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Kreuzreaktionen als häufigster Auslöser von Nahrungsmittelallergien
Mit gesunder Ernährung die Immunantwort modulieren
Gerade auf Nahrungsmittelallergien hat die Ernährung einen entscheidenden Einfluss. Doch die Nahrung spielt nicht nur als Allergieauslöser eine Rolle, sondern wirkt sich auch über eine Modulation der Immunantwort auf Allergien aus.
Vermehrtes Auftreten
Allergische Erkrankungen stellen weltweit ein immer größeres gesundheitliches Problem dar. Man geht derzeit davon aus, dass zwischen 25 und 30 % der Bevölkerung an respiratorischen Allergien leiden und rund 5 % von einer Nahrungsmittelallergie betroffen sind. Umfassende epidemiologische Studien belegen eindeutig eine steigende Prävalenz der allergischen Erkrankungen.
Orale Toleranz beeinträchtigt
Es liegt nahe, dass die Ernährung bei einer Nahrungsmittelallergie eine entscheidende Rolle spielt. Dabei richtet sich die primäre Wahrnehmung auf bestimmte Nahrungsmittelbestandteile als Allergieauslöser, die sogenannten Allergene. Durch die Nahrungsaufnahme als lebenswichtige Energie und Nährstoffzufuhr übernimmt die orale Toleranz eine entscheidende Funktion bei der Erhaltung der Gesundheit unseres Körpers, da sie zwischen gefährlichen und ungefährlichen körperfremden Bestandteilen unterscheiden muss. Im Falle einer Nahrungsmittelallergie ist die Entwicklung der oralen Toleranz gegenüber neuen Nahrungsbestandteilen gestört oder geht aus verschiedenen Gründen im Laufe des Lebens verloren. Folglich kann nach erfolgter Sensibilisierung und IgEInduktion der Verzehr eines Nahrungsmittelallergens zu Beschwerden entlang der Schluckstraße führen. Diese manifestieren sich im Sinne eines oralen Allergiesyndroms, und zwar in Form von Übelkeit, Erbrechen und/oder Durchfall. Bei systemischer Allergenaufnahme kann es zu respiratorischen Beschwerden wie Asthma und Rhinitis, zur Hautbeteiligung im Sinne von Urtikaria, Angioödem und EkzemReaktionen oder aber in der Maximalform – bei Beteiligung des kardiovaskulären Systems – auch zu einem anaphylaktischen Schock kommen.
Unterschiedliche Sensibilisierungsrouten
Eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer Nahrungsmittelallergie spielt vor allem die Verdauungsleistung des Gastrointestinaltraktes. Nur bei verdauungsstabilen Allergenen oder in Situationen mit eingeschränkter Verdauungsleistung, wie dies beispielsweise bei einer Therapie mit MagensäureBlockern der Fall ist, gelangen Allergene in immunologisch intakter Form in den Darm. Dort können sie eine Sensibilisierung induzieren. Bei Kleinkindern mit atopischer Veranlagung dürfte zusätzlich die Sensibilisierungsroute über entzündete Hautstellen einen bedeutenden Faktor für die Entwicklung einer Nahrungsmittelallergie darstellen. Daher sollten im Sinne einer Allergieprävention wichtige Allergieauslöser wie Milch, Ei, Erdnüsse und Fisch bereits im ersten Lebensjahr mit der Beikost in die Nahrung einbezogen werden. Zusätzlich kann eine Sensibilisierung in Hinblick auf Nahrungsbestandteile auch über die inhalative Route entstehen. So können bei beruflicher Exposition Nahrungsproteine eingeatmet werden und eine Allergie auslösen.
