ANDERSEN - EIN MÄRCHENHAFTES LEBEN Textbuch

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ANDERSEN

Ein märchenhaftes Leben

Musik und Gesangstexte von Frank Loesser Neues Buch von John Fearnley, Beverly Cross & Tommy Steele Nach dem Samuel-Goldwyn-Film „Hans Christian Andersen“

Deutsch von Sabine RuMlair (Gesangstexte) und Jürgen Hartmann (Dialoge) (2020)

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02/22 Textbuch

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Hauptrollen:

Hans Christian Andersen

Peter, sein Lehrling (Spielalter ca. 12/13 Jahre)

Madame Doro, Primaballerina des Königlichen Balletts in Kopenhagen

Niels, ihr Mann; Solotänzer und Choreograph

Otto, Impresario der Ballettcompagnie

Nebenrollen

In Odense

Erwachsene: Schulmeister, Bürgermeister, Herr Olsen, Dr. Foss, Prof. Pfeiffer, Dorfbewohner

Kinder: Anna, Gudrun, Ingrid, Karin, Laura; Arne, Finn, Georg, Karl (Erweiterung der Kinderbesetzung ad lib. möglich)

Ballett oder Pantomime „Die kleine Meerjungfrau“

Erzähler (= Hans), Meerhexe (optional, vorzugsweise als Männerrolle; sonst vom Erzähler rezitiert bzw. von Hans dargestellt), Die alte Mutter des Meerkönigs, Prinz, Fremde Prinzessin, Tänzer*innen

In Kopenhagen

Erwachsene: Kapitän Truls, Fischverkäufer, Fleischverkäufer, Milchmann (Heinrich), Frau Arboe, Gemüseverkäufer (Gustav), Celine (Zofe von Madame Doro), Polizist, Rik (Inspizient), Frau Olsen, Frau Holm, Frau Hofgaard, Herr Holm (Herausgeber der Berlingske), weitere Stadtbewohner

Kinder: Streichholzverkäuferin, Elsa; Ludwig, Lars, zwei Zeitungsjungen, Schornsteinfeger (Erweiterung der Kinderbesetzung ad lib. möglich)

Die Erwachsenen und Kinder in Odense bzw. Kopenhagen können natürlich von denselben Darstellern verkörpert werden.

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ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

1
2 1. Akt .............................................................................................................................................................................................. 3 Szene 1 3 [Dorfplatz in Odense] 3 #1 – Hans Christian Andersen ...................................................................................................................................... 3 #2 – Däumelinchen 8 #2A – Abgang der Kinder............................................................................................................................................. 14 #3 - Raupe 16 #4 – Hans Christian Andersen (Reprise) ............................................................................................................. 20 [Übergang nach Kopenhagen] 20 #4A – Der Marktplatz 22 [Kopenhagen] ......................................................................................................................................................................... 22 #4B – Aufbau des Verkaufwagens 27 #5 – Königin, Königin Kopenhagen......................................................................................................................... 28 #5A – Hans Christian Andersen – Abgang 36 #5B – Ballettprobe .......................................................................................................................................................... 37 #6 – Tanz der Prinzessin 38 #6a – Der Kuss 41 #7 – Nie zuvor ................................................................................................................................................................... 45 #8 – Gleich wohin ich gehe 49 #8a – Finale Akt 1 ............................................................................................................................................................ 56 2. Akt 57 #8b – Einleitung Akt 2 (instrumental) .................................................................................................................. 57 [Der Marktplatz in Kopenhagen] 57 #9 – Einleitung Akt 2 (Königin Kopenhagen – Reprise) ............................................................................... 57 #10 – Das hässliche Entlein 61 #11 – Zweite Fantasie (Nie zuvor) .......................................................................................................................... 65 #12 – Tick-Tock 72 #13 – Gleich wohin ich gehe (Reprise) 79 Szene 2 79 Szene 3: Ballett „Die kleine Meerjungfrau“ 82 #14 – Die kleine Meerjungfrau ................................................................................................................................. 83 Szene 4 89 #15 – Des Kaisers neue Kleider ................................................................................................................................ 91 #16 – Finale ultimo 97 #17 - Verbeugungen ....................................................................................................................................................... 97 NURZUR ANSICHT NICHTFÜRVERTRIEBAUFFÜHRUNGEN DURCH MUSIKUNDBÜHNE www.musikundbuehne.de

Zeit: In den 1830er Jahren

Ort: Die Stadt Odense in Dänemark Szene 1

[Dorfplatz

in Odense]

Die Bühne stellt einen Dorfplatz dar. Links – in einer Diagonale – ist die Tür zum Rathaus, hinten in der Mitte die Fassade des Schulhauses. Vorne rechts ist die Schuhmacherei von Hans, dahinter (aber für das Publikum sichtbar) steht sein zweirädriger Wagen, der die gesamte Ausstattung des Schusters fass en kann –der mittelgroße Wagen eines fahrenden Händlers, der von einem Dreizehnjährigen geschoben oder gezogen werden kann. Wir können durch die Wand des Schulhauses hindurchsehen; alles, was sich dort abspielt, muss vollständig sichtbar sein. Das Gleiche gilt für die Schuhmacherei. Auftrittsmöglichkeiten sind vor und hinter dem Schulhaus und vor dem Rathaus links.

Wenn der Vorhang aufgeht, ist die Bühne noch dunkel. Dann erscheint HANS CHRISTIAN ANDERSEN im Spot, der sich während seines Gesangs erweitert.

HANS

(ICH) BIN HANS CHRISTIAN ANDERSEN

DER SCHUSTER, DEN JEDER KENNT

DENN NEBEN DEM SCHUSTERN H AB ICH FÜR

GESCHICHTEN EIN TALENT

ICH FLICKE SOHLEN UND LEIME HOLZ

BEI MIR IN DER SCHUSTEREI

DOCH NUR, WENN ICH NICHT BESCHÄFTIGT BIN

MIT DEM ZINNSOLDAT UND DER NACHTIGALL

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UND DER MÄRCHENDICHTEREI

BIN HANS CHRISTIAN ANDERSEN, ANDERS ABER FREI!

(Während der Song weitergeht, enthüllt das zunehmende Licht nach und nach die Stadt. Die KINDER kommen leise herein und HANS versammelt sie um sich )

Ein märchenhaftes Leben

3
ANDERSEN –
1. Akt
#1 – Hans Christian Andersen

(HANS)

VON HANS CHRISTIAN ANDERSEN

HÖRT IHR DIESE SELT ‘ NE MÄR :

EIN EINSAMES TISCHLEIN RUFT AUS :

„ EIN STÜHLCHEN FEHLT MIR SEHR! “

UND JUST, IM NU, K O M MT EIN STUHL HINZU

MIT BRAUTKLEID UND KRANZ IM HAAR

DA S PRICHT DAS TISCHLEIN IN ERNSTEM TON :

„ NUN ICH SAGTE NICHT, ICH VERMÄHLE MICH

ABER SITZEN MÖCHT‘ ICH JA ! “

KINDER

DER HANS CHRISTIAN ANDERSEN

ANDERSEN IST DA

HANS

ICH SCHREIBE TÄGLICH EIN SPRÜCHLEIN AUF

UND STECK ‘ ES IN DEN HUT

DER WIND BLÄST, SCHNAPP, UND DER HUT HEBT AB

UND WISST IHR, WAS ER DANN TUT?

ER SEGELT UM DIE GANZE WELT

BIS DER WIND IHN WIEDER ZU MIR TREIBT

ICH NEHME IHN UND ICH LES ‘ DEN SPRUCH

DEN ICH SCHLICHTWEG ZUR ERINNRUNG SCHREIB:

(ICH) BIN HANS CHRISTIAN ANDERSEN, MEIN STIFT SPRUDELT VOR SICH HIN

GESTATTEN, HIER SEHN SIE, DER HERR

MEIN NEUSTES WERK MIT SINN

EIN MÄRCHEN VON EINEM SIMPEL IST´S

EIN DUMMKOPF MIT HAAR UND HAUT

SIE LACHEN, HA, UND ERRÖTEN LEICHT

DA ZUM LESEN SICH D AS B EDENKEN SCHLEICHT

OB DAS BUCH SIE WOHL DURCHSCHAUT?

KINDER

DER HANS CHRISTIAN ANDERSEN

HANS

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BIN EIN ZINNSOLDAT

KINDER

IST EIN ZINNSOLDAT

4

HANS

EINE NACHTIGALL

KINDER

EINE NACHTIGALL

HANS

KINDER

HANS

KINDER

BIN EIN MÄRCHENDICHTER ICH !

IST EIN MÄRCHENDICHTERICH

DER HANS CHRISTIAN ANDERSEN BIN ICH !

SO NENNT MAN DICH !

NURZUR ANSICHT

(Am Ende des Songs führt HANS die KINDER rund um die Bühne im Stil des Rattenfängers von Hameln. Das endet vor der Schuhmacherei rechts. Jetzt beginnt die eigentliche Handlung. – Der SCHULMEISTER, ein trockener, verärgerter, schlaganfallgefährdeter kleiner Mann – ganz das Gegenteil vom entspannten HANS – erhebt sich von seinem Tisch im Schulhaus, schaut auf seine Taschenuhr, freut sich, dass es Zeit für die Schule ist und nimmt eine große Handglocke, die er läutet, nachdem er die Tür geöffnet hat. Die KINDER bemerken es gar nicht. ER nähert sich ihnen und läutet erneut, aber die KINDER versammeln sich nur noch näher um HANS. Wütend geht der SCHULMEISTER ins Schulhaus zurück, legt die Glocke auf seinen Tisch, nimmt seinen Hut von einem Haken an der Tür, geht nach links und in das Rathaus.)

HANS

(bemerkt nichts von all dem)

Also gut, also gut – was ist gestern geschehen?

INGRID

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Matilda war die böse Meerjungfrau.

HANS

Wirklich? Das hatte ich ganz vergessen. Aber Matilda ist doch gar nicht böse!

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

5

KARL (er ist ein Realist)

Sie hat doch nur so getan.

HANS

Das stimmt. Sie hat nur so getan. Und heute?

GUDRUN

Du hast versprochen, dass sie heute die Kaiserin von China ist!

HANS

Ganz recht. Und sollte nicht jemand das Kleid für die Kaiserin von China mitbringen?

(ER holt eine nackte Puppe, die eine Krone trägt, aus dem Laden. Anscheinend haben die MÄDCHEN das Kleid für die Puppe vergessen. Es entsteht Verwirrung, sie beschuldigen sich gegenseitig)

MÄDCHEN (untereinander, ad lib.)

Du hast gesagt, du bringst was mit! – Stimmt ja gar nicht! Du wolltest doch - Du hast gesagt, dass deine Mutter in ihrer Kommode jede Menge Stoff hat und jetzt… (usw.)

GUDRUN (mit Nachdruck)

Anna wollte ein Kleid mitbringen.

INGRID

Das stimmt. Ich weiß es genau. (ad lib.)

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MÄDCHEN

Ja, genau! – Es war Anna… - Ja, ja, ja… (usw.)

6

JUNGEN

(beteiligen sich an der Neckerei, singen)

Anna, Anna, geh zu deiner Mama…

HANS

Also, das reicht jetzt! Man kann doch mal was vergessen (Die KINDER werden ruhig, ANNA weint leise)

ARNE

HANS

Und wir waren alle mal klein, oder? Na? Ist das richtig?

(widerstrebend)

Wahrscheinlich schon.

Allerdings, Arne Olsen!

(ER holt ein großes Taschentuch heraus)

Hier, Anna. Putz dir die Nase.

(ER hilft ihr dabei)

NURZUR ANSICHT

Dann nehmen wir uns die Kaiserin eben für morgen vor

(Während ER spricht, legt er die Puppe zurück in den Laden und kehrt dann zu der Gruppe zurück)

Heute haben wir sowieso etwas Wichtigeres zu tun. Es ist manchmal schwer, in einer Welt zu leben, die von doppelt so großen Leuten regiert wird, stimmt’s?

KINDE R (ad lib)

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Ja, ja! – Ganz bestimmt! – Oh ja…(usw.)

HANS

Und auch wenn ihr jeden Tag ein bisschen größer werdet, es dauert ewig.

Leben

7 ANDERSEN
– Ein märchenhaftes

ANNA

(gibt ihm sein Taschentuch mit einem Seufzer zurück)

Oh ja…

KINDER

(seufzen zustimmend)

Ja!

HANS

Es gibt aber ein Kind, das noch viel, viel kleiner ist als du, Anna. Sie heißt Däumelinchen, weil sie nur so groß ist wie mein Daumen.

#2 – Däumelinchen

(vor allem zu Anna)

DÄUMELINCHEN, DÄUMELINCHEN, ZARTES, FEINES DING, DÄUMELINCHEN, TANZ! DÄUMELINCHEN, SING!

OH DÄUMELINCHEN, KLEIN ZU SEIN IST KEIN SO SCHLIMMES LOS IST DEIN HERZ VOLL LIEBE, BIST DU METERGROß

EIN MÄDCHEN WIE EIN FINGERHUT

KINDER

FINGERHUT

HANS

FINGERHUT

KINDER

FINGERHUT

HANS

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FINGERHUT

KINDER

FINGERHUT

8
NURZUR ANSICHT

HANS

MEIN DÄUMELINCHEN, FASSE MUT

KINDER

FA SSE MUT

HANS

NUN, NUN, NUN

OH, OH, OH

SEI MIR GUT!

KINDER

DÄUMELINCHEN, AH AH AH DÄUMELINCHEN

KLEIN, DOCH GROß

(HANS nimmt ANNA hoch, setzt sie auf seine Schultern und führt alle KINDER im Rattenfänger -Stil rund um die Bühne)

HANS

EIN MÄDCHEN, KLEIN WIE MEINE ZEH´N

KINDER

MEINE ZEH ‘ N

HANS

MEINE ZEH ‘ N

KINDER

MEINE ZEH ‘ N

HANS

MEINE ZEH ‘ N

MEIN DÄUMELINCHEN STRAHLT SO SCHÖN

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KINDER

STRAHLT SO SCHÖN

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

9

HANS

KOMMT SIE SEHN

KOMMT SIE SEHN

HANS UND KINDER

KOMMT SIE SEHN , OH OH OH

DÄUMELINCHEN, DÄUMELINCHEN, ZARTES, FEINES DING, DÄUMELINCHEN, TANZ! DÄUMELINCHEN, SING!

OH DÄUMELINCHEN, KLEIN ZU SEIN IST KEIN SO SCHLIMMES LOS

IST DEIN HERZ VOLL LIEBE, BIST DU METERGROß

(PETER, ein ernster Junge, 12 oder 13 Jahre alt, kommt von links auf die Bühne gelaufen. Er ist der Lehrling von HANS)

PETER

Hans! Hans! Wir sitzen in der Tinte!

HANS Was?

PETER

Ganz tief in der Tinte! Der Lehrer war beim Bürgermeister, und ... Oh je, da kommen sie schon.

(Die KINDER sind außer sich)

LAURA

Verwandle dich in einen Baum, Hans! Mach schnell!

ANNA

Oder in ein Rotkehlchen!

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FINN

In einen Tiger!

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GEORG

Nein – ein Löwe ist stärker! Verwandle dich in einen Löwen!

KARIN

Beeil dich, Hans! Beeilung!

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HANS

Das geht nicht. Die sind nicht wie wir.

SCHULMEISTER

Schaut, Bürgermeister, schaut nur. Da sind sie, alle miteinander.

HANS

Guten Tag, Herr Bürgermeister.

SCHULMEISTER

Sie spielen! Und dabei sollten sie in der Schule sein! Und die Bücher liegen auf der Straße, der schmutzigen.

(ER nimmt ein Buch vom Boden)

Die Geschichte Dänemarks!

HANS

Jedes Geschichtsbuch, aus welchem Land auch immer, kann ein wenig frische Luft und nahrhafte Erde vertragen. Habt ihr schon von dem Schulbuch gehört, das Urlaub machte und als viel besseres Buch zurückkam?

KINDER (lachend)

Ja! Ja!

KAR L

Ich weiß! Das ist auch ein Geschichtsbuch.

SCHULMEISTER

(ER nimmt eine Tafel)

Da sehen Sie, welche Flöhe er ihnen ins Ohr setzt!

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BÜRGERMEISTER

(nimmt die Tafel, liest)

„Arithmetik: Eine Zwei trifft eines Tages eine Vier. Tanzend reisen sie ab und heiraten. So werden sie Herr und Frau Sechs.”

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

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KARL (hat seine Lektion gelernt)

Weil vier und zwei sechs sind!

HANS

Pssst! Karl!

KARL

Stimmt doch aber!

HANS

Ja, schon, Karl, aber pssst!

SCHULMEISTER

Das ist doch unerhört!

HANS (freundlich)

Aber Schulmeister, es gibt viele unterschiedliche Möglichkeiten, etwas zu lernen.

