Die lautlose Eroberung
Unsere asiatische Zukunft
Hamilton/Ohlberg. Verlag: DVA. 494 Seiten.
Parag Khanna. Verlag: Rowohlt. 491 Seiten.
ISBN: 978-3-421-04863-9
ISBN: 978-3-7371-0002-1
Die Partei ist alles. Eines ist jedenfalls klar: Viele
4,5 Milliarden Einwohner. Auch dieses Buch setzt sich
Freunde in China haben sich das Autorenduo Clive Ha-
ausführlich mit China auseinander, es ist aber breiter ge-
milton und Mareike Ohlberg mit diesem Buch nicht ge-
fasst als „Die lautlose Eroberung“ (siehe links). So führt
macht. Der englische Originaltitel lautet: „Hidden Hand.
der in Indien geborene Politikwissenschaftler und Autor
Exposing how the Chinese Communist Party is Reshaping
Parag Khanna aus, dass Asien mehr ist als „nur“ das Reich
the World“. Das beschreibt die Grundintention des Werks
der Mitte. Er erinnert daran, dass China die immense Be-
besser als die deutsche Übersetzung: Es geht um die fak-
völkerungszahl von rund 1,4 Milliarden Menschen auf-
tische Allmacht der Kommunistischen Partei Chinas
weist, der gesamte Kontinent aber 4,5 Milliarden Men-
(KPCh), und diese ist tatsächlich beeindruckend, besser
schen beherbergt. Auch ruft er ins Gedächtnis, dass der
gesagt: erschreckend. So erfährt man zum Beispiel, dass
westliche Asien-Begriff zu eng gefasst ist. Denn geogra-
die zwei Millionen Mann starke Volksarmee eigentlich
fisch gesehen gehören zum Beispiel auch die Arabische
gar nicht dem Staat, sondern der KPCh untersteht. Wobei
Halbinsel oder Länder wie Iran und natürlich (zum größ-
die Partei zwar fest im Sattel sitzt, aber dennoch unter ei-
ten Teil) Russland zu Asien. Die kulturelle sowie sprach-
ner gewissen Paranoia gegenüber angeblich umstürzle-
liche Vielfalt ist enorm, die Rohstoffvorkommen reich-
rischen Bewegungen und „westlicher Infiltrierung“ leidet.
lich, die wirtschaftliche Power mehr als massiv. Asien
Ergo: Die KPCh will sich mit allen Mitteln an der Macht
weist heute zwei Drittel der Megacitys unseres Planeten
halten. Dafür werden Wirtschaft und Gesellschaft im ei-
und ebenso zwei Drittel des weltweiten Wirtschafts-
genen Land auf Linie gebracht. Dem nicht genug, es wur-
wachstums auf. Tendenz weiter steigend. Kein Wunder,
de auch ein weitreichendes Programm entwickelt, mit
dass Khanna zu dem Ergebnis kommt: „Das 19. war das
dem China die westlichen Demokratien unterwandern
europäische, das 20. das amerikanische Jahrhundert –
und eine neue Weltordnung etablieren will. So zumindest
und das 21. wird das asiatische Jahrhundert sein. Die
Ohlberg und Hamilton, beides erwiesene China-Kenner.
Verschiebung der globalen Machtverhältnisse wird die
Dabei setzt das Reich der Mitte (eigentlich die KPCh)
Welt verändern und, wo es nicht schon so weit ist, bald
nicht nur seine Wirtschaftsmacht als Waffe ein, sondern
alle Bereiche unseres Lebens beeinflussen.“ Wo bleibt bei
die gesamte Bandbreite der Politik. Der Aufstieg zur Welt-
dieser Prognose der Westen? Auf längere Sicht geht es
macht scheint dabei unaufhaltsam. Das negative Fazit
dem Autor zufolge um eine Synthese von West und Ost:
lautet: Lange erwartete der Westen, dass sich China mit
von Liberalismus und Holismus (ganzheitlichem Den-
zunehmendem Wohlstand demokratisieren würde. Lei-
ken), Demokratie und Technokratie. Problematisch da-
der ist das Gegenteil der Fall.
ran: Dem Westen scheint das noch nicht klar zu sein.
Credits: beigestellt
BUCHTIPPS . Neuerscheinungen & Pflichtlektüre
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