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Wird die Krise die Hotellerie fundamental
from Hotelier 04 - 05
by WEBER VERLAG
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«Der Corona Pandemie zum Trotz sollen 2021 insgesamt 35 Häuser mit 5687 Zimmern und im darauffolgenden Jahr 19 weitere Hotels mit 2891 Zimmern an den Start gehen.»
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Besonders ist auch das Citicape House Hotel, das mit einer begrünten Fassade die Stadt bereichern wird. Der Hotelkomplex soll aus 382 luxuriöse Zimmern, einem 3700 Quadratmeter grossen CoWorkingbereich, einer SkyBar im zehnten Stock sowie Tagungs und Veranstaltungsräumen bestehen. Das Gebäude befindet sich an einer prominenten Stelle am HolbornViadukt am Eingang zur künftigen Kulturmeile der Stadt. Durch die Integration von 40000 Quadratmetern lebender Wände in die Fassade soll das Gebäude jährlich über acht Tonnen Kohlenstoff binden, sechs Tonnen Sauerstoff produzieren und die lokale Temperatur um drei bis fünf Grad Celsius senken. Ein Eröffnungstermin ist derzeit nicht festgelegt.

In London soll demnächst noch ein weiteres Projekt der Stay CityApartHotelsGruppe eröffnet werden. Neben den Hotels in Heathrow, Covent Garden und der Greenwich High Road soll als Teil eines gemischt genutzten Hochhauses ein 550ZimmerHotel im Stadtteil Blackfriars entstehen. Zu dem Komplex gehören auch 227 neue Wohnungen und 61 bezahlbare Apartments. Zahlreiche Geschäfte, ein Veranstaltungsort für LiveMusik und ein von Brisac Gonzales entworfenes 136 Meter hohes Bürogebäude runden das Angebot ab. Ein Eröffnungstermin ist noch nicht festgelegt worden. Noch im KrisenJahr 2020 ging zudem das komplett renovierte Strand Palace Hotel mit 785 Zimmern an den Start.
Performance in London schlechter als im Land
Die Hotelnachfrage zwischen der Hauptstadt und regionalen Standorten dürfte nach Einschätzung von Savills weiter zunehmen, wenn man sich die Spanne der durchschnittlichen Tagessätze (ADR) zwischen London und den regionalen Märkten in UK ansieht. Diese ist inzwischen von 96,4 GBP im Juli 2019 auf 20,9 GBP im Juli 2020 geschrumpft. Die Spreizung der Preise zwischen London und vielen regionalen Märkten dürften auch Investoren dazu verleiten, ihre Investments – auch im Hinblick auf die Renditedifferenzen – künftig noch breiter zu streuen. Laut Savills belaufen sich die Renditen in London auf 4,7% bei Franchise und 5,0% bei ManagementKontrakten – und liegen damit in etwa auf dem Niveau von Berlin. Deutlich höhere Renditen erzielen Investoren hingegen in Edinburgh (5,7%/6,0%) bzw. Manchester (6,0%/6,5%).
Nach den aussergewöhnlichen Rückgängen im Jahr 2020 rechnet Savills für das Jahr 2021 mit einer starken Erholung auf dem Londoner Hotelmarkt und verweist auf Berechnungen von STR, wonach sich die Belegungsraten in London und in der Region im Vergleich zum Vorjahr um 122 Prozent bzw. 73 Prozent verbessern sollten. Durch die verzögerte Erholung bei den Zimmerpreisen in den grösseren Märkten ist mit einer vollständigen RevParErholung des Sektors auch vor dem Hintergrund der gedämpften Nachfrage zunächst nicht zu rechnen. Experten sind sich einig, dass der RevPar frühestens 2023 bis 2024 wieder auf das Niveau von 2019 zurückkehren wird, wenngleich einige Märkte sich voraussichtlich schneller erholen werden.