SCHULMEISTER

Bleib du bei deinen Leisten, Schuster, und ich trage Sorge für das Klassenzimmer.1

HANS

Ach, Schulmeister, gibt es auf dieser Welt nicht mehr als Klassenzimmer und Schuhe? Passen Sie auf. Da sind ein Stück Kreide und eine Tafel. Jahrelang schreibt die Kreide viele, viele Dinge auf die Tafel. Und schließlich denkt sie, dass sie alles weiß. Da wird die Tafel so böse2, denn sie weiß: Gäbe es sie nicht, könnte niemand etwas aufschreiben, und deshalb würde niemand etwas wissen, und deshalb sei es sie selbst, die Tafel, die alles weiß.

(ALLE sind sehr aufmerksam, hängen HANS an den Lippen)

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Und ganz zufällig, eines Tages, lässt der Schulmeister das Stück Kreide fallen, und es landet ausgerechnet direkt neben dem Stift, den es immer angehimmelt hat. Für ein Stück Kreide ist ein Stift nämlich etwas ganz Besonderes. Und was, glauben Sie, geschieht?

1 hier ausnahmsweise „du“ wegen des Bezugs zum Sprichwort .

2 dieses „so“ plus Adjektiv (ohne folgenden Bezug) ist typisch für Andersens Märchen.

12
NURZUR ANSICHT

HERR OLSEN (beflissen)

Was denn?

SCHULMEISTER (gewinnt seine Fassung zurück)

Was soll das? Seid ihr alle verrückt geworden? Wollt ihr etwa auch hier herumstehen und seine Geschichten anhören? Was soll das?

BÜRGERMEISTER

Und was erwarten Sie von mir? Soll ich ihn fesseln und knebeln? Ihn aus der Stadt verjagen? Seien Sie doch vernünftig, Schulmeister!

SCHULMEISTER

NURZUR ANSICHT

Ich bin durchaus und vollkommen vernünftig. Also gut – Sie haben die Wahl. Entweder Hans Christian Andersen verlässt diese Stadt, oder ich tue es. So einfach ist das.

BÜRGERMEISTER

Also wirklich, Schulmeister, dann und wann eine kleine Geschichte – natürlich nicht während der Schulstunden…

SCHULMEISTER (unterbricht)

Es handelt sich nicht um „dann und wann“! Er macht das ständig! Nicht nur heute – sondern täglich. Wenn die Kinder zu spät sind, versorgt er sie mit Ausreden… „Die Schneekönigin hat mich zum Bergkönig mitgenommen“… Glauben Sie, so etwas fällt den Kindern von alleine ein?

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Das stimmt, Bürgermeister. Gestern fragte ich meine kleine Tochter nach der Uhrzeit, und sie sagte: „Der Minutenzeiger und der Stundenzeiger sprechen gerade nicht miteinander. Sie sind nämlich beide so verliebt in den Sekundenzeiger. Und sie vertragen sich erst wieder, wenn sie sich um zwölf Uhr treffen – und bis dahin kann niemand sagen, wie spät es ist“

Leben

13 ANDERSEN
– Ein märchenhaftes
DR. FOSS

HERR OLSEN (bewegt)

Also… Mir gefällt das.

SCHULMEISTER

Es gefällt Ihnen! Sie zahlen Ihre Steuern für die Schule! Nicht für einen Schuster, der den Kindern den Kopf mit Unsinn abfüllt!

PETER (mischt sich ein)

Aber die Geschichten von Hans sind gut! Die Kinder lernen etwas daraus! Verstehen Sie doch, Herr Bürgermeister, es ist kein Unsinn.

HANS

Bitte, Peter. Das reicht.

SCHULMEISTER

(schiebt PETER zur Seite)

Ich erwarte Ihre Entscheidung alsbald, Herr Bürgermeister, denn ich werde meine Abreise vorbereiten müssen. Morgen müssen Sie sich entweder einen neuen Schuster oder einen neuen Lehrer suchen. Kommt, Kinder!

(Der SCHULMEISTER geht dramatisch in die Schule ab)

BÜRGERMEISTER

Lauft, Kinder. Tut, was der Schulmeister euch sagt.

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#2A – Abgang der Kinder

(Die KINDER folgen der Aufforderung)

PROF. PFEIFFER

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Ich fürchte, wir haben keine Wahl. Vielleicht hat der Schulmeister recht. Letzte Nacht erwischte ich meinen Jungen, als er sich mit einem Stern unterhielt. Das hat mir einen ziemlichen Schreck eingejagt.

14

Haben Sie ihm denn zugehört? Vielleicht hat ihm Hans etwas über die Sterne beigebracht. Vielleicht hat Hans ihm erzählt, wie das ist mit den Sternen und dem Mond. Vielleicht…

BÜRGERMEISTER

Ruhe jetzt, es ist gut! Wir versammeln uns heute Nachmittag im Rathaus und treffen eine Entscheidung.

HANS

(beiseite zum KOMITEE)

Es wäre schrecklich, wenn er fortginge. Noch nie hatte ich so bequeme Schuhe.

(wendet sich an HANS)

Hans, wir sprechen uns noch vor dem Abend.

(ALLE ab, außer HANS und PETER. HANS beschäftigt sich mit einem Schuh, PETER sieht ihm gedankenvoll zu)

(ohne PETER anzusehen)

Hör auf, den Kopf zu schütteln, Peter. Ich kann das im Nacken spüren.

(wendet sich an PETER)

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Niemand auf der Welt macht sich so viele Sorgen wie du.

(PETER wendet sich von HANS ab. Gedankenverloren pflückt er eine Margerite aus dem Beet, das den Laden umgibt)

Ich sage dir jetzt etwas, worüber du dir wirklich Sorgen machen solltest, Peter. Als ich dich vor zwei Jahren aus dem Waisenhaus holte, habe ich denen dort versprochen, einen richtigen Schuster aus dir zu machen. Und nun schau dir diesen Schuh an! Die Nägel schief, der Leim verschmiert…

PETER

So schlecht bin ich auch wieder nicht, oder?

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HANS

Zwei ganze Jahre – und du schlägst die Nägel immer noch schief ein. Vielleicht wärst du im Waisenhaus besser aufgehoben. Findest du nicht?

15 ANDERSEN –
Ein märchenhaftes Leben PETER

PETER

(vergisst sofort alles andere)

Nein, Hans! Du schickst mich doch nicht ins Waisenhaus zurück. Oder?

HANS

Aha! Eine neue Wolke erscheint auf deiner Stirn. (Musik beginnt.)

Bist du denn sicher, dass du ein Schuster werden willst? Schließlich hattest du keine Wahl, zufällig habe ich dich eben aus dem Waisenhaus geholt. Du kannst deine Meinung noch ändern. Bist du dir wirklich sicher?

KINDER

ZWEI PLUS ZWEI SIND VIER VI ER PLUS VIER SIND ACHT

(Der Gesang setzt sich während des Dialogs fort)

ACHT PLUS ACHT SIND SECHZEHN SECHZEHN PLUS SECHZEHN SIND ZWEIUNDDREI(ßIG)

PETER

Natürlich bin ich sicher, Hans. Ich will nichts anderes sein. Ich bin gerne Schuster! Ich liebe diese Werkstatt.

KINDER

ZWEI PLUS ZWEI SIND VIER VIER PLUS VIER SIND ACHT

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16
#3 - Raupe

HANS

Das ist schön, Peter. Keine Sorge.

(HANS nimmt die Margerite von PETER)

ACHT PLUS ACHT SIND SECHZEHN SECHZEHN PLUS SECHZEHN SIND ZWEIUNDDREI(ßIG)

ZWEI PLUS ZWEI SIND VIER VIER PLUS VIER SIND ACHT

ACHT PLUS ACHT SIND SECHZEHN SECHZEHN PLUS SECHZEHN SIND ZWEIUNDDREI(ßIG)

ZWEI PLUS ZWEI SIND VIER VIER PLUS VIER SIND ACHT

ACHT PLUS ACHT SIND SECHZEHN SECHZEHN PLUS SECHZEHN SIND ZWEIUNDDREI(ßIG)

Schau, wie beflissen und besorgt diese Raupe ihr Leben verbringt. Daraus können wir vielleicht etwas lernen.

RAUPE, RAUPE

MISST DIE MARG E RITEN AUS

DU UND DEINE RECHENKUNST IHR BRINGT ES SICHER WEIT

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RAUPE, RAUPE MISST DIE MARG E RITEN AUS

BREMSE DICH, VERPASSE NICHT DIE SCHÖNHEIT DEINER ZEIT .

(Die KINDER hören auf zu singen, die Musik geht weiter. HANS lässt die Blume mit der Raupe fallen. ER geht nach hinten zum Schulhaus und beobach tet die KINDER durch die offene Tür. Der SCHULMEISTER sieht ihn und schlägt die Tür vor seiner Nase zu. Da die Tür für uns durchsichtig ist, können wir weiter die KINDER und die gemischten Gefühle beobachten, die sich auf dem Gesicht des SCHULMEISTERS abzeichnen.)

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PETER (nimmt wieder die Margerite)

RAUPE, RAUPE

MISST DIE MARG E RITEN AUS

DU UND DEINE RECHENKUNST

IHR BRINGT ES SICHER WEIT

Ein märchenhaftes Leben

17 ANDERSEN

HANS & PETER

RAUPE, RAUPE MISST DIE MARG E RITEN AUS BREMSE DICH, VERPASSE NICHT DIE SCHÖNHEIT DEINER ZEIT.

KINDER

ZWEI PLUS ZWEI SIND VIER VIER PLUS VIER SIND ACHT ( ETC .)

HANS

(kommt nach vorn zu PETER)

Weißt du, Peter, ein Lehrer zu sein ist auch nicht einfach. Hör ihnen zu. Immer dasselbe. Und nicht nur den ganzen Tag, sondern jeden Tag, das ganze Jahr hindurch. Wie kann man Zahlen für die Kinder interessant machen, sie leuchten lassen?

(Gesang und Musik blenden aus)

Um das zu schaffen, muss man viel bessere Geschichten erzählen als ich.

PETER

Oh nein, Hans! Du erzählst die besten Geschichten auf der ganzen Welt.

HANS

Eigentlich sollte die Stadt groß genug für uns beide sein.

PETER

Da ist er anderer Meinung.

HANS

Das kann man wohl sagen.

(HANS geht zum Laden und nimmt eine Reisetasche aus dem Regal)

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PETER

Die Kinder würden dich vermissen.

HANS

Ich werde sie auch vermissen. Aber es ist besser, wir gehen.

18

PETER

Wir? Nimmst du mich denn mit?

HANS

Natürlich.

(ER geht zu PETER und hält die Tasche hoch)

Ist es nicht merkwürdig? Man will zwar nie fortgehen, aber wenn es sein muss, ist es ganz einfach. Alles, was ich besitze, ist in dieser kleinen Tasche . Außer meinem Werkzeug natürlich. Aber die ganze Werkstatt würde auf diesen Wagen passen, oder?

PETER

Ja – die ganze Werkstatt.

HANS

Na, dann beeil dich mit dem Packen.

PETER

(während ER die Werkzeuge aus dem Laden holt und den Karren zu beladen beginnt)

Aber wo gehen wir hin?

HANS

(Er nimmt ein Stück Pappe aus dem Karren und schreibt darauf)

Hm… Vielleicht in eine größere Stadt. Ich glaube, wir sollten in eine Stadt gehen, wo die Leute vornehme Schuhe tragen. Die gehen nämlich schneller kaputt.

PETER

Das finde ich gut.

HANS

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Habe ich mir gedacht. Bist du fertig?

PETER

Ja

es ist alles auf dem Wagen, außer meiner Jacke.

19 ANDERSEN
– Ein märchenhaftes Leben

HANS

Dann hol sie. Ich hänge nur noch dieses Schild ins Fenster. „Hans Christian Andersen – jetzt in Kopenhagen!“

PETER

Kopenhagen! Schaffen wir das?

HANS

Was für eine Frage! Schließlich bin …

[Übergang nach Kopenhagen]

ICH HANS CHRISTIAN ANDERSEN

UND DIES IST EIN GUTER TAG

IM MAGISCHEN MONAT APRIL

WENN NIEMAND SCHEITERN MAG.

MEIN HOSENBEIN HAT EIN LOCH, NICHT KLEIN

MEIN GELDBEUTEL WIE GT NICHT SCHWER

(DOCH) IN MEINER WELT WERD ICH SPRING - INS - FELD

EIN KARTOFFELKLOß IN DER BRATENSOß ‘

UND EIN GREISE R MILLIONÄR

BIN HANS CHRISTIAN ANDERSEN, JA DER !

Während HANS singt, schließt sich der Vorhang hinter ihm und PETER. Zwei DORFBEWOHNER kommen von links und gehen rechts von HANS und PETER wieder ab. Sie grüßen sich. Während der letzten Takte des Refrains bewegen sich HANS und PETER langsam nach links – auf dem Weg nach Kopenhagen, alles bestaunend, als wenn sie ins Wunderland unterwegs wären.

(MUSIK – Übergang)

Weitere DORFBEWOHNER gehen von links nach rechts. ZWEI SEEMÄNNER kommen von rechts und gehen nach links an HANS und PETER vorbei. Ihnen folgt TRULS, ein Kapitän. Er bleibt stehen und beobachtet, wie langsam HANS und PETER vorankommen.

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TRULS (zu HANS und PETER)

Guten Tag.

20
#4 – Hans Christian Andersen (Reprise)

HANS

Guten Tag, Kapitän.

TRULS

Wo wollt ihr hin?

PETER Kopenhagen!

HANS

Wir sind Schuster von Beruf und wir wollen unser Glück versuchen.

PETER (großspurig)

Und sehen, ob wir gut genug für Kopenhagen sind.

HANS

Peter! Also, wir wollen in der Stadt unser Glück versuchen.

TRULS

Weshalb auch nicht?

HANS

Sie glauben, wir schaffen das?

TRULS

Andere haben’s geschafft, warum nicht ihr? Bei diesem Tempo werdet ihr allerdings nie dort ankommen. Los, ich helfe euch.

(ER schiebt den Wagen gemeinsam mit PETER und sie gehen links ab. Mehr LEUTE kommen von links und gehen nach rechts. Man bemerkt an ihrem Aussehen, dass wir nun in der Stadt sind. Ein FISCHVERKÄUFER kommt von rechts, ein FLEISCHVERKÄUFER von links. Sie begegnen sich.

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ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

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#4A – Der Marktplatz

FISCHVERKÄUFER

Fisch! Fisch! Frisch! Fisch!

FLEISCHVERKÄUFER

Wurstwaren – Wurstwaren – feine Wurstwaren!

Vorhang öffnet sich vor: [Kopenhagen]

Kopenhagen, der Marktplatz. Am Vormittag.

Vorne links der MILCHMANN mit seinem Wagen. Hinter ihm der Gemüse- und Obststand mit dem GEMÜSEVERKÄUFER. Zwischen den beiden Ständen ist genug Platz, damit HANS‘ Wagen hindurchpasst. Der Gemüsestand steht an einer Fußgängerbrücke, die mindestens einen Meter hoch ist und von links außerhalb der Bühne auf deren Mitte führt. Rechts von der Mitte ist ein großes Podest mit einer Statue des Königs. Auftrittsmöglichkeiten gibt es auf beiden Seiten in den Gassen 1, 2 und 3. Menschen, die von rechts Gasse 3 auftreten, können hinter dem Denkmal vorbei zwischen diesem und der Brücke nach vorne kommen.

ZWEI ZEITUNGSJUNGEN

(kommen von beiden Seiten und bewegen sich gegenläufig, abwechselnd rufen. ACHTUNG – die folgenden Rufe sind musikalisch gestaltet)

Berlingske! Neu!3

Berlingske! Neu!

(Jemand kauft eine Zeitung)

STREICHHOLZVERKÄUFERIN ( MÄDCHEN)

Zündholz! Zündholz! Bitte kauft Zündholz!

Zündholz! Zündholz! Bitte kauft Zündholz!

MILCHMANN

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Milch – Milch – Milch – Milch!

3 Die Berlingske ist die älteste heute noch erscheinende dänische Tageszeitung. Sie wurde von Ernst Heinrich Berling gegründet und am 3. Januar 1749 in Kopenhagen unter d em Titel Kjøbenhavnske Danske Post -Tidender erstmals herausgegeben. 1833 erschien sie erstmals unter dem Namen Berlingske Politiske og Avertissementstidende (Wikipedia).

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SCHORNSTEINFEGER ( JUNGE)

Schornstein frei – Schornsteinfeger!

Schornstein frei – Schornsteinfeger!

Schornstein frei – Schornsteinfeger

(Ein STRASSENREINIGER durchquert fegend die Menge. HANS, PETER und TRULS treten, den Karren schiebend, von links auf und bewegen sich nach Mitte rechts)

GEMÜSEVERKÄUFER

Blumenkohl, Blumenkohl! Erbsen, Bohnen!

