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2.2 Sehen und Lesen
narrativ nachvollziehbare Bildgeschichte und macht somit gerade aus christlichen Darstellungen keine Bildgeschichten, sondern nur Bilder, die eine Geschichte illustrieren. Sie erzählen also nicht von alleine.3
2.2 Sehen und Lesen
Wie auch der Film, das Theater und die Texterzählung (Buchroman), repräsentiert die Bildgeschichte ein eigenständiges Medium, das Geschichten erzählt. Alle genannten Erzählmedien teilen bestimmte Ähnlichkeiten im Aufbau von Geschichten, in der visuellen Aufnahme, der Dramaturgie usw. Genauso bringt jedes Erzählmedium medienspezifische Eigenschaften mit, welche einzigartig und nicht vergleichbar sind – so auch die textfreie Bilderzählung.4
Eine reine Bildgeschichte sollte ohne Text auskommen. Damit bringt sie andere, wesentliche Anforderungen mit sich, als es der herkömmliche Comic tut. Der von Text begleitete oder ergänzte Comic (oder die Graphic Novel) bietet insofern einen einfacheren Zugang, weil ein Grossteil der Inhalte über das Lesen vermittelt wird. Lesen ist etwas, was wir heute mehr oder weniger alle können. Sei es durch Werbetafeln, Fahrpläne, Emails, Artikelbeschriebe in Online-Shops oder kleine, unbedeutende Stickers an Strassenlaternen - wir werden unaufhaltsam mit Text konfrontiert. Sind es noch so kurze Wortgruppen und keine seitenfüllenden Texte, wir sind sehr geübt darin, aneinandergereihte Buchstaben als Wörter zu erkennen und uns deren Inhalt bewusst zu werden. Wenn wir also einen Comic oder eine Graphic Novel aufschlagen, die mit Bild und Text erzählt, können wir uns darauf verlassen, dass wir sie lesen können. Wenn wir jedoch mit einer Bildgeschichte in Kontakt kommen, welche gänzlich ohne Text arbeitet, fällt diese einfache Art, uns die Erzählung verständlich zu machen, weg.
Aus dieser Herleitung könnte man schlussfolgern, dass wir besser lesen als sehen. Das wiederum, denke ich, ist nicht der Fall. Denn unsere Augen und die Bilder, also alles was uns umgibt, sind dann doch der Fähigkeit zu Lesen übergeordnet. Dittmar Jakob sagt dazu: «Gegenständliche Bilder werden schneller aufgefasst als Text: Für die Aufnahme eines Bildes und dessen Wiedergabe in Grundzügen benötigt das menschliche Gehirn ca. 1,8 Sekunden. In dieser Zeitspanne kann man zum Vergleich nur sieben Worte verstehen».5
3 4 5 Vgl. hierzu Grünewald, in: Bild ist Text ist Bild, S.26. Vgl. hierzu Grünewald, in: Comics, S.27. Vgl. Kaufmann, 1988.