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Zöliakie als oftmals unerkannter Risikofaktor

Schließung regionaler Lücken im Management der Erkrankung

Zöliakie (Coeliac disease, CD) ist eine lebenslange immunvermittelte Systemerkrankung mit ausgeprägten Unverträglichkeitsreaktionen auf das Protein Gluten (u. a. in Weizen, Gerste, Roggen enthalten). Die Erkrankung kann sich in jedem Alter manifestieren, sie beginnt aber meist in der Kindheit. Frauen sind doppelt so häufig davon betroffen wie Männer. Ohne eine sehr strenge, lebenslange Diät unter völligem Ausschluss des Glutens können schwerwiegende Komplikationen auftreten. Mehr als 1 % der Bevölkerung (≈ 1,2 Mio.) des Donauraums leiden unter CD, wobei sie indirekt viel mehr Menschen beeinflusst (u. a. Familien, Freunde, Lehrer, Lebensmittelhersteller, Gastronomie) – und natürlich den Gesundheitssektor per se. Das „CDSKILLSProjekt“ umfasst Herausforderungen im ZöliakieManagement, die den Gesundheitssektor des Donauraums in seiner Gesamtheit betreffen.

Autor: Manuel Prevedel

Communication Manager CDSkills, Univ.Klinik für Kinder und Jugendheilkunde, LKHUniv.Klinikum Graz

Strategien frühzeitiger Diagnostik

Etwa 80 % der Patienten werden (zu) spät diagnostiziert oder bleiben sogar undiagnostiziert, was das Komplikationsrisiko ebenso erhöht wie die Morbidität. Das bedeutet erhebliche negative Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit im Gesundheitssektor und letztlich auf die gesamte Gesellschaft. Zu den möglichen Gründen für eine verspätete Diagnostik zählen ein zu geringes Bewusstsein und ein unzureichendes Wissen in Hinblick auf die Erkrankung, ein eingeschränkter Zugang zu Diagnoseverfahren, begrenzte Möglichkeiten innovativen Lernens und ein ineffizienter Informationsaustausch. Das Projekt „CDSKILLS“ zielt darauf ab, diese Mängel zu beseitigen und die Nachhaltigkeit im öffentlichen Gesundheitssektor zu verbessern, u. a. durch die wirksame Erfüllung gesundheitsbezogener und psychosozialer Bedürfnisse der Patienten. Auf die Analyse regionaler Lücken im CDManagement wird daher u. a. die Einführung einer innovativen Lernstrategie folgen, welche traditionelle Vorlesungen mit modernen ETools kombiniert. Des Weiteren sollen effiziente Strategien zur Erkennung der Erkrankung sowie innovative Dienstleistungen (Pilot) implementiert werden. Das transnationale Netzwerk ermöglicht einen Wissensaustausch. Die Projektaktivitäten dienen der Förderung des Bewusstseins aller am CDManagement beteiligten Akteure, der Erweiterung und Vertiefung von Kenntnissen und Kompetenzen sowie der effektiven Verbesserung des Gesundheits und Sozialwesens im Donauraum.

„Etwa 80 % der ZöliakiePatienten werden (zu) spät diagnostiziert oder bleiben sogar undiagnostiziert.“

Junge Zöliakie-Patienten

Krampfartige Bauchschmerzen, quälende Blähungen, starker Durchfall, oft gepaart mit lästigem Kopfweh: Wenn jene Symptome regelmäßig nach dem Genuss eines flaumigen Striezels oder eines knusprigen Vollkornbrots vorkommen, dann – so haben interessierte Eltern hierzulande gelernt – wird die Verdauung ihres Sprösslings mit der Verarbeitung irgendeines Nährstoffs nicht fertig. Nicht selten fällt der Verdacht auf Gluten, das in vielen Getreidesorten steckt. Ob dieses Klebereiweiß tatsächlich der Auslöser ist, kann jedoch nur der Facharzt feststellen. Wenn ja, leidet der Betroffene an CD, verträgt also Gluten nicht und kämpft mit den besagten Problemen.

Autorin: Univ.-Prof.in Dr.in Almuthe Hauer

Projektmanagerin CDSkills, Klinische Abteilung für allgemeine Pädiatrie, LKHUniv. Klinikum Graz

Es handelt sich dabei um eine immunvermittelte Systemerkrankung, die den MagenDarmTrakt beeinträchtigt, weil der Körper das in vielen Getreidesorten enthaltene Gluten – auch Klebereiweiß genannt – nicht verarbeiten kann und deshalb die Darmschleimhaut geschädigt wird. Betroffene leiden u. a. an Appetitlosigkeit, Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall, Erbrechen und Übelkeit. Auch Kopfschmerzen und Müdigkeit zählen zu den möglichen Symptomen. Wird die Krankheit ignoriert, kommt es zu einer chronischen Darmentzündung, bei der sich die Dünndarmzotten zurückbilden (Atrophie). Das hat wiederum eine Mangelernährung sowie bei Kindern eine teils massive Wachstumsstörung zur Folge. Die Ursachen der Erkrankung sind bisher nicht völlig geklärt, aber ihre Therapie, nämlich die konsequente Umstellung der Ernährung auf einen gänzlich glutenfreien Speiseplan, garantiert Betroffenen ein vollkommen beschwerdefreies Leben.

