollen sind ein wichtiger Bestandteil von jedem betrieblichen Qualitätsmanagementsystem. Mit einer digitalen, transparenten Datenorganisation können diese Checks effizient durchgeführt und der kontinuierliche Verbesserungsprozess schnell vorangetrieben werden. Susanne Aegler, Tobias Lobmaier

M

it zunehmender Größe und Komplexität eines Unternehmens steigen die Anforderungen der internen und externen Stakeholder. Diese Ansprüche müssen sowohl bei der Bereitstellung von Infrastruktur und Materialien als auch beim Definieren der Prozesse berücksichtigt werden. Um die Umsetzung der Vorgaben zu überprüfen, muss eine effektive Qualitätssicherung insbesondere am „Ort des Geschehens“ stattfinden und nicht im stillen Kämmerlein.

Anforderungen und Herausforderungen D i e L e b e n s m i t t e l s i c h e rheits-Standards verlangen, dass die für die Produktanforderung relevanten Aufzeichnungen detailliert und lückenlos geführt werden. Dazu gehören verschiedene Kontrollen vor Ort wie interne Audits, Hygiene­ rundgänge, Reinigungsüberprüfungen, Sicherheitsrundgänge, Lieferantenaudits, Bruchlistenkontrolle, Kontrollen zur Überwachung von Fremdkörpern etc. Bei den meisten dieser

Checks am „Ort des Geschehens“ handelt es sich um eine Verifikation, ob die spezifischen Anforderungen richtig umgesetzt werden. Es werden Checklisten verwendet, welche bei der Durchführung der Checks helfen, den Überblick über die zu kontrollierenden Punkte zu haben. Feststellungen werden mit Notizen dokumentiert und mit Fotos oder Nachweisdokumenten belegt. Bei Nichtkonformitäten müssen Maßnahmen definiert und deren Umsetzung überwacht werden. Oft ist es unvermeidbar, dass der Bericht erst nachträglich, mit Hilfe von handschriftlichen Notizen, Fotos und Belegen aus der Inspektion erstellt wird. Zur Überwachung der Maßnahmen werden zudem oft separate Listen geführt, wo die Terminierung und die Verantwortung der Umsetzung definiert ist. Durch die umständliche Datenerfassung vor Ort und die damit verbundenen Medienbrüche sind Vor-Ort-Kontrollen sehr arbeitsintensiv. Je nachdem, wie die Berichte verfasst werden, ist es schwierig, daraus Kennzahlen zu erstellen. Bei den unterschiedlich organisierten Datendokumentationen und oft seitenlangen Berichten

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besteht zudem die Gefahr, dass der Überblick verlorengeht und dass analog erfasste Daten nur mit zeitlich großem Aufwand oder gar nicht mehr auffindbar sind.

Check 4.0 – ohne Zettel und Stift Mit der richtigen Software werden Selbstkontrollen unmittelbar dokumentiert und es erübrigen sich nicht nur Zettel und Stift, sondern auch das Übertragen der Befunde in die bestehenden Systeme. Was, wann und wie überwacht werden muss, ist bei jedem Unternehmen unterschiedlich. Nicht nur die Art, Häufigkeit und Verantwortlichkeiten der Kontrollen müssen unternehmensspezifisch und sorgfältig geplant werden, sondern auch wie deren Ergebnisse dokumentiert und ausgewertet werden. Dies führt zu sehr unterschiedlichen Lösungen, welche selten mit nicht spezialisierter Standard-Software unterstützt werden kann. Eine effiziente und die Mitarbeiter in ihrer Dokumentationsarbeit entlastende Software muss den intern gelebten Prozess abbilden können.

Bei vielen Software-Lösungen muss sich jedoch der Dokumentationsprozess der Software anpassen, was oft nicht dem realen Ablauf vor Ort entspricht. Eine solche Digitalisierung wird von den Mitarbeitern weder verstanden noch geschätzt und führt nicht selten zu einer zeitlichen Mehrbelastung statt einer Entlastung. In vielen Unternehmungen sind darum Vor-Ort-Checks häufig nicht in die Digitalisierung integriert. Die bestehende Unternehmenssoftware ist primär auf die Unternehmensbereiche, wie Produktion, Logistik sowie Verkauf ausgerichtet und ist nicht dazu ausgelegt, Kontrollen vor Ort zu dokumentieren und daraus resultierende Maßnahmen zu überwachen.