Bei allen noch so imposanten Plänen – auch in den Marktdaten der Metropole macht sich die CoronaKrise bemerkbar: Nach Erhebungen von STR ist die Auslastung in London im Oktober 2020 um 66,6 auf 29,2 Prozent gesunken. Darüber hinaus ist die durchschnittliche Zimmerrate (ADR) um 44,8% auf 89,11 GBP und die Erlöse pro verfügbarem Zimmer (RevPAR) um 81,4 Prozent auf 26,11 GBP im Vergleich zum Vorjahr gefallen. Landesweit waren die Hotels im Oktober zu rund 40 Prozent (–50,4% ggb. dem Vorjahr) ausgelastet. Die ADR ging um 31,3 Prozent auf 65,86 GBP und der RevPar um 65,9 Prozent auf 26,51 GBP zurück. Die durchschnittliche Tagesrate der Londoner Hotels soll sich 2019 auf 151 britische Pfund belaufen haben.
Quellen & Copyright: STR, Savills, Deloitte, AHGZ, 2021
[01] Blick auf die Londoner City, wo derzeit neue Hotels entstehen.
[02] Park Hyatt London River, direkt an der Themse gelegen.
[03] Browns Hotel im Nobelviertel Maifair.
Liberica – ein süsser Geheimtipp
TEXT Beatrice Rast und Adrian Gisler

Als Gastronomin und Gastronom sind Sie gut beraten, etablierte Kaffeetraditionen auf höchstem Qualitätsniveau kontinuierlich und konsequent zu pflegen. Gleichzeitig ist es jedoch auch wichtig, Trends zu beobachten, Neues zu entdecken und zu probieren.
Vielleicht schlägt in Ihrer Brust ein Entdeckerherz, das gerne von Zeit zu Zeit Neues aufspürt. Dann bringen wir Sie gerne auf die Fährte des Libericas.
Liberica ist neben Arabica und Canephora (Robusta) die dritte grosse – heute jedoch weitestgehend vergessene – Kaffeeart und stammt ursprünglich aus Sierra Leone in Westafrika. Er wurde 1874 erstmals beschrieben. Zu den Anbaugebieten des LibericaBaumes zählen Liberia, Sierra Leone, Zentralafrikanische Republik, Benin, aber auch die Philippinen, Indonesien, Indien und Vietnam. Die Pflanze bevorzugt ein eher warmes Klima, darum befinden sich ihre Hauptanbaugebiete weitestgehend im Flachland.
Der Liberica wächst an einem dichten, baumartigen Strauch, der bis zu 15 Meter hoch werden kann – und entsprechend das Pflücken erschwert. Der Reifeprozess dauert über ein Jahr und benötigt damit viel Zeit bis zur Ernte und Weiterverarbeitung. Die LibericaPflanze ist dafür besonders widerstandsfähig gegenüber Schädlingen und Parasiten, sie ist trockenheitstolerant und immun gegen Kaffeerost, sie hat eine relativ lange Lebensdauer und ist sehr ergiebig. Auch diese Resistenz ist es, die den Liberica für einen künftig verstärkten Anbau interessant macht vor dem Hintergrund des Klimawandels und damit verbundenen steigenden Temperaturen und abnehmendem Regen. Der Liberica kann einen zunehmenden Beitrag zur langfristigen Eindeckung von Kaffee gewährleisten.
Der Weltmarktanteil des Libericas liegt im Moment bei nur noch knapp unter 1 Prozent. Dies ist umso erstaunlicher, da der Liberica mit keiner anderen Kaffeeart vergleichbar ist und über sehr komplexe Aromen verfügt. Die Aromen reichen vom fruchtigen und floralen bis in den laktischen Bereich hinein.
Bereits der Rohkaffee weist eine Süsse auf, die sich später über die Röstung in die Tasse fortsetzt. Verköstigen Sie bei nächster Gelegenheit einen Liberica, beispielsweise den Ponya, Palthope Estate und lassen Sie sich auf dessen Aromavielfalt, aber auch auf dessen ganz eigenwillige Süsse ein.
Bleiben Sie neugierig, probieren Sie Neues in der Kaffeewelt aus, lassen Sie sich auf bisher Ungewohntes ein. Sehr oft lassen sich Ihre ganz persönlichen Neuentdeckungen in den exklusiv für Ihren Betrieb gerösteten Blend integrieren und damit Ihr Angebot sinnvoll ergänzen – womit Sie mit Ihrer Leidenschaft Ihre Gäste begeistern können.
