Grüne Fassaden

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Grüne Fassaden

∂ Praxis
Nicole Pfoser

Grüne Fassaden

∂ Praxis
Nicole Pfoser

Autorinnen und Autoren

Nicole Pfoser

mit Beiträgen von: Martin Biedermann, Stefan Brandhorst, Markus Fierz, Yorck Förster, Rebecca Gohlke, Ferdinand Ludwig, Julia Noder-Schaab, Brigitte Reichmann, Sebastian Schmauck, Kilian van Lier, Friederike Well

Verlag

Redaktion, Layout und Lektorat: Steffi Lenzen (Projektleitung); Cosima Frohnmaier (Projektbeispiele), Jana Rackwitz (Theoriekapitel)

Redaktionelle Mitarbeit: Valerie D’Avis

Korrektorat: Sandra Leitte

Coverdesign nach einem Konzept von: Kai Meyer

Zeichnungen: Rana Aminian

Herstellung und Produktion: Simone Soesters

Reproduktion: ludwig:media, Zell am See (AT)

Druck und Bindung: Grafisches Centrum Cuno GmbH & Co. KG, Calbe (DE)

Papier: Peydur lissé (Umschlag), Magno Volume (Innenteil)

Verlag:

DETAIL Business Information GmbH Messerschmittstr. 4, 80992 München detail.de

© 2023, erste Auflage

ISBN 978-3-95553-597-1 (Print)

ISBN 978-3-95553-598-8 (E-Book)

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet abrufbar über http://dnb.d-nb.de.

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Dieses Fachbuch berücksichtigt die bei Redaktionsschluss gültigen Begriffe und den zu diesem Zeitpunkt aktuellen Stand der Technik. Rechtliche Ansprüche können aus dem Inhalt dieses Buchs nicht abgeleitet werden. Für Vollständigkeit und Richtigkeit aller Beiträge wird keine Gewähr übernommen.

Einzelne Inhalte basieren stellenweise auf Beiträgen, die bereits erschienen sind in „Pfoser, Nicole: Vertikale Begrünung. Fachbibliothek Grün. Stuttgart 2018“. Mit freundlicher Genehmigung der Eugen Ulmer KG, Stuttgart.

Titelfoto: Barkow Leibinger – Ina Reinecke

Impressum
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Stefan Brandhorst, Vertiko

Vorwort

Gebäudebegrünung als wichtiges Bauund repräsentatives Gestaltungselement der sichtbaren Gebäudehülle bietet neue Möglichkeiten in der Architektur.

Gebäudebegrünung – dazu zählen Dach-, Wand- und Fassadenbegrünungen –hat sich durch die heute angebotenen Technologien zu einem wesentlichen Planungselement des ökologischen Bauens entwickelt. Insbesondere im dicht bebauten urbanen Raum mit zunehmenden Flächenkonkurrenzen, Hitzelasten und den erforderlichen Infrastrukturen einer wassersensiblen Stadt ist die Gebäudebegrünung ein wichtiger Bestandteil ökologischer Gebäude- und Gesamtkonzepte.

Bei der Vernetzung der Bausteine Energie, Wasser, Baustoffe, Grün und Abfall in ökologischen Gesamtkonzepten ist die Gebäudebegrünung von besonders übergreifender Bedeutung. Zu den vielen Vorteilen, die sie bietet, zählen u. a. die energetische Optimierung eines Gebäudes sowie die Verdunstungskühlung mit positiven Auswirkungen auf den Naturhaushalt und das Stadtklima. Auch die Integration in die Regenwasserbewirtschaftung zur Entlastung der Vorflut und der Abwasserkanäle sowie die Vernetzung mit Betriebswasser aus aufbereitetem Grauwasser zur Bewässerung von Pflanzen am und im Gebäude stellen wichtige Pluspunkte von Gebäudebegrünung dar.

In den letzten Jahren wurden zahlreiche Technologien entwickelt, die diese Anforderungen erfüllen. Um sie in der Praxis zu etablieren, gilt es nun, Planungsschritte, institutionelle Rahmenbedingungen sowie Gesetze und Normen anzupassen und die Akteure zu qualifizieren. In der ersten Phase der Planung eines Bauvorhabens muss die Auswahl und Bewertung möglicher ökologisch wirk-

samer Maßnahmen und Maßnahmenkombinationen erfolgen. Mit dem Bedarfsträger sind die nicht monetären Zielvorgaben für das Projekt abzustimmen. Hierzu wurden im Rahmen von Modellvorhaben in den letzten Jahren umfangreiche Erkenntnisse gewonnen, erfolgreich erprobt und veröffentlicht [1]. Die Grundsteine sind also gelegt und warten auf vielfältige Umsetzung.

Die zur Verfügung stehenden Maßnahmen der Gebäudebegrünung bedienen viele planerische Ziele, wie Erlebbarkeit und Identifikation, Umweltbildung, natürlicher Wasserhaushalt und Biodiversität. Sie unterscheiden sich im Neubau und in der Gebäudesanierung. Allen Maßnahmen gemein sind jedoch eine Planung, Umsetzung, Betrieb, Wartung und Pflege durch kompetente Fachplanende und -unternehmen.

Die fach- und themenübergreifende Erarbeitung von ökologischen Gesamtkonzepten auf der Gebäudeebene – mit dem wesentlichen Element der Gebäudebegrünung – ist einer der wesentlichen Bausteine für eine zukunftsfähige, lebenswerte Stadt.

2022

Anmerkungen [1] Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen (Hrsg.): Gebäudebegrünung. Maßnahmensteckbriefe. Berlin 2021; Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen (Hrsg.): Ökologischer Stadtplan. Gebäudebegrünung. Berlin 2021; Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen (Hrsg.): Maßnahmenkarten für die Planung blau-grün-grau gekoppelter Infrastrukturen in der wassersensiblen Stadt. Berlin 2020

5
Fassadenbegrünung Wohn- und Geschäftshaus in Berlin (DE) 2016, Sarah Rivière

5 Das Lise-Meitner-Haus in Berlin-Adlershof bewirtschaftet anfallendes Regenwasser direkt vor Ort.

6 Beispiele alternativer urbaner Wasserressourcen, die zur Bewässerung eingesetzt werden können

7 Lise-Meitner-Haus (Institut für Physik der Humboldt-Universität zu Berlin), Berlin (DE) 2003, Augustin und Frank Architekten

8 Stadtverwaltung Venlo (NL) 2016, Kraaijvanger Architects

9 Biesbosch Museum, Werkendam (NL) 2015, Studio Marco Vermeulen

ermittelten Grundlagen den Gebäudeentwurf. Damit werden die blau-grünen Komponenten wie Wasserspeicher, offene Wasserflächen, Dach- und Fassadenbegrünung zu qualitativen, erlebbaren Bestandteilen der Architektur. Die integrierte Vorgehensweise erfolgt im interdisziplinären Team und stellt sicher, dass Funktionen (z. B. Wasserrückhalt bzw. -aufbereitung) und ökologische Qualitäten (Biodiversität / Mikroklima) Hand in Hand gehen.