SensoCHECK-Software – für Checks im digitalen Qualitätsmanagement Die Inspektions-Software SensoCHECK wurde speziell für Kontrollen entwickelt, welche am „Ort des Geschehens“ stattfinden. Checklisten können einfach erstellt und fle-


29 technik technology

Kein Stift, kein Papier, keine Nachbearbeitungszeit und eine übersichtliche Datenorganisation. Mit SensoCHECK können Vor-Ort-Kontrollen effizienter durchgeführt werden.

xibel den Anforderungen des Unternehmens angepasst werden. In einem übersichtlichen Menu werden die verschiedenen Checks geplant und verwaltet. Die Erfassung der Daten während der Checks erfolgt direkt im System, online oder offline über Tablet, Smartphone, Notebook bzw. PC. Neben schriftlichen Notizen ist es auch möglich, Fotos oder Audiodateien ohne Medienbruch direkt ins System einzugeben. Werden während des Checks Nichtkonformitäten festgestellt, können Maßnahmen mit entsprechender Terminierung und Verantwortlichkeit direkt in SensoCHECK erfasst werden. Die für die Umsetzung und Überwachung der Maßnahmen verantwortlichen

Personen werden automatisch per E-Mail informiert und erinnert. Die Umsetzung und Verifikation der Maßnahmen können ebenfalls direkt im System dokumentiert und überwacht werden. Arbeitsaufwändige Berichte werden automatisch und nach individuellen Anforderungen generiert. Über Schnittstellen kann SensoCHECK einfach Daten mit weiteren digitalen Betriebssystemen austauschen und synchronisieren. Durch die einfache Gestaltung und Verwaltung der Fragebögen können neben den klassischen Vor-Ort-Kontrollen, wie Audits oder Betriebsrundgänge, auch andere relevante Datenerfassungen wie Wareneingangs- oder Linienkontrollen erfasst und ausgewertet werden.

Die analogen Lücken der Selbstkontrollen im QM-System werden mit SensoCHECK geschlossen. Durch die Digitalisierung dieser Prozesse können die Daten besser analysiert, Schwachstellen schneller erkannt und

Die ebenfalls durch die Firma SensoPLUS entwickelte Software-Lösung SensoTASTE ist spezialisiert auf fortlaufende Sensorik-Projekte sowie regelmäßige Produktbeurteilungen und kann auf jedem Internet Device angewendet werden. Wie auch bei SensoCHECK ist die Anwendung webbasiert, verfügt über Offline-Funktionalität und kann mit

mit gezielten Entscheidungen der kontinuierliche Verbesserungsprozess effektiv vorangetrieben werden. Susanne Aegler, Tobias Lobmaier SensoPLUS

ERP- bzw. LIMS-Systemen vernetzt werden. Senso TASTE ermöglicht smarte Verkostungen durch eine hohe Automatisierung, eine schnelle Auswertung und eine strukturierte Datenablage.

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BERIESELUNGSAUTOKLAVEN FÜR DIE HERSTELLUNG NÄHRSTOFFREICHER KONSERVEN UM HOCHWERTIGE, NÄHRSTOFFREICHE, GESUNDE UND HALTBARE LEBENSMITTEL HERZUSTELLEN, BAUEN HANDWERK UND INDUSTRIE AUF MODERNE KONSERVIERUNGS­VERFAHREN. DAS HALTBARMACHEN DURCH AUTOKLAVEN GEHÖRT DABEI SEIT JAHRZEHNTEN ZU DEN ETABLIERTEN METHODEN.

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ür die Pasteurisation oder Sterilisation von Lebensmitteln kommen unter anderem Vollwasser- und Berieselungsautoklaven zum Einsatz. Diese sind jedoch so unterschiedlich wie ein Wannenbad oder eine heiße Dusche.

Das altbekannte Vollwasserverfahren Beim Vollwasserverfahren wird die Ware, wie in einem Wannenbad, mit heißem Wasser umspült und dadurch sterilisiert oder pasteurisiert. Wird das Wasser dafür in einem separaten Behälter erhitzt und anschließend in den Autoklav eingeleitet, wird der Ware ein kurzer Hitzeschock verpasst. Bei kleineren Autoklaven wird das Wasser direkt im Kessel erhitzt, welcher zuvor mit der Ware beladen wurde. Durch den Hitzeschock können noch mehr Vitamine, Mi-

VOSS NOVUM Berieselungsautoklav

neralien und Spurenelemente verlorengehen. Auch können die Produkte durch den längeren Kochprozess an Qualität und Konsistenz einbüßen – sogenannte Kochschädigungen. Der plötzliche, hohe Temperaturunterschied kann auch einen nachteiligen Einfluss auf das Verpackungsmaterial haben. So kann es zu einer Delaminierung eines Standbeutels, im Fachjargon Pouch, kommen oder gar zu einem Glasbruch.