Die Autoren
Beatrice Rast und Adrian Gisler führen zusammen mit Evelyne Rast in 4. Generation die Gourmetrösterei Rast Kaffee mit Sitz in Ebikon bei Luzern. Beatrice Rast verantwortet den Einkauf und das Marketing und Adrian Gisler als ausgebildeter Röstmeister die Produktion.
rast.ch

Folgt nach der Krise das grosse Revival?
Nach den für die Gastronomie dramatischen Monaten Januar bis Mai 2021
blicken Gastronomen voller Erwartung auf das zweite Halbjahr 2021. Alle erwarten nach dem Ende der Pandemie ein starkes Revival der Gastronomie.
TEXT Pierre Nierhaus




Die gute Nachricht am Anfang: Das Business wird wiederkommen – stärker als zuvor. Die Erfahrung aus früheren Krisen hat gezeigt, dass nach einem Tief der Aufschwung umso stärker ist. Die Gastronomie – auf die alle so lange verzichtet haben – wird einen Höhenflug erleben. Aber vieles wird anders sein mit neuen Konzepten, neuen Playern, neuen Orten. F&B wird Attraktion, Anker, Mehrwert und Differenzierungsmerkmal für die Freizeitgestaltung – Shopping, Events, Kultur, Natur – und Tourismus.
In wenigen Jahren wird die Gastronomie als «Klebstoff der Gesellschaft» eine neue Bedeutung erlangt haben. Das gilt auch für Hotels, denn Reisen, Gastronomie und Lifestyle gehören zusammen. Dieser Wandel wird getragen von der jungen Generation, deren Lifestyle die Gesellschaft zunehmend dominiert und vielfach von den Älteren übernommen wird.
Post-Corona-Megatrends und die Gastronomie
Megatrends sind langfristige Veränderungen, welche die Entwicklung einer Gesellschaft prägen. Die Pandemie hat auch sie verändert. «Global denken, lokal handeln», gilt mehr denn je. Bezogen auf F&B heisst das: Internationale Gerichte bleiben, werden aber durch regionale Zutaten neu interpretiert und zugleich nachhaltiger.
Der Megatrend Konnektivität prescht in den Mittelpunkt. Homeoffice ist jetzt gelernt. Profiteure sind der OnlineHandel, aber auch die Gastronomie in Form der erstarkten Vertriebskanäle Delivery und Takeaway. Die Arbeitswelt ist hybrid. In den Innenstädten und in der Betriebsgastronomie wird weniger, dafür in den Stadtteilen mehr konsumiert.
Ethno-Restaurants und Ferien im Auto …
Im Trend Urbanisierung spielt die Gastronomie eine zentrale Rolle als Bühne für Verbindung und Kommunikation. Corona brachte urbanes Leben und Gastronomie zum Erliegen. Das Zuhause wurde zum schützenden Lebensraum. Selberkochen wurde wiederentdeckt und digitale GastroEvents wie Kochkurse via Streaming oder Video hielten Einzug. OnlineKommunikation und Vertrieb in die private Küche oder Wohnzimmer hinein werden bleiben, wenn auch die Bedeutung im Zuge des Revivals des analogen GastroErlebnisses zurückgehen wird.
Mobilität findet während und nach Corona weniger und anders statt. Sicherheit wie im eigenen Auto hat einen hohen Stellenwert. Ferienreisen mit dem Auto und Caravaning überholen Fernreisen. Der Besuch von EthnoRestaurants ist ein kleiner Ferienersatz.
Nachhaltigkeit wird wiederkommen, aber gebremst, denn die persönliche Sicherheit geht vor. Das führt zu – wahrscheinlich vorübergehenden – Symptomen wie der Zunahme der zuvor reduzierten Einzelverpackungen und des Revival des Heizpilzes.
Sicherheit und Gesundheit
haben höchste Priorität, sowohl für die Gesellschaft als auch für den Einzelnen etwa im Restaurant oder im Hotel. Untersuchungen haben ergeben: Gastronomie und Hotellerie sind keine Pandemietrei ber. Zum Schutz von Gästen und Mitarbeitern zählten diese Betriebe zu den ersten, die Hygienekonzepte entwickelten und Zertifikate erwarben. Generell bleiben Hygiene, Verpackung, Wegführung, Belüftung sowie Terrassen als Sicherheitsfaktoren relevant. Outdoor ist der neue Lifestyle. Statt in Innenräumen halten sich die Gäste bevorzugt im Freien auf. Das bedeutet neue Abläufe und veränderte Architektur für Gastronomen und Hoteliers.