EU-Projekt stärkt „Wissen über Zöliakie“

Österreichweit sowie weltweit ist mehr als ein Prozent der Bevölkerung von CD betroffen. Während viele Mitteleuropäer das Leiden durchaus kennen, ist es in anderen Staaten weitgehend unbekannt – und das nicht nur unter Eltern, sondern auch im medizinischen Bereich. Dieser Situation begegnet nun das Projekt „CDSkills“ . Es wurde vom Universitätsklinikum Maribor initiiert, startete im vergangenen Juli und ist mit 1,7 Millionen Euro dotiert. Die Mittel wurden im Rahmen von „EUInterreg Danube Transnational Programm“ bereitgestellt. Beim EUProjekt „CDSKILLS“ ziehen Experten aus sieben Donaustaaten für ZöliakiePatienten an einem Strang. Die Palette der fokussierten Inhalte reicht vom Wissensaustausch über die Diagnose und Behandlungsmethoden der Erkrankung bis hin zu Fortbildungsprogrammen. Das Team rund um die Pädiatrische Gastroenterologin Univ.Prof.in Dr.in Almuthe Hauer von der Universitätsklinik für Kinder und Jugendheilkunde des LKH und Universitätsklinikums Graz ist einer der 13 Projektpartner, die sowohl aus dem medizinischuniversitären >

X HAUSARZT-Tipp: MINI MED-Podcast für Ihre Patienten

Intoleranz muss nicht das Leben von Patienten bestimmen! Über den richtigen Umgang mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten referiert Univ.Prof. Dr. Heinz Hammer, Klinische Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie, MedUni Graz.

https://www.minimed.at/medizinischethemen/stoffwechselverdauung/zoeliakie/

ICH SEH, ICH SEH, WAS DU NICHT SIEHST…

Bereich als auch aus der Lebensmittelbranche sowie der Politik kommen. Insgesamt konnten zwölf Projektpartner aus Belgrad, Budapest, Bukarest, Debrecen, Graz, Prag, Meran, Varna, Zagreb und Chişinău gewonnen werden, wobei Graz – und damit Österreich – vom Team von Univ.Prof.in Hauer, vertreten wird.

300 pädiatrische Zöliakie-Patienten am Klinikum Graz

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Univ.Prof.in Hauer leitet das international zertifizierte Weiterbildungszentrum für Pädiatrische Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährung des Klinikums Graz sowie seit Kurzem auch das erste Ausbildungszentrum für dieses Fachgebiet an einer österreichischen Universitätsklinik. Somit kümmert sie sich mit ihren Kollegen um junge ZöliakiePatienten und forciert die Aus und Weiterbildung. An der Universitätsklinik für Kinder und Jugendheilkunde werden jährlich ca. 30 Patienten neu mit Zöliakie diagnostiziert und mehr als 300 Kinder und Jugendliche, die an der Krankheit leiden, kontinuierlich betreut. Als Vorstandsmitglied der ESPGHAN, der global federführenden Fachgesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährung, ist Univ.Prof. in Hauer auch in die Erarbeitung von Leitlinien für die Betreuung von ZöliakiePatienten involviert. „Ich habe daher sehr gerne zugesagt, als wir gefragt worden sind, ob wir Partner sein möchten“ , erzählt sie. Den Grazern stehen fast 160.000 Euro aus dem Projektbudget zur Verfügung.

Fazit

Ende 2022 soll „CDSKILLS“ abgeschlossen sein und die Partner sind zuversichtlich, dass die angepeilten Ziele dann auf Schiene gebracht werden. Denn schlussendlich, so sind sich alle einig, geht es darum, den Betroffenen dabei zu helfen, ihre Lebensqualität wiederzuerlangen, die Kollegen im Rahmen von Schulungen fit für die Betreuung ihrer Patienten zu machen und Kliniken dabei zu unterstützen, die ESPGHANLeitlinien für die Betreuung von ZöliakiePatienten umsetzen können. <

X Infobox: Weiterführende Links

Bis zu 294.000 Personen wissen nicht, dass sie von Diabetes Typ-2 begleitet werden.* Schaffen Sie Gewissheit. Beraten Sie potentiell gefährdete PatientInnen.

https://kinderklinik.uniklinikumgraz.at/allgpaediatrie/Forschung/ Projekte/cd_skills/Seiten/default.aspx

DTPProgramm –Website http://www.interregdanube.eu/

CDSKILLSProjekt international www.interregdanube.eu/cdskills

www.accu-chek.at

*Schmutterer I, Delcour J, Griebler R. (Hrsg.) Österreichischer Diabetesbericht 2017, Wien: Bundesministerium für Gesundheit und Frauen; 2017 CDSKILLSProjekt in Graz

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