Um alle Anforderungen und Zielsetzungen von Beginn an zu berücksichtigen, bildet eine umfassende Analyse der bestehenden und geplanten Wasserinfrastruktur sowie des Bestandsgrüns und der Begrünungspotenziale die Basis jedes blau-grünen Projekts. Diese Analyse gibt Aufschluss über Mengen, Qualitäten und Schwankungen in den Wasserverfügbarkeiten. Auch die Abschätzung von bestehenden und neu aufkommenden Wasserbedarfen, sei es durch Nutzungen im Gebäude oder durch Bewässerung von Grünsystemen, ist ein frühes Kriterium, um blaugrüne Schnittstellen bestmöglich abzustimmen.

Starkregenmanagement

Im Starkregenmanagement sind Retention (das Zurückhalten von Niederschlagswasser) und ausreichend bemessene Speicher die Mittel der Wahl. Dafür kommen konventionelle Speichermöglichkeiten (z. B. unterirdische Zisternen) und naturbasierte Systeme (z. B. Überflutungsflächen mit Sickermulden) zum Einsatz. Das Lise-Meitner-Haus in Berlin verfügt über ein entsprechendes Wasserkonzept, das mit der Fassadenbegrünung gekoppelt ist (Abb. 5 und 7). Fünf Zisternen und ein Regenwasserteich mit Überstauvolumen halten auch bei Starkregen den gesamten Niederschlag auf dem Grundstück zurück. Das Regenwasser wird sowohl zur Bewässerung der Fassadenbegrünung als auch zur Klimatisierung mithilfe adiabater Abluftkühlung (Kühlung durch Verdunstung) eingesetzt.

Alternative Wasserressourcen Vertikale Grünsysteme, zu denen neben der Fassadenbegrünung auch frei stehende Konstruktionen zählen, sind in den

meisten Fällen auf eine künstliche Bewässerung angewiesen, da die Versorgung über den natürlichen Niederschlag nicht ausreicht. Steigende Temperaturen und länger anhaltende Hitzeperioden verstärken den Bewässerungsbedarf zusätzlich. Daher bezieht die Analyse der Wasserverfügbarkeiten in einer frühen Planungsphase alternative Wasserressourcen wie gering verschmutztes Abwasser aus dem Haushalt (Grauwasser) oder aus industriellen Produktionsprozessen (z. B. Kühlwasser) mit in die Betrachtung ein (Abb. 6) [4].

Die Stadtverwaltung im niederländischen Venlo befindet sich in einem 2016 fertiggestellten Gebäude, das nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip geplant wurde (Abb. 8). Grauwasser aus den Handwaschbecken wird in einer Pflanzenkläranlage aufbereitet und in Kombination mit Regenwasser für die Toilettenspülung und die Bewässerung der Fassadenbegrünung verwendet.

Auch das Biesbosch-Museum in den Niederlanden bereitet Grauwasser über ein naturbasiertes System direkt vor Ort auf (Abb. 9). Das Gebäude, das inmitten eines großen Nationalparks liegt, wurde 2015

5 Regenwasser Zisterne Überlauf insg. fünf Zisternen, Gesamtvolumen 40 m3 225 m2 Regenwasserteich 180 m3 Überstauvolumen Frischwasser Abwasser 4700 m2 Dachfläche 450 Kletterpflanzen adiabate Abluftkühlung Bewässerung
36 Friederike Well

umfassend saniert und erweitert. Das Süßwasser-Gezeitengebiet ist von schwankenden Wasserständen geprägt. Dieser fließende Umgang mit Wasser wurde architektonisch aufgegriffen. Das Wasser wird oberflächennah bewirtschaftet und auf dem Wasserspielplatz und an den offenen Wasserflächen erlebbar. Das Abwasser der Handwaschbecken wird über das Torfdach gefiltert und in die angrenzenden Feuchtbiotope abgeleitet. Ein veränderter Umgang mit Wasser birgt große Chancen zu einer positiven Veränderung der gebauten Umwelt. Die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung sind bisher weitgehend unsichtbar. Der Regelfall ist immer noch, dass hochqualitatives Trinkwasser zur Bewässerung und für andere Zwecke verwendet wird, für die auch geringerwertiges Brauchwasser zum Einsatz kommen könnte. Gleichzeitig wird Regenwasser, eine kostbare Ressource, Mischkanälen zugeführt und aus der Stadt abgeleitet. Das Zusammenführen von Wasser und Vegetation am Gebäude schafft Synergien in Bezug auf Klimawandelanpassung und Stadtökologie. Voraussetzung dafür ist, dass Vorurteile gegenüber naturbasierten Systemen abgebaut und diese funktional und gestalterisch integriert werden.

Anmerkungen

[1] Kuttler, Wilhelm; Oßenbrügge, Jürgen; Halbig, Guido: Städte. In: Brasseur, Guy P.; Jacob, Daniela; Schuck-Zöller, Susanne (Hrsg.): Klimawandel in Deutschland. Entwicklung, Folgen, Risiken und Perspektiven. Berlin 2017, S. 225 – 234

[2] Well, Friederike; Ludwig, Ferdinand: Blue-Green Architecture. A Case Study Analysis Considering the Synergetic Effects of Water and Vegetation. In: Frontiers of Architectural Research, 1/2020, S. 191– 202, doi: 10.1016/j.foar.2019.11.001

[3] Definition entsprechend Europäische Kommission, Generaldirektion Umwelt: Eine grüne Infrastruktur für Europa. 2014. data.europa.eu/doi/10.2779/26307

[4] Eine umfassendere Zusammenstellung findet sich bei Ludwig, Ferdinand u. a.: Integrierte Planung blau-grüner Infrastrukturen. Ein Leitfaden. München 2021, S. 26 –29, doi:10.14459/

2021md1638459

alternative WasserressourceVerfügbarkeitQualität

Grauwasser (gering verschmutztes Abwasser aus Küche / Dusche / Waschbecken)

Niederschlagswasser (Dachablauf)