Erlebnis ist wichtiger als Konsum
Das Konsumdenken wird von der Sehnsucht nach Emotion und Erlebnis abgelöst. Dieser Wandel ist eine grosse Chance für die Gastronomie. Auch im lifestyligen Einzelhandel hat man erkannt, dass Gastronomie notwendig ist, um das Erlebnis rund zu machen.
Wichtig: klare Positionierung
Der Markt teilt sich auf in die versorgungsund erlebnisorientierte Gastronomie. Während Versorgung überwiegend tagsüber stattfindet, ist Erlebnis ein Faktor für den Abend. Versorgung schliesst Genuss nicht aus, ist aber am Abend ausgeprägter. Konsequenz für die Gastronomen: auf eine klare Positionierung setzen. Mit unterschiedlichen Distributionskanälen spielen: mittags To Go und Delivery mit reduzierter Karte, abends analoges Erlebnis und Genuss im Restaurant und OutdoorBereich. Digitalisierung sorgt für Effizienz und Produktivität im Hintergrund. Im direkten Kontakt mit dem Gast bleibt Gastfreundschaft der zentrale positive Erlebnisfaktor – auch beim Abholen von Speisen. ➤
Rückkehr zu Einfachheit und Echtheit
Corona hat einen grossen Checkup ausgelöst. Die Einhaltung der CoronaMassnahmen und der wirtschaftliche Druck führten zu einer Überprüfung von Angebot, Prozessen und Verkaufsstrategien. Für das zweite Halbjahr 2021 und 2022 wird die Parole lauten: Einfachheit und Echtheit. Einfachheit deshalb, weil nur so Wirtschaftlichkeit möglich ist. Einfachheit bedeutet Reduktion des Angebots, lieber weniger Gerichte aber von höherer Qualität, Fokus auf das Wesentliche, Klarheit in der Positionierung, hohe Flexibilität und schlanke, effiziente Prozesse durch Digitalisierung. Echtheit heisst hohe Authentizität, Freundlichkeit und Menschlichkeit. Herzliche Gastgeberqualitäten, die Nähe und Verbindung schaffen. Funktioniert auch in der gehobenen Gastronomie: Dort heisst der Trend «Casual Elegant» und steht für die neue Lässigkeit der SterneRestaurants.
Die digitale Transformation geht weiter
2020/21 hat den entscheidenden Schub in der Digitalisierung gebracht. Selbst die Gastronomen und Kunden, die vorher zögerlich waren, haben dazu gelernt und schätzen die komfortablen Apps für Vorbestellung, Reservierung, Checkin, mobiles Bezahlen bis zur digitalen Speisekarte.
2021 werden die Gastronomen die Vorteile der Digitalisierung auch wirtschaftlich spüren und sie weiter vorantreiben. Webshops für Delivery und Takeaway, Videound AudioMarketing, SocialMediaKanäle bieten vielfältige Möglichkeiten zur Ansprache relevanter Zielgruppen. Wer Nachholbedarf hat, muss sich sputen: Digital und kontaktlos wird als Vorteil wahrgenommen. Die früheren Painpoints wie langes Warten und aufwändige manuelle Vorgänge werden von den Gästen nicht mehr akzeptiert.
Mittags wird gesnackt
Snacking wird noch mehr das Mittagsund Tagesgeschäft bestimmen. Alles ist schnell, gesund, trendig. Wichtig ist eine praktische, möglichst nachhaltige Verpackung für den Genuss unterwegs und Outdoor. Bowls bleiben angesagt, sie sind die Universallösung für viele schnelle Gerichte. Chancenreich können die leichten Tellergerichte sein, wie man sie als «frokost» aus Dänemark kennt. Neu ist Porridge – als MonoKonzept oder Angebotsergänzung. Salate, vegetarisch, vegan oder mit Proteinbeilage werden bleiben. Ebenso Sandwiches, aber interessanter, optisch attraktiver und trendiger: Upgrades, Sauerteig als Basis und Belag mit EthnoBezug (französisch, levantinisch, mediterran).
