Die neue Einzelausstellung «Haze» im Kunstmuseum Thun zeigt einen Einblick in das aktuelle Schaffen der amerikanischen Künstlerin Lorna Simpson – eine Schau, die so kalt wie warm ist. Es ist die erste umfassende Ausstellung der New Yorkerin in der Schweiz.
KUNSTMUSEUM THUN
Blaue Magie
«Dunkle Zeiten bedeuten für mich dunkle Bilder», sagte Lorna Simpson ein mal in der «New York Times». Die 1960 geborene Künstlerin beschreibt damit eine Zeit, die von persönlichen Verlusten geprägt war, aber auch die politische Si tuation während der Präsidentschaft von Donald Trump umfasst. Ihre eindrucks vollen Malereien in leuchtenden Blautö nen lassen uns in geheimnisvolle Eiswel ten eintauchen. Blau als der Farbton des Himmels und des Meeres übt auf uns eine Faszination und Anziehungskraft aus und spielt in vielen Kulturen eine we sentliche Rolle. Die «blaue Stunde» ist der magische Moment, wenn Tag und Nacht ineinander übergehen – ein Sinn bild für den Wechsel von der Wirklichkeit ins Unbewusste. Blau ist aber auch die Farbe des Blues.
Tiefgründige Werke Bei Lorna Simpson zeigen sich auf der Folie von Blau tiefgründige Werke, die sich mit Themen wie Geschlecht, Identi tät, Kultur, Geschichte und Erinnerung auseinandersetzen. Bekanntheit erlangte Simpson erstmals Mitte der 1980er-Jahre durch grossformatige Collagen. In diesen kombinierte sie Fotografien und Texte, die auf die Ungleichheiten zwi schen der «weissen» und Schwarzen US-amerikanischen Bevölkerung auf merksam machten und konventionelle Sichtweisen in Frage stellten. Subtil ver weisen ihre Arbeiten immer wieder auf die Absurdität von Rollenbildern und herkunftsbedingte Unterscheidungen. Magazine aus den 1950ern als Inspirationsquelle Als Inspirationsquelle dienen Lorna Simpson immer wieder «Ebony»- und
Ausstellung «Haze»
Die Ausstellung mit Werken von Lorna Simpson ist bis zum 14. August im Kunstmuseum Thun zu sehen. www.kunstmuseumthun.ch
«Jet»-Magazine aus den 1950er- bis 1970er-Jahren. 1994 fand die Künstlerin die Hefte der Grossmutter zufällig beim Aufräumen. Die Zeitschriften befassten sich ausschliesslich mit dem Lebensstil der afroamerikanischen Gesellschaft und thematisierten deren Sicht auf Kultur und Politik. Überrascht darüber, auf wel che Weise sie ihr Denken über das Schwarzsein in Amerika geprägt hatten, begann die Künstlerin, die Journale auf Flohmärkten zu kaufen und in ihre Werke einzubeziehen. In der ersten umfassenden Ausstel lung der New Yorkerin in der Schweiz
Bild: Lorna Simpsons Werk «Haze» (= Nebel, Dunst) aus dem Jahr 2019 gab der Ausstellung den Titel.
sind im Kunstmuseum Thun bis Mitte August Malereien, Collagen, Videoar beiten und Skulpturen zu sehen. Die Ausstellung findet in Kollaboration mit dem Serlachius Museum in Mänttä (Finnland) statt, wo die Werkschau «Lorna Simpson. Haze» im Sommer 2023 gezeigt wird. Text: Alisa Klay Bild: James Wang (© Lorna Simpson und Hauser & Wirth)
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