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Ohne Netz und doppelten Boden

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Amopera

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Jeder ist eine Klasse für sich, beide zusammen sind eine Extraklasse: Brad Mehldau und Joshua Redman überraschen sich in jedem Duokonzert gegenseitig. Und das klingt großartig

VON MIRIAM WEISS

Nachdem Brad Mehldau im Oktober letzten Jahres mit seinem Trio im Wiener Konzerthaus zu Gast war und in diesem Frühjahr sein Soloprojekt »Après Fauré« vorstellt, ist er im Juni zum krönenden Abschluss seiner Konzertreihe gemeinsam mit Joshua Redman zu erleben. Der Pianist liebt die Intimität des Duos: Für die Sängerin Renée Fleming vertonte Mehldau Gedichte von Rilke, auch für Anne Sofie von Otter schrieb er Songs und interpretierte französische Chansons und Klassiker des Great American Songbook. Mit Pat Metheny nahm er ein aufregendes Studioalbum auf und durchstreifte mit Mark Guiliana gemeinsam den schrill-bunten Dschungel rockiger Grooves und elektronischer Sounds. Ein kammermusikalisches Juwel ist weiterhin das Album »Long Ago and Far Away«, das aus einem Live-Mitschnitt eines Konzerts von Mehldau und dem mittlerweile verstorbenen Charlie Haden entstand.

Doch eine Begegnung ragt aus den vielen bemerkenswerten Zweierkonstellationen heraus: Wenn sich Mehldau und Redman auf der Bühne zum musikalischen Zwiegespräch treffen, dann sind sich beide sehr nahe, sogar riskant nahe. »Im Jazz geht es um Verletzlichkeit, weil wir improvisieren«, sagte Redman zu Journalist Jeffrey Brown, der beide Musiker 2016 für PBS NewsHour interviewte. Dieser Verletzlichkeit kann man sich nur stellen, wenn das musikalische Gegenüber so vertraut wie möglich ist, bei Mehldau und Redman ist das ganz sicher der Fall. Der Titel ihres aus verschiedenen Konzertmitschnitten zusammengestellten und 2016 veröffentlichten Duo-Albums ist Programm: »Nearness«.

Der Pianist und der Saxophonist teilen gemeinsame Erfahrungen, die bis weit in die 1990er-Jahre zurückreichen. Damals war Mehldau Mitglied in Redmans bahnbrechender Band, die dem Jazz zu neuer Coolness verhalf und mit dem Album »MoodSwing« großen internationalen Erfolg hatte. Seit dieser prägenden Zeit begegnen sich beide Musiker entweder in den eigenen Bands oder in anderen Konstellationen immer wieder. Wenn sie dann trotz üppig gefüllter Terminkalender ihren fragilen Kammerjazz zu zweit zelebrieren, darf man sich auf Sternstunden der Improvisationskunst freuen. Denn sie begeben sich in jedem Konzert auf ein komplett offenes Feld. Wenn überhaupt, ist nur die Setlist grob abgesteckt. Das erfordert Mut, Vertrauen und Nähe.

»Ich habe das Gefühl, dass meine besten Ideen oft nicht von mir kommen. Sie kommen von den anderen Musikern, mit denen ich spiele, und vor allem dann, wenn ich mit jemandem wie Brad spiele«, sagte Redman im Interview. Ein schöneres Kompliment kann man einem musikalischen Freund kaum machen. Und Mehldau bemerkte an anderer Stelle: »Diese Art der Kommunikation mit einem anderen Musiker in der Hitze des Gefechts zu haben, ist ziemlich aufregend.« Ob hitzige musikalische Debatte oder fragile Ballade: Bei den beiden ist wirklich alles möglich!

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Mi, 18/06/25, 19.30 Uhr · Großer Saal

Joshua Redman & Brad Mehldau

»The art of the duo«

Joshua Redman, TenorsaxophonBrad Mehldau, Klavier

Karten: https://konzerthaus.at/konzert/eventid/62209

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