Softservice wird Standard
Delivery bleibt wichtiges Standbein. VendingMaschinen – auch mit frischen Produkten – kommen noch stärker in öffentlichen Bereichen und Firmen. Gewinner beim Mittagsgeschäft sind die schnellen FoodKonzepte, darunter auch viele Startups, Bäcker, FoodProduzenten und der Lebensmitteleinzelhandel. Das klassische Restaurant hat beim Mittagsgeschäft endgültig an Bedeutung verloren.
Nachhaltiger Lifestyle
Nachhaltigkeit und Gesundheit prägen weiterhin das Ernährungsverhalten und den Lifestyle nach dem Motto «Ich bin was ich esse». Vegetarische und vegane Ernährung ist selbstverständlich geworden mit einer grossen Vielfalt an eigenständigen Gerichten. Nach wie vor bilden Flexitarier die grösste Gruppe, die sich situationsund stimmungsbedingt für Gerichte mit oder ohne Fleisch entscheidet. Die Relevanz von Plant based und no waste wird weiter steigen, ebenso das Prinzip Farmtotable. Die Sinnhaftigkeit ist beim Essen dazugekommen: gut für mich, gut für die Umwelt, gut für die Tiere.
Die Zahl der Gäste, die ihre Restaurantwahl an diesen Kriterien ausrichtet, wird weiter zunehmen. Gastronomen und Zulieferindustrie werden diese Entwicklung noch stärker in ihrem Angebot, ihren Produkten, bei der Produktentwicklung und in ihrer Kommunikation aufgreifen. Sie bekennen sich damit zu ihrer Verantwortung für die Zukunft des Planeten.
Internationale Food-Trends ersetzen Ferienreisen
Das Interesse an internationalen FoodTrends bleibt weiter hoch. Für konstant neues Futter sorgen die Medien und die weltumspannende FoodCommunity. Im Lockdown ersetzt Global Food das echte globale Abenteuer und Eintauchen in fremde Kulturen. Die LevanteKüche aus dem östlichen Mittelmeerraum bleibt angesagt und wird massentauglich. Geschmacksintensiv, wandelbar, mit hohem Gemüseanteil und bunter appetitlicher Optik hat sie beste Voraussetzungen zur Lieblingsküche. Asiatisch ist ein Dauerbrenner mit der ThaiKüche vor Vietnam und Singapur. Im Trend bleiben die Küchen Südamerikas und der PazifikRegion. Die orientalische Küche aus der Türkei und Indien hat ihre Fans. Die afrikanische Küche bleibt in der Nische.
Alle Küchenstile bieten Inspirationen und Chancen, das eigene Angebot immer uptodate zu halten, wichtig vor allem für Szenerestaurants. Gastronomen sollten internationale Food und LifestyleTrends nutzen, aber für das eigene Konzept adaptieren und exotische durch regionale Produkte ersetzen. Gegentrend bleibt die Traditionsgastronomie mit typischen Gerichten, Produkten und Aromen und dem ZuhauseGefühl.
Alkohol light oder ganz ohne Prozente
2021/22 dominiert ein Thema bei den Getränken: Alkohol light. Gastronomisch nutzbar für Aufbau und Pflege einer ApéroKultur auf Basis von SprizzGetränken. Bars setzen auf leichte Cocktails, Highballs und Signature Drinks. Gin bleibt ein Thema, ebenso Liköre, gerne leicht bitter durch Kräuterzusätze. Ganz ohne Alkohol arbeiten die so genannten Sober Bars, ein Trend aus England. Drinks mit CannabidiolZusätzen haben aufgrund ihrer entspannenden Wirkung Trendpotenzial. Der Rückzug ins Private führte dazu, dass im letzten Jahr Zuhause mehr gegessen und getrunken wurde. Im Jahr 2020 stieg der Weinkonsum um 0,6 Liter Wein pro Kopf: 20,7 Liter Wein genoss der Konsument im Durchschnitt. Der Bierkonsum ging von 99,7 auf 95 Liter pro Kopf zurück und stieg erst bei Öffnung der Gastrono mie wieder an.
