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INVESTITIONSKONTROLLE

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BETRIEBSÜBERGABE

BETRIEBSÜBERGABE

DER LANGE ARM DER ÖSTERREICHISCHEN INVESTITIONSKONTROLLE

Österreich ist eine offene Volkswirtschaft. Handelsbeziehungen zu anderen Ländern und Regionen dieser Welt laufen ohne besondere regulatorische Hürden ab. Die Pandemie hat aber auch die Vulnerabilität der Europäischen Union vor Augen geführt und eine gewisse Gegenreaktion zu globalisierten Produktions- und Lieferketten ausgelöst. Es wird wieder mehr von einer Reindustrialisierung Europas, Versorgungssicherheit und europäischen/nationalen Interessen gesprochen. In diesem Fahrwasser wurde auch die Vorab-Kontrolle von Unternehmenserwerben (M&A-Transaktionen) massiv verschärft.

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Der Titel dieses Beitrags klingt einigermaßen bedrohlich. Werden zwischenzeitig auch schon Investitionsentscheidungen, die das eigene Unternehmen betreffen, kontrolliert? Das kann Ihnen passieren (Stichwort: mögliche Haftung von Geschäftsführern und Aufsichtsräten) – typischerweise im Nachhinein, mit der Gefahr von Rückschaufehlern und einem gefühlt strengeren Sorgfaltsmaßstab für Gesellschaftsorgane inklusive. Das soll uns aber hier nicht weiter beschäftigen. Mein Thema ist die strengere Kontrolle von Direktinvestitionen aus Drittstaaten. BEISPIEL 1: Ein US-Unternehmen will 100 Prozent der Anteile an einer Tiroler GmbH (Zulieferer für die Automobilindustrie) erwerben. BEISPIEL 2: Ein chinesisches Unternehmen will Patente und Know-how eines Tiroler Maschinenbauers kaufen.

DIE INVESTITIONSKONTROLLE KANN AUCH FÜR IHR UNTERNEHMEN RELEVANT SEIN –WENN SIE IHR UNTERNEHMEN GANZ ODER TEILWEISE VERKAUFEN WOLLEN UND DER ERWERBER AUS EINEM DRITTSTAAT KOMMT.

Dass sich Investoren aus Drittstaaten für heimische Unternehmen, deren Technologie und Produkte interessieren, ist nicht neu. Grenzüberschreitende Unternehmenstransaktionen gibt es seit langer Zeit. Neu ist die zunehmende Sensibilisierung und Sorge der EU-Staaten vor einem Ausverkauf unserer „Schlüsselindustrien“ und eine daraus resultierende Gefährdung der Sicherheit oder öffentlichen Ordnung. In dieser Gemengelage und unter dem Eindruck der Pandemie wurde im Sommer 2020 das Bundesgesetz über die Kontrolle von ausländischen Direktinvestitionen (Investitionskontrollgesetz – InvKG) beschlossen.

ECKPUNKTE DES INVESTITIONSKONTROLLGESETZES Das neue Regime verpflichtet Erwerber aus Drittstaaten, beabsichtigte Direktinvestitionen in österreichische Unternehmen (Erwerb von Vermögenswerten oder Stimmrechtsanteilen an einer Gesellschaft, Erwerb eines beherrschenden Einflusses über ein Unternehmen) vorab genehmigen zu lassen. Derartige Genehmigungsvorbehalte sind kein neues Konzept und im Umfeld von Unternehmenstransaktionen gut etabliert. Denken Sie nur an die Fusionskontrolle durch die österreichischen Wettbewerbsbehörden (www.bwb.gv.at).

Die Investitionskontrolle ist anders: Es geht nicht (primär) um den Wettbewerb, sondern um die Wahrung öffentlicher bzw. nationaler (Sicherheits-)Interessen. Zuständige Behörde ist die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW). Ihr kommt ein weiter Ermessensspielraum zu. Jetzt werden Sie einwenden, dass dieses Regime nur ganz sensible Schlüsselbranchen im Auge haben wird: Verteidigung, kritische Energieinfrastruktur, systemkritische Arzneimittel / Impfstoffe / Medizinprodukte, Sicherheit der Versorgung mit kritischen Ressourcen (Energie, Lebensmittel, Rohstoffe) etc. Ich kann Sie be(un)ruhigen. Der Katalog des InvKG ist sehr weit und umfasst auch Infrastruktur, Technologie und Ressourcen, welche kaum jemand als besonders kritisch qualifizieren wird. Erfasst sind zum Beispiel auch Zulieferer zu kritischen Sektoren (z. B. auch Automobilindustrie), der IT-Sektor, Datenverarbeitung oder -speicherung, Lebensmittelversorgung, ja sogar der Zugang zu sensiblen Informationen (einschließlich personenbezogener Daten). Das klingt immer noch einigermaßen eng, die Behördenpraxis ist aber tatsächlich sehr streng.

Immer noch entspannt? Die angeführten Beispiele könnten jedenfalls nach dem Investitionskontrollgesetz genehmigungspflichtig sein. Der genaue Tätigkeitsbereich müsste im Detail analysiert werden. Übrigens: Die Sanktionen bei Verletzung des InvKG sind drakonisch.

Spielt das InvKG also in der Praxis eine Rolle? Eindeutig ja. Veröffentlichte Zahlen fehlen noch, aber wir gehen von weit über 50 Genehmigungsverfahren im Zeitraum August 2020 bis Juli 2021 aus. Nach unserer eigenen Erfahrung wissen wir, dass auch westösterreichische Unternehmen betroffen waren.

ZUM SCHLUSS Investitionskontrolle kann also auch für Ihr Unternehmen relevant sein. Vor allem dann, wenn Sie Ihr Unternehmen ganz oder teilweise verkaufen wollen. Selbstverständlich nur, wenn der Erwerber aus einem Drittstaat (außerhalb der EU / des EWR / der Schweiz) kommt. Ist der direkte Erwerber eine Gesellschaft, müssen Sie auch indirekte Erwerber (Gesellschafter, wirtschaftliche Eigentümer) im Auge haben. Das Investitionskontrollgesetz kann schließlich auch bei Stimmbindungen greifen. Genehmigungsfrei ist jedenfalls der Erwerb von Kleinstunternehmen (unter 10 Mitarbeiter, Bilanzsumme oder Jahresumsatz weniger als zwei Millionen Euro).

BUCHTIPP

Das Investitionskontrollrecht gewinnt in der Praxis immer größere Bedeutung. Mögliche Gefahren für die Sicherheit und öffentliche Ordnung durch ausländische Direktinvestitionen haben auf europäischer und nationaler Ebene zu strengeren Kontrollregimen geführt. Der österreichische Gesetzgeber hat dazu im Juli 2020 das Bundesgesetz über die Kontrolle von ausländischen Direktinvestitionen (Investitionskontrollgesetz) erlassen. Das Werk greift diese Entwicklungen auf und stellt die neue österreichische Rechtslage aus Praxissicht dar.

Autoren: Barbist, Khol, Kröll Verlag: LexisNexis, 190 Seiten, EUR 34,00

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