Das schonende Berieselungs­ verfahren Um den Nachteilen der Haltbarmachung im Vollwasser­ autoklaven entgegenzuwirken, haben Hersteller wie STERIFLOW aus Frankreich oder VOSS aus Deutschland die Berieselungstechnologie für Autoklaven über die letzten Jahre immer weiter optimiert und bieten diese sowohl für kleine Handwerksbetriebe als auch für große Industrieunternehmen an. Beim Berieselungsverfahren wird während der gesamten Aufheiz- und Haltephase das Prozesswasser in einem Wärmetauscher ohne Kontakt mit dem Heizmedium aufgeheizt und regnet wie in einer

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Schematische Darstellung der STERIFLOW Berieselung

Dusche von oben gleichmäßig über die Ware ab. Exakt einstellbare Temperatur- und Druckwerte bringen enorme Vorteile für die Qualität des Endprodukts. Die Körbe, in denen die Ware platziert ist, sind so gestaltet, dass das Wasser ungehindert durchläuft und sich kein Rückstau bildet. Ein optimiertes Packschema und speziell entworfene Zwischenlagen sorgen dafür, dass das Wasser auf jeder Lage gleichmäßig über die Produkte verteilt wird. Eine Umwälzpumpe hält das Wasser ständig in einem Kreislauf, sodass eine gleichmäßige und schonende Berieselung ermöglicht wird. Durch die hohe Umwälzleistung dieser Prozesswasserpumpe entsteht eine sehr gute Wärmeverteilung. Während der Abkühlphase wird das Prozesswasser im Wärmetauscher abgekühlt.

Auch hierbei entsteht kein Kontakt zum Kühlwasser.

Umwelt schützen „Durch das Berieselungsverfahren ist eine optimale Energieübertragung auf die Ware gegeben. Ob Dose, Glas oder Pouch – alle Verpackungsarten, die im Vollwasser funktionieren, können auch bei der Berieselung verwendet werden“, berichtet Philipp Meinecke, Technischer Geschäftsführer bei VOSS. Aufgrund dieser optimalen Energieübertragung und der deutlich geringeren Mengen an Prozesswasser wird weniger Energie benötigt, was Kosten und Ressourcen schont. Der Einsatz eines Kühlwassermanagements oder Wasser aus Zisternen, Kühltürmen und Brunnen sind weitere Möglichkeiten zur Ressourcenschonung.


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Betriebskosten senken

Ideal für Hersteller von Lebensmitteln

Industrielle Berieselungsautoklaven haben nahezu keine beweglichen Teile, was Wartungskosten im Vergleich zu industriellen Vollwasserautoklaven senkt. Bei einer guten Pflege hält so ein Autoklav viele Jahre. Die Wiederverwendung und Verringerung des Wasserbedarfs sind zwei weitere wichtige Faktoren, die die Kosten für Brauchwasser und Energie deutlich senken. Im Hinblick auf immer weiter steigende Energiekosten ist hier ein großer Hebel bei der Kosteneinsparung zu erkennen.

Das Berieselungsverfahren gehört inzwischen zu den wichtigsten Verfahren zur Haltbarmachung von Lebensmitteln. Führende Lebensmittelhersteller setzen seit vielen Jahren auf die Berieselungstechnologie von STERIFLOW und VOSS. Handwerksbetrieben, die erste Schritte in die professionelle Haltbarmachung von Lebensmitteln gehen wollen, bietet VOSS als weltweit einziger Hersteller den Berieselungsautoklav „NOVUM“ an.

Prozesse beschleunigen Ein weiterer Vorteil des Berieselungsverfahrens sind die kürzeren Produktionszyklen. Durch

Beladung STERIFLOW Berieselungsautoklav

die schnellere Erhitzung und Abkühlung des Prozesswassers können in kürzerer Zeit mehr Kochvorgänge durchgeführt werden. Zudem kann die Wärmeverteilung durch Rotationsoder Horizontalbewegungen weiter optimiert und die Produktqualität weiter verbessert werden.