(ER verkauft an einen Kunden, während er einen anderen zu gewinnen versucht)

Blumenkohl, Blumenkohl! Erbsen, Bohnen!

FLEISCHVERKÄUFER

Wurstwaren! Wurstwaren! Wurstwaren!

FISCHVERKÄUFER

Fisch!

FLEISCHVERKÄUFER

Wurstwaren! Wurstwaren! Wurstwaren!

FISCHVERKÄUFER

NURZUR ANSICHT

Fisch!

FLEISCHVERKÄUFER

Wurstwaren! Wurstwaren! Wurstwaren!

(FRAU ARBOE beschnuppert den Fisch und verzieht das Gesicht)

FISCHVERKÄUFER

FR ISCH(ER) FISCH !

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TRULS Da sind wir. Wie versprochen.

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

23

HANS (sieht sich um)

Wundervoll! Königlich!

PETER

Vielen Dank, Kapitän.

HANS

Ja. Vielen Dank.

TRULS

Nicht der Rede wert.

(MUSIK endet. Aufgeregte Bewegung entsteht zwischen den Leuten hinten rechts, und DORO tritt auf, gefolgt von CELINE, die DOROS Einkäufe trägt. DORO bewegt sich königlich von links nach rechts. SIE lächelt und spricht mit einigen Leuten, während sie vorbeigeht. HÄNDLER wollen ihr unbedingt ihre Waren zeigen. Der GEMÜSEVERKÄUFER gibt ihr einen Apfel oder einen Pfirsich. DOROs Weg führt sie an HANS vorbei. Spä ter überholt CELINE, in Eile, DORO und drängt sie zum Abgang rechts.)

HANS

Wer ist das?

TRULS

VERTRIEBAUFFÜHRUNGEN

NURZUR ANSICHT NICHTFÜR

Das ist unsere berühmte Madame Doro. Die Primaballerina des königlichen Balletts.

HANS (ehrfürchtig)

DURCH MUSIKUNDBÜHNE

Sie ist wunderschön!

(PETER kichert)

TRULS

Ach, du findest das lustig! Dich wird es auch bald erwischen, und dann sehen wir, wer zuletzt lacht.

HANS

Ich habe noch nie jemanden wie sie gesehen.

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TRULS

Und das wirst du auch in Zukunft nicht.

CELINE

Beeilen Sie sich, Madame. Wir sind spät dran, und Sie wissen, wie der Herr Direktor ist…

(DORO sieht HANS für einen Augenblick an, dann schaut sie wieder zu CELINE)

DORO

PETER

HANS

TRULS

Oh ja, das weiß ich nur zu gut. Ich komme.

(SIE gehen rechts ab. HANS, ganz bezaubert, will ihr nach)

Hans! Wo willst du denn hin?

NURZUR ANSICHT

Ich muss wissen, wohin sie geht. Ich habe sie doch gerade erst gefunden und darf sie nicht wieder verlieren.

Du findest sie im Opernhaus, Hans – und in der langen Reihe vor dir findet sich praktisch jeder männliche Einwohner von Kopenhagen. Und alle seufzen sie wie Schoßhündchen und hoffen darauf, dass Madame Doro sie nur einmal so anlächelt, wie sie dich eben angelächelt hat.

PETER

Wir haben zu tun, Hans. Wir müssen einen Platz für unsere Werkstatt finden.

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ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

25

HANS

Du hast Recht, Peter.

(ER schaut sich um)

Wie wäre es hier an diesem Denkmal?

TRULS

Das ist der König!

HANS

Dann gehören wir hierhin. Direkt unter den freundlichen und aufmerksamen Blick des Königs.

TRULS

Dann lasse ich euch mit ihm allein.

HANS

Danke, Kapitän. Auf Wiedersehen.

PETER

Danke, Kapitän.

TRULS

Mach’s gut, mein Junge. Mach’s gut, Hans, und ich wünsche euch alles Glück von ganz Dänemark!

(TRULS geht ab. HANS und PETER schieben den Wagen von rechts zu dem Denkmal)

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#4B – Aufbau des Verkaufwagens

POLIZIST

Was machen Sie da? Wer sind Sie?

HANS

DER HANS CHRISTIAN ANDERSEN

DER STOLZ JEDER SCHUSTERZUNFT

ICH HAB EINEN UMSTAND ERFORSCHT

DER TROTZT ALLER VERNUNFT

EIN SCHUH MACHT SQUIEK UND EIN SCHUH MACHT SQUAK

SQUIEK - SQUAK MACHT ER BEIM SPAZIERN

AUCH WENN ES HEIßT, SCHUHE SPRECHEN NICHT

LAUSCHT MAN AUFMERKSAM SEINEM SQUIEK UND SQUAK

HÖRT MAN IHN DOCH PROKLAMIERN

LASST HANS CHRISTIAN ANDE RSEN

MICH NUN REPARIERN.

(plötzlich beunruhigt)

Ist es verboten, hier unsere Werkstatt zu eröffnen, Wachtmeister?

POLIZIST

Nein – ich denke nicht. Wenn ihr respektvoll gegenüber dem König seid.

HANS

Aber sicher!

(der POLZIST lächelt PETER zu und geht ab. Er wird gegen Ende der Kopenhagen-Nummer wieder auftreten)

PETER

Sieh nur, Hans, wir haben es geschafft.

HANS

Hab ich dir doch gesagt!

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PETER

Ja, schon, nur richtig geglaubt habe ich es nicht

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

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HANS

Aber Peter, mit ein bisschen Vertrauen und einer Menge Fantasie kann fast alles gelingen – schau dich nur um, ist es nicht schön hier?

(MUSIK / Intro)

#5 – Königin, Königin Kopenhagen

PETER (träumerisch)

Wundervoll!

HANS

(ER singt zunächst mit Ehrfurcht, dann mit steigender Begeisterung. Während HANS singt, kommen KINDER herein. Sie fühlen sich von dem bisher dort unbekannten HANS angezogen. Die STADTBEWOHNER und die VERKÄUFER beenden ebenfalls ihre Verrichtungen und hören zu)

KÖNIGIN, KÖNIGIN KOPENHAGEN

LÄNGST BIN ICH DIR ZUGETAN

DIE TAVERNE RUFT

IN DER ABE NDLUFT…

PETER

Aber es ist doch Morgen.

HANS

Fantasie, Peter. Weißt du noch?

(die KINDER lachen und lassen sich als Zuhörer nieder)

DURCH MUSIKUNDBÜHNE

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ICH SAG PROST UND STOßE AN

AUF KÖNIGIN, KÖNIGIN KOPENHAGEN

SALZIGE DAME AM MEER

ICH FUHR WEIT HINAUS

KOMME NUN NACH HAUS

UND SING KOPENHAGEN

KÖNIGIN, KÖNIGIN

KOPENHAGEN, KOMM HER!

(Musik – Vamp)

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LUDWIG ( EIN KIND)

Aber wo kommt ihr denn her?

HANS

Komm auf mein Schiff, und ich erzähle es dir.

LUDWIG

Dein Schiff? Ich sehe kein Schiff!

HANS

Nicht? (zu einem anderen kleinen JUNGEN)

Also, ich wette, du siehst eins, oder?

(WILHELM, ein anderes Kind, nickt schüchtern)

HANS (hilft ihm an Bord des imaginären Schiffs)

Dachte ich’s mir doch. Peter, hilf unseren beiden Passagieren an Bord.

(Alle KINDER kommen „an Bord“. Die ERWACHSENEN kommen hinzu)

Ja, kommt – es ist viel Platz auf der „Dannebrog“!4

ALLE (jubeln)

Hurra! Hurra! Es lebe die „Dannebrog“! (usw.)

HANS

Sind alle an Bord?

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4 Schiffsname im Original „HMS Dauntless“ (die Furchtlose). Die Übertragung in den Nam en der beiden dänischen königlichen Yachten, deren erste 1879 vom Stapel lief (benannt nach dem Namen der dänischen Fahne) dient dem Lokalkolorit. Historisch ist das ein wenig gemogelt, denn der im Stück genannte Friedrich VI. herrschte bereits 1808 bis 1839. Um diese Zeit gab es kein weithin bekanntes Schiff „Dannebrog“ – das Linienschiff dieses Namens ging 1801 in der Seeschlacht von Kopenhagen unter, die Nachfolgerin wurde erst 1853 in Dienst gestellt. Man möge es den Übersetzern vergeben! Wichtiger: Aus sprache „Dannebrog“ wie geschrieben.

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

29

ALLE Ja!

HANS

Gut Leinen los, Peter! Alle gut festhalten – es sieht nach schlechtem Wetter aus!

(es gibt eine kurze Sturm-Einlage)

ALLE

Ohhhh! Ahhhhh!

(SIE werden von einer zur anderen Seite des „Schiffes“ geworfen. Der Sturm ist so schnell vorbei, wie er begonnen hat, und ALLE lassen sich wieder glücklich nieder)

HANS

ICH FAHR E DURCHS SKAGERAK

HINEIN IN DAS KATTEGAT IN DEN HAFEN

HINAN AN DEN KAI

ALLE

ER FÄHRT DURCH DAS SKAGERAK

HINEIN IN DAS KATTEGAT IN DEN HAFEN

HINAN AN DEN KAI

HANS

DORT WARTET SIE

OFFENER ARM

UND EMPFÄNGT MICH MIT MÖWENGESCHREI

ALLE

DIE STADT ERSCHEINT

HANS HEIMELIG

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ALLE

HEIMELIG

HANS INSPIRIERT

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NURZUR ANSICHT

HANS

ALLE

INSPIRIERT

FORTSCHRITTLICH

FORTSCHRITTLICH

HANS UND ALLE

UND KANN DIR ALLES SEIN.

(HANS stellt dar, dass das Schiff in Kopenhagen angekommen ist, und die KINDER gehen von Bord)

KÖNIGIN, KÖNIGIN KOPENHAGEN

LÄNGST BIN ICH DIR ZUGETAN

DIE TAVERNE RUFT

IN DER ABENDLUFT

ICH SAG PROST UND STOß‘ NUN AN

AUF KÖNIGIN, KÖNIGIN KOPENHAGEN

SALZIGE DAME AM MEER

ICH FUHR WEIT HINAUS

KOMME NUN NACH HAUS

UND SING KOPENHAGEN

KÖNIGIN, KÖNIGIN

KOPENHAGEN, KOMM HER!

HANS

(zum POLIZISTEN)

Ich darf also meine Werkstatt hier eröffnen, Wachtmeister?

POLIZIST

Ja, das dürfen Sie, und außerdem…

HANS

Ja?

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POLIZIST

Ich wollte nur sagen: Willkommen in Kopenhagen!

31 ANDERSEN
– Ein märchenhaftes Leben ALLE

KINDER (rufen zustimmend)

Ja! Ja!

(von draußen links hört man die Schulglocke)

PETER

Das ist die Schulglocke, Hans.

HANS

Stimmt das, Kinder?

KINDER

Ja! Ja, stimmt… Ja, leider… (usw.)

LUDWIG

Mach noch eine Reise mit uns, Hans!

HANS

Ja, wollt ihr?

KINDER

Oh ja! Bitte! (usw.)

PETER (bestimmt)

Hans!

HANS

Du hast Recht, Peter – los, Kinder, ich gehe mit euch bis zur Schultür, damit ihr nicht zu spät kommt. Wo entlang?

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(HANS und die KINDER gehen links über die Brücke ab. Der Marktplatz hat sich nun geleert bis auf den GEMÜSEVERKÄUFER, den MILCHMANN, PETER und den POLIZISTEN; es ist Mittagsruhe. Der POLIZIST geht rechts an PETER vorbei und bleibt stehen, als NIELS, der gutaussehende Solotänzer und Direktor des Königlichen Balletts, hereinstürmt, gefolgt von OTTO, einem ganz traditionellen Impresario)

32

OTTO

Niels, warte! So warte doch! Einen Moment nur! Sei doch vernünftig!

NIELS

Ich bin äußerst vernünftig, natürlich bin ich das! Es ist ganz einfach. Die Frage ist: Willst du, dass unser neues Ballett auf Tournee geht oder nicht?

(POLIZIST zuckt mit den Schultern und geht rechts ab)

OTTO

Selbstverständlich

NIELS

Dann muss Madame neue Schuhe haben – unverzüglich.

OTTO

Warum so plötzlich?

NIELS

Weiß ich doch nicht, warum so plötzlich.

OTTO

Aber unser Schuhmacher macht seit Jahren die Schuhe für sie.

NIELS

Das weiß ich. Aber auf einmal will sie die nicht mehr tragen.

(PETER, der mit dem Aufbau des „Ladens“ auf dem Karren beschäftigt ist, unterbricht seine Tätigkeit und lauscht)

OTTO

Das ergibt doch keinen Sinn.

NIELS

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Warum soll es Sinn ergeben, was diese Dame befiehlt? Du bezahlst sie schließlich fürs Tanzen – nicht fürs Denken.

OTTO

Oh, warum nur habe ich den Gutshof meiner Eltern verlassen, um ans Theater zu gehen?

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

33

NIELS

Ja, das war wirklich dumm von dir.

OTTO

Es gibt keinen Grund, grob zu werden.

NIELS

Aber es gibt allen Grund, ganz schnell einen Schuster aufzutreiben. Ich gehe zurück zur Probe – und, Otto, wenn du ohne einen Schuster zurückkommst, kann ich nur hoffen, dass deine Eltern dich noch haben wollen, auf dem Gutshof 5

(NIELS geht rechts ab. OTTO überquert die Bühne nach vorn, PETER folgt ihm und bleibt rechts von ihm stehen. Vorhang schließt sich hinter ihnen)

PETER

Mein Herr…

OTTO Hm?

PETER

Mein Herr…

OTTO

Lass mich in Ruhe, Kleiner.

PETER

Aber mein Herr, ich weiß, wo Sie einen guten Schuster finden – ganz auf die Schnelle.

OTTO

Was? Wirklich? Wo?

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PETER Genau hier

OTTO

Du meinst dich?

5 je nach Alter des Otto -Darstellers ist als Alternative möglich: „…dass es den Gutshof deiner Eltern noch gibt.“

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PETER

Nein. Ich bin sein Lehrling.

OTTO

Und wo ist dann der Schuster?

PETER

Er muss jeden Moment hier sein – sehen Sie nur, da ist er schon.

(HANS kommt von links herein)

OTTO Sie sind Schuster?

HANS

Ja, mein Herr, das bin ich.

OTTO

Können Sie Ballettschuhe machen?

HANS

Ich mache alles, was ein Fuß anziehen kann.

PETER

In Odense hat er die besten gemacht!

OTTO

Aber diese müssen aus Seide sein – nicht aus Holz.

(HANS und PETER ignorieren diese Bemerkung)

PETER

Hans, die Ballettschuhe sind für sie

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HANS

Für wen?

PETER

Na, für sie, Hans! Für Madame Doro!

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

35

OTTO

Ihr kennt sie also?

HANS

Ganz Dänemark kennt Madame Doro!

OTTO

Kommen Sie schon. Wir verlieren nur Zeit.

(OTTO geht rechts ab)

HANS

Komm mit der Karre, Peter. (träumerisch)

Der erste Auftrag in Kopenhagen – und es ist für sie

(ER folgt OTTO nach rechts von d er Bühne)

PETER

(äfft HANS nach)

… „und es ist für sie“… Liebe!

(auch PETER geht rechts ab. MUSIK: letzte Takte von „Bin Hans Christian Andersen“

#5A – Hans Christian Andersen – Abgang

RIK, der Inspizient, kommt von links. Wenn ER auftritt, öffnet sich der Vorhang. Die Bühne des Opernhauses wird sichtbar. Obwohl es eine Probe ist, sollte die Szene eine gewisse „Stilhöhe“ haben, vielleicht durch die Kostüme, die typisch für ein historisches Ballett sind. In der hinteren Mitte ist eine Ballettstange, und mehrere kleine Stühle stehen um die Tanzfläche herum. MUSIK: Probe einer der Variationen.

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#5B – Ballettprobe

Das BALLETTENSEMBLE tritt von allen Seiten auf. EINIGE gehen zur Ballettstange, ANDERE setzen sich. ALLE machen Dehnungsübungen und gehen die Bewegungen durch – wie es Tänzer*innen tun, die sich bereits aufgewärmt haben und bereit für die eigentliche Probe sind.

RIK

(die Bühnenmitte querend)

Compagnie6 auf die Bühne, bitte. Durchlauf, Tanz der Prinzessin. Compagnie auf die Bühne.

(zum DIRIGENTEN im Orchestergraben)

Alles bereit, Maestro.

(NIELS kommt von hinten rechts und geht zur vorderen Bühnenmitte. DORO kommt von rechts und geht zu NIELS in die Mitte)

NIELS (zum DIRIGENTEN)

Dieses Tempo schlagen Sie also vor?

(schaut zu DORO)

Écoute, chérie.

(DORO schüttelt den Kopf und geht nach vorne rechts, um zuzuschauen)

Zu langsam, Maestro.