Niederschlagswasser (Ablauf von Straßen / Wegen)

kontinuierlichje nach Nutzung teilweise Aufbereitung erforderlich

sehr schwankendbis auf seltene Ausnahmen sehr gut

sehr schwankendje nach örtlichen Gegebenheiten teilweise Aufbereitung erforderlich

Kondenswasser aus Klimaanlagenschwankendgrundsätzlich gut, sollte aber einmalig auf Schadstoffe überprüft werden

Abläufe aus industriellen Prozessenkontinuierlichje nach örtlichen Gegebenheiten sehr unterschiedlich

Blau-grüne Architektur – Wasserressourcen und Vegetation auf Gebäudeebene
37 6
7 9
8
Roland Krippner Ronald Tillemann Friederike Well Ronald Tillemann
Nicole Pfoser
49
Fassadenbegrünung als Entwurfs- und Gestaltungsfaktor 50 Gestaltungsaspekte „Gebäude“ 50 Gestaltungsaspekte „Pflanze“ 52 Anwendungshilfe Kletterpflanzen 54 System- und P!anzenauswahl zur Begrünung – Pflanztafeln 1– 9 55 Entwurfsaspekte boden- und wandgebundener Fassadenbegrünungen 64 Lösungen für unversiegelte Bereiche 64 Lösungen für versiegelte Bereiche 64 Konstruktionskriterien 68 Wand-/Fassadenkonstruktionen und ihre Begrünungseignung 68 Pflanzenauswahl 69 Vegetations- und versorgungstechnische Kriterien 74 Standortfaktoren 74 Pflege der Fassadenbegrünung 75 Wartung von Bewässerungsanlagen 76 Hinweise zur brandschutztechnischen Bewertung von Fassadenbegrünung 78 Baurechtliche Schutzziele und Anforderungen an Fassadenbegrünung 78 Brandschutztechnische Nachweisführung 79 Brandversuche und daraus resultierende Brandschutzmaßnahmen 79 Fünfte Fassade – Dachbegrünung 82 Extensivbegrünungen – Varianten mit Priorität Gewichtseinsparung 82 Intensivbegrünungen – Varianten mit Priorität Nutzung 83 Sonderformen/Untervarianten für Dachbegrünungen – Multifunktionsdächer 84 fassadengebundene Begrünung mit Pflanzentrögen, Verwaltungsgebäude, Wien (AT) 2010
Planen

Fassadenbegrünung als Entwurfsund Gestaltungsfaktor

Nicht nur stadtökologische Wirkungen spielen bei Fassadenbegrünungen eine Rolle, auch Gestalt und Funktion stellen planungsrelevante Qualitätsmerkmale dar – sie gehören in Architektur, Freiraumplanung und Städtebau untrennbar zusammen. Der bewährte Entwurfsleitsatz „form follows function“ von Louis Sullivan aus dem Jahr 1896 bietet für langfristige Entscheidungen eine Orientierung. Er erweist sich auch bei der Konzeption von Fassadenbegrünungen als zielführend, da seine Multifunktionalität in Gestaltung, Ökologie und energieeffizientem Bauen zur Überwindung einstiger Vorurteile (hohe Kosten, hoher Pflegeaufwand etc.) hilft. Dabei geht es zugleich um die Identität des Stadtbilds, um die Einprägsamkeit der Orte, um Raumdefinition und strategische Zeichen für eine klare Wegeführung. Hier können Fassadenbegrünungen als Merkzeichen, frei stehende begrünte Flächenelemente als Leitwände und Grünstelen als Gelenke oder Zielpunkte einen Beitrag zur Orientierung leisten, indem sie mangelnder Bildhaftigkeit, visueller Verworrenheit oder undefinierter Raumbildung entgegenwirken (Abb. 1). Begrünte Fassaden im urbanen Raum schaffen dort gleichzeitig einladende Orte, verbessern die Aufenthaltsqualität und beleben mit ihren wechselnden Blatt- und Blütenfarben sowie ihrem Winterbild die jahreszeitliche Dynamik des Stadtbilds im Ganzen [1].

Raumbildung

Begrünte Fassaden haben raumbildende Kraft, um stadtgestalterische Störungen (z. B. Baulücken, unglückliche Gebäudedimensionen) durch Raumkonturen aufzuwerten. Straßen können entschleunigt und durch begrünte Raumabschlüsse „privatisiert“ werden, Verkehr durchquert mit gesteigerter Rücksichtnahme einen „Garten“. Die optisch positiven Eigenschaften von Fassadenbegrünungen wirken auch in den unbelaubten Jahresphasen [2].

Lenkung

Stadträume werden durch ein grünes Volumen (z. B. Fassade, begrünte Stele) zentriert oder in der Diagonalen (z. B. Wegeführung) betont. Mit einer wandbestimmenden Fassadenbegrünung kann die Aufmerksamkeit auf vorgelagerte Nutzungen (Laden, Café) gelenkt und „Einladung” signalisiert werden. Taktisch positionierte begrünte Volumina fassen unklare Raumformen „thematisch“ zu einer Einheit zusammen [3].

Wirkung im Stadtraum

Begrünte Erdgeschosse fügen heterogene Gebäudefronten zu einem Ensemble zusammen. Ein vollbegrünter Hauskörper in einem steinernen Umfeld rückt in den Fokus und bestimmt den Charakter des Orts. In einer Abfolge ähnlicher Gebäudeformen sorgt die Fassadenbegrünung für einen hohen Wiedererkennungswert. Grüne Fassaden unterbrechen Distanzen im städtischen Kontext, definieren Zielorte und können auf die geometrische Wirkung von Straßenräumen gezielt Einfluss nehmen [4].

Gestaltungsaspekte Gebäude

Durch die heute zur Verfügung stehenden Begrünungstechniken gibt es keine Begrenzung der zu begrünenden Fassadengröße. Für Fassadenhöhen sind allein die klimatischen Bedingungen der begrenzende Faktor [5]. Als Interimslösung ermöglichen immergrüne Bauweisen eine Substituierung oder Überkleidung schadhafter bzw. unansehnlicher Gebäudefassaden, Brandwände etc. Eine interdisziplinäre Gestaltfindung durch Designer, Architektinnen, Landschaftsarchitekten, Botanikerinnen und Künstler kann als Leitthema einer integrativen Architektur selbst zum tragenden, stadtgestaltenden Element werden [6]. Ein

50

Raumbildung Abschluss, Platzbildung Beruhigung, Begrenzung, Zonierung

Raumkontur, Teilung, Raumkorrektur

Volumenergänzung

Lenkung Zentrierung, Aktivierung, Gelenk Markierung, Wegeführung

Initialisierung, Motivation Zusammenfassung, Blickpunkte

1 Anwendungskriterien Stadtraum: Raumbildung, Lenkung und Wirkung

2 Ziele, Vor- und Nachteile bodengebundener (a) und wandgebundener (b) Fassadenbegrünungen

besonderer Vorteil wandgebundener Begrünungen ist gestalterisch wie auch gegebenenfalls ökonomisch, dass in Gärtnereien vorkultivierte Fassadenbegrünungselemente eine „fertige“ Begrünung zum Ende der Baumaßnahme ermöglichen und die Entwicklungspflege vor Ort verkürzen. Die Präsentation eines fertig begrünten Gebäudes zu Nutzungsbeginn steigert auch die Attraktion und Akzeptanz der Maßnahme.

