NEUROLOGIE
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Herzlich willkommen in der Neurologie
Alles neurologisch!
NEUROPRAXIS IM STADTPALAIS
Aktuelle Forschung in der Neurologie Viele Neurologische Erkrankungen beeinträchtigen nachhaltig Lebensqualität und bringen bleibende Behinderung mit sich. Für immer mehr an sich unheilbare Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems sind in den letzten 20 Jahren wirksame Behandlungsansätze entwickelt worden, die ein Fortschreiten aufhalten und Einschränkungen minimieren können. Zwischen Ergebnissen neurobiologischer Grundlagenforschung und der Zulassung eines neuen Medikaments vergehen aber oft 20 bis 30 Jahre. Ziele der Forschung hierbei sind zwar auch, die Erkrankung besser zu verstehen, ihren Verlauf vorhersagen zu können oder im besten Fall sie in ihrer Entstehung verhindern zu können, es bleibt aber immer noch höchstes Ziel, möglichst allen Erkrankten eine wirksame und sichere Behandlung und Schutz vor fortschreitender Behinderung anbieten zu können. Antikörper, Schallwellen und Stammzellen gegen Parkinson Auf dem Gebiet der neurodegenerativen Erkrankungen sind insbesondere bei der Parkinson-Erkrankung Fortschritte erzielt worden, die nicht nur auf die Linderung von Symptomen abzielt, sondern die Entstehung in der Frühphase verhindern soll. In den Medien als „ParkinsonImpfung“ bekannt wurde eine Antikörper-Therapie, mit der die Ausbreitung von Alpha-Synuklein im Zentralen Nervensystem verhindert werden soll. Alpha-Synuklein ist ein Eiweiß, das durch Verklumpungen die die Parkinson-Erkrankung auslösenden Lewy-Körperchen bildet. Diese Ablagerungen führen zu einem Untergang Dopamin-produzierender Nervenzellen. Durch maßgeschneiderte Immunglobuline kann verklumptes Alpha-Synuclein eingefangen und abgebaut werden, ähnlich wie ein Krankheitserreger nach Impfung früher erkannt, durch Antikörper markiert und von Fresszellen eliminert wird. Die Synuklein-Antikörper werden als Infusion verabreicht und aktuell schon an Patienten auf Sicherheit und Verträglichkeit getestet. In zwei Studien mit deutscher Beteiligung soll bei über 600 Parkinson-Patienten im Frühstadium getestet werden, wie gut dadurch der Erkrankungsverlauf gemildert werden kann. Erste Ergebnisse werden in etwa eineinhalb Jahren erwartet. Ein gezielter Eingriff in tiefe Regionen des Gehirns, die für Symptome der Parkinson-Erkrankung verantwortlich sind, wird schon seit einigen Jahren geprüft. Durch ein spezielles nicht invasives Verfahren, dem sogenannten Magnetresonanz(MR)-gesteuerten hoch fokussierten Ultraschall (MRgFUS), sollen gezielt fehlfunktionierende Nervenzellen im Gehirn ausgeschaltet werden. Hierbei braucht es im Gegensatz zur tiefen Hirnstimulation keinen operativen Eingriff, sondern es werden im MRT über eine Art Helm extrem gebündelte Ultraschallwellen auf die Zentren für Bewegungssteuerung fokussiert, die dort kleine Areale erhitzen und zerstören. MRgFUS kommt vor allem für Parkinson-Patienten in Frage, die ein ausgeprägtes oder stark einseitiges Zittern aufweisen. Die hierdurch gesetzten kleinsten Narben entsprechen etwa der Größe der Elektroden, die bei einer tiefen Hirnstimulation eingesetzt werden. Durch Studien aus den USA ist zu vermuten, dass dieser Effekt meist über mindestens drei Jahre hinweg anhält. Auch tauchen in den Medien immer wieder Berichte über Stammzelltransplantation bei der Parkinson-Erkrankung auf. Die Forschung befindet sich hierbei jedoch im Stadium von Tierversuchen. Diese Ergebnisse der wenigen halbwegs erfolgreichen Projekte können jedoch
nicht eins zu eins auf Menschen übertragen werden, und die klinischen Resultate waren bislang nicht befriedigend. Dieser therapeutische Ansatz ist somit jetzt und auch in absehbarer Zukunft noch kein Standardverfahren in der Parkinson-Therapie und birgt zudem etliche Risiken. Bei Interesse an derartigen neuen Therapiestudien vermitteln wir gerne an universitäre Parkinson-Spezialambulanzen. Detektion und Modifikation von Genen bei Muskelschwund In den letzten Jahren sind für einige seltene neuromuskuläre Erkrankungen bedeutende Fortschritte in der Diagnostik und Therapie gelungen. Auch bei erblichen Erkrankungen der peripheren Nerven und der Muskeln können nun die verantwortlichen Genveränderungen leichter und schneller festgestellt werden. Durch das sogenannte Next Generation Sequencing können viele Gene gleichzeitig in kurzer Zeit analysiert werden. Bei erblichen Neuropathien, die zu einer längenabhängigen Aufbau- und Funktionsstörung von Nervenfasern führen und damit Schwäche und Muskelschwund in Unterschenkeln, Füßen und Händen bedingen, kann zumindest eine klare Diagnose gestellt werden. Wenngleich diese Erkrankungen noch nicht heilbar sind, erlaubt die frühzeitige Diagnose jedoch eine Abschätzung des weiteren Verlaufs und der Erblichkeit. Therapeutische Fortschritte wurden dagegen bei erblichen spinalen Muskelatrophien und Muskeldystrophien gemacht. Bei der häufigsten Form einer spinalen Muskelatrophie ist das SMN1Gen verändert. Dadurch fehlt ein für die motorischen Nervenzellen im Rückenmark wichtiges Eiweiß. Ein ähnliches Gen, SMN2, wird normalerweise nur wenig abgelesen und das zugehörige Protein nur in geringem Maße produziert. Ein sogenanntes antisense-Oligonukleotid, das nach Eingabe ins Nervenwasser an den spezifischen DNA-Abschnitt in den Nervenzellen bindet, kann die Ablesung dieses sonst kaum verwendeten Gens erheblich steigern. Somit entsteht eine höhere Menge des Eiweißes, das die Funktion des defekten SMN1-Gens teilweise ersetzen kann. Davon können insbesondere junge an den Rollstuhl gebundene Patienten profitieren. Bei der ebenfalls erblichen Muskeldystrophie ist ein Protein genetisch verändert, das für die Stabilität der Muskelfaser wichtig ist, sodass Muskelfasern zugrunde gehen und Muskelschwund und Schwäche resultieren. Bei der häufigsten Muskeldystrophie, Typ Duchenne, kann ebenfalls durch ein antisense-Oligonukleotid eine erhöhte Produktion des sonst fehlenden Eiweißmoleküls erreicht werden. Dadurch kann die Muskelfasermembran stabilisiert und der Muskelabbau deutlich verlangsamt werden.Ein anderer Weg wird bei Muskelstoffwechselstörungen beschritten. Bei der Pompe-Erkrankung fehlt ein Enzym, das zum Abbau des Zuckerspeichers im Muskel, dem Glykogen, notwendig ist. Dadurch kommt es zu einer Anhäufung von Glykogen in den Entsorgungsorganen der Muskelzellen. Dadurch werden die Muskelfasern in ihrer Kraftentfaltung beeinträchtigt und zerstört. Mittels einer so genannten Enzymersatztherapie wird das fehlende Enzym von außen zugeführt. Dadurch kann die Erkrankung auch noch im Erwachsenenalter erheblich gelindert werden und insbesondere eine Schwäche der Bein- und Atemmuskulatur verbessert werden. Antikörper und Impfung gegen Multiple Sklerose Mit die rasantesten und bedeutsamsten Fortschritte in der Neurologie sind in den letzten 20 Jahren auf dem Gebiet der Neuroimmunologie gemacht worden, mit der Multiplen Sklerose (MS) als häufigste Erkrankung. Durch eine möglichst früh eingesetzte Immuntherapie können weitere Schübe, ein Fortschreiten der Behinderung und das Auftreten
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