(ER hat den Stock eines Zeremonienmeisters und klopft damit, um Aufmerksamkeit zu erregen. MUSIK endet. NIELS geht so weit zur Seite nach rechts, dass er nicht die S icht des Publikums stört, und setzt sich auf einen Stuhl, der in diesem Moment von einem der JUNGEN gebracht wird)

RIK

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Auf Position bitte. Auf Position, erste Variation. Madame Doro bitte.

(Die Ballettcompagnie formiert sich in der fünften Position. Der DIRIGENT hebt den Taktstock)

6 französisch auszusprechen: [k ɔmpanˈjiː]

– Ein märchenhaftes Leben

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ANDERSEN

#6 – Tanz der Prinzessin

(Die MUSIK erfordert pures klassisches Ballett)

Erste Variation Solo von DORO (Details siehe Klavierauszug)

Zweite Variation ENSEMBLE (Details siehe Klavierauszug)

(während der zweiten Variation steht NIELS auf. Der Junge, der den Stuhl gebracht hat, kommt von rechts. NIELS legt seinen Hausmantel ab, nimmt das Handtuch ab, das er um seinen Hals gelegt hat, und gibt es zusammen mit dem Stock dem Jungen. Der JUNGE nimmt die Sachen und geht ab. Er lässt den Stuhl an dem Platz für eine spätere Nummer stehen. Am Ende der zweiten Variation:)

NIELS

(zum INSPIZIENTEN)

Rik, ruf bitte alle ein für die dritte Variation

RIK

Auf Position, dritte Variation, bitte, und Grand Pas de deux.

Die dritte Var iation dient als Sprungbrett in die nächste Dialogszene. Sie ermöglicht einen übertrieben großartigen Auftritt von DORO. Die abschließende Hebefigur des Grand pas de deux geht schief.

NIELS

Halt! Halt! – Compagnie, Orchester, alles halt! – Rik! Schick die Compagnie in die Pause, eine Stunde.

(COMPAGNIE geht ab – einige eilig, andere zögernd. NIELS verbeugt sich vor DORO, die sich auf den Fußboden knickst und dort sitzen bleibt. ER verbeugt sich erneut. SIE bleibt auf dem Fußboden sitzen und lächelt ihm zu)

Gut! Hier verbeugt sich der Schwanenprinz. Was ist los mit dir?

DORO

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Die Schuhe, Liebling! Die Prinzessin wird sich nicht von hier fortbewegen ohne neue Spitzenschuhe. Erinnerst du dich? Immer noch dasselbe Thema.

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NIELS (ruft nach vorne)

Otto!

OTTO

Ja! Hier in der Loge!

(OTTO und HANS sind während der ersten Variation in die Loge gekommen)

NIELS

Hast du einen Schuster gefunden?

HANS (aus der rechten Loge)

Hier bin ich schon.

NIELS

Ah! Gut. Kommen Sie hierher, bitte.

(HANS geht zu ihnen nach Mitte links)

Die Dame wird Ihnen erklären, was sie erwartet. Natürlich ist alles furchtbar kompliziert, aber sie ist schließlich auch keine gewöhnliche Tänzerin. Natürlich ist dies etwas Besonderes, weil sie von allen Tänzerinnen Dänemarks – natürlich –die Einzige ist, die meinen Schritten nur in besonderen Schuhen folgen kann, die es nur in ihrer Fantasie gibt, natürlich! Sie wird Ihnen alles erklären, hoffentlich, denn natürlich können wir eine so große Ballerina eigentlich nicht verstehen. Wir können uns nur ihren Wünschen beugen.

(ER verbeugt sich vor ihr)

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– Ein märchenhaftes Leben

39 ANDERSEN

DORO

Nicht tief genug, mein Liebling.

(NIELS geht zur Mitte hinten, wo ihm ein JUNGE einen Stuhl und ein Handtuch bringt. ER trocknet sich ab)

Kommen Sie, guter Mann

(SIE nimmt HANS freundlich an die Han d und führt ihn in die Loge rechts vorn)

Hier können wir in Ruhe reden. Sehen Sie, wenn die Prinzessin in diesem Ballett lebendig wird, möchte ich, dass sie sich erhebt und dann bewegungslos bleibt –so, als ob sie… als ob sie auf nichts als Luft stünde.

(SIE versucht es ihm zu zeigen)

Aber in diesen Schuhen ist das unmöglich.

(SIE zieht einen Schuh aus)

Aber wenn Sie etwas in die Spitzen einarbeiten könnten, dann ginge es – da bin ich sicher – egal, was unser „Genie“ behauptet.

(HANS untersucht den Schuh)

Oh, ich würde ihm so gerne beweisen, dass das nicht unmöglich ist. Es ist möglich, oder? Können Sie das schaffen?

HANS (nickt langsam)

Ja… Ja, das kann ich. Ich erfinde irgendwas – etwas Weiches, Zartes, Lautloses. Ja, ich bin sicher, Sie können auf nichts als Luft stehen.

DORO

Sie verstehen das wirklich! Ganz recht – weich, zart und lautlos – die Stille der Luft. Sie verstehen vollkommen. Oh, ich wäre Ihnen so dankbar.

(SIE zieht den anderen Schuh aus)

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Können Sie es… sofort machen? Gleich jetzt?

HANS

(geblendet – er nickt und schluckt)

Ja, ich kann es… sofort… gleich jetzt…

40
NURZUR ANSICHT

DORO

(HANS beginnt, nach links zu gehen)

Sie wundervoller Mann!

#6a – Der Kuss

(SIE küsst HANS spontan auf die Wange. HANS erstarrt – DORO dreht ihn um, zeigt ihm den Weg nach vorne links und schubst ihn leicht an)

Nun gehen Sie schon!

(SIE wendet sich nach rechts und ruft)

Celine! Bring das Mittagessen hierher in die Loge!

CELINE

(kommt von rechts mit einem Korb für das Mittagessen)

Schon unterwegs, Madame!

(SIE geht an HANS vorbei, der benommen nach links geht, wo sich die Drehbühne links vorn bewegt, um einen Teil des Requisitenlagers sichtbar zu machen, wo PETER auf einer Werkbank sitzt. Wenn es keine Drehscheibe gibt, kann das auf einem Wagen gezeigt werden, der von vorne links he reinfährt)

Die Handlung findet im Folgenden gleichzeigt links, rechts und Mitte hinten statt.

Das LICHT akzentuiert die Bereiche, in denen etwas geschieht. In den anderen Bereichen geht die Handlung wortlos, pantomimisch weiter.

(CELINE hilft DORO, gestrickte Strumpfhosen und einen Pullover anzuziehen und richtet dann das Mittagessen in der Loge an. HANS kommt in die Requisite.

PETER

Das hat ja gedauert. Wie ist es da drin? Haben wir den Auftrag?

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(HANS nickt)

Was ist das?

HANS

Ballettschuhe.

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

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PETER

Das habe ich noch nie gesehen. Wer trägt denn so etwas?

HANS

Sie. Sie tanzt – nein, sie schwebt. Sie bewegt sich wie der Wind in den Weiden –und wenn sie lächelt – dann macht dein Herz erst einen Sprung, bevor es zerfließt. Sie… Sie hat mir zugelächelt, Peter… Mir… Und sie stand ganz nah bei mir – sie nahm meine Hand – und dann umarmte sie mich und… küsste mich.

(PETER schnappt nach Luft. HANS spricht mit Dringlichkeit weiter)

Peter, ich habe ihr versprochen, ihr jetzt gleich diese Schuhe zu machen. Wo ist mein Werkzeug?

PETER

Gleich hier, Hans. Alles in an Ort und Stelle.

HANS

Wenn sie Schuhe möchte, mit denen sie auf der Luft stehen kann, wird sie diese Schuhe bekommen! Ich wünschte, sie hätte etwas wirklich Unmögliches verlangt!

Lass mich allein, Peter. Schau dich im Theater um. Lass mich für eine Weile allein.

(PETER geht vorne links ab und erscheint fast umgehend in Gasse 2 wieder. Dort ist ein Stuhl, auf dem er sich niederlässt und das Theaterleben beobachtet)

(OTTO kommt aus Gasse 2 rechts. Er geht zu NIELS, der ihm den Rücken zukehrt. OTTO nimmt sein Taschentuch heraus und wischt sich die Stirn ab)

NIELS

(ohne sich umzudrehen)

Uh! Wieder dieses Parfüm. Man riecht es im ganzen Theater.

(OTTO steckt schnell das Taschentuch zurück. NIELS dreht sich zu ihm um)

Warum habe ich sie geheiratet, Otto? Warum? Ich muss verrückt gewesen sein.

OTTO

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Ihr wart beide verrückt – verrückt vor Liebe, und ihr seid es noch immer. Wenn ich daran denke, was ich durchgemacht habe, bis ihr endlich verheiratet wart! Wie habe ich das nur überlebt? Sag mir nicht, dass es aus ist. Das könnte ich nicht ertragen.

42
NURZUR
ANSICHT

NIELS

Du könntest es nicht ertragen! Mich quält sie, mich! Sie weiß es. Ich bin am Verhungern. Sie weiß, dass ich ohne sie nicht essen werde, aber sie mampft und –lässt mich verhungern. Um mich zu bestrafen!

OTTO

Hast du sie denn nicht gefragt, ob ihr zusammen essen wollt?

NIELS

OTTO

NIELS

OTTO

PETER

Eher sterbe ich!

Dann frage ich sie.

Wage es nicht! Hast du nichts zu tun? Kannst du nicht einfach verschwinden, oder gefällt es dir, wenn ich leide?

(OTTO sieht PETER und geht zu ihm)

NURZUR ANSICHT

Du hast mir einen guten Dienst erwiesen heute Morgen – vorausgesetzt, dein Meister bekommt es hin.

Er arbeitet gerade daran, und es wird bestimmt gut. Sie werden sehen!

OTTO

Ich kann es nur hoffen.

(ER geht links ab.)

(NIELS geht zu DORO)

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(Das Requisitenlager mit HANS dreht sich – oder der entsprechende Wagen wird vorne links herausgezogen -, so dass die Loge wieder sichtbar wird)

(PETER beobachtet still, was um ihm herum vorgeht. ZWEI MÄDCHEN kommen herein, gehen vor Peter vorbei, kichern und zeigen auf ihn, gehen dann wieder ab)

– Ein märchenhaftes Leben

43 ANDERSEN

DORO

Also gut, Doro. Du hast gewonnen. Ich habe Hunger.

Armer Junge!

(SIE wendet sich ihm zu)

Oh ja, du wirkst ganz schwach. Komm, setz dich. Ich werde dich füttern.

(SIE drückt ihn in eine sitzende Position. CELINE gib t ihr ein Glas Wein und geht dann rechts ab)

Hier – versuch dies. Und hier…

(NIELS probiert)

(SIE zeigt ihm eine Schale Eintopf, stellt sie dann aber für später beiseite)

Das habe ich extra für dich zubereiten lassen.

(SIE setzt sich bequem neben ihn)

NIEL S

War ich heute Morgen grausam zu dir?

DORO

Furchtbar!

(NIELS lächelt)

Fast hätte ich geweint.

NIELS

Na ja, so sollte es ja auch sein.

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DORO (warnend)

Niels…

NIELS

Ein schöner Streit mit dir wirkt doppelt: Du bist besonders gut auf der Bühne , und ich bekomme großen Appetit.

44
NIELS

DORO

(SIE kuschelt sich an ihn)

Hmmmm!

NIELS

Nicht jetzt. Ich möchte essen.

MUSIK – das Klavier klimpert lässig im Graben, dann geht das Klimpern über in:

#7 – Nie zuvor

Dies ist hier als einfache Ballade gestaltet. Im zweiten Akt wird die Nummer vollständig aufgeführt, von HANS und DORO in seiner zweiten Fantasie. Weil DORO seinen Wunsch nicht weiter beachtet, lässt NIELS d as Kuscheln zu und beginnt es zu genießen. Gelegentlich trinkt er einen Schluck Wein.

DORO

Gefällt dir das etwa nicht?

NIELS (stimmt zu)

Doch, doch…

DORO

NIE ZUVOR WAR EIN PAAR

SO HERRLICH VERLIEBT

HERRLICH VERLIEBT

HERRLICH VERLIEBT

NIE ZUVOR WAR EIN PAAR

SO HERRLICH VERLIEBT

UND KEIN ZWEITES GIBT’S WIE UNS.

NIE ZUVOR SAH MAN ZWEI

SICH ÄHNLICH VERSTEHN

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SEHN SÜCHTIG SEHN

FLEHLICHER FLEHN

NIE ZUVOR SAH MAN ZWEI

VOR LIEBE VERGEHN

ZUSAMMENER STEHN ALS UNS

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

45

(DORO)

WENN ER MICH KÜSST WENN ER MICH KÜSST…

(SIE küssen sich – währenddessen geht PETER rechts ab – und machen weiter bis:)

NIE ZUVOR WAR EIN PAAR

SO HERRLICH VERLIEBT

HERRLICH VERLIEBT

HERRLICH VERLIEBT

NIE ZUVOR WAR EIN PAAR

SO HERRLICH VERLIEBT

UND KEIN ZWEITES GIBT’S WIE UNS.

(MUSIK geht weiter)

Ich muss etwas essen, und du auch.

(SIE lösen sich voneinander. DORO nimmt ein Hühnerbein und kaut daran. NIELS nimmt die Schale Eintopf)

NIELS (freundlich)

Heute Nachmittag werde ich die Aufwachszene umstellen.

DORO (sich die Finger leckend)

Warum denn das?

NIELS

Weil sie zu schwierig ist. Du kannst das nicht.

DORO (fängt an, sich aufzuregen)

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Was soll das heißen – ich kann das nicht?

46

NIELS

Das heißt, was es heißt – du kannst es nicht!

(HANS erscheint Mitte rechts, wo er dem sich entwickelnden Streit zusieht und zuhört. OTTO kommt hinter HANS herein)

Die Schritte sind zu schwierig für dich. Die ganze Schrittfolge ist zu schwierig.

DORO

Das ist nicht wahr! Es lag an den Schuhen!

NIELS (lacht)

An den Schuhen! Denkst du wirklich, das habe ich dir geglaubt?

(DORO schlägt ihm ins Gesicht)

Du wagst es, mich zu schlagen!

(SIE schlägt ihn nochmals. ER greift nach ihrer Hand, hält sie fest und bricht ihr dabei unabsichtlich beinahe das Handgelenk. SIE schreit auf, befreit sich, geht nach rechts und bricht in Tränen aus)

Ja – hau nur ab, du Heulboje!

DORO (hört auf zu schluchzen und wendet sich ihm zu)

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Warte nur… Wart’s nur ab! Das wird dir noch leidtun!

(SIE rennt rechts ab)

NIELS (ruft ihr hinterher)

Wasch dir das Gesicht, und komm ja pünktlich zur Probe!

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(ER geht hinten links ab. HANS, zunächst schreckens starr von dem, was er gesehen hat, will am Ende des Streits eingreifen, wobei OTTO ihn zurückhält)

OTTO

Lassen Sie sie in Ruhe.

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

47

HANS

Haben Sie nicht gesehen, was er ihr angetan hat?

OTTO

Das habe ich sehr wohl gesehen. Aber ich lebe nach einer Regel: Misch dich nie in einen Streit ein zwischen einem Mann und seiner Frau.

HANS

Seine Frau!

OTTO

Eine sehr gute Regel – und die gilt auch für Sie.

HANS

Sie meinen, sie ist mit diesem Ungeheuer verheiratet?

OTTO

Sehr, sehr verheiratet. Ah! Ich sehe, die Schuhe sind fertig -

(ER nimmt dem betäubten HANS den Schuh ab)

Was bin ich Ihnen schuldig?

HANS

(während er sich von OTTO zur Mitte vorn entfernt)

Gar nichts. Die sind – für sie…

LICHT geht aus, nur Verfolger auf HANS.

Die Drehscheibe vorne links dreht sich, das Requisitenlager verschwindet, die Loge erscheint bzw. der Wagen mit der Requisite wird hinausgezogen.

Fantasie #1 beginnt.

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48

#8 – Gleich wohin ich gehe

SFX – Die folgenden zwei Abschnitte des Dialogs sind eingespielte Aufnahmen mit Echo-Effekt, um das Unheimliche dieser Fantasie deutlich zu machen.

HANS

(Eingespielte Aufnahme. HANS bewegt nicht seine Lippen – ER hört zu, genauso wie wir.)

Wie konnte das geschehen? Wie konntest du das tun? Wie konnte ein Mädchen wie du einen Mann wie den heiraten? Wie kann ich dir nur helfen? Es muss doch einen Weg geben? Was kann ich tun?

LICHT: Es sollte fünf voneinander getrennte Bereiche geben, durch die DORO sich bewegt. Einen in der Mitte hinten, wo sie zuerst erscheint, die anderen über die Bühne verteilt, vorne links bis rechts.