Maßstab, Proportion, Rhythmus, Modularität Auch das städtische Einzelgebäude liefert oft Ansatzpunkte für die Begrünung als architektonische und klimatische Aufwertung. Neben dem Beitrag zur Verbesserung des Kleinklimas lassen sich mit horizontalen oder vertikalen Begrünungsfeldern Gebäudeproportionen betonen oder gezielt korrigieren. Vollflächige Begrünungen können Fassadengliederungen optisch stärken oder überspielen [7].

Kubatur

Mit einer entsprechenden Anordnung von Teilbegrünungen kann ein Sockelgeschoss als öffentlich oder privat gekennzeichnet werden, Nah- und Fernwirkungen sind steuerbar [8].

Ebenentrennung, Plastizität Frei stehende begrünte Wuchsgerüste beziehen Loggien räumlich ein und werten sie zu grünen Gartenzimmern auf. Ausgedehnte Glasflächen von Fassaden, Wintergärten und energetisch wirksamen Einrichtungen (z.B. transluzente Wärmedämmung, Luftkollektorfassaden) erhalten mit einer Sekundärebene aus sommergrünen (laubabwerfenden) Kletterpflanzen eine wirksame saisonale Verschattung ohne Hitzestau [9]. Begrünte, frei stehende Konstruktionen können Grenzzäune ersetzen, der optischen Raumtrennung dienen und bilden in kürzester Zeit ein großes Volumen klimatisch wirksamer Blattmasse,

Wirkung im Stadtraum Ensemblebildung, plastische Gestaltung

Fernwirkung, Blickpunkt Alleinstellungsmerkmal Gliederung, Verkürzung der Längenwirkung

Blicklenkung, Begrenzung, Verkürzung der Tiefe

bodengebundene Fassadenbegrünung

Pflanzen/System

Ziel

Fokus

Vorteile

Längsgliederung, Raum wirkt länger

Quergliederung, Raum wirkt höher Staffelung, optische Höhenbegrenzung

• ausdauernde Pflanzen, bodengebunden an Wuchsvorrichtung oder direkte Wandbegrünung

• stadtklimatische Verbesserung bzw. energetische Gebäudeoptimierung

• ökologische Aufwertung

• Verbesserung der Aufenthaltsqualität, gestalterische Aspekte

• weitgehend selbstständige Pflanzenversorgung

• wirtschaftliche, dauerhafte Begrünung

• in der Regel einfach umzusetzen

• dauerhafter Begrünungseffekt

• sehr hohe ökologische und stadtklimatische Funktion

• einfach zu pflegen (abhängig von Wuchshöhe)

Nachteile

• Auswahl geeigneter Pflanzen und ihrer Wuchsvorrichtungen erfordert Fachwissen bzw. Beratung

• schlechte Bodenverhältnisse/mangelnder Platz als mögliches Ausschlusskriterium im Straßenraum

• umfangreichere Pflege bei zunehmender Wuchshöhe

bodengebundene Fassadenbegrünung

wandgebundene Fassadenbegrünung

Pflanzen/System• ausdauernde Pflanzen, wandgebunden

wandgebundene Fassadenbegrünung

Ziel• Steigerung von Umgebungs- und Aufenthaltsqualität, Attraktivität, Anziehungspunkt

• Begrünung auch an sonst ungeeigneten Fassaden

• Marketingeffekt (z.B. für Geschäftsgebäude oder kommunale Liegenschaften)

Fokus dauerhafte Begrünung mit hohem Imagewert

Vorteile

• auch an Gebäuden möglich, wo Bodenanschluss nicht gegeben ist

• hohe Akzeptanz und großer Imagewert

• je nach Flächengröße hohe ökologische und stadtklimatische Funktion

Nachteile

• Planung, Ausführung und Pflege durch Fachbetrieb

• regelmäßige Wartung und Pflege unerlässlich

• in Bau, Versorgung und Pflege kostenintensiver als bodengebundene Systeme

1 51 b a 2
Fassadenbegrünung als Entwurfs- und Gestaltungsfaktor
Nicole Pfoser Nicole Pfoser

Anwendungshilfe Kletterpflanzen

Die folgenden Pflanzentafeln (S. 55ff.) bieten eine mehrstufige Entscheidungshilfe bei der Wahl einer geeigneten Kletterpflanze und ihrer entsprechenden Wuchshilfe. Bei einer Entscheidung für Selbstklimmer sind Individualkriterien zu berücksichtigen, wie die Außenwandeignung und das Schadenspotenzial (lichtfliehende Triebe, Haftorgane), notwendige Wuchsbegrenzungen, Bedingungen im Fall eines Rückbaus der Begrünung.

Bei einer Entscheidung für Gerüstkletterpflanzen steht die Auswahl der Kletterhilfe im Vordergrund. Sie ist für das Gebäude

architekturrelevant, bestimmt über Form und Bereich der Begrünungsausbreitung (horizontale, vertikale oder gerasterte Ausbildung) und ihr Aufbau (Stäbe, Rohre, Seile, Gitter, Netze) korreliert stark mit der Pflanzenauswahl: Übereinstimmung mit ihrer Kletterstrategie, dem Pflanzengewicht, Schnee- bzw. Eislast, Windlast sowie Brandlast [23]. Wuchshilfen müssen den Bedürfnissen der Pflanzen Rechnung tragen. So sollten Rasterabstände, Dimensionierung, Materialwahl und Vermeidung zu hoher Temperaturen durch eine helle Farbgebung, Anbringungstechniken (elastische Stabprofile und hängende oder gespannte Seile) berücksich-

tigt werden [24]. Bei für Starkschlinger unterdimensionierten Seilen und Stäben müssen die Triebe in der Aufwuchsphase regelmäßig abgewickelt und parallel aufgehend angeheftet werden (seilparallele Aufleitung; Abb. 3 a, S. 76). Für eine saisonale Beschattung (z. B. vor Fenstern, Balkonen, Loggien, Luftkollektorfassaden, Fassaden mit transparenter Wärmedämmung – TWD) ist die Gruppe der laubabwerfenden Pflanzen (sommergrün) geeignet. Begrünungseinsätze in Synergie zu energieaktiven Außenwandfunktionen (Kühlung im Nahbereich von Photovoltaikanlagen, saisonale Beschattung) müssen interdisziplinär abgeklärt werden.