Der Trend bei alkoholfreien Getränken geht zu kalorienarm, raffiniert und exotisch. Selbstgemachte Limonaden und Smoothies bleiben. Saftbars haben sich etabliert. Die Zutaten sind bevorzugt nachhaltig und aus der Region.
Manufaktur-Qualität überzeugt
Craft bleibt angesagt: «Food with a story» und hochwertige, von Hand gefertigte und präsentierte Produkte (edler Käse, CraftBier, besonderes Brot, Brötchen und Backwaren) und frisch zubereitetes Streetfood.
Streetfood ist die mobile Plattform für Spezialisten, die meist nur ein oder wenige Gerichte anbieten, häufig nach eigenen Rezepturen. Kaffee wird noch vielfältiger mit Special Blends, KaffeeAlkoholKreationen und mit Flatrates (30 Tage zum Preis von 14,90, umgerechnet alle 60 Minuten ein Kaffee) als Marketingidee.
Handwerkskunst geniesst hohen Stellenwert bei Gästen, die Wert auf hohe Quali tät und Individualität legen. Der ManufakturFaktor erweist sich als konstanter Erfolgsfaktor. Craft hat mehr Story und Emotion als Bio.
Delivery und To Go – auch in neuen Varianten
Delivery und To Go sind vielfältiger, emotionaler und im Prozess digitaler geworden. Während des ersten Lockdowns mitunter überschätzter Rettungsanker, wurde Delivery im zweiten Lockdown mit Angeboten wie Gans to Go, Dinner aus dem SterneRestaurant usw. erwachsen. Das New Yorker Trendrestaurant Tao verkaufte Silvesterpakete mit Entertainment für 600 USDollar das Stück. Als zusätzliches Standbein mit Potenzial für Stammgastmarketing und regionales Marketing wird Delivery und To Go bleiben. Weltweite Zahlen zum DeliveryMarkt liefert eine Studie der NPD Group: Während der Geschäftsanteil vor Corona bei 31 Prozent lag und während des Lockdowns auf 42 bis 45 Prozent stieg, wird er sich nach Corona bei 37 bis 40 Prozent einpendeln.
Ghost Kitchen erhöhten ihren Marktanteil international, sind aber in der Schweiz noch nicht richtig angekommen. Variationen sind etwa «Kitchen United» in den USA und «Deliveroo Editions» in Grossbritannien zur Versorgung von Stadtteilen mit wenig Restaurants. In Deutschland erlebten die Hersteller von Kochboxen einen Boom: Hello Fresh verdreifachte nahezu seinen Umsatz.
Ein heisses Eisen sind die hohen Provisionen der Lieferdienste, so dass nach Alternativen gesucht wird. In den USA wurde der Curbside Service geboren: Das Personal lieferte während der Krise an die Bordsteinkante vor dem Restaurant, selbstverständlich unter Beachtung der Hygienevorschriften. In Europa sind neue, einfach zu bedienende OnlineShops auf dem Markt, mit denen der Gastronom Bestellung, Bezahlung und Lieferung über seine eigene Website abwickelt. Aus Rentabilitätsgründen wird der Direktverkauf in der Gastronomie weiter zunehmen.
Mitarbeiter im Mittelpunkt
Bereits VirginGründer und CEO Richard Branson sagte: «Put your staff first, customer second and shareholder third». Für ihn waren Wertschätzung und gute Arbeitsbedingungen die wichtigsten Faktoren für glückliche Mitarbeiter. Die Gastronomie ist der ideale Nährboden für die Erkenntnis von Branson. Obwohl auf dem Arbeitsmarkt derzeit mehr Personal verfügbar ist, obliegt den Gastronomen die Pflege ihrer Teams durch Anerkennung, Menschlichkeit und einen mitarbeiterzentrierten Führungsstil.
Aktuell herrscht bei vielen Mitarbeitern Verunsicherung, etliche wandern ab und rund ein Viertel weniger Ausbildungsplätze werden besetzt. Quereinsteigern bieten sich Chancen, auch in der Küche durch fokussierte Qualifikation. Köche werden zunehmend zu Koordinatoren und Managern systematisierter Abläufe, Trainern und Kommunikatoren.
