VOM LEBEN LERNEN
Königlicher Rat Horror-Großmeister Stephen King erklärt, wie man einen Roman verfasst. Und liefert damit gleichzeitig einen Ratgeber für ein spannendes Dasein. Text JAKOB HÜBNER
Ü
ber 400 Millionen verkaufte Bücher, rund 70 Kino- und TV-Ver filmungen, geschätzte 420 Millionen Dollar Privatvermögen – kein Zweifel, Stephen King ist einer der erfolgreichsten und reichsten Schriftsteller aller Zeiten. Da herrscht Einigkeit. Ganz anders sieht es hingegen bei der Frage aus, ob Stephen King auch ein guter Schriftsteller ist. Hier scheiden sich die Geister. Tatsächlich gibt es jede Menge nachweislich gebildete Menschen, die
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King für eine Art Hohepriester der trivialen Reißbrettliteratur halten. Wenn sie an deinem Billy-Regal entlangschlendern und darin mehrere King- Romane orten, lüpfen sie selbstgefällig eine Augenbraue und sagen: „Stephen King? Echt jetzt …?“ Diese Menschen verbinden meist drei Gemeinsamkeiten. Erstens: Sie haben noch nie ein Buch von Stephen King gelesen. Zweitens: Sie betrachten (zumindest in diesen Dimensionen) kommerziellen
Erfolg und künstlerische Integrität als unvereinbar. Und drittens: Sie irren sich. Was würde man über einen Leichtathleten sagen, der den 100-Meter-Sprint genauso souverän beherrscht wie die 1500 Meter, die 10.000-Meter- Langstrecke und die Marathon-Distanz? Vermutlich: Der Mann weiß, wie man läuft. Nun, Stephen King weiß, wie man schreibt. Präziser for muliert: Er weiß, wie man was schreibt – und diese instink tive Fähigkeit beschränkt sich keineswegs nur auf die an gestammten Jagdgründe des „Königs des Horrors“. Seine über 100 Kurzgeschichten und Novellen (beim Heyne Verlag in feine Sammelbände gepackt) zeichnen sich nicht nur durch einen geradezu THE RED BULLETIN
VINZ SCHWARZBAUER
GUIDE Lesestoff