Anmerkungen [23] Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. – FLL (Hrsg.): Richtlinien für die Planung, Bau und Instandhaltung von Fassadenbegrünungen mit Kletterpflanzen –Fassadenbegrünungsrichtlinie. Bonn 2018

Lichtbedürfnis: Schatten, Halbschatten, Sonne Reflexionen benachbarte Gebäude berücksichtigt

Wuchshöhe: maximale Wuchshöhe < Höhe der Rankhilfe

Wuchsleistung (Wuchshöhe / Höhenwachstum pro Jahr)

Lasteinflüsse (Laub / Frucht/ Holz, Tau / Regen / Schnee / Eis / Windlasten, Gewicht / Spannungszustände, Kletterhilfe

Belaubungsphasen: immergrün, sommergrün, wintergrün

Umweltbedingungen:

Boden, Temperatur, Klimazone, Feuchtigkeit mechanische und chemische Beanspruchungen (Streusalz, Öl, Urin, Frostschutzmittel etc.)

Form und Farbe: Pflanzen- und Blütenfarben, Blattformen

heimische Art und Herkunft des Pflanzguts, Lebensraumfunktion der Art

Ranktyp: entsprechende Kletterhilfe (Dimensionierung / Rasterweiten /Abstand Kletterhilfe zur Wand)

Giftigkeit von Pflanzenteilen und deren Erreichbarkeit berücksichtigen

Pflegeaufwand Pflanze: insbesondere Starkschlinger / negativ phototroper Pflanzen

Triebdurchmesser am Wurzelhals /Abstand Pflanzung zur Wand

Wuchsbreite / Pflanzenabstand

[24] Brandwein, Thorwald: Kletterhilfen. Hinweise und Tipps zu Eignungsaspekten. Anbringungsweisen, 2012, www.biotekt.de/fassadenbegruenung/ kletterhilfen-rankgitter (letzter Zugriff: 5.12.2022)

6 Kriterien zur Pflanzenauswahl bodengebundener ein- und mehrjähriger Fassadenbegrünung

7 Legende zu den Pflanztafeln 1– 9

8 Pflanztafeln 1– 9

Starkschlinger

negativ phototrop

hochgiftig

giftig

potenziell invasive Arten

Nahrungs- / Futterpflanzen für Vögel (V), Schmetterlinge (S), Bienen (B)

Höhenwachstum /Jahr

Wuchsbreite

Blattform / Winderichtung

botanischer Pflanzenname, deutscher Pflanzenname

Blattfarbe / Färbung

Pflanzabstand (m)

mittlere Rasterweite b ≈ h (cm)

Abstand Kletterhilfe zur Wand (cm)

Blütenfarbe / Monat

Fruchtfarbe / Monat

Triebdurchmesser am Wurzelhals (cm)

Gewichtsschätzung / tropfnass, bei fachgerechtem Schnitt (kg/m2)

6 †† ! ! † m m 7 54

System- und Pflanzenauswahl zur Begrünung – Pflanztafeln 1– 9

Pflanztafel 1: Gerüstkletterpflanzen – Ranker sommergrün

SonneHalbschattenSchatten Sonne bis Halbschatten Halbschatten bis Schatten

Clematis vitalba Gemeine Waldrebe (RB)

Vitis vinifera Weinrebe (RS)

Vitis riparia Uferrebe (RS)

Clematis terniflora Oktober-Waldrebe(RB)

Vitis coignetiae Scharlachwein (RS)

Clematis montana var. rubens Waldrebe (RB)

Ampelopsis brevipedun culata

Clematis orientalis „Orange Peel“ Waldrebe (RB)

Clematis tangutica Waldrebe (RB)

Ampelopsis aconitifolia Doldenrebe

Clematis x jackmanii Hybriden Waldrebe (RB)

Clematis viticella Italienische Waldrebe (RB)

Clematis viticella Hybriden, Waldrebe (RB)

Clematis macropetala Waldrebe (RB) VIII

Clematis lanuginosa Hybriden Waldrebe (RB) VIII

Clematis alpina Waldrebe (RB) VIII

1,5-2,5 1,5-2 1-2 20 30 15 3-4 3-4 3-4 2 2-3 2-3 3-4 3-4 30 •40 15 30 40 15 20 •30 15 30 40 15 20 •30 15 30 •30 15 15 15 30 •30 15 20 •20 15 5 5 5 20 •30 15 15 20 20 5 20 •20 5 20 •20 5 5 20 •20 5
10 m 30 m 2 m 4 m 6 m 8 m 12 m 15 m 20 m 25 m Parthenocissus inserta Wilder Wein (RS/RH) VIII VII maximale Wuchshöhe 2,8 10
(RB)
Doldenrebe (RB) 0,2 2 0,9 1,5 1 V V V X V V VI V VI-IX VI+IX VI+VIII V-VIII VII-VIII 3 4 1,5 6 1,5 6 1,5 6 1,4 4 4 8 1,2 3 0,9 3 1,8 6 1,5 4 3,2 3 2 † † † † † † † † † † † † † † VI-IX VI-VIII VIII X IX Vitis amurensis Amur-Rebe (RS) Vitis monticola Bergrebe (RS) V VI 0,3 6 1,3 4 IX IX VI-IX 3 3 5 3 5 4 5 3 5 20 8 30 15 1,1 IX-X X-XI Bryonia dioica Rotbeerige Zaunrübe Bryonia alba Weiße Zaunrübe 2-4 3-5 VIII-IX VIII-IX X X †† †† VI-IX VI-VII 2 2 (B) (B/S) (B/S) (H) (S) 6 –8 8 38 ––14 812 –9 9 13 21 712 1817 1519 14 8 55
Michael Blaser

Wamsler Rohloff Wirzmüller FreiRaumArchitekten, Regensburg

a2 freising architekten + stadtplaner, Kai Krömer und Stefan Lautner, Freising

Architektur: Tennigkeit + Fehrle Architekten Partnerschaft, Stuttgart (LPH 1– 4); Schwarz Architekten, Stuttgart (LPH 5 – 9)

Entwurf, Konzeption und Planung von Dach und Fassade: ingenhoven associates, Düsseldorf

Architektur: Bark Arkitekter, Stavanger

Fassadenbegrünung: Bergknapp, Sandnes; Sempergreen, Odjik

Sämtliche Projektinformationen stammen – sofern nicht anders angegeben –von den aufgeführten Architekturbüros oder weiteren Planungsbeteiligten.