DORO ( VOICEOVER )

(SIE erscheint hinten auf der Bühne im Licht in übertrieben trauriger Ballettpose. Ein Verfolger nimmt sie auf.)

Niemand vermag mir zu helfen! Niemand!

(SIE tanzt mit pas de Bourrées nach vorn, wie vom W ind bewegt. Während dieser Bewegung verändert sich das Licht wie oben beschrieben: Wenn SIE den hinteren Bereich der Bühne verlässt, erlischt dort das Licht und der jeweilige Bereich in der Vorderbühne wird beleuchtet. Hinter ihr fällt ein Vorhang, SIE bew egt sich davor. – Hinter dem Vorhang wird der Marktplatz von Kopenhagen wiederaufgebaut.)

Er lässt mich tanzen – ich kann nur tanzen… tanzen… tanzen…

(DOROs Bewegungen sind schön und fließend, Arabesken, langsame Pirouetten, Drehungen in Posen usw., alles im Traum von HANS. Er bewegt sich während der Strophen der Nummer, SIE friert ein. SIE bewegt sich während der Refrains, dann ist ER bewegungslos.)

HANS

IHR ARM WAR ZART , ALS ER MICH UMFING

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IHR BLICK HAT MICH ENTFACHT

KEIN WEG ZU WEIT, DER MICH ZU IHR FÜHRT

DURCH DIE ENDLOS SCHWARZE NACHT, DENN

49 ANDERSEN
– Ein märchenhaftes Leben

(HANS)

GLEICH WOHIN ICH GEHE

GLEICH WOHIN ´S MICH ZIEHT

MEIN HERZ IST VERLOREN UND DANN ERST ZUHAUS

WENN ES SIE WIEDERSIEHT

GLEICH WOHIN ICH GEHE

GLEICH WOHIN ´S MICH ZIEHT

SIE SPRACH, ICH HÖRTE DAS PARADIES

D EN KLANG WILL ICH BEWAHRN

DIE ZÄRTLICHKEIT, DIE IHR BLICK VERHIEß

DARF ICH NIMMERMEHR ERFAHRN.

GLEICH WOHIN ICH GEHE

GLEICH WOHIN´S MICH ZIEHT

MEIN HERZ IST VERLORE N UND DANN ERST ZUHAUS

WENN ES SIE WIEDERSIEHT

GLEICH WOHIN ICH GEHE

GLEICH WOHIN´S MICH ZIEHT

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(DORO vorne rechts ab. HANS ist in der Bühnenmitte. LICHT aus, außer den Verfolger für HANS, der sich auf Gesichtsgröße verkleinert und dadurch verstärkt wird, dass auch Doros Verfolger jetzt ihn erfasst. Beim Applaus hebt sich der Vorhang und der Marktplatz erscheint im Licht.

PETER ist rechts hinter dem Karren. Der MILCHMANN ist vorne links wie zuvor, der GEMÜSEVERKÄUFER ist in der linken Mitte, hinter dem Milchmann, ebenfalls wie zuvor.

HANS geht nach hinten zum Karren, nimmt Pap ier und Stift, setzt sich auf den Schemel links vom Karren und schreibt.

Während der Applaus endet:)

PETER

Was für seltsame Leute das sind, im Theater! Sie lachen, und sie küssen sich – und im nächsten Augenblick schreien sie sich an. Verrückt! Was machst du da, Hans?

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HANS Schreiben.

PETER

Nach Hause? Den Kindern? Grüß sie von mir.

50

HANS

Ich schreibe nicht den Kindern.

PETER

Oh? Was denn dann?

HANS

Willst du wohl aufhören, mich abzulenken!

PETER

Oh, tut mir leid! (Er lässt sich seine gute Laune nicht verderben)

(FRAU OLSEN tritt hinten links auf. Ein großer, ehrfurchtgebietender Auftritt, der sie erst in die Mitte, dann zum MILCHMANN vorne links führt.)

HANS

Ich bin gleich fertig – dann sag ich’s dir.

FRAU OLSEN

Heinrich!

HEINRICH (DER MILCHMANN)

Ja, Frau Olsen?

FRAU OLSEN

Etwas süße Sahne, bitte.

HEINRICH

Es ist schon spät – vielleicht ist sie sauer geworden.

FRAU OLSEN

Das traut sie sich nicht.

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HEINRICH

Es ist aber nicht mehr viel da.

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

51
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FRAU OLSEN

Geben Sie mir, was Sie haben.

(SIE wendet sich an den GEMÜSEVERKÄUFER)

Gustav, haben Sie mir die wilden Erdbeeren aufgehoben?

GUSTAV

Hier sind sie, Frau Olsen.

FRAU OLSEN

Oh! Sie sind wunderbar. Danke, Gustav.

GUSTAV

Es war mir ein Vergnügen, Frau Olsen.

(FRAU OLSEN sucht in ihrem Portemonnaie nach Geld, bezahlt die beiden VERKÄUFER, nimmt ihre Einkäufe und geht hinten links ab. Im Folgenden schließen GUSTAV und HEINRICH ihre Stände und gehen links ab. Wenn die Stände fahrbar sind, schieben sie sie von der Bühne.)

HANS

Bitte sehr – fertig. Was hältst du davon?

(gibt PETER einige Seiten des Geschriebenen)

PETER

„Die kleine Meerjungfrau – eine Geschichte für Madame Noro von Hans Christian Andersen.“

(entgeistert)

Für Madame Doro!

HANS

Wie sonst könnte ich mich an sie wenden?

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PETER Aber Hans -

HANS

Ich habe gehört, wie er sie angeschrien hat! Ich habe gesehen, wie grob er sie behandelt!

52

PETER

Aber ich habe die beiden gesehen, bevor du kamst, Hans. Da waren sie anders, verliebt wie Turteltäubchen. Ganz anders.

HANS

Du bist noch ein Kind, Peter. Du verstehst das nicht. Ich habe sie weinen sehen, mit meinen eigenen Augen.

PETER

Aber Hans, sie sind verheiratet!

HANS

Ich weiß. Es ist schrecklich. Ich muss ihr irgendwie helfen – und diese Geschichte wird ihr sagen, dass sie einen Freund hat – mehr als einen Freund – einen Mann, der zu jeder Hilfe bereit ist.

PETER

Aber Hans – sie lieben sich wirklich.

HANS

Das ist nicht möglich. Niemals könnte sie einen solchen Mann lieben.

PETER

Aber diese Leute sind anders als wir, Hans.

HANS

Woher willst du das wissen?

PETER

Das weiß ich nicht. Ich weiß es eben.

HANS

Ich muss ihr dies übermitteln.

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53 ANDERSEN
– Ein märchenhaftes Leben

DORO

(kommt von rechts und geht zu HANS)

Sie sind gegangen, bevor ich Ihnen für die Schuhe danken konnte. Sie sind wunderbar.

(NIELS folgt ihr nach)

lautlos. Wie Sie sagten.

NIELS

Wenn Sie nur etwas tun könnten, damit auch sie lautlos ist…

(PETER hat noch die Geschichte)

DORO

Du hast Recht, mein Liebling. Ich rede viel zu viel.

HANS (platzt heraus)

Nein.

NIELS

Nein? Nein – was?

HANS

Ich meinte Peter.

(NIELS und DORO sind beide in heiterer Stimmung und zu Scherzen aufgelegt)

PETER

Aber willst du denn nicht, dass sie es bekommt?

HANS

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Nicht jetzt.

54

NIELS

Was bekommt?

(ER nimmt PETER die Seiten ab)

Das hier?

HANS

Bitte!

(ER ist verzweifelt)

Nicht lesen!

(HANS versucht die Seiten wieder an sich zu bringen, aber NIELS ist zu schnell für ihn. DORO hat zunächst gelacht, hört aber damit auf, als sie merkt, dass HANS wirklich bekümmert ist)

NIELS

(immer noch in Scherzlaune, frotzelnd)

Eine Geschichte für Madame Doro! Oho!

HANS

Bitte…

DORO (mit Nachdruck)

Für Madame Doro? Dann soll sie Madame Doro auch bekommen.

(SIE nimmt die Seiten, schaut HANS an, um Erlaubnis bittend)

Darf ich?

(HANS bleibt nur Zustimmung übrig, er kann nichts sagen)

„Die kleine Meerjungfrau. Eine Geschichte von Hans Christian Andersen.“

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(SIE schaut auf zu HANS)

Danke. Ich werde sie während der Tournee lesen.

(MUSIK beginnt, langsame Version von „Hans Christian Andersen“)

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

55

HANS

Tournee… Sie gehen also fort?

#8a – Finale Akt 1

NIELS

Ja. Wir gehen auf unsere jährliche Tournee – und keinen Augenblick zu früh, scheint mir.

DORO (tadelnd)

Hör auf damit, Niels. (zu HANS)

Auf Wiedersehen. Ich bin Ihnen von Herzen dankbar – für die Schuhe, aber auch für die Geschichte.

(SIE will rechts abgehen, dreht sich dann um)

Komm, Niels.

(SIE wartet)

NIELS

Auf Wiedersehen, Herr… Andersen, richtig?

HANS (traurig)

Ganz recht

DENN HANS CHRISTIAN ANDERSEN

PETER

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(singt siegessicher, um ihm Mut zu machen)

ANDERSEN BIST DU .

Vorhang – Ende des ersten Akts.

56

#8b – Einleitung Akt 2 (instrumental)

[Der Marktplatz in Kopenhagen]

Der einzige Unterschied zum vorherigen Bild ist, dass über Hans‘ Karren eine Stange angebracht ist, an der elf Paar Ballettschuhe hängen. PETER, der freundliche POLIZIST, alle KINDER, die VERKÄUFER und STADTBEWOHNER –Sänger*innen und Tänzer*innen sind auf der Bühne. Wenn der Vorhang aufgeht, sieht man ALLE als eingefrorenes Bild.

#9 – Einleitung Akt 2 (Königin Kopenhagen – Reprise)

Das eingefrorene Bild steht so für einige Augenblicke (langsam bis acht zählen!).

TREMOLO im Orchestergraben. Der DIRIGENT beendet das „Stillleben“ durch seinen Auftakt. Das ENSEMBLE spielt kleine Szenen, während es singt.

ENSEMBLE

KÖNIGIN, KÖNIGIN KOPENHAGEN

LÄNGST BIN ICH DIR ZUGETAN

DIE TAVERNE RUFT

IN DER ABENDLUFT

ICH SAG PROST UND STOß NUN AN

AUF KÖNIGIN, KÖNIGIN KOPENHAGEN

SALZIGE DAME AM MEER…

Am Ende des Refrains friert das ENSEMBLE erneut ein. Die MUSIK stoppt für einen Moment, wir erkennen einen Jungen, LARS, und seine Mutter, FRAU HOLM. Sie sind vorne links der Mitte und sie sind die einzigen Figuren, die sich bewegen.

LARS

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(ER trägt eine Mütze bis zu den Ohren hinuntergezogen)

Lass mich alleine weitergehen, Mutter, bitte.

FRAU HOLM

Gestern bist du zwar von zu Hause aufgebrochen, aber dann hast du die Schule geschwänzt.

(Zwei Mädchen, NINA und LISA, kommen von links, gehen vor LARS vorbei, zeigen auf ihn, kichern und laufen schnell rechts ab)

57 ANDERSEN – Ein
2. Akt
märchenhaftes Leben
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LARS

Du siehst doch selbst, wie die sind.

FRAU HOLM

Ja, Lars, und es ist wirklich nicht schön, aber du musst zur Schule gehen.

LARS

Na gut, aber bring mich nicht hin. Ich gehe allein.

FRAU HOLM

Ganz bestimmt?

LARS Ja.

FRAU HOLM Versprochen?

LARS

Auf Ehre und Gewissen.

FRAU HOLM (zweifelnd)

Na schön.

(SIE will ihn küssen. ER wehrt es ab)

LARS

Nicht küssen, Mutter!

MUSIK: Vamp beginnt.

ENSEMBLE

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ICH FUHR WEIT HINAUS

KOMME NUN NACH HAUS

UND SING KOPENHAGEN

KÖNIGIN, KÖNIGIN

KOPENHAGEN, KOMM HER!

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(DIE MENGE ist nicht mehr eingefroren, bleibt aber auf der jeweiligen Position. LARS geht durch sie hindurch. Die MÄDCHEN kichern, wenn er vorbeigeht, die JUNGEN weichen ihm aus.)

MUSIK: Orchestraler Refrain von „Kopenhagen“. ENSEMBLE spielt kleine Szene n BALLETT: Walzer. PETER tanzt Walzer mit der kleinen STREICHHOLZVERKÄUFERIN.

ENSEMBLE

KÖNIGIN, KÖNIGIN KOPENH AGEN

LÄNGST BIN ICH DIR ZUGETAN

DIE TAVERNE RUFT

IN DER ABENDLUFT

ICH SAG PROST UND STOß NUN AN

AUF KÖNIGIN, KÖNIGIN KOPENHAGEN

SALZIGE DAME AM MEER…

ICH FUHR WEIT HINAUS

KOMME NUN NACH HAUS

UND SING KOPENHAGEN

KÖNIGIN, KÖNIGIN

KOPENHAGEN, KOMM HER!

HANS kommt von vorne links. ANNA geht zu ihm. HANS verbeugt sich förmlich, sie antwortet mit einem Knicks. SIE tanzen eine Runde um die Bühnenmitte. Die MENGE macht ihnen Platz. HANS bemerkt fast sofort den kleinen LUDWIG, der sie beobachtet. HANS setzt nach einer Runde ANNA direkt bei LUDWIG ab, ANNA und LUDWIG tanzen miteinander. Die Nummer baut sich zu einem Schlussbild auf.

Wenn der Applaus verklingt, hört man die SCHULGLOCKE. Die MÄDCHEN gehen schnell in Paaren hinten links ab. Die JUNGEN versammeln sich um LARS, schnappen nach seiner Mütze, er ist kahl wie ein Ei. Die JUNGEN werfen sich seine Mütze einander zu, bis der POLIZIST sie unterbricht. Daraufhin gehen die JUNGEN schnell hinten links ab.

LARS bleibt da. HANS nimmt die Mütze vom POLIZISTEN und geht z u LARS.

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Die MENGE ist nach und nach abgegangen und wir sehen nur noch HANS, den POLIZISTEN und LARS.

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ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

59

HANS (geht zu LARS)

Hier ist deine Mütze.

(LARS nimmt sie teilnahmslos)

Ach! Lars. Es sind harte Zeiten, stimmt’s?

(LARS nickt)

So viel Spott.

LARS (platzt heraus)

Nur weil ich krank war und der Doktor mir die Haare abrasiert hat, machen sie sich über mich lustig.

HANS

Ich weiß, ich weiß.

LICHT blendet während des Vorigen langsam zur Stimmung der Musiknummer aus. Helle Verfolger auf HANS und LARS – es ist sehr wichtig, dass wir ihre Gesichter erkennen.

LARS

Ich würde so gern mit ihnen spielen, aber sie lassen mich nicht. Sie…

(ER hält die Tränen mit Mühe zurück)

HANS

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Ich werde dir eine Geschichte erzählen – eine nur für Lars allein – eine, die ganz dir gehört.

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#10 – Das hässliche Entlein

Da ist ein Bauernhof, der liegt an einem tiefgründigen See. In einem dichten Gebüsch in der Nähe des Ufers sitzt eine Ente auf ihrem Nest. Alle Küken sind schon aus ihren Eiern geschlüpft, nur ein sehr großes Ei ist noch geschlossen. Die Freundinnen von Mutter Ente sagen: Da hat dir ein Truthahn sein Ei ins Nest gelegt, lass es einfach verschwinden. Du solltest auf dem See sein, sagen sie, und deinen Küken das Schwimmen beibringen. Gerade will sie es so machen, da hört sie ein Klopfen…

(Klopfen in der Musik)

…und ein Klopf-Klopf!

(Klopfen in der Musik)

…und einen K-n-a-c-k-s!

(HANS singt)

HERAUS K OMMT EIN HÄßLICHES ENTLEIN EIN STOPPLIGES, BRÄUNLICHES TIER UND DER ENTENSCHWARM

VERSCHEUCHT NUN DAS ARME: (QUACK) VERSCHWINDE HIER.

(QUACK) GESCHWIND (QUACK, QUACK) GESCHWIND

(QUACK, QUACK) VERSCHWINDE HIER

UND SO WATSCHELT ES AB, UND MACHT WACKELND NOCH EIN QUACK

UND EIN DAUNENFLAUM B LEIBT DAFÜR

DAS ARME GESCHUND ‘ NE ENTLEIN

Z IEHT TRAURIG DAVON UND WEINT SEHR

DENN AN JEDEM ORTE

ÄHNLICHE WORTE:

(QUACK) GEHÖRST NICHT HER

(QUACK) DU STÖRST (QUACK, QUACK) DU STÖRST

(QUACK, QUACK) GEHÖRST NICHT HER

UND SO WATSCHELT ES AB, UND MACHT WACKELND NOCH EIN QUACK

UND DAS HERZCHEN IST IHM SO SCHWER.

