theoretische BA-Arbeit Jan Pulfer – Test

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Bildliche Narration

Ein grundlegender Unterschied zwischen unserem Sehen und dem Auffassen von Bildern, ist die Tatsache, dass es sich bei Bildern, speziell in Bildgeschichten, nicht im Geringsten um die Abbildung der Realität handelt, für welche wir unsere Sehfähigkeit täglich beanspruchen. Da es sich in Bildgeschichten nicht um Realitätsabbildungen handelt, ist zu beachten, dass das Auffassen von Bildern nicht gleichzustellen ist mit dem Lesen von Bildern. Dass sich beim Konsumieren von textfreien und textbegleiteten Bildgeschichten ein anderer Zugang ergibt, verdeutlicht D. Grünewald in seiner Aussage: «Im Rezeptionsakt drängt das Wort zum (inneren) Bild; den Hörern/Hörerinnen und Leser/Leserinnen veranschaulicht sich das Gesagte/Geschriebene in Vorstellungsbildern. Das Bild wiederum drängt zum (inneren) Wort, das hilft, sich des Gesehenen zu vergewissern und es zu deuten.»6 2.3 Narratives Einzelbild Auf die Behandlung des vereinfachten Zugangs durch das Lesen von Texten gegenüber dem Lesen von Bildern folgend, möchte ich mich mit der Entstehung der narrativen Bildfolge, welche einen weit wichtigeren Teil meiner Suche darstellt, beschäftigen. Wenn wir die Anforderungen der Rezeption beiseitelassen, wird uns ein vereinfachter Blick auf die Funktionalität von narrativen Bildern oder Bildfolgen ermöglicht. Was muss visuell angeboten werden, damit Menschen eine Erzählung erkennen, sich darauf einlassen und in ihrem Kopf eine Geschichte, sei sie noch so kurz, entstehen lassen? Wir wissen nun, dass Bilder schneller gelesen werden als Schrift. Das heisst aber noch nicht, dass die Verarbeitung erkannter Bilder schon beim Erkennen fertig ist. Natürlich kann man davon ausgehen, dass jedes Bild im weitesten Sinne etwas erzählt. Doch es gibt Bilder, die einen schon fast zwingen, eine Geschichte, ein Geschehen, daraus zu erkennen, welche universell verständlich ist. Auch wenn ich hier die narrative Bildfolge analysieren will, ist doch zu erwähnen, dass das Einzelbild genauso narrativ sein kann und uns Geschichten erzählt, welche alle ähnlich verstehen. Dafür eignet sich der Inselwitz von Chaval (Yvan Francis Le Louam) sehr gut als Beispiel, welches schon Grünewald für seine Abhandlung über narrative Bilder verwendete.7

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Vgl. hierzu Grünewald 2014, in: Bild ist Text ist Bild, S.19. Vgl. ebd, S.32.

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