Design wird nachhaltig, gemütlich und variabel
Grünes Design ist weiter auf dem Vormarsch. Pflanzen beleben Innenräume, verbessern das Raumklima, schaffen eine natürliche Atmosphäre und sind Raumteiler. Besonders geeignet für die angesagten OutdoorBereiche, wo sie eine Atmosphäre von lichter Geschlossenheit schaffen.
Design wird nachhaltig: klimaneutrales Bauen, energieoptimierte Gebäudetechnik und recycelte Materialien. Das Trendthema Hygge bleibt. Die Atmosphäre ist farbenfroh, optimistisch, warm mit positiven Bildern. Socializing mit Abstand wird Trend: die Bar ohne Theke, Dining Alone Together in schön gestalteten abgetrennten Sitzgruppen. Kontaktlose Prozesse (Türen, Toiletten, Bestellen, Bezahlen) werden zum Standard, begleitet von einer durchdachten Wegeführung.
Der Autor
Pierre Nierhaus ist seit 20 Jahren einer der bekanntesten Trendforscher in Gastronomie und Hotellerie in Europa. Er ist Konzeptentwickler und Coach, Referent und Trendentwickler. Er organisiert jährlich fünf offene und 15 individuelle Trendexpeditionen.
nierhaus.com
Schweizer Weinkultur

mit Chandra Kurt «Hotelier»-Weinexpertin Chandra Kurt über Chasselas vom Château
Was steckt hinter der Chasselas-Kultur am Genfersee?
Das Waadtland ist grosses Kino für die Weinwelt. Hier an den Ufern des
Genfersees blüht unbeeinflusst von der Aussenwelt eine traditionsreiche
Weinkultur, die von der Chasselas-Traube regiert wird.
TEXT Chandra Kurt
Schweizer Chasselas ist ein globales Phänomen. Erstens ist Chasselas eine weisse Traubensorte, die weltweit vielerorts angebaut wird. Global findet man rund 38000 Hektar – vor allem in Rumänien, Ungarn, Frankreich, Deutschland und natürlich in der Schweiz. Zweitens: Die meisten Regionen nutzen die Trauben als Tafeltraube oder zur Herstellung von Traubensaft. Nicht wir. Wir produzieren daraus seit Jahrhunderten einen knackigfrischen Weisswein, den wir liebevoll auch vin de soif nennen.
Drittens: Chasselas ist dafür bekannt, sein auffallend delikates Aromaprofil den unterschiedlichen Böden oder klimatischen Bedingungen anzupassen. Ich erwähne das, weil Chasselas zur Gattung der nichtaromatischen Traubensorten gehört, die in ihrer Expression eher neutral sind – also das pure Gegenteil eines aromatischen Rieslings oder Sauvignon Blanc.
Was zeichnet Chasselas aus?
Chasselas ist eine Traube der leisen Töne, die für Aussenseiter manchmal schwer zu erkennen ist – oder bei der man besonders gut zuhören muss. Chasselas ist gerne facettenreich und mineralisch. Ein guter Chasselas ist trocken, zart und sehr erfrischend mit viel Mineralität und einem leichten floralen Ausdruck. Es ist der perfekte Wein, den man trinken will, wenn man Durst hat oder wenn man dem Gaumen eine erfrischende Pause gönnen will.
Französische Weinkultur am Genfersee…
Um den faszinierenden Charakter des Chasselas zu entdecken und vielleicht auch zu verstehen, ist ein Besuch dieses Gebietes unweit von Genf unerlässlich. So etwa das Gebiet der La Côte. ➤

«Hotelier»-Insider-Tipp
Naturweine auf die Weinkarte?
Naturweine sind populärer denn je und werden heute überall auf der Welt produziert. Sie sind nicht jedemanns Sache, aber wer sich und seinem Gaumen etwas Zeit lässt, sich an dieses neue Weinphänomen zu gewöhnen, wird erkennen, dass ein Naturwein wohl nicht wie ein konventioneller Wein schmeckt – was er auch nicht muss – sondern vielmehr wie ein weiniger Zaubertrunk vergangener Tage, als Wein noch gesünder oder bekömmlicher war als Wasser. Wahrscheinlich würden sich konventionelle Wein-Geniesser weniger an dieser önologischen Bewegung stören, wenn man erstens diese Weine nicht als Naturweine bezeichnen würde – da es zahlreiche andere Weine gibt, die natürlich produziert werden – sondern vielmehr als Alternativ-Weine und zweitens, wenn man sie nicht als das einzig Wahre bezeichnen würde, denn wenn es eine Grundlehre im Wein gibt, dann diese, dass die Weinwelt unglaublich vielfältig ist, und nichts einfach schwarz-weiss, richtig oder falsch ist. Wer Naturweine auf der Weinkarte hat, muss sie auch erklären können, zumal vor allem jüngere Weingeniesser zur grossen Fangemeinde gehören. Einer Fangemeinde, die auch sehr informiert ist, was sie trinkt und bestellt.