Schonend konservieren Die Berieselung hat vor allem den Anspruch, schonend zu konservieren. Das wird durch den fehlenden Schockmoment für die Produkte und somit eine schonendere Behandlung von Ware und Verpackung

ermöglicht. Da sich bei Berieselungsautoklaven Aufheizen, Halten, Kühlen, Temperatur und Druck jederzeit gezielt steuern lassen, wird eine gleichbleibende und hohe Produktqualität erreicht und durch die gezielte Messung und Aufzeichnung aller relevanten Parameter HACCPkonform abgesichert. Im Ergebnis von Probekochungen im hauseigenen VOSS-Technikum können Programmzyklen außerhalb der eigenen Produktionsanlagen erstellt, getestet und optimiert werden. Die Werte können in der Regel 1 zu 1 in den Produktionsprozess übertragen werden.

www.VOSSpro.de/Berieselung Pressekontakt: VOS Schott GmbH, Am Seefeld 3, 35510 Butzbach, Tel: +49 6033/9190-0

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Digitalisierung von Shop Floor bis Top Floor Die Digitalisierung des Qualitätswesens mit all ihren Möglichkeiten klopft nicht länger nur an die Tür, sie steht schon mitten im Raum. Papier und Stift, Tabellenkalkulation oder vollständig vernetzte Systemlandschaft: Wo stehen Sie mit Ihrem Unternehmen heute?

M

it Softwarelösungen wie CAQ.Net erschließen Sie eine Welt komplett digitalisierter Qualitätsabläufe, durch die ein ungebrochener Informationsfluss vom Shop Floor der Produktion bis zum Top Floor des Managements ermöglicht wird. Ob strategisches Qualitätsmanagement oder operative Qualitätssicherung –

beschreiten Sie mit einer CAQ-Softwarelösung den Weg hin zu einem digitalisierten und unternehmensweit gelebten Qualitäts­wesen.

Ein Schritt nach dem anderen Idealerweise beginnt die Reise eines Unternehmens hin zur Digitalisierung sei-

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nes Qualitätswesens mit einem ersten, kleinen Schritt. Um bei der Metapher zu bleiben, stellt sich vorerst also die Frage: Wo drückt der Schuh am meisten und wo sollten die Instrumente der Digitalisierung als Erstes angewendet werden? Die genaue Auswertung bisheriger Audits durch Kunden oder Behörden ist hierzu besonders förder-

lich. Bemängelt der Kon­ trolleur oder Auditor etwa das Prüfmittelmanagement, die Dokumentlenkung oder die Vollständigkeit durchgeführter HACCP-Maßnahmen, bieten sich in diesen Bereichen womöglich die geeignetsten Kleinbaustellen, um einen schnellen und messbaren Erfolg durch den Einsatz von Software zu erzielen.


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Modulare Softwarelösung

Wo wollen Sie stehen?

Auch Schulungsverwaltung, Lieferantemanagement und Reklamationswesen sind gute Einstiegspunkte. Denn, ob eine potentielle Gefahr etwa durch das vom Zulieferer bezogene Rohmaterial, mangelhaft geschultem Personal oder einem fehlerhaften Produktionsschritt ausgeht, können Sie anhand einer Software dank deren vernetzter Informationen wesentlich einfacher in Erfahrung bringen als mittels eines papierbasierten Systems. An diesem Beispiel zeigen sich dann auch die Vorteile einer modularen Softwarelösung, in der sämtliche Teilbereiche für Analysezwecke nahtlos ineinandergreifen.

Um qualitätstechnisch fit für die Zukunft zu sein, führt sowohl normentechnisch wie auch produktionstechnisch kaum ein Weg an einer leistungsstarken Softwarelösung, wie CAQ.Net, vorbei. Neben der Erfüllung von Normenvorgaben, welche selbstverständlich auch einen eigenen betriebswirtschaftlichen Wert für Unternehmen haben, spiegelt sich der Einsatz solch einer Lösung darüber hinaus in Form einer wesentlichen Optimierung der Wirtschaftlichkeit durch geringere Fehlerquoten und effizientere Prozesse wider. www.caq.de

Digitalisierung von Shop Floor bis Top Floor

Softwarelösungen für die Lebensmittelindustrie

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