DANN K OMMT DIE WINTERZE IT, DAS ENTLEIN L ÄUFT DAVON VER HEIMLICHT SEIN GESICHT, VO LL ANGST VOR DEM SCHEUßLICHEN HOHN

EINSAM DIE HÖHLE UND D IE ZEIT GEHT KAUM VORAN

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BIS E IN RUDEL SCHWÄNE IHN ERSPÄHT UND ERKENNT SODANN :

„WELCH EIN PRÄCHTIGER, SCHÖNER SCHWAN!“

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

61

(HANS)

(gesprochen)

Schwan? Ich ein Schwan! Ach was! – Schau doch mal dein Spiegelbild im See an!

Es ist wahr! – Und er geht und er schaut und er ruft: Ich bin ein Schwan, ja!

ICH BIN GAR KEIN HÄßLICHES ENTLEIN

KEIN STOPPLIGES, BRÄUNLICHES TIER

DENN DER VOGELSCHWARM SAGT , ICH SEI EIN SCHWAN

UND „TCHK! DER SCHÖNSTE HIER!

TCHK! SO SCHÖN. TCHK, TCHK! SO SCHÖN.

TCHK, TCHK, DER SCHÖNSTE HIER!“

NICHT MEHR WATSCHELN, KEIN QUACK UND ICH WACKELE NICHT AB

SONDERN GLEITE UND FLÖTE IN SCHNEEWEIßE M FRACK

UND MIT NOBLE M, FEINEN GESICHT.

NA, WER IST EIN HÄßLICHES ENTLEIN?

(HANS UND LARS pfeifen eine kurze Passage)

HANS UND LARS

ICH NICHT.

(mit einem strahlenden Lächeln für Hans geht LARS hinten links ab)

Das Leben auf dem Platz geht ruhig weiter. Der POLIZIST geht rec hts ab. HANS geht nach hinten zum Karren, wo PETER an einem Paar Schuhe arbeitet. FRAU HOFGAARD kommt von links und geht zu Hans‘ Karren.

FRAU HOFGAARD

Guten Morgen, Peter.

PETER

Guten Morgen, Frau Hofgaard.

FRAU HOFGAARD

Guten Morgen, Hans.

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HANS

Frau Hofgaard.

FRAU HOFGAARD

Doch noch ein schöner Tag geworden, nach dem Regen heute früh.

62

HANS

Allerdings. Was kann ich für Sie tun, Frau Hofgaard?

FRAU HOFGAARD (stutzend)

Was Sie für mich tun können? Nun…

(HANS nimmt ein Paar Schuhe aus einem Regal an der hinteren Seite des Karrens und zeigt sie ihr)

Ach, Sie machen mir Spaß… (nimmt die Schuhe)

PETER (der Geschäftsmann)

Das macht drei Kronen, Frau Hofgaard.

HANS Bitte.

PETER Bitte.

FRAU HOFGAARD

Drei Kronen!

PETER Sie sind wie neu.

FRAU HOFGAARD

Ich weiß nicht, ob ich so viel dabeihabe.

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Leben

63
ANDERSEN – Ein märchenhaftes

PETER

(nimmt ihr die Schuhe wieder ab)

Dann bleiben die Schuhe hier, bis Sie so viel dabeihaben.

FRAU HOFGAARD

Moment mal. Nicht so eilig, Peter. Wirklich, Hans. Sie sollten etwas unternehmen wegen dieses Jungen.

HANS

Ich weiß. Er ist unmöglich. Aber wir haben jetzt viel besseres Essen.

FRAU HOFGAARD (während SIE zahlt)

PETER

HANS

Das kann ich mir vorstellen.

Danke, Frau Hofgaard.

PETER

Kommen Sie bald wieder.

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(SIE geht links über die Brücke ab. HANS holt ein weiteres Paar Ballettschuhe hinter dem Karren hervor und hängt sie an die Stange)

Wie viele Paare sind das?

HANS

Zwölf. Als wenn du das nicht wüsstest.

PETER

Zwölf Paare!

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HANS

Ja. Zwölf Paare in ebenso vielen Wochen. Aber jetzt ist die Tournee beendet.

PETER Sie sind zurück?

64

HANS

Noch nicht – aber bald.

PETER

Ich möchte aber gerne das Geld sehen für diese Schuhe.

HANS

PETER

Peter, du bist wirklich zu geschäftstüchtig – Frau Hofgaard hat schon Recht.

Wenigstens einer von uns sollte geschäftstüchtig sein. Hans, schau dir bitte mal diese Schuhe an.

#11 – Zweite Fantasie (Nie zuvor)

(ER versucht, HANS das Paar zu zeigen, an dem er gerade arbeitet)

Hans!

ENSEMBLE AH… OH…

NURZUR ANSICHT

(HANS ist angesichts der Ballettschuhe in einen Tra um weggeglitten. PETER schüttelt seinen Kopf und gibt auf. ER zieht sich hinter den Karren zurück LICHT verändert sich zur Fantasie, die VERKÄUFER verschwinden und ihre Karren oder Stände wandeln sich zu ebenfalls phantastisch wirkenden Silhouetten im Hintergrund. HANS und DORO – Traumsequenz. DORO gleitet in HANS‘ Gedanken…

HANS (sehr galant)

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Welches Paar möchten Sie sich ansehen, Madame? – Größe? Sie sind alle in einer Größe, Madame. – In ihrer. Denn in unserer Werkstatt machen wir Ballettschuhe nur für Sie. Möchten Sie ein Paar anprobieren? – Selbstverständlich, ich weiß genau, dass sie passen, nur zur Sicherheit.

(DORO sitzt auf dem Schemel. HANS rutscht um sie herum, um ihr mit den Schuhen zu helfen)

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

65

(HANS)

Ach, Doro, Doro – du bist in meinen Gedanken, du bist in meinem Herzen seit dem Augenblick, als ich dich zum ersten Mal sah. – Es macht dir nichts aus, dass ich das sage, nicht wahr?

Nein, selbstverständlich nicht, das wusste ich. Wir haben unsere eigene Welt, ganz für uns, nicht wahr?

DORO HANS

NIEMALS ZUVOR

UND NIEMALS DANACH WIRD

JE ETWAS SO ROMANTISCH

UND WAHRHAFTIG SEIN

HERRLICH VERLIEBT

HERRLICH VERLIEBT

ES IST WUNDERVOLL

NIE ZUVOR WAR EIN PAAR

NIEMALS ZUVOR UND

NIEMALS DANACH

NIE ZUVOR WAR EIN PAAR SO

HERRLICH VERLIEBT

HERRLICH VERLIEBT

HERRLICH VERLIEBT

SO HERRLICH VERLIEBT HERRLICH UND

UND KEIN ZWEITES GIBT´S WIE

KEIN ZWEITES GIBT´S WIE UNS

DIES IST EIN TRAUM, ICH GLAUBE ES KAUM

OH WIR SIND DAS UNGEWÖHNLICHSTE PAAR

AUF DER WELT

ÄHNLICH VERSTEHN

SEHN SÜCHTIG SEHN

WAS ER MEINT IST DIES:

NIE ZUVOR SAH MAN ZWEI

VOR LIEBE VERGEHN

ZUSAMMENER STEHN ALS UNS

WENN ER MICH KÜSST

ICH SAG´S WIE´S IST

LASS MICH SPRECHEN

NIE ZUVOR WAR EIN PAAR SO

HERRLICH VERLIEBT

HERRLI CH VERLIEBT

NIE ZUVOR SAH MAN ZWEI

SICH ÄHNLICH VERSTEHN

SEHN SÜCHTIG SEHN

FLEHLICHER FLEHN

UND DANN

(ZU)SAMMENER STEHN

ALS UNS

WENN SIE MICH KÜSST

WENN SIE MICH KÜSST

DANN IST DAS WUNDERBAR

UND WAHRHAFTIG WAHR

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NATÜRLICH, MEIN LIEBLING

HERRLICH VERLIEBT

HERRLICH VERLIEBT

66

(DORO) (HANS)

HERRLICH VERLIEBT

ES IST WUNDERVOLL

NIE ZUV O R WAR EIN PAAR SO HERRLICH VERLIEBT

UND KEIN ZWEITES GIBT´S UND KEIN ZWEITES GIBT’S

W IE UNS WIE UNS

NUN JEDENFALLS

NIE ZUVOR SAH MAN ZWEI

SICH ÄHNLICH VERSTEHN

ÄHNLICH VERSTEHN

SEHNSÜCHTIG SEHN

ES IST WUNDERVOLL

UND DANN ZUSAMMENER STEHN

ALS UNS.

VOM HIMMEL EIN STÜCK

DIE MAN NICHT ZU WÜNSCHEN GEWAGT.

SEHNSÜCHTIG SEHN

FLEHLICHER FLEHN

NIE ZUVOR SAH MAN ZWEI

VOR LIEBE VERGEHN

ZUSAMMENER STEHN UND WELCHES GESCHICK

UND DIE ART VON GLÜCK

NIE ZUVOR WAR EIN PAAR

SO HERRLICH VERLIEBT

HERRLICH, UND KEIN ZWEITES UND KEIN ZWEITES GIBT’S

GIBT’S WIE UNS.

NURZUR ANSICHT

GIBT’S WIE UNS.

Die Fantasie endet – LICHT wie vorher. HANS und PETER haben dieselben Positionen wie zuvor, als HANS die Schuhe von PETER begutachten sollte.

HANS

Was hast du gerade gesagt, Peter?

PETER

Wieder am Träumen?

HANS

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Ja… Aber du hattest mich etwas gefragt.

PETER

Das ist Stunden her, und es war nicht wichtig. Ich hatte dich nur gebeten, dir diese Schuhe anzuschauen und mir zu sagen, ob ich besser werde.

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

67

HANS

(HERR HOLM, Herausgeber der Lokalzeitung, kommt von hinten links und geht zum Karren)

(nimmt die Schuhe)

Hm, ja, Peter, nicht schlecht. Gar nicht schlecht.

HERR HOLM

(etwas überrascht, spricht er PETER an, da dieser gerade vor Hans steht)

Sie sind Hans, der Schuster?

PETER

Nein, mein Herr.

HANS

Ich bin Hans, der Schuster.

HERR HOLM

Ich bin der Herausgeber der Morgenzeitung, der Berlingske

HANS (verwundert)

Ja?

HERR HOLM

Das sagt Ihnen nichts?

HANS

Ich kenne die Morgenzeitung. Wer kennt sie nicht?

HERR HOLM

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Aber Sie wissen nicht, wer ich bin?

HANS

Nein, mein Herr. Sollte ich?

68

HERR HOLM

Ich bin der Vater des hässlichen Entleins.

HANS

Oh! (lächelt breit)

Sie sind der Vater von Lars! Ich verstehe.

HERR HOLM

Er kam auf dem Heimweg von der Schule zu mir ins Büro. Das hässliche Entlein hat ihn völlig verwandelt. Ich bin sehr dankbar.

HANS (abwehrend)

Aber bitte…

HERR HOLM

Doch, wirklich. Und Lars hat mir erzählt, dass Sie jede Menge Geschichten erfinden. Dass die Kinder hier vorbeikommen, vor und nach der Schule, jeden Tag.

PETER

Das stimmt, mein Herr. Das tun sie.

HANS

Still, Peter.

HERR HOLM

(schlägt eine Zeitungsseite auf)

DURCH MUSIKUNDBÜHNE

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Was sehen Sie hier, Hans?

HANS

Eine leere Zeitungsseite.

HERR HOLM

Hier. Schauen Sie mal genauer hin.

69 ANDERSEN – Ein
märchenhaftes Leben
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HANS (liest)

„Das hässliche Entlein – von Hans, dem Schuster“!

HERR HOLM

Richtig, aber die Seite ist noch leer. Also, ich möchte Sie fragen, ob Sie mir die Geschichte aufschreiben können. Dann veröffentliche ich sie.

HANS

Meine Geschichte veröffentlichen! In einer Zeitung!

HERR HOLM

Ja. Natürlich bezahle ich dafür, und auch für die anderen Geschichten.

HANS

Peter, hast du das gehört? Herr Holm hat gesagt, er würde für meine Geschichten bezahlen. Nun, ich muss gestehen, daran habe ich überhaupt noch nicht gedacht.

HERR HOLM

Können Sie das schaffen?

HANS

Selbstverständlich kann ich das schaffen.

HERR HOLM

Also gut, dann machen Sie es?

HANS

Ja, ich mache es.

HERR HOLM

Ich kann also „Das hässliche Entlein“ haben? Für die morgige Ausgabe?

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HANS Ja…

HERR HOLM

Stimmt etwas nicht?

70

HANS

Nein, nein. Alles in Ordnung? Ich habe mich nur gefragt, anstatt „Hans, der Schuster“ – können Sie schreiben „Hans Christian Andersen“?

HERR HOLM

Na klar, kein Problem. Morgen heißt es: „Das hässliche Entlein“ von Hans Christian Andersen. Den ganzen Tag.

HANS

(ungläubig, wiederholt)

Na klar, kein Problem. Morgen heißt es: „Das hässliche Entlein“ von Hans Christian Andersen. Den ganzen Tag.

(HANS und PETER tanzen eine Schnellpolka um den Marktplatz herum)

HERR HO LM

HANS

NURZUR ANSICHT

Wartet doch! Wartet!

(HANS und PETER beenden den Tanz. HERR HOLM zieht eine schwere Taschenuhr hervor)

Es ist schon recht spät. Ich brauche die Geschichte in zwei Stunden, wenn sie morgen erscheinen soll.

Sie werden Sie bekommen! Und, Herr Holm…

HERR HOLM

Ja?

HANS

Nun, das alles ist wie eine eigene Geschichte. Ich kann gar nicht glauben, dass mir das passiert.

HERR HOLM

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Aber es passiert.

71 ANDERSEN
– Ein märchenhaftes Leben

HANS

Ja, tatsächlich…

(ER ist beinahe überwältigt. PETER geht zum Karren, um die Schreibsachen zu holen)

Vielen, vielen Dank.

HERR HOLM

PETER

Nichts zu danken. Sie haben jetzt eine Frist. Werde ich die Geschichte pünktlich bekommen?

(gibt HANS Papier und Stift)

Ja, mein Herr. Das werden Sie.

(HERR HOLM schaut Peter an und geht hinten links ab. HANS setzt si ch auf den Stuhl und beginnt, wild zu schreiben)

#12 – Tick-Tock

NURZUR ANSICHT

TICK-TOCK – diese Nummer dient dazu, den Zeitverlauf anzuzeigen, mit offenem Ende.

Dies ist eine praktisch pantomimische Szene. LEUTE kommen laut herein, PETER macht „Pssst!“ und zeigt auf de n arbeitenden HANS. Wenn weitere Leute auftreten, machen die auf der Bühne Anwesenden unisono „Pssst!“

Die auftretenden FIGUREN sind auf der Stelle still und gehen auf Zehenspitzen weiter, während sie ihre Ausrufe tonlos markieren.

ZEITUNGSJUNGEN

(treten vorne rechts und links auf)

Berlingske! Neu!

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DIE MENGE Psssst!

(ZEITUNGSJUNGEN gehen auf Zehenspitzen weiter, markieren ihre Ausrufe lautlos)

72

STREICHHOLZVERKÄUFERIN (MÄDCHEN)

(tritt rechts auf)

Streichhölzer! Kauft meine Streichhölzer! Streichhölzer!

ALLE (wie zuvor)

Psssst!

FISCHVERKÄUFER (tritt links auf)

ALLE

NIELS

ALLE

Fisch! – Fisch! – Fisch!

Psssst!

(Dasselbe wie zuvor. LARS kommt eilig von hinten links, geht zu HANS, schaut ihm zu und wartet. NIELS und DORO treten vorne recht s auf)

Herr Andersen! Herr Andersen!

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Psssst!

(NIELS und DORO gehen zur linken Seite des Karrens und schauen zu. Ein BÄCKER kommt mit einer fünfstöckigen Palette mit Kuchen – oder Pasteten von hinten links. Er geht zu HANS, wendet sich zum Abgang vorne links, während die MENGE sich ängstlich und „mitfühlend“ zum BÄCKER und von ihm hinwegbewegt, während die Kuchen beinahe herunterfallen. Der BÄCKER geht vorne links ab – HANS ist mit dem Schreiben fertig.)

HANS (zufrieden)

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Hier!

(ER gibt LARS die beschriebenen Seiten)

Dein Vater wartet darauf.

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

73

ALLE

(LARS nimmt die Blätter und rennt, breit lächelnd, hinten links ab)

(Ein riesengroßer Seufzer)

Ahhhhhhh!!!

(ALLE gehen zu verschiedenen Seiten ab, außer den VERKÄUFERN, NIELS, DORO, PETER und HANS)

NIELS

Herr Andersen.

HANS

(wendet sich überrascht um)

Herr Direktor Madame Doro!