Projekttexte: Cosima Frohnmaier

87
Realisierte Beispiele aus der Praxis Staatsarchiv Basel-Landschaft in Liestal (CH) 88 Architektur: EM2N, Zürich Fassadenplanung: Emmer Pfenninger Partner, Münchenstein Einrichtungshaus mit Hostel in Wien (AT) 92 Architektur: querkraft architekten, Wien Landschaftsarchitektur: Kräftner Landschaftsplanung, Wien; Green4cities, Wien Wohn- und Geschäftshaus mit Hotel in Freiburg (DE) 96 Architektur: Barkow Leibinger, Berlin Landschaftsarchitektur: raderschallpartner, Meilen Wohnturm in Wabern (CH) 100 Architektur: Buchner Bründler Architekten, Basel Fassadenplanung: Christoph Etter, Basel Dachgarten auf einer Wohnanlage in München (DE) 104 Landschaftsarchitektur:
Architektur:
Büro- und Geschäftshaus in Stuttgart
Handeln
(DE) 108
Bürogebäude in Stavanger (NO) 112
Wohnturm in Wabern (CH) 2016, Buchner Bründler Architekten, Fassadenplanung: Christoph Etter

Horizontalschnitt • Vertikalschnitt

Maßstab 1:20

1 Schalung Weißtanne grau lasiert 20 mm

Lattung 50/24 mm, Konterlattung 50/30 mm

Holzwerkstoffplatte 22 mm

Doppelstegholzständer 60/300 mm, dazwischen

Wärmedämmung Mineralwolle 300 mm

PE-Folie, OSB-Platte 18 mm

Installationsraum: Unterkonstuktion

Aluminiumprofil fi 60 mm

Gipskartonplatte 2≈ 12,5 mm

2 Stahlbetonstütze 240/300 mm

3 Fenster: Dreifachverglasung in Lärchenholzrahmen, U = 0,9 W/m2K

4 Stahlstab Ø 38 mm

5 Rankhilfe Edelstahlseil Ø 12 mm

6 Kragarm für Rankseilbefestigung

Flachstahl ¡ 10 mm, Höhe: 100 –170 mm

7 Aluminiumblech gefalzt 3 mm

Trennlage diffusionsoffen

Holzschalung 24 mm

Rahmenholz 120/60 mm, dazwischen

Wärmedämmung Mineralwolle 240 mm

Dampfsperre 2 mm

Stahlbetondecke 240 mm

8 Dachrinne Stahlblech verzinkt 2 mm

9 Parkett Eiche geölt 25 mm

Estrich 35 mm

Trennlage PE-Folie

Schalung Gipsfaserplatte 18 mm

Stützfüße höhenverstellbar 332 mm

Stahlbetondecke 220 mm

10 Parkett Eiche geölt 25 mm

Estrich 55 mm

Trennlage PE-Folie, Trittschalldämmung 20 mm

Stahlbetondecke 220 mm

Abhangdecke Gipskarton gelocht 2≈ 12,5 mm

11 Schiebefenster: Zweifachverglasung in

Lärchenholzrahmen, U = 1,1 W/m2K

12 Bodenbelag mieterseitig

Heizestrich 90 mm

Trennlage PE-Folie, Trittschalldämmung 80 mm

Abdichtung

Stahlbetondecke 300 mm

13 Sockelblech Aluminium 2 mm

14 Pflanzgrube

Bepflanzung mehrjährige Stauden und Kletterpflanzen

Substrat max. 650 mm

15 Fundament Stahlbeton 400/500 mm

16 Fußpunkt Rankseil Edelstahlprofil

∑ 300/200/10 mm

17 Gehwegpflaster Beton 180/300/120 mm

Splittbett 30 mm

Tragschicht Kiesgemisch 0 – 45 mm

Höhe: 250 mm

1 2 4 3 98
Barkow Leibinger –Ina Reinecke Stefan Müller
5 7 8 6 4 3 10 11 9 1 12 14 15 17 16 13 99
Wohn- und Geschäftshaus mit Hotel in Freiburg
Zooey Braun Zooey Braun Zooey Braun

Wohnturm in Wabern

Architektur: Buchner Bründler Architekten, Basel (CH)

Landschaftsarchitektur: Nipkow Landschaftsarchitektur, Zürich (CH)

Fassadenplanung: Christoph Etter, Basel (CH)

Tragwerksplanung: Schnetzer Puskas Ingenieure, Basel (CH)

In Wabern, das zwischen dem Fluss Aare und dem Berner Hausberg Gurten liegt, befindet sich der Bächtelenpark: ein 24 000 m2 großes Areal mit insgesamt 184 Miet- und Eigentumswohnungen. Um eine möglichst große Vielfalt zu erzielen und unterschiedliche Nutzergruppen anzusprechen, besteht der Park aus fünf Baufeldern mit verschiedenen Entwurfsthemen: Wohnen am Hof, Wohnen im Baumhain, Wohnen mit Patio, Wohnen mit Balkon und Wohnen mit Aussicht. Zu letzterem entwickelten Buchner Bründler Architekten einen ca. 54 m hohen Turm, dessen polygonale Grundfläche sich nach oben hin erweitert und allseitig den Blick in die umgebende Landschaft frei gibt. Die 92–232 m2 großen Miet- und Eigentumswohnungen sind um den zentralen Treppenhauskern herum angeordnet. Markantes Entwurfselement sind die bis zu 3 m auskragenden Geschossdecken, die eine umlaufende Balkonzone bilden. Ein Metallnetz umspannt die gesamte Struktur, darüber soll sich ein vertikaler Garten als Schattenspender für die Wohnbereiche entwickeln. Unterbrochen wird die Netzstruktur durch Sichtöffnungen, die von frei geformten Bügeln aus umlaufenden Metallprofilen gerahmt sind. Insgesamt ca. 100 versetzt angeordnete Pflanztröge mit Füllmengen von bis zu 1,24 m3 Substrat und einem Gewicht von knapp 2 t befinden sich an den Deckenrändern und verleihen der Fassade ihr typisches gewelltes Erscheinungsbild. Die Bepflanzung, die auf die Gebäudeabwicklung und deren Orientierung abgestimmt ist, besteht aus duftendem immergrünen Geissblatt, wildem Wein und weiss-rosa blühendem Storchschnabel. Neben klassisch grünen Sorten kommen auch Pflanzen zum Einsatz, deren Laub im Herbst ein lebendiges Farbenspiel an der Fassade erzeugt. Ein automatisches Bewässerungsystem sorgt für ausreichend Nährstoffe.

