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Börsen International

USA . Wachstumsdynamik nimmt ab

Abkühlung der Konjunktur. Auch so manche wichtige US-Wirtschaftsindikatoren haben den Rückwärtsgang eingelegt. So fiel der IHS Markit Flash US-Composite Index als Wachstumsindikator für die US-Privatwirtschaft von 57,6 auf 56,5 Punkte. Im Vergleich zur US-Industrie präsentierte sich der Dienstleistungssektor deutlich schwächer. Auch die Konsumentenstimmung ist zurückgegangen. Der entsprechende Index der University of Michigan fiel von 71,7 auf 66,8 Punkte, der niedrigste Stand seit 2011. Auch in den USA schmälert die hohe Inflation, die zuletzt im November annualisiert auf stolze 6,8 Prozent gestiegen war (VPI = Verbraucherpreise), die Kaufkraft der Konsumenten. Allerdings hielten sich die US-Fabriksaktivitäten weiterhin auf hohem Niveau. Der entsprechende ISM Index stieg auf 61,1 von 60,8 Punkten. Sowohl die Neuaufträge als auch die Produktion legten zu. Die Quartalszahlen der US-Unternehmen im S&P 500-Index liegen im Vergleich mit dem guten Jahr 2019 um 31 Prozent vorne, im dritten Quartal stiegen sie sogar um 75 Prozent. Die Konsumentenausgaben stiegen zwar trotz nachlassender Stimmung ebenfalls, aber unter Einberechnung der Inflation nur um reale 0,7 Prozent. Die Kernrate der US-Konsumenteninflation kletterte auf 4,6 Prozent, ein 30-Jahres-Hoch. Die Aufträge für langlebige Konsumgüter fielen allerdings nur leicht. (wr) Schwächeanzeichen mehren sich. In China scheint sich die Konjunktur deutlich abzukühlen. So stieg die Industrieproduktion im September bzw. Oktober auf Jahresbasis nur um 3,1 bzw. 3,5 Prozent, die niedrigsten Werte seit März 2020. Die Gesamtwirtschaft legte nur mehr um 4,9 Prozent zu, nach 7,9 Prozent im Vorquartal. Für 2022 wurde die Prognose auf unter sechs Prozent zurückgenommen, manche Analysten sehen sogar die fünf Prozent-Marke in Gefahr. Der Immobilienmarkt, der gemäß Schätzungen ein Viertel zu Chinas Wirtschaftsleistung beiträgt, steht nach wie vor unter Druck. Preise für Eigenheime sanken erneut. Zudem ging die Zahl der Baubeginne zurück, ebenso Investitionen von Immobilienentwicklern in neue Projekte. Die Einzelhandelsumsätze legten um 4,9 Prozent zu. Besonders stark expandierte der Umsatz im Online-Handel, der um 17,4 Prozent über dem Vorjahr lag. Der vom chinesischen Wirtschaftsmagazin „Caixin“ berechnete Einkaufsmanagerindex fiel im November allerdings von 50,6 auf 49,9 Punkte und damit unter die Expansionsschwelle von 50. Der Index des staatlichen Statistikamtes, der große und staatliche Unternehmen erfasst, konnte diese Marke halten. Die politischen Entscheidungsträger haben signalisiert, dass das Schlimmste des regulatorischen Durchgreifens überstanden sein dürfte. Dies könnte 2022 eine Börsenerholung bringen. (wr) S&P 500 Indexpunkte in USD 4.800 4.600 4.400 4.200 4.000 3.800 3.600 3.400 3.200 3.000 2.800 2.600 2.400 2.200 2018 2019 2020 2021

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CHINA . Konjunktur-Top überschritten

SHANGHAI A INDEX Indexpunkte in CNY 4.000 3.800 3.600 3.400 3.200 3.000 2.800 2.600 2.400 2018 2019 2020 2021

Rücksetzer

Nach dem Erreichen eines neuen Rekordhochs bei 4700 Punkten fiel der US-Aktienindex moderat bis auf 4500 Punkte und legte dort eine Kehrtwende hin. Der Aufwärtstrend ist auch kurzfristig intakt, allerdings sollte die Marke von 4200 Punkten nicht unterschritten werden.

Relativ stabil

Der Hauptindex für die chinesischen Festlandsbörsen (A-Aktien) bewegt sich weiterhin seitwärts. Im Gegensatz zum Hongkonger Index für H-Werte zeigt er sich relativ stabil. Die Unterstützung bei 3500 Punkten sollte allerdings unbedingt weiterhin halten.

