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Was nicht basst, wird bassend gemacht

Warum sich der Kontrabass als Soloinstrument nicht durchgesetzt hat, mag diverse Gründe haben. Dominik Wagner sind diese egal, er will das Instrument aus dessen Schattendasein befreien. Dafür greift er auch immer wieder selbst zum Stift und kreiert zum Bass passende Bearbeitungen.

Text Robin Keller

Der Streicherkörper eines klassischen Orchesters setzt sich bekanntlich aus Violinen, Bratschen, Celli und Kontrabässen zusammen. Auch solistisch treten diese Instrumente immer wieder in Erscheinung, allerdings in einem grossen Ungleichgewicht. Bekannte Geiger:innen gibt es zuhauf, ebenso Cellist:innen, und nach kurzem Überlegen fallen einem auch der eine oder die andere Bratschist:in ein. Doch beim voluminösesten aller Streichinstrumente klafft auf der Solo-Position eine grosse Lücke – im Gegensatz zum Jazz, wo sich der Bass durchgesetzt hat. Die Gründe dafür sind mannigfaltig: tiefe und deshalb unscharfe Frequenz, geringer Obertonreichtum, klobige Bauweise und die daraus resultierende Unhandlichkeit. All das bringt wiederum eine geringe Menge an Kontrabasskonzerten mit sich und eine ebenso überschaubare Anzahl an Kontrabassvirtuos:innen.

Zu Letzteren zählt Dominik Wagner. Im Alter von zehn Jahren wechselte er vom Cello zu dessen grösseren Verwandten und scheint damit seine Berufung und seine Mission gefunden zu haben: den Kontrabass von den genannten Vorurteilen zu befreien und aus dem Schattendasein zu führen. Mittlerweile hat der junge Wiener eine Professur an der Hochschule für Musik in Würzburg inne und trägt den Bass bei seinen vielen solistischen Engagements beherzt in die Welt hinaus.

Da das zur Verfügung stehende Repertoire schnell ausgeschöpft ist, gibt er immer wieder Kompositionen in Auftrag oder bearbeitet Bestehendes kurzerhand selbst. So etwa das Kontrabasskonzert Nr. 3 in fis-Moll von Giovanni Bottesini, einem der ersten gewichtigen Kontrabassvirtuosen der Geschichte, dessen Kompositionen bis heute Hauptbestandteil des Bass-Repertoires sind. Wagner adaptiert das für grosses Orchester komponierte Werk für Streicher.

Auch an Astor Piazzollas Las cuatro estaciones porteñas setzt sich Wagner mit dem Arrangierstift. Ursprünglich komponierte der Argentinier Piazzolla die schillernde Tango-Suite für sein eigenes Quintett, bestehend aus Violine, Bandoneon, Klavier, E-Gitarre und Kontrabass. Wie im Werktitel angedeutet, thematisiert er in diesem Werk den Jahresverlauf in Buenos Aires. Auf klassischen Konzertbühnen erlangte die Komposition Ende der 1990er-Jahre durch ein Arrangement von Leonid Desyatnikov weitreichende Bekanntheit. Aus der originalen Quintett-Besetzung extrahiert er die Violine und transformiert sie zum Solo-Instrument, die Begleitung setzt er für Streichorchester aus. Somit stellt er auf der Ebene der Besetzung eine deutliche Verbindung zum thematischen Ur-Vorbild, Antonio Vivaldis Vier Jahreszeiten, her. Doch der Hommagen nicht genug: Desyatnikov lässt gar direkte Zitate Vivaldis in seine Bearbeitung einfliessen, in der hemisphärisch verschobenen Korrektheit. So ist etwa das Melodiefragment aus Vivaldis Winter in Piazzollas Sommer erkennbar.

Ob und inwieweit sich Dominik Wagner an des roten Priesters Evergreen orientiert, soll hier nicht verraten werden. Klar ist jedoch, dass auch in seiner Bearbeitung mit dem Kontrabass eines der ursprünglichen Instrumente von Piazzollas Quintett in den Fokus gerückt wird. Somit wird das Repertoire für den Aussenseiter der Streichinstrumente um eine weitere Bearbeitung reicher und Dominik Wagner kommt dem Ziel seiner Mission einen erneuten Schritt näher.

Dominik Wagner

Sa | 15. März 2025 | 19.30 UhrKirche St. Jakob, Zürich

Dominik Wagner KontrabassWilli Zimmermann Violine und LeitungZürcher Kammerorchester

Johannes BrahmsI. Allegro non troppo, ma con brio, aus: Streichquintett Nr. 2 G-Dur, op. 111

François RabbathIberique Peninsulaire für Kontrabass solo

Giovanni BottesiniKonzert für Kontrabass und Orchester Nr. 3 fis-Moll, bearbeitet für Kontrabass und Streichorchester von Dominik Wagner

Igor StrawinskyDivertimento, aus: Le baiser de la fée, bearbeitet für Violine und Streichorchester von James Ledger

Astor PiazzollaLas cuatro estaciones porteñas, bearbeitet für Violine, Kontrabass und Streichorchester von Dominik Wagner

TicketpreisCHF 75

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