NIELS

Herr Direktor – das klingt enttäuscht. Madame Doro – ahhh! – das klingt euphorisch. Ich sollte eifersüchtig sein… Ich bin eifersüchtig. Aber eigentlich finde ich es richtig. Alle Welt soll meine Frau lieben…

DORO

Selbstverständlich.

NIELS

Aber sie soll natürlich nur mich lieben.

DORO

Natürlich.

NIELS

Aber wir sind eigentlich wegen Herrn Andersen gekommen, nicht wahr?

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DORO Ja.

NIELS

Soll ich ihn fragen, oder willst du?

74

DORO Du, Liebling.

NIELS

Nein, ich glaube, besser du – schließlich soll er zustimmen, oder?

DORO

Nun gut. Herr Andersen…

HANS Hans – bitte.

DORO

Hans. Ich hätte – wir hätten es sehr gern, wenn Sie etwas für uns tun würden. Würden Sie?

HANS

Sie wissen doch, ich würde alles für Sie tun, Madame Doro.

NIELS

Da haben wir’s. Warum bringe ich den Mann nicht einfach um?

DORO

Du bringst ihn nicht um, weil wir ihn noch brauchen.

HANS Mich brauchen?

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DORO Sie sollen mit uns auftreten.

HANS

Mit Ihnen auftreten? Aber wie denn?

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NIELS

In dem Ballett, das wir nach „Der kleinen Meerjungfrau“ erfunden haben.

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

75

DORO Sie lehnen doch nicht etwa ab?

HANS

Ich kann das nicht glauben – Sie müssen beide verrückt sein! Ich kann überhaupt nicht tanzen!

DORO

NIELS

HANS

Selbstverständlich nicht. Aber es geht nicht ums Tanzen, sondern…

Sie sollen die Geschichte erzählen, während wir tanzen.

Und Sie glauben, das kann ich?

NIELS Sie können und Sie werden. Sie müssen doch nur Ihre eigenen Worte sprechen.

DORO Sie tun es, nicht wahr? Sagen Sie ja.

HANS

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Bei Ihnen klingt das so einfach, aber…

DORO Bitte…

HANS

Also gut… (gerät plötzlich in Panik)

…aber wo? Ich brauche doch noch Zeit, oder? Wann proben wir?

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NIELS

Heute Nachmittag – jetzt – sobald wir im Theater sind. Die Premiere ist übermorgen.

76

DORO

Hans, es ist ein sehr schönes Ballett geworden. Aber ich will nichts vorwegnehmen. Sie sollen es selbst sehen.

NIELS

Doro, er eignet sich besser, als ich dachte. Wir geben ihm eine Fischermütze, und die Rolle stimmt.

HANS

Glauben Sie das wirklich? Madame Doro – glauben Sie das?

DORO (freundlich)

Ja, Hans. Wirklich.

NIELS

Dann ist also alles abgemacht.

HANS

Einen Augenblick bitte.

NIELS (wieder ein bisschen wie früher)

Was denn noch?

HANS

Ich muss meinen Finanzberater fragen.

NIELS

Aber wir müssen mit der Arbeit beginnen.

HANS

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Das weiß ich, aber eine Minute länger wird nicht schaden. Also, Peter… Was meinst du? Soll ich es machen?

PETER

Ja, Hans.

– Ein märchenhaftes Leben

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ANDERSEN
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NIELS

Gut!

PETER

Wenn die Bezahlung stimmt.

NIELS

HANS

NIELS

PETER

HANS

DORO

Oho! Ich verstehe!

Peter!

Das machen Sie alles mit Otto aus.

Selbstverständlich.

Nicht jetzt, Peter.

Oh, ich möchte noch die Schuhe sehen.

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NIELS

Später. Wir haben jetzt keine Zeit dafür. Es gibt zu viel zu tun. Gibt es noch etwas, Herr Andersen?

HANS

Nein.

NIELS

Dann können wir also unsere Arbeit fortsetzen?

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HANS (mit einem Lächeln)

Ja, Herr Direktor.

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NIELS Gut!

DORO (küsst NIELS)

Geh du schon los, mein Liebling – wir kommen gleich nach. Ich will die Schuhe sehen. Herr Andersen wird mich dann begleiten.

NIELS

Also gut. Aber, Andersen – achten Sie darauf, dass sie nicht trödelt! (geht rechts ab. PETER bringt DORO ein Paar der Ballett schuhe)

HANS

Peter, lauf zur Konditorei gegenüber und hol eine Tasse Schokolade für Madame Doro. Sei ein Kavalier.

(PETER geht links ab)

#13 – Gleich wohin ich gehe (Reprise)

MUSIK von „Anywhere I Wander“ („Gleich wohin ich gehe“) beginnt zart. HANS geht nach vorne, DORO schaut ihn an und folgt ihm. Der Vorhang schließt sich hinter ihnen.

Szene 2

DORO

Vor dem Vorhang.

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Hans, warum haben Sie diese Geschichte für mich geschrieben ? Sie ist traurig und zärtlich zugleich. Sogar Niels hat das so empfunden

HANS

Aber ich habe nicht zu ihm gesprochen.

DORO

Wie meinen Sie das – „nicht zu ihm gesprochen“?

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

79
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HANS

Wie sonst könnte ein Schuster zu Madame Doro sprechen?

DORO Ich verstehe.

HANS

Wirklich? Ich glaube nicht, dass Sie es wissen, aber als ich Ihnen damals die Schuhe gebracht habe – es scheint so lange her zu sein – als ich Ihnen die Schuhe brachte, hörte ich, wie er Sie anschreit; ich sah, wie er Ihnen wehtut, und wie Sie weinen

DORO Oh, Hans!

HANS

DORO

Ich wusste sofort, wie elend Sie sich bei ihm fühlten.

Elend? Bei meinem Mann?

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Hans, ich fühle mich nicht elend. Wir sind eben manchmal so. Ich liebe meinen Mann, Hans.

HANS

Heute weiß ich das. Und Sie müssen mich für einen Narren halten.

DORO

Nein, Hans, ganz und gar nicht. Ich frage mich, ob Sie überhaupt Ihre Begabung kennen.

HANS

Sie meinen, Geschichten zu erfinden?

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DORO

Das auch. Vor allem meine ich, dass Sie direkt zum Herzen sprechen können. Und sogar wo scheinbar kein Herz ist, wissen Sie es aufzuwecken

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(zart)

HANS

Verzeihen Sie mir.

DORO

Nicht doch. Ich danke Ihnen. Sie haben mir einen Schatz überlassen, und ich werde ihn in Ehren halten. Und Hans, jedes Mal, wenn ich die Meerjung frau tanze, werde ich mich im Stillen erinnern und Ihnen öffentlich danken. Jetzt gehen wir besser zum Theater. Ich finde den Weg – ich muss mich beeilen, aber kommen Sie bald nach, Hans. Der Herr Direktor wartet nicht gerne.

(SIE geht rechts ab)

HANS

(sieht ihr hinterher, singt:)

GLEICH WOHIN ICH GEHE, GLEICH WOHIN´S MICH ZIEHT

MEIN HERZ IST VERLOREN UND DANN ERST ZUHAUS

WENN ES SIE WIEDERSIEHT

GLEICH WOHIN ICH GEHE, GLEICH WOHIN´S MICH ZIEHT.

(PETER kommt von links zurück)

PETER

Aber wo ist sie denn?

HANS

Zum Theater gegangen.

P ETER

Aber ich habe doch die Schokolade – mit extra viel Sahne.

HANS

Trink du sie.

PETER

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(will trinken, dann fällt ihm etwas ein)

Hat sie die Schuhe angesehen?

HANS Ja, und sie wird alle nehmen.

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

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PETER

Ich wette, sie hat nichts dafür bezahlt.

H ANS

Aber sicher. Sie hat mehr als nur bezahlt.

PETER

Das verstehe ich nicht.

HANS

Nein? Ich bin ganz froh, dass es Dinge gibt, die du nicht verstehst. Kannst du dir überhaupt vorstellen, was mir heute alles passiert ist, Peter? Meine ganze Welt wurde auf den Kopf gestellt. Ich hätte gerne ein bisschen Zeit, um das alles zu begreifen.

PETER

Geh lieber los zum Theater, sonst wirst Du viel zu viel Zeit haben, um alles zu begreifen.

HANS

Du hast Recht! Pass auf die Werkstatt auf, Peter.

(HANS geht rechts ab. PETER schaut ihm kopfschüttelnd nach, dann geht er links ab)

Szene 3: Ballett „Die kleine Meerjungfrau“

Diese Bühnenerzählung erfordert die gemeinschaftlichen Kräfte von Choreographie, Bühnenbild, Requisite, musikalischer Leitung und Regie. All dieses Gewicht wird gebrauch t, um Leichtigkeit zu erreichen.

Anmerkung: „Die kleine Meerjungfrau“ kann auch als Pantomime anstelle einer Ballettchoreographie erzählt werden.

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In den Tanz werden die Kommentare des ERZÄHLERS eingestreut. Die MEERHEXE kann auch als Sprechrolle im Stil vo n Hermione Gingold oder Paul Lynde gestaltet werden – oder HANS geht ab und kommt als Meerhexe zurück. Ein Mann ist für diese Rolle besser geeignet als eine Frau.

82

#14 – Die kleine Meerjungfrau

DER ERZÄHLER (HANS) tritt auf, geht zum rechten Portal und setzt sich. Bei sich hat er ein eindrucksvolles Buch, auf dessen Titelseite „Die kleine Meerjungfrau“ eingeprägt ist. ER öffnet das Buch . [Details zur Choreographie siehe Klavierauszug.]

ERZÄHLER (HANS)

Dies ist die Geschichte von einer kleinen Meerjungfrau – von ihrer Suche nach der Liebe, und nach einer unsterblichen Seele. Meerjungfrauen kennen nämlich die Liebe nicht, wie wir Menschen sie kennen – die Liebe, die so viel Freude mit sich bringt, aber auch Schmerz. Und Meerjungfrauen haben keine unsterbliche Seele. Sie leben dreihundert Jahre lang, dann werden sie zu Schaum und Gischt, für alle Ewigkeit verweht, zerstoben über den Wogen

Der Vorhang geht vor einer Unterwasserszene auf. MEERJUNGFRAUEN bewegen sich schmachtend auf dem Meeresgrund.

Als Kinder, fünfzehn Jahre lang, kennen sie nichts als das sorglose Spiel inmitten der Fische, in den Gärten auf dem Meeresgrund.

TANZ – Das Spiel der MEERJUNGFRAUEN.

Aber die Zeit vergeht, und die kleine Meerjungfrau freut sich immer ungeduldige r auf ihre fünfzehnte Geburtsnacht – denn Meerjungfrauen feiern Nächte. Erst dann wird ihr erlaubt sein, die Oberfläche des Meeres zu erkunden. Erst dann wird sie Schiffe sehen, und Menschen, und nicht mehr nur die Schatten, die weit über ihr gleiten. Endlich also kommt jene Nacht. Die alte Mutter des Meerkönigs selbst windet der kleinen Meerjungfrau die Perlen ins Haar. „Nun“, sagt sie, „bist du bereit, zum ersten Mal die Menschenwelt zu sehen. Es ist eine schöne, stürmische Nacht dort oben. Da gibt es vielleicht sinkende Schiffe zu sehen – und hübsche Seemänner.“

Anmerkung: Während des Vorigen hält die Musik an, aber die pantomimische Darstellung geht weiter.

Eine Tanzsequenz folgt: Sturm, Schiffbruch sowie die Entdeckung und Rettung des PRINZEN durch die KLEINE MEERJUNGFRAU. ER ist bewusstlos. SIE ruft pantomimisch um Hilfe, anschließend versteckt sie sich und beobachtet das Geschehen. Man hört Kirchenglocken. FISCHER erscheinen, finden den PRINZEN und tragen ihn von der Bühne.

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ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

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(ERZÄHLER [HANS])

Jede Nacht, jeden Tag kehrt sie zurück, um nach ihrem Seemann Ausschau zu halten. Manchmal erblickt sie ihn, manchmal nicht. Sie horcht, und sie erfährt, dass er ein Prinz ist, und es war so schön, dass die Fischer erzählten, der Prinz sei ein guter Mensch. Bald schon liebt sie nicht nur den Prinzen, sondern alle Menschen. Die Menschenwelt ruft nach ihr, und sie sehnt sich so, das Meer zu verlassen und mit ihrem Prinzen zusammen zu sein. Aber wie soll das gehen? Nur die Meerhexe weiß die Antwort darauf. Die kleine Meerjungfrau muss nach der Meerhexe suchen. Und sie wird die Meerhexe finden.

TANZ: Die Reise zur Meerhexe. Eine Reise voller Gefahren wie Strudel – Seide auf Bambusstangen, die geschwungen werden -, kleine Seeungeheuer und Polypen (hier können die Kinder des Ensembles eingesetzt werden), klammernde Tentakel – jeder denkbare Schrecken versperren ihr den Weg, bis sie schließlich doch bei der Meerhexe ankommt, die von Wassermännern bedient wird. Ein Krake liegt zu ihren Füßen, und sie füttert eine gr oße Kröte direkt aus ihrem Mund, wie ein Mensch vielleicht einen Kanarienvogel füttern würde.

„Ich weiß genau, warum du gekommen bist, kleine Prinzessin“, sagt die Meerhexe. „Du willst uns verlassen – uns verlassen und ein Mensch unter Menschen werden , stimmt´s? Und du hast dich verliebt in den jungen Prinzen, stimmt´s? Natürlich stimmt´s. Ich verstehe euch dumme kleine Meerjungfrauen nicht. Vor allem nicht dich, Prinzessin. Du hast die schönste Stimme von allen – das erste Mal, als du dein Lied gesungen hast, segelte ein großes Schiff direkt in die Felsen, aber anscheinend hat dessen Wrack auch aus dir ein Wrack gemacht.“

(ein grässliches Lachen)

„Sorgen und Elend werden dich auf dem Weg begleiten, den du einschlagen willst. Um mit den Menschen zu leben, musst du eine unsterbliche Seele erwerben, und das kannst du nur, wenn ein Mann dich so sehr liebt, dass er Vater und Mutter verlässt, einen Geistlichen um Gottes Segen für euren Bund bittet und verspricht, dass er nur dir treu ist, allen anderen entsagt, bis dass der Tod euch scheidet. Und wenn dir das nicht gelingt, wird dein Herz in tausend Stücke zerbrechen und du wirst zu Schaum auf dem Wasser zerfließen. Oh, Verzweiflung! Und das ist noch nicht alles. Die Menschen mögen nämlich unsere wundervollen Fischschwänze nicht. Um die Liebe eines Menschen zu gewinnen, musst du deinen reizenden Schwanz loswerden und stattdessen diese knochigen Stümpfe haben, die sie ‚Beine‘ nennen.“

„Aber das ist doch ganz einfach!“, sagt die kleine Meerjungfrau.

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„Einfach!“, sagt die Meerhexe. „Ganz und gar nicht. Ich muss dir einen Zaubertrank machen – und das ist schwierig genug. Bevor ich beginne, sollst du außerdem wissen, dass es kein Zurück mehr gibt, wenn du ihn getrunken hast. Nie wieder kannst du eine Meerjungfrau sein. Nie wieder kannst du im kühlen, grünen Wasser um den Palast deines Vaters schwimmen. Nie wieder kannst du deine Schwestern in den sturmbewegten Fluten treffen.“

„Was muss ich tun?“, fragt die kleine Meerjungfrau. „Ich muss zu ihm.“

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(ERZÄHLER [HANS])

„Als erstes schwimmst du zur Küste. Morgen dann, bevor die Sonne aufgeht, trinkst du den Zaubertrank. Dein Fischschwanz teilt sich in zwei, wie durch ein Schwert aus Damaszenerstahl. Der Schmerz ist so scharf wie ein Schrei, aber du hast Beine. Oh ja – alle Menschen werden sagen, dass du die schönste aller Frauen seist. Du bewegst dich mit der Grazie einer Tänzerin, aber der Boden unter deinen Füßen fühlt sich an wie die allerschärfsten Messer, und der schönste Teppich wie zerbrochenes Glas. – Was sagst du, kleine Prinzessin?“

„Es soll sein, wie du sagst“, antwortet die kleine Meerjungfrau.

MEERHEXE bewegt sich zum Kessel. SIE zieht eine tote Katze daraus hervor und wirft sie weg.

„Man muss immer sauber bleiben.“

Der Kessel brodelt, und nachdem sie ihre Zaubersprüche aufgesagt und wild durch den aufsteigenden Dampf gestikuliert hat, holt sie ein Fläschchen hervor, in dem sich anscheinend reines Wasser befindet.

„Siehe! Der Zaubertrank“, sagt die Meerhexe. „Wenn die Kraken versuchen, dich zu ergreifen auf deinem Weg – spritz einen Tropfen Zaubertrank auf sie, und sie werden in Dunst entschwinden. Nein, nein, versuch gar nicht erst, mir zu danken. Ich weiß nicht, warum ich dies alles tue. Ich hätte dir niemals den Trank geben dürfen, das weiß ich genau.“

(MEERHEXE und ihre BEDIENTEN gehen ab. TANZ – es folgen drei Variationen.)

