MAMPFLA 2020 Juli

Page 44

Aufenthalt in Chile Life without adventures would be deadly dull. – Robert Baden Powell Am 19. September 2019 war es endlich so weit. Mein bisher größtes und lang ersehntes Abenteuer ging endlich los – meine Reise nach Chile. Bereits seit vielen Jahren war es mein Traum, nach der Schule dort ein Auslandsjahr zu verbringen, um meiner Leidenschaft – den Pferden – nachgehen zu können. Doch bereits einen Monat nach meiner Ankunft brachen in Chile soziale Unruhen aus. Auslöser dafür war, dass die ohnehin schon teuren Metropreise in der Hauptstadt Santiago um weitere 30 chilenische Pesos erhöht wurden (ca. 4 Cent zu diesem Zeitpunkt). Dies mag zwar eine kaum nennenswerte Summe sein, war aber das entscheidende Tröpfchen, welches das Fass zum Überlaufen brachte. Tausende Menschen, darunter vor allem junge Erwachsene und Studenten, versammelten sich, um auf den Straßen für ihre Rechte zu demonstrieren. Die größte „Manifestación“ fand am Freitag, dem 25. Oktober 2019 in Santiago statt (eine Woche nach dem Ausbruch der Unruhen), bei welcher rund 1,2 Millionen Menschen aus allen Altersgruppen beteiligt waren. Doch leider liefen nicht alle Demonstrationen so friedlich ab wie diese. Viele junge Menschen äußerten ihren Unmut über die staatliche Verfassung, die noch aus Zeiten der Militärdik42

tatur (1973 – 1990) stammt, durch Gewalt und Vandalismus. Das öffentliche Verkehrssystem wurde manipuliert, Metrostationen und ganze Gebäude in Brand gesteckt. Die Reaktion des Präsidenten darauf: Der Notstand wurde ausgerufen und das Militär und die Polizei auf die Straßen geschickt, um für „Ruhe und Ordnung“ zu sorgen. Doch die junge Generation, die anders als ihre Eltern und Großeltern inzwischen die Chance hat, eine Universität besuchen zu können, ließ sich davon nicht abschrecken. So kam es schließlich in ganz Chile zu gewaltvollen Auseinandersetzungen zwischen der Bevölkerung und der Exekutive des Staates, bei welchen es zum Einsatz von Tränengas und den bekannt gewordenen Gummigeschossen kam. Einige hundert Jugendliche verloren dabei ihr Augenlicht, andere sogar ihr Leben. Ich persönlich hatte zu diesem Zeitpunkt das Glück, etwa 900 km südlich von Santiago bei einer Familie zu wohnen, die sich nicht bei den Protesten involvierte. Demnach war ich auch nur auf meinem Arbeitsweg oder beim Einkaufen im nächstgelegenen Ort davon betroffen. Etwa einen Monat nach dem Ausbruch der Manifestaciones, entschied ich mich an einem freien Tag dazu, einen Ausflug in die Landeshauptstadt Puerto Montt zu unternehmen. Wie erwartet, waren auch hier die Spuren der Proteste überall zu sehen


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.