Kreuzreaktion als häufiger Auslöser
Weitaus häufiger entwickeln sich Nahrungsmittelallergien in Zusammenhang mit Pollenallergien. Der Grund dafür ist eine Kreuzreaktion von Pollen und Nahrungsproteinen, welche durch eine starke Homologie der Aminosäuresequenz und daher durch eine Ähnlichkeit der ProteinOberfläche bedingt ist. Bei einer pollenassoziierten Nahrungsmittelallergie sind die klinischen Beschwerden patientenspezifisch und hängen vom auslösenden Nahrungsmittelallergen ab. Daher hat eine detaillierte und umfassende allergologische Abklärung für die adäquate Beratung und Betreuung von Patienten mit Nahrungsmittelallergien eine erhebliche Bedeutung. Aufgrund der mittlerweile verfügbaren molekularen Allergiediagnostik können im Rahmen der Diagnose wichtige Aussagen über die Stabilität der relevanten Allergene gegenüber dem Erhitzen und gegenüber der gastrointestinalen Verdauung getroffen werden. Diese Erkenntnisse sind bei der Beratung der betroffenen Patienten unbedingt zu berücksichtigen. Dennoch kann selbst bei einer bekannten Nahrungsmittelallergie die konsequente Vermeidung der Allergieauslöser für Patienten eine Herausforderung darstellen. Fast 40 % der unbeabsichtigten Diätfehler, die eine schwere allergische
Reaktion nach sich ziehen, passieren zu Hause.
Ernährung beeinflusst Mikrobiota
Des Weiteren hat unsere Ernährungsweise einen wesentlichen ursächlichen Einfluss auf die steigende Prävalenz allergischer Erkrankungen. In verschiedenen Studien wurde nachgewiesen, dass die fett und zuckerreiche westliche Ernährung die Entstehung von Nahrungsmittelallergien durch eine Veränderung der intestinalen Barrierefunktion und der MikrobiotaZusammensetzung fördert. Somit spielt die Zusammensetzung der Nahrung durch die Beeinflussung der körpereigenen Mikrobiota und durch die Stabilisierung oder Schwächung der intestinalen Schleimhautbarriere eine essentielle Rolle bei der Allergieentwicklung. Man weiß heute, dass gewisse Nahrungsbestandteile die Immunantwort effizient modulieren können. So zeigt beispielsweise Vitamin D – neben seiner klassischen Wirkung auf den Knochenstoffwechsel – im Darm eine antiinflammatorische Wirkung durch einen direkten Einfluss auf die Immunzellen. Dies geht mit einer Modulation der Immunantwort, einer Stärkung der Schleimhautbarriere und einer Unterstützung der Mikrobiota einher. Im Gegensatz dazu wird bei einem VitaminDMangel häufig ein Zusammenhang zwischen vermehrter Entzündungsneigung und einem höheren Allergierisiko beschrieben. Immunmodulierende Fette, beispielsweise die mehrfach ungesättigten Omega3Fettsäuren, haben eine ähnliche Wirkung, obwohl die Datenlage hinsichtlich der Prävention und vor allem der Therapie einer Nahrungsmittelallergie immer noch unzureichend ist. Es dürfte somit klar sein, dass nicht nur einzelne ausgewählte Nahrungsbestandteile einen entscheidenden immunmodulierenden Effekt haben, sondern auch die gesunde Zusammensetzung der Ernährung einen besonders effizienten allergiepräventiven Einfluss hat. So wird der mediterranen Ernährung, die sich durch eine gesteigerte Aufnahme von Ballaststoffen und Polyphenolen, durch viel Gemüse, durch gesunde Omega3Fettsäuren und wenig Fleischsowie wenig Zuckerkonsum auszeichnet, eine äußerst gesundheitsfördernde und antiinflammatorische Wirkung zugeschrieben.
Autorin: Assoz. Prof.in DDr.in Eva Untersmayr-Elsenhuber
FÄ für klinische Immunologie, Leiterin d. Arbeitsgruppe „Gastrointestinale Immunologie“, Institut f. Pathophysiologie und Allergieforschung, Med Uni Wien
Fazit
Trotz der bereits bekannten Effekte von bestimmten Nahrungsbestandteilen und Ernährungsmustern besteht durch das Zusammenspiel von Ernährung, Mikrobiota und Immunantwort im Bereich der Immunmodulation weiterhin ein hoher Forschungsbedarf. Zukünftig müssen weitere gut geplante Studien durchgeführt werden, bis es gelingt, bei Erkrankungen wie Allergien eine individuell auf die Patienten zugeschnittene Ernährung für die Prävention und Therapie einzusetzen. <
Erfolg fängt an, wo man vertraut.
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