Rally abgesagt

Der Euro Stoxx 50 musste nach dem Erreichen eines Rekordhochs seit 13 Jahren bei 4400 Punkten einen kräftigen Rückfall von über acht Prozent hinnehmen. Die Weihnachtsrally muss wohl abgesagt werden. Anleger sollten bei 3940 Punkten ein StopLoss-Limit platzieren.

Höhenflug

Der Kursabsturz der Lira bescherte den Aktien des Landes einen Höhenflug. Für ausländische Investoren bietet sich dagegen ein anderes Bild: Der MSCI-Türkeiindex, bei dem die Kurse in Dollar umgerechnet werden, hat seit Jahresbeginn mehr als ein Viertel eingebüßt.

EUROPA . Konsumlust geht zurück

EURO STOXX 50 Getrübter Ausblick. Trotz der hohen Liquidität

Indexpunkte in EUR als Folge der stark gestiegenen Sparguthaben 4.400 wird das überschüssige Geld offenbar nicht so 4.200 rasch in Neuanschaffungen investiert wie er4.000 wartet. Die Marktforscher von GfK berichteten 3.800 3.600 nun nach zwei Anstiegen in Folge, dass das 3.400 deutsche Konsumklima gesunken sei; und zwar 3.200 auf den niedrigsten Wert seit einem halben 3.000 2.800 Jahr. Das Konsumklima werde gegenwärtig von 2.600 zwei Seiten in die Zange genommen. Da sei zum 2.400 einen die vierte Welle der Corona-Pandemie mit 2.200 2018 2019 2020 2021 explodierenden Inzidenzen, einer drohenden Überbelastung des Gesundheitswesens und der Furcht vor weiteren Einschränkungen. Zum anderen lasse eine hohe Inflationsrate von derzeit gut fünf Prozent die Kaufkraft der Verbraucher dahinschmelzen. Und was für Deutschland gilt, hat auch Auswirkungen in ganz Europa. Die Inflationsrate sollte im November das vorläufige Hoch erreicht haben. Bislang zeichnen sich auch keine Zweitrundeneffekte ab. Die gesamten Nominallöhne gingen sogar im Jahresvergleich zurück. Damit fehlt es an nötiger Substanz für eine Lohn-Preis-Spirale. Der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe in der Eurozone legte im November leicht von 58,3 auf 58,6 Punkte zu. Der Index für den Dienstleistungssektor stieg sogar von 54,6 auf 56,6. Allerdings war während der Erhebungsperiode die Stimmung im Dienstleistungssektor noch besser als im Vormonat. (wr)

TÜRKEI . Das Währungs-Harakiri

Rekordtief. Trotz einer Inflationsrate von fast 20 Prozent setzt Staatschef Recep Tayyip Erdogan die heimische Notenbank immer wieder mit der Forderung nach Zinssenkungen unter Druck. Seit Jahresbeginn hat die Lira um fast rund 50 Prozent abgewertet. Ökonomen erwarten, dass sich die Inflation in der Türkei im kommenden Jahr auf etwa 30 Prozent beschleunigen könnte. Das wird zum großen Teil auf die Währungsabwertung zurückgeführt. Trotzdem senkte die türkische Notenbank ihre Zinsen auf 15 Prozent. Dadurch wird die Lira für Anleger unattraktiver. Allein im November büßte sie 30 Prozent an Wert ein. Das schmälert die Einkünfte und Ersparnisse der Türken rapide, bringt viele Haushalte in Bedrängnis und führt sogar dazu, dass kaum noch Medikamente importiert werden können. Politiker raten schon ihrer Bevölkerung, bei Ausgaben MSCI TURKEY TR für Nahrungsmittel zu sparen. Es ist ein gefährIndexpunkte in USD liches Experiment, das Erdogan versucht. Die 1.400t Importe werden teurer, wenn die Lira fällt, was wiederum die Inflation verschärft. Auslän1.200t dische Investitionen könnten abgeschreckt werden, was die Finanzierung des Wachstums er1.000t schwert. Mit den Abwertungen nehmen auch 800t Bonitätsrisiken zu. Die Fremdwährungsverbindlichkeiten umgerechnet in türkische Lira klet600t tern in die Höhe. Damit könnte die Bedienung der Schulden schwierig werden. Bonitäts-Abstu400t 2018 2019 2020 2021 fungen der Ratingagenturen drohen. (wr)