1. Die MEERJUNGFRAU schluckt den Zaubertrank. Es folgt der schmerzvolle Tanz auf ihren neu gewachsenen Beinen.

2. Auftritt des Prinzen mit dem Hofstaat. Polonaise.

3. Pas de Deux – MEERJUNGFRAU und PRINZ.

Der Prinz liebt die kleine Meerjungfrau jeden Tag mehr, aber nie kommt ihm in den Sinn, sie zur Frau zu nehmen. Und eines Tages werden ihre schlimmsten Befürchtungen wahr.

Fanfare: Auftritt des KÖNIGS und der FREMDEN PRINZESSIN.

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Die FREMDE PRINZESSIN wird dem PRINZEN vorgestellt – es ist Liebe auf den ersten Blick. Der PRINZ stellt, von Freude erfüllt, die PRINZESSIN der MEERJUNGFRAU vor.

85 ANDERSEN
– Ein märchenhaftes Leben

Pas de Trois – MEERJUNGFRAU, PRINZ und FREMDE PRINZESSIN.

PRINZ und FREMDE PRINZESSIN gehen ab, ganz entzückt voneinander. Die MEERJUNGFRAU bleibt verzweifelt zurück. Allein gelassen, gerät sie in Panik. Sie weiß nicht, wohin. Sie rennt los, wendet sich um, rennt erneut los, als wolle sie ihrem Schicksal entrinnen – aber das kann sie nicht.

(ERZÄHLER [HANS])

Von überall her hört sie Stimmen: „Schwester, Schwester, Schwester…“

SIE hält inne und horcht. Der ERZÄHLER hält den Finger vor seinen Mund, um um Ruhe zu bitten, und lauscht ebenfalls.

„Heute Nacht“, sagen die Stimmen, „musst du mit dem Zaubermesser, das wir dir schenken, den Prinzen im Schlaf erstechen. Dann wächst dir wieder ein Fischschwanz, und du kommst zu uns zurück. Doch falls der Prinz nur einmal noch erwacht, stirbst du. Deshalb musst du tun, was wir dir sagen.“

MEERJUNGFRAU

(SIE findet ihre Stimme)

Nein! Ich kann nicht…

(SIE stellt einen langen, überwältigenden Abgang dar, an dessen Ende sie sich in die Luft zu heben scheint. LICHT wird eingezogen zum Verfolger auf dem ERZÄHLER.)

ERZÄHLER (HANS)

Nun, Kinder, fragt ihr euch bestimmt – wird sie sterben? Nein. Sie verwandelt sich in einen der Luftgeister, die Gutes tun, um eine unsterbliche Seele zu erlangen. Ganz oben in den Bäumen hört ihr vielleicht ein plötzliches Geplapper unter den Spatzen, und dann wisst ihr, dass die kleine Meerjungfrau dort ist. Und wenn es daraufhin ganz still wird, dann könnt ihr sicher sein, dass sie ihre unsterbliche Seele erlangt hat

Ein Glockenton.

LICHT: Der Verfolger wird bis aufs Minimum eingezogen. Ende des Balletts. Vorhang schließt sich. Applaus und traditionelle Ballettverbeugungen.

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DORO und NIELS nehmen ihren Applaus entgegen und holen dann HANS, der sich zu ihnen gesellt. Beim Höhepunkt des Beifalls ziehen sie sich hinter den Vorhang zurück. Der Vorhang öffnet sich und wir befinden uns hinter der Bühne.

BÜHNENARBEITER machen sich bereits an der Dekoration zu schaffen, die Mitglieder der COMPAGNIE beglückwünschen sich aufgeregt gegenseitig. EINIGE von ihnen gratulieren auch HANS, DORO und NIELS.

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RIK (kommt von links)

Sehr gut, sehr gut – Bühne frei, bitte! Arbeitslicht – Schalldecke runter. (Die Schalldecke wird heruntergelassen. Vor dem Vorhang sind jetzt HANS, DORO, NIELS und RIK.)

Brauchen Sie mich noch, Herr Direktor?

NIELS

Nein, danke, Rik. Gute Arbeit. Bestell die Compagnie für morgen Mittag.

RIK

Ja, Herr Direktor. – Darf ich Ihnen gratulieren, Madame –(zu HANS)

– und Ihnen auch, mein Herr. Dies ist ein Werk für die Ewigkeit. (geht links ab)

HANS (erstaunt, halb zu sich selbst)

Er hat „mein Herr“ zu mir gesagt…

DORO (küsst HANS)

Vielen Dank für diesen Abend.

NIELS Ja, ja, Hans, auch ich danke Ihnen – Sie haben uns einen Triumph beschert.

DORO

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Essen Sie mit uns zu Abend?

NIELS

Natürlich tut er das.

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

87

HANS

Nein… Nein.

DORO Nein?

HANS

DORO

HANS

NURZUR ANSICHT

Ich will nicht unhöflich sein – aber mein Kopf schwirrt vor lauter neuen Ideen. So viele Geschichten, und wer weiß, ob genug Zeit ist, sie zu erzählen.

Sie werden uns aber nicht vergessen?

LICHT wird langsam eingezogen bis auf den Verfolger. HANS geht zur Mitte. DORO und NIELS gehen rechts ab. HANS ist jetzt allein im Verfolger.

Ich könnte Sie niemals vergessen. Sie haben eine Welt für mich geöffnet.

HANS geht nach hinten in die Mitte und setzt sich auf einen Schemel. Blackout.

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Szene 4

LICHT blendet auf, und wir sehen HANS sitzend an seinem Karren – aber wir sind zurück in Odense. Alles sieht aus wie in der al lerersten Szene, außer dass das Schulhaus von einem großen Spruchband geschmückt ist, auf dem steht: WILLKOMMEN ZU HAUSE, HANS!

HANS ist umgeben nicht nur von allen KINDERN, sondern das ganze DORF hat sich versammelt, und der strahlende SCHULMEISTER steht neben HANS, etwas oberhalb von ihm. Die KINDER sitzen in einem Halbkreis ihm gegenüber. Die ERWACHSENEN sind auf der Bühne verteilt, alle jedoch gegenüber von HANS und dem SCHULMEISTER.

HANS

…und niemand ahnt in diesem Augenblick, dass die kleine Zündholzverkäuferin und ihre Großmutter das glücklichste aller Weihnachten feiern.

ALLE (seufzen)

Ahhhh!

KINDER

Weiter! Bitte weiter, Hans!

HANS

Nein, nein, Kinder. Ich habe mich gebessert. Es ist Zeit für die Schule, richtig, Schulmeister?

SCHULMEISTER

Hans, die Kinder haben Sie vermisst, die Stadt hat Sie vermisst und, Gott sei mir gnädig, ich habe Sie auch vermisst. Erzählen Sie uns noch eine Geschichte.

ALLE (ad libitum)

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Hurra! Hans lebe hoch! etc.

(PETER holt aus dem Karren die alte Puppe hervor, mit der Krone auf dem Kopf und noch immer ohne Bekleidung. ER gibt sie HANS, als dieser aufsteht)

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

89

HANS

Und ein Hurra auf den Schulmeister!

(ER wendet sich um und hält die Puppe in die Luft)

KINDER

(erkennen die Puppe wieder)

Ahhhhh!

HANS

Dies ist die Geschichte über die Kaiserin von China. Anna, hast du ihr Kleid dabei?

(Die MÄDCHEN lachen hocherfreut)

ANNA (verlegen)

Ich… ich… ich…

HANS

Keine Sorge, Anna – ich habe nur Spaß gemacht.

(ANNA zeigt Erleichterung)

Wenn wir keine Kaiserin haben können, werden wir eben einen Kaiser haben.

(ER nimmt einen Stift aus seiner Tasche und malt der Puppe einen Schnurrbart)

Da ist er – lang lebe der Kaiser!

KARL

Das ist kein Kaiser. Das ist nur die Kaiserin mit Schnurrbart.

HANS

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Nun ja – das sagen dir deine Augen, also kannst du wohl nicht glauben, dass es der Kaiser ist.

KARL

Ich habe doch gesehen, wie du ihr einen Schnurrbart gemalt hast. Es ist immer noch das Gesicht von der Kaiserin.

90

HANS

Aber sagen uns die Augen immer die Wahrheit? Na?

KARL

Meine schon.

HANS

Oh, ich bitte dich um Entschuldigung. Nun, da wir keine Kleider haben, wird dies die Geschichte über den Kaiser ohne Kleider. Und über einen kleinen Jungen, der nur glaubt, was er sieht

#15 – Des Kaisers neue Kleider

Während der Erzählung zeigt HANS auf verschiedene Kinder, die jeweils die Figuren und Vorgänge der Geschichte darstellen [Details siehe Klavierauszug].

Da ist ein Kaiser, der so gerne neue Kleider trägt.

Du spielst den Kaiser, Georg. – Eines Tages also kommen zwei Betrüger und preisen ihm Gewänder an, die sie ‚magisch‘ nennen. – Hendrik, du und Finn seid die zwei Betrüger. – Nun, um die Wahrheit zu sagen, es gibt gar keine Gewänder, aber die Betrüger tun eben so, als ob – seht her!

(HANS hält die Hände hoch, und die BE TRÜGER machen es ebenso)

Und sie sagen: „Eure Majestät, dies sind magische Gewänder. Und da ihr weise und klug seid, könnt ihr natürlich deren wunderbare Schönheit erkennen. Nur ein Narr könnte das nicht. Für einen Narren sind diese Gewänder vollkommen unsichtbar.“ Der Kaiser will kein Narr sein, und er sagt: „Ja, natürlich…“

„IST DAS NICHT SCHICK? IST DAS NICHT SCHÖN?

WILL MIR DER STOFF, DER SCHNITT NICHT STEHN?

DIE NEU(EN) KLEIDER SIND MITEINANDER, JA MITEINANDER, DOCH MITEINANDER DIE ALLERFEINSTEN GEWÄND ER

DIE MAN JEMALS HAT GESEHN.

ES IST DIE REINSTE AUGENWEIDE, DER MANTEL PURPUR, DIE ÄRMEL SEIDE, DER STRUMPF IST BLAU UND DAS WAMS GEFÄRBT IN EINDRUCKSVOLLE M GRÜN.“

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ENSEMBLE

EINDRUCKSVOLLEM GRÜN

– Ein märchenhaftes Leben

91 ANDERSEN

HANS

„LASST MEINE GATTIN BEMÜHN!“

(gesprochen)

Sie rufen die Kaiserin – Das bist du, Karin. – Und man berichtet auch ihr, dass nur weise Menschen die magischen Gewänder sehen können. Sie will keine Närrin sein, und sie sagt:

„Ist das nicht hübsch? ist das ein Traum? / Seht nur die Kunst in jedem Saum!

DIE NEU(EN) K LEIDER SIND MITEINANDER, JA MITEINANDER, DOCH MITEINANDER DIE ALLERFEINSTEN GEWÄNDER

DIE MAN JEMALS HAT GESEHN.

ES IST DIE REINSTE AUGENWEIDE, DER MANTEL PURPUR, DIE ÄRMEL SEIDE, DER STRUMPF IST BLAU UND DAS WAMS GEFÄRBT IN EINDRUCKSVOLLE M GRÜN.“

ENSEMBLE

EINDRUCKSVOLLEM GRÜN

HANS

„LASST UNS DEN HOFSTAAT BEMÜHN!“

(ALLE stellen in satirischer Weise das Eintreffen des Hofstaats dar . Die folgenden Sätze werden in ungefährem Rhythmus rezitiert.)

Der kaiserliche Hof versammelt sich. Die Minister kommen. Und die Botschafter, die Grafen, die Herzöge, alle im Sonntagsstaat – allen berichtet man von den magischen Gewändern. Keiner von ihnen will ein Narr sein, und so stimmen auch sie ganz schnell zu

IST ES NICHT -

ENSEMBLE (flüsternd)

OH!!!

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HANS

IST ES NICHT -

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ENSEMBLE (flüsternd)

AH!!!

HANS

IST ES NICHT ABSOLUT –

ENSEMBLE (flüstert)

OH JAAAAA!!!

HANS

DIE NEU(EN) KLEIDER SIND MITEINANDER, JA MITEINANDER, DOCH MITEINANDER DIE ALLERFEINSTEN GEWÄNDER

DIE EIN SCHNEIDER JE VERZIERT´.

NUN HAT ER ALLES DA, DER GUTE MIT LEDERHANDSCHUH UND FEDERHUTE UND MITEINANDER WIRKT ER BEI DER PARADE KULTIVIERT

ENSEMBLE

ÄUSSERST KULTIVIERT

HANS

DIE ER AM SAMSTAG ANFÜHRT.

(Mehrere STADTBEWOHNER kommen herein und schauen zu)

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ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

93

HANS (gesprochen)

Dann kommt der Sonnabend, und inzwischen hat jeder von den neuen, magischen Gewändern des Kaisers gehört, und dass er sie bei der Parade tragen wird. Die Menschen stehen entlang der Straße, die Soldaten kommen vorbei – der Spielmannszug, die kaiserliche Garde – und schließlich der Kaiser! Und alle jubeln

ALLE Hurra!

HANS

denn niemand will ein Narr sein. Aber da ist ein kleiner Junge…

(HANS wählt KARL für diese Rolle aus)

…der, warum auch immer, noch nichts von den magischen Gewändern gehört hat Und deshalb weiß er nicht, was er eigentlich sehen soll. Und er schaut nur einmal hin, und er ruft:

(KARL und HANS zeigen auf den Kaiser)

Er ist ganz nackt!

KARL

Er ist ganz nackt!

HANS, KARL UND ALLE KINDER

Er ist ganz nackt! Ganz nackt! Ganz nackt!!!

HANS

DER KAISER IST WOHL DURCHEINANDER, WOHL DURCHEINANDER, DENN BEIEINANDER UND MITEINANDER IST ER GLEICH EINEM AKTE SPLITTERNACKT!

(HANS, der kleine JUNGE und alle KINDER tanzen munter umher.)

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ALLE KINDER

DER KAISER IST WOHL DURCHEINANDER, WOHL DURCHEINANDE R, DENN BEIEINANDER UND MITEINANDER WAR ER NOCH NIE SO WENIG EINGEPACKT.

94

ALLE

SCHICKT IHN SCHNELL NACH HAUSE! SCHICKT UNS IN DIE PAUSE!

HANS

DIE MAJESTÄT LIEGT FREI UND WIRD MIT SPOTT UND HOHN BEFRACKT

ALLE

DER KAISER IST WOHL DURCHEINANDER, WOHL DURCHEINANDER, DENN BEIEINANDER UND MITEINANDER IST ER GLEICH EINEM AKTE SPLITTERNACKT!

ES IST MITEINANDER ZU KALT FÜR DIESEN FAKT!

EINWOHNER (ad libitum)

Bravo! Bravo, Hans! Hurra!

SCHULMEISTER

Es ist ein tiefer Sinn in dieser Geschichte, Hans.

BÜRGERMEISTER

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Vielleicht eine Lehre für uns alle. Aber, Hans – wir haben Besuch von zwei wichtigen Botschaftern.

(NIELS und DORO treten links auf und gehen zu HANS)

NIELS

Doro ist die Botschafterin. Ich bin nur die bescheidene Begleitung.

DORO

Und wir müssen sehr dankbar sein, wenn er Bescheidenheit zeigt! Lieber Hans !

(SIE umarmt HANS und wendet sich dann nach vorne)

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Ihr Lieben alle, ich bin heute auf Befehl unseres gütigen Königs, Fredrik dem Sechsten, zu euch gekommen, auf dessen Wunsch und in dessen Namen ich unseren Freund Hans – Hans Christian Andersen – als den unumstrittenen

„König“ der Geschichten ehre…

ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

95

DORO

…und ihn mit diesem Orden auszeichne, vergeben durch einen gnädigen Monarchen, zusammen mit einer königlichen Pension , auf Beschluss eines dankbaren Volkes.

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96 KINDER
Ahhhh!

#16 – Finale ultimo

(DORO legt den Orden um HANS‘ Hals und küsst ihn auf beide Wangen. Die STADTBEWOHNER kommen dazu und gratulieren HANS. Dadurch werden HANS und DORO getrennt. DORO geht mit NIELS lächelnd links ab. HANS schaut ihr sehnsuchtsvoll hinterher.

ALLE

GLEICH WOHI N ICH GEHE GLEICH WOHIN´S MICH ZIEHT.

(LICHT wird zum Verfolger auf HANS eingezogen. HANS schaut nach vorne und beginnt zu lächeln.)

HANS DE R HANS CHRISTIAN ANDERSEN BIN ICH

Vorhang #17 - Verbeugungen

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ANDERSEN – Ein märchenhaftes Leben

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