DIE BRUNNEN THUNS
Von Nymphen, wasserspeienden Löwen und Fratzen Nebst dem Thunersee und der Aare hat die Stadt Thun in Sachen Wasser noch einiges mehr zu bieten: Insgesamt 67 Brunnen zieren die Innenstadt oder stehen in Pärken oder in Seenähe – im Sommer prächtig geschmückt mit Blumen. Für Touristen sind sie ein beliebtes Fotomotiv, anderen dienen sie als willkommene Durstlöscher oder Wasserspender für Pflanzen. Früher hatten die Brunnen für die Thunerinnen und Thuner noch andere wichtige Funktionen.
Ein Mitarbeiter der Stadt Thun (Kanalunterhalt) reinigt den «3-Wyber-Brunnen».
brunnen, der 1711 erbaut worden war und 1798 durch einen Brunnen mit zwei Schalen ersetzt wurde. Im 18. Jahrhundert, als auch die Schweiz von Typhusfällen betroffen war, musste man den einen oder anderen Brunnen vorübergehend als Trinkwasserquelle schliessen. Ab 1870 wurden die bereits bestehenden Brunnen in Thun an die neue Wasserversorgung angeschlossen, weitere kamen nach und nach dazu.
Brunnen spielten in früheren Jahrhunderten eine enorm wichtige Rolle. Sie dienten primär der Wasserversorgung für Mensch und
Witziges aus dem Stadtarchiv
Tier sowie auch der Brandbekämpfung. Daneben war der Brunnen
Dokumente aus den Büchern und Protokollen des Thuner Stadtar-
ein beliebter Ort der Begegnung. Beim Wasserholen erfuhr man
chivs besagen, dass zum Beispiel dem «Hintergass-Brunnen»
den neuesten Tratsch der Stadt, beim Wäschewaschen traf man
(heute Berntorgasse) nach einer Analyse des Chemischen Labors
auf die eine oder andere Bekannte und konnte sich die Arbeitszeit
Bern zeitweilig der Hahn zugedreht und die Trinkwasserstelle offi-
mit einem gemeinsamen Schwatz etwas verkürzen. Daher rührt
ziell als verboten erklärt wurde. Des Weiteren hinterliess ein G.
wohl auch der Begriff Waschweib, mit dem noch heute eine ge-
Wilhelm Krebs-Gygax (1848 – 1926) – aufgewachsen im Schloss
schwätzige Person umschrieben wird.
Thun – seine Erinnerungen in einem Sonderdruck im Geschäfts-
Früher aus Holz erbaute Brunnen wichen nach und nach solchen
blatt von 1921 unter anderem mit folgendem Erlebnis aus seiner
aus Naturstein, zum Teil kunstvoll mit Mustern oder Fratzen ver-
Kindheit: «Trotz Warnungen, kein Wasser zu trinken, weil man
zierten Brunnen und Trögen. Sodbrunnen, die in früheren Jahr-
1798 einen Franzosen in den Schacht geworfen habe, seilten wir
hunderten die Regel darstellten, reichten bis tief hinunter zum
doch Trinkwasser herauf und es schmeckte vorzüglich …» Viele
Grundwasser. Mit hölzernen Kübeln musste damals das Wasser
weitere spannende Bemerkungen und Anekdoten sind in den alten
hochgehievt werden. Nebst dem Wasser aus der Aare und dem
Stadtarchivbüchern zu finden.
See, das als Brauch- und Trinkwasser genutzt wurde, waren frühere Wasserquellen in der Region, zum Beispiel das «Fuchsloch»
Im heutigen Stadtbild eingebettet
und die «Grüsisbergquelle». Mit ihrem Wasser hat man die Brun-
Heute sind die Brunnen hauptsächlich Zierde des Stadtbildes, oft
nen gespiesen.
mit prächtigen Blumen geschmückt. Sie dienen auch als Trinkwasserquelle. Ebenfalls beliebt sind die Brunnen bei Marktfah-
Erste Brunnen auf dem Schlossberg
rern, die gerne ihre Blumen im Wasser einstellen. Anlässlich eines
Im Mittelalter gab es in Thun nur zwei Brunnen, nämlich auf dem
Spezialmarktes auf dem Rathausplatz tummelten sich auch schon
Schlossberg: den Pfundbrunnen bei der Kirche und den 32 Meter
Störe im Rathausbrunnen.
tiefen Ziehbrunnen im Schlosshof, der bis 1885 in Betrieb war. Der erste fliessende Brunnen in der Stadt selber war der Rathaus-
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Text Rachel Neuenschwander Bild Hans Mischler