Bisher im «Hotelier» erschienen:
Dekantieren oder nicht? (Ausgabe 03, 2021)

Wer ist Chandra Kurt?
Chandra Kurt ist eine der bekanntesten Weinpublizistinnen der Schweiz. Sie hat mehr als 20 Weinbücher publiziert, darunter «Chasselas – von Féchy bis Dézaley». Seit 2015 gibt sie zudem ihre eigene Weinzeitschrift «Weinseller Journal» heraus. Chandra Kurt ist international und national als Wein-Consultant tätig und hat verschiedene Label «Collection Chandra Kurt». Sie lebt in Zürich.
Alle Publikationen von Chandra Kurt sind unter www.weinsellerjournal.ch erhältlich.
Jedes Mal, wenn ich die Region besuche, habe ich das Gefühl, der französischen Weinkultur etwas näher zu sein – und zwar nicht nur, weil sich dieses Gebiet tatsächlich geografisch Frankreich nähert, sondern vielmehr, weil es in der Côte diese Fülle an Schlössern, Domänen und Festungen hat, denen man in der Regel in französischen Weinbaugebieten begegnet. Eine solche Fülle an «WeinDomainen» gibt es sonst in der Schweiz nicht mehr. Von den insgesamt im Kanton Waadt existierenden 42 Weinbauschlössern befinden sich sage und schreibe 32 in La Côte, was dem Terroir auch den Beinamen «aristokratische Appellation» eingebracht hat.
Die Weine aus der Côte zählen zusammen mit den Weinen aus dem Lavaux zu den bekanntesten ChasselasWeinen der Schweiz – Weine wie Château de Vinzel, Château de Luins, Château d’Allaman, Château de Vufflens oder Château de Châtagneréaz.
Château de Châtagneréaz
Eine meiner liebsten Domainen ist das Château de Châtagneréaz, und ich freue mich immer, hier den jungen Chasselas direkt aus den grossen Fässern zu verkosten. Einerseits wegen dem Wein, aber andererseits auch wegen der einmaligen Gewölbedecke des Kellers, die voller «Graffiti» aus vergangenen Zeiten ist. So war es Tradition, dass frühere Kellermeister mithilfe einer Kerze ihren Namen in die Decke verewigten sowie andere persönliche Geheimcodes. Optisch erinnert mich diese Decke immer an ein Geheimdokument, das Dr. Robert Langdon aus Dan Browns «Da Vinci Code» zu entschlüsseln hat.
Vereinigung «Clos, Domaines & Châteaux
Der Ursprung des Namens Châtagneréaz geht auf die Kastanienwälder zurück, die einst die Region der Côte bedeckten. Die ersten schriftlichen Hinweise auf Weinbau in Châtagneréaz datieren auf das Jahr 996, während die ältesten Überlieferungen des Schlosses auf das Jahr 1177 zurückgehen. Im Verlauf der Jahrhunderte wechselte das Château mehrmals den Besitzer, bis es 1945 in den Besitz der Familie Schenk kam, die zahlreiche andere Schlösser der Region besitzt sowie eine Fülle an Domainen im Ausland. Zahlreiche ihrer Schweizer Adressen sind Mitglieder der Vereinigung «Clos, Domaines & Châteaux». Diese Vereinigung ist zudem ein Qualitätslabel. Jeder Mitgliedsbetrieb befolgt ein strenges, qualitätsorientiertes Reglement. Die Reben müssen umweltschonend kultiviert werden, um den Fortbestand der Weinberge für künftige Generationen sicherzustellen. Das offizielle Gütesiegel Vitiswiