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Impfpflicht für Ordinationsmitarbeiter?

Impfpflicht oder Kür?

Kür statt Pflicht: Diskussion um verpflichtende Schutzimpfungen entbrannt

In Zeiten der COVID19Pandemie und der Ausrollung der Schutzimpfung für Ordinationsteams ist auch die Diskussion über eine – zumindest für bestimmte Berufsgruppen – verpflichtende Impfung entflammt. „Gegenwärtig gibt es keine gesetzliche Impfpflicht in Österreich und diese ist laut den derzeitigen Entscheidungsträgern in absehbarer Zeit auch nicht geplant“ , versichert Univ.Prof.in Dr.in Susanne AuerMayer, Stv. Vorständin des Instituts für Österreichisches und Europäisches Arbeitsrecht und Sozialrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien. Impfungen sind aktuell nur mit der Einwilligung des Geimpften zulässig. Gemäß dem Epidemiegesetz könnten unter bestimmten Voraussetzungen Impfungen für „Menschen, die sich berufsmäßig mit der Krankenbehandlung und pflege beschäftigen“ , von der Bezirksverwaltungsbehörde angeordnet werden. Bislang galt das jedoch als totes Recht.

Expertin zum Thema: Univ.-Prof.in Dr.in Susanne Auer-Mayer

Stv. Vorständin des Instituts für Österreichisches und Europäisches Arbeitsrecht und Sozialrecht, Wirtschaftsuniversität Wien

Interessenkonflikte

Arbeitgeber, in diesem Fall niedergelassene Ärzte, unterliegen allerdings gesetzlichen Schutz bzw. Fürsorgepflichten gegenüber ihren Patienten und ihrem Personal. Sie haben daher ein Interesse daran, zu wissen, ob ihre Mitarbeiter sich selbst oder andere durch eine Infektion gefährden könnten. Jedoch verfügen auch die Mitarbeiter über gewisse Persönlichkeitsrechte. Die Informationsinteressen der Ärzte und die Geheimhaltungsinteressen der (potentiellen) Mitarbeiter unter einen Hut zu bekommen, gestaltet sich juristisch gesehen also gar nicht so einfach. Zudem muss hierbei zwischen Neueinstellungen und bereits bestehenden Dienstverhältnissen unterschieden werden.

Ihren Impfnachweis, bitte!

Darf ein Arbeitgeber einen Bewerber nach einer Impfung fragen bzw. muss der Arbeitnehmer offenlegen, ob er geimpft ist? Dazu meint die Juristin: „Welche Informationen offenzulegen sind, hängt stark von der Tätigkeitsrelevanz und dem Bezug zum Arbeitsplatz ab. Es ist eine Einzelfallbeurteilung, eine ein

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deutige Judikatur gibt es dazu nicht. Allerdings wird gerade im medizinischen Bereich ein solches Fragerecht häufig gegeben sein. “ Zu differenzieren sei hier unter Umständen zwischen der Ordinationsassistenz mit Patientenkontakt und der Reinigungskraft, die ihren Dienst nach Ordinationsschluss verrichtet. Privaten Arbeitgebern steht es grundsätzlich – so keine diskriminierenden Gründe vorliegen – frei, welchen Bewerber sie einstellen. Kandidaten, die geimpft sind und dies auch offenlegen, dürften also einen Vorteil im Rennen um die Stelle haben. Hat sich jene Information im Nachhinein jedoch als falsch erwiesen, kann das ein Kündigungs bzw. Entlassungsgrund sein.

Treuepflicht des Mitarbeiters

In Zusammenhang mit seiner Schutzpflicht hat der niedergelassene Arzt entsprechende Maßnahmen zu treffen. So muss er seinen Mitarbeitern erforderlichenfalls eine Impfung anbieten oder zumindest empfehlen, sofern der >

SO INDIVIDUELL WIE DIE GESUNDHEIT.

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X Meinungen zum Thema Impfpflicht

Mag.a Elisabeth Hammer-Zach Präsidentin des Berufs verbandes der ArztassistentInnen Österreich

Dr. Christoph Dachs

Präsident der ÖGAM, Arzt für Allgemeinmedizin in Hallein (Sbg.) „Ich halte wenig von einer Impfpflicht, weil sie die Argumente von Impfgegnern nicht entkräftet. Ich setze auf Aufklärung und Information. Der Berufsverband der ArztassistentInnen (BdA) ruft daher alle Kollegen auf, sich ihrer Verantwortung in den Ordinationen gegenüber den Patienten, zu Hause gegenüber ihren Familien und in der Gesellschaft gegenüber den Mitmenschen bewusst zu werden und sich impfen zu lassen. Mit der COVID19Impfung haben wir eine gute Chance, zu einem normalen Leben zurückzukehren. Unsere Ausbildung in einem medizinischen Assistenzberuf befähigt und verpflichtet uns dazu, Impfgegnern entschieden entgegenzutreten und die Sinnhaftigkeit medizinischer Vorbeugung zu verteidigen.“

„Ich lehne eine Impfpflicht für Mitarbeiter von Ordinationen grundsätzlich ab, da sie Persönlichkeitsrechte beschneidet. Dennoch haben wir als Praxisinhaber die Aufgabe, unseren Mitarbeitern die Sinnhaftigkeit von bestimmten Impfungen durch eine gute Aufklärung darzulegen und ihnen auch die Impfung zu ermöglichen. Die aktuelle Impfung gegen SARSCoV2 war natürlich in unserer Gruppenpraxis ein Diskussionsthema, mittlerweile sind alle Mitarbeiter geimpft.“

„Eine Impfpflicht für Ordinationsmitarbeiter wird es nicht geben. Ich setze auf Aufklärung über die Wirksamkeit der einzelnen Impfstoffe und zu erwartende Nebenwirkungen – sozusagen auf eine NutzenRisikoAbwägung. Meine Assistentinnen haben sich davon überzeugen und somit impfen lassen.“

„Die Problematik einer allgemeinen Impfpflicht betrifft nicht allein das Ordinationspersonal, sondern alle Mitarbeiter des Gesundheitswesens, welche in direktem Kontakt mit Patienten stehen. In vielen Ländern der westlichen Welt gibt es diesbezüglich unterschiedliche Regelungen, deren Spektrum von absoluter Impfverpflichtung und dem Verbot der Berufsausübungim Falle einer Weigerung bis hin zu völliger Freiwilligkeit (wie auch derzeit in Österreich) reicht. Bei Krankheiten, die – wie eine Infektion mit SARSCoV2 – mit einer signifikanten Sterblichkeitsrate einhergehen, ist die Diskussion einer Impfpflicht für Gesundheitsberufe legitim und richtig. Eine bloße Aufklärung bleibt dabei immer lückenhaft, in ihrem Ergebnis mangelhaft und inkonsequent. Eine derartige Fragestellung erfordert jedoch einen breiten gesellschaftlichen Konsens. Deshalb sollten in erster Linie unsere Patienten gefragt werden, wo ihre Präferenzen liegen und ob sie lieber von geimpften oder ungeimpften Mitarbeitern des Gesundheitswesens betreut werden wollen. Nach diesem Meinungsbild sollten wir uns richten, und nicht nach unseren einzelnen Meinungen!“

„Eine Impfpflicht wäre kontraproduktiv, da eine Impfung eine invasive Maßnahme mit möglichen Nebenwirkungen darstellt und die Entscheidung dazu eine freie sein sollte. Außerdem würde eine Impfpflicht dem in der Allgemeinmedizin wichtigen „SharedDesicionPrinzip“ widersprechen. Gute und auf wissenschaftlicher Evidenz basierende Aufklärung ist hier essentiell. Das Recht auf eine Impfung, die einen vor schwerer Erkrankung schützen kann, sehe ich als Privileg. Auch sind Impfungen des Gesundheitspersonals neben dem Eigenschutz ein solidarischer Akt, da man durch verringerte oder nicht vorhandene Übertragungswahrscheinlichkeit auch die Patienten schützt.“

Dr. Jürgen Gerstmayer Arzt für Allgemeinmedizin in Ternitz (NÖ)

Dr.in Angelika Reitböck Präsidentin des österreichischen Hausärzteverbandes

Dr.in Reingard Glehr

Ärztin für Allgemeinmedizin in Hartberg, Sprecherin der Initiative „Österreich impft“ Impfstoff verfügbar ist. Nimmt der Arbeitnehmer dieses Angebot nicht in Anspruch, kommt auch die Treuepflicht des Mitarbeiters gegenüber dem Arbeitgeber ins Spiel. Eine Verletzung derselben könnte beispielsweise die fehlende Information bei Krankheitsverdacht oder das Nichteinhalten von Hygienemaßnahmen darstellen. Das kann die Beendigung des Dienstverhältnisses oder unter Umständen sogar eine Schadenersatzpflicht nach sich ziehen. Im Falle einer Erkrankung kann der Mitarbeiter bei Vorliegen „grober Fahrlässigkeit“ seinen Entgeltfortzahlungsanspruch verlieren. Dasselbe gilt für eine schuldhafte „sonstige Dienstverhinderung“ , etwa durch Quarantäne. „Meines Erachtens besteht jedenfalls derzeit auch in puncto Treuepflicht keine ‚echte‘ Verpflichtung der Arbeitnehmer zur Vornahme von Impfungen. Und das trifft ebenso auf den Gesundheitsbereich zu“ , so die Expertin.

Margit Koudelka

X Infobox: Warum impfen?

Impfungen hatten neben Hygienemaßnahmen weltweit den größten Einfluss auf den Rückgang der Sterblichkeit und die Verbesserung der Lebensqualität. Es geht dabei nicht nur um den Schutz des Individuums, sondern auch um jenen der Gemeinschaft. Unbedingt geimpft werden sollte ergo das Gesundheitspersonal. Hinsichtlich der Impfungen hat es eine besondere Verantwortung, denn Personen, die im Gesundheitsbereich arbeiten, weisen aufgrund ihrer Tätigkeit ein höheres Risiko auf, infiziert zu werden beziehungsweise ihre Patienten anzustecken. Übertragungen von Infektionen durch Krankenhauspersonal sind bei Influenza, Masern, Mumps, Röteln, Windpocken, Keuchhusten, Hepatitis A, Hepatitis B sowie Meningokokken und COVID19 bekannt.

Neben dem Gesundheitspersonal wird im österreichischen Impfplan auch Mitarbeitern von Gemeinschaftseinrichtungen wie Lehrern oder Kindergartenpädagogen eine Impfung gegen vermeidbare Erkrankungen empfohlen, um die Ausbreitung von Infektionen zu vermindern.

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