100
Michael Blaser
8 6 5 7 6 8 5 7 7 7 7 5 7 8 6 7 7 2 1 3 3 4 a a 8 8 5 7 7 7 7 7 6 5 7 6 aa 101 Wohnturm in Wabern Erdgeschoss
Obergeschoss15. Obergeschoss Lageplan Maßstab 1:7500 Grundrisse Maßstab 1:500 Schnitt Maßstab 1:750 1 Eingang 2 Foyer 3 Laden / Praxis 4 Zufahrt Tiefgarage 5 Kochen / Essen 6 Wohnen 7 Zimmer 8 Balkon Michael Blaser
1.

Autorinnen und Autoren

Martin Biedermann

2001 Lehre im Garten- und Landschaftsbau und Erfahrungen als Bauleiter in verschiedenen Landschaftsbaubetrieben

Weiterbildung als Fachagrarwirt für Baumpflege und Baumsanierung

2006 – 2012 Studium der Landschaftsarchitektur in Höxter und der Stadt- und Regionalentwicklung an der Universität Kassel

2012 – 2015 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HS OWL in Höxter

2015 – 2018 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Darmstadt

2018 Promotion an der TU Darmstadt

seit 2015 Mitarbeit bei foundation 5+ Landschaftsarchitekten, schwerpunktmäßig in den Leistungsphasen 5 – 9

seit 2019 Lehraufträge für das Fach Baukonstruktion im Studiengang Landschaftsarchitektur an der HfWU in Nürtingen

Stefan Brandhorst

seit 1983 selbstständig im Garten- und Landschaftsbau

seit den 1990er-Jahren mit vertikalen Begrünungen beschäftigt

Engagement im Verband Garten-und Landschaftsbau, Ausbilder an der überbetrieblichen Ausbildungsstätte von 2007 bis 2009

2007 Entwicklung eines flächigen, wandgebundenen Vlies-Substratsystems

seit 2009 Engagement in der FBB (Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e. V.)

2010 Gründung der Vertiko GmbH, Vertikalbegrünungskonzepte

seit 2010 Schulungen und Referententätigkeit an verschiedenen Bildungseinrichtungen

Inhaber von fünf Patenten, die Gebäudebegrünung und Bewässerungstechnik betreffen

Beteiligung und Mitwirkung an verschiedenen Forschungsprojekten

2021 Mitgründer der RAL-Gütegemeinschaft

2022 Mitgründer und Mitentwickler von CityArc, Institut für Stadtnatur

Markus Fierz

Berufslehre und -praxis als Landschaftsgärtner

1991 –1993 Fach- und Betriebsleiterschule an der Gartenbauschule Oeschberg und Mitarbeit in Landschaftsarchitekturbüros

1993 Diplom Gärtnermeister Garten- und Landschaftsbau, anschliessend leitender Mitarbeiter bei Werner Rüeger Landschaftsarchitekt BSLA in Winterthur

seit 1999 Mitglied der Geschäftsleitung bei raderschallpartner ag landschaftsarchitekten

2000 Nachdiplomkurs in Projektmanagement an der Hochschule Rapperswil

diverse Lehraufträge in der gärtnerischen Fortbildung sowie Experte bei Berufs- und Meisterprüfungen im Garten- und Landschaftsbau, Lehrbeauftragter an der Hochschule Luzern – Technik & Architektur von 2007 bis 2008 seit 2008 geschäftsführender Partner bei raderschallpartner ag landschaftsarchitekten bsla sia in Meilen (CH)

Projektleiter verschiedener Vertikalbegrünungen wie MFO-Park Zürich, Stadthaus M1 Freiburg i. B., Hochhaus Stadtspital Triemli Zürich

Yorck Förster

Studium der Philosophie, Soziologie und Kunstpädagogik an der Universität Frankfurt am Main begleitete die Ausstellung „Einfach Grün“ des Deutschen Architekturmuseums (DAM) mit einer Serie von 22 Online-Vorträgen zu internationalen Beispielen grüner Architektur Ausstellungen und Publikationen, u. a. „COOP HIMMELB(L)AU“ (2015), „Between the Sun and the Moon. Studio Mumbai“ (2016), „Große Oper –Viel Theater? Bühnenbauten im europäischen Vergleich“ (2018), „Antonio de Campos. Konzepte für Zaha Hadid“ (2022) und „Deutsches Architektur Jahrbuch“

Partner der kuratorenwerkstatt Förster Gräwe tätig als Kurator und Publizist

Rebecca Gohlke

2014 – 2020 Studium der Landschaftsarchitektur an der Hochschule Geisenheim University mit Fokussierung auf das Thema Gebäudegrün, Abschlussarbeiten in den Bereichen Dachbegrünung, Regenwasserbewirtschaftung, Schwammstadt und klimaangepasste Stadtentwicklung seit 2018 Referentin für Projektarbeit beim Bundesverband GebäudeGrün e. V. (BuGG), Tätigkeitsschwerpunkt: Beratung von Städten zu kommunalen Förderinstrumenten der Dach- und Fassadenbegrünung Projektleiterin des von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Projekts „BuGG-Städtedialog Gebäudegrün“ und Co-Autorin des „BuGGMarktreport Gebäudegrün“ Fachvorträge zur Förderung von Gebäudegrün im Rahmen der Projektarbeit für den BuGG Mitarbeit an Gutachten und Machbarkeitsstudien sowie bei verschiedenen Forschungs- und Förderprojekten Autorin für die Fachzeitschrift „Neue Landschaft“

Ferdinand Ludwig

Professor für Green Technologies in Landscape Architecture an der Technischen Universität München. Er studierte Architektur und promovierte

zum Thema „Botanische Grundlagen der Baubotanik und deren Anwendung im Entwurf“ an der Universität Stuttgart.

2007 begründete er dort am Institut Grundlagen moderner Architektur und Entwerfen das Forschungsgebiet Baubotanik, das er bis 2017 als wissenschaftlicher Mitarbeiter leitete.

In dem gemeinsam mit Daniel Schönle und Jakob Rauscher geführten Planungsbüro Office for Living Architecture OLA bringt er diesen botanischkonstruktiven Ansatz auf architektonischer, stadtplanerischer und landschaftsarchitektonischer Ebene zur Anwendung.

Im Fokus der Forschung stehen architektonische Konzepte, bei denen Pflanzen eine zentrale Rolle spielen. Deren funktionale wie gestalterische Integration hält nicht nur Antworten auf brennende ökologische Fragen unserer Zeit, wie z. B. die Anpassung an den Klimawandel, parat. Sie stellt auch eine methodische Herausforderung dar, wie mit Aspekten von Wachsen und Vergehen, von Zufall und Wahrscheinlichkeit im Entwurf umgegangen werden kann.

Julia Noder-Schaab

Studium des Bauingenieurwesens an der Technischen Universität München und Mitarbeit im Fachbereich Projektsteuerung

Fokus brandschutztechnische Bewertungen, Masterarbeit „Fassadenbegrünung aus brandschutztechnischer Sicht“

2019 Durchführung von vier orientierenden Brandversuchen der TU München in Zusammenarbeit mit Thomas Engel mit Veröffentlichung 2020 in der Zeitschrift „Bautechnik“

2019 Zusammenarbeit mit dem Bundesverband GebäudeGrün e. V. und der Magistratsabteilung 39 der Stadt Wien seit 2020 als Bauingenieurin bei Fire & Timber Ing. GmbH im Bereich Brandschutz und Holzbau Referentin beim Bundesverband GebäudeGrün e. V.

Nicole Pfoser

Dr.-Ing. Architektin, Innenarchitektin, International Master of Landscape Architecture, stadtnatur.de tätig in Planung, Forschung und Lehre der Architektur, Landschaftsarchitektur, Stadtentwicklung, Schwerpunkt: nachhaltiges Entwerfen und Bauen, Gebäudebegrünung und ihre Auswirkung auf Stadt und Gebäude, Energieverbrauch, Klima und Lebensqualität Studiengangsleiterin und Professorin des Studiengangs Landschaftsarchitektur an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU), Fakultät Umwelt Gestaltung Therapie langjährige stellvertretende Präsidentin der Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e. V. (FBB, heute BuGG) und Mitglied im Regelwerkausschuss

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„Fassadenbegrünung“ der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. (FLL) stellvertretende Direktorin des Instituts für Stadt und Immobilie (ISI) sowie stellvertretende Institutsleiterin der Akademie für Landschaftsbau und Vegetationsplanung (avela) der HfWU Redakteurin des biotope-city.net, International Journal for City as Nature

Autorin des Fachbuchs „Vertikale Begrünung“ (Ulmer Verlag) und des durch die Initiative Zukunft Bau des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz Bau und Reaktorsicherheit geförderten Leitfadens „Gebäude Begrünung Energie“

Brigitte Reichmann

Studium Bauingenieurwesen an der Technischen Universität Dresden

1978 – 1990 Koordinierungsingenieurin im Büro für Städtebau, Berlin

1990 – 1991 Mitarbeiterin in der Magistratsverwaltung für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr, Berlin

1991– 1992 Technische Angestellte bei der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen, Land Berlin

1992 – 2021 Technische Referentin bei der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen, Land Berlin (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen) Ministerielle Grundsatzangelegenheiten der Ökologie im Bauwesen / Ökologische Gebäudekonzepte, stadtökologische Modellvorhaben Entwicklung, Durchführung und Projektleitung von stadtökologischen Modellvorhaben, Koordination der Begleitforschung, Wirkungsanalyse Projektpartner bei Forschungsprojekten Nationale Plattform Zukunftstadt (NPZ), Mitarbeit im Rahmen der Initiative der Bundesministerien Sachverständige für ökologisches Bauen bei Wettbewerben Veröffentlichungen national und international Vorträge national und international seit 2021 Projektberatung, Vorträge, Veröffentlichungen

Sebastian Schmauck

Studium der Raum- und Umweltplanung mit Promotion an der TU Kaiserslautern, Lehr- und Forschungsgebiet „Landschafts- und Freiraumentwicklung“ bei Prof. Dr. agr. Kai Tobias leitende Funktionen in Planungsbüros, als Referent am Umweltministerium NRW sowie gutachterliche Tätigkeiten als zertifizierter Sachverständiger für die Markt- und Beleihungswertermittlung von Immobilien seit 2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesamt für Naturschutz, Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Funktionen von Stadtnatur, Instrumente der Stadtentwicklung, Theorien und Methoden der Bauleit-, Raum- und Landschaftsplanung

Kilian van Lier

2012 – 2018 Bachelor- und Masterstudium Landschaftsarchitektur an der TH OWL 2017 – 2022 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TH OWL im Bereich Bauwirtschaft und Baumanagement seit 6/2019 Promotion an der TU Darmstadt und der HfWU Nürtingen zum Thema „Bauwerksbegrünung als Maßnahme zur Gesundheitsförderung – Bindung von Luftschadstoffen durch Fassadenbegrünungen“ seit 9/2019 wissenschaftliche Begleitforschung HfWU Nürtingen – Forschungsprojekte zur Leistungsfähigkeit von Fassadenbegrünungen seit 2022 Standortleiter Vertiko GmbH, Freiburg, Arbeitsschwerpunkte: Unternehmensorganisation, Marketing, Forschung und Entwicklung

Friederike Well

2010 – 2014 Architekturstudium an der BauhausUniversität Weimar und der Glasgow School of Art

2014 – 2017 Studium energieeffizientes und nachhaltiges Bauen an der Technischen Universität München

2017 – 2018 Mitarbeiterin bei Bettsteller Wilde Architekten und Tom Held Architekten und Ingenieure, München

2018 – 2022 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Universität München, Professur für Green Technologies in Landscape Architecture seit 2022 Koordination des Zentrums Stadtnatur und Klimaanpassung an der Technischen Universität München, Lehrstuhl für Strategie und Management der Landschaftsentwicklung

2022 Promotion an der Technischen Universität München zum Thema „Blau-Grüne Architektur –Integriertes Entwerfen mit Wasser und Vegetation“

Allen, die durch Überlassung ihrer Bildvorlagen und Fotografien, durch Erteilung der Reproduktionserlaubnis und durch Auskünfte am Zustandekommen dieses Buchs mitgewirkt haben, sage ich herzlichen Dank.

Mein besonderer Dank gilt Frau Lenzen für das Zustandekommen dieser Publikation. Ihr und Frau Rackwitz vielen Dank für die gute Zusammenarbeit, und dem Detail-Team im Hintergrund für die Umsetzung.

Danke sage ich auch den Kolleginnen und Kollegen, Co-Autoren und Co-Autorinnen für ihre Beiträge und das gemeinsame Werk.

Ebenso danke ich allen, die durch Fachgespräche oder Förderungen die Basis für dieses Buch gesetzt und wesentliche Impulse gegeben haben.

Nicole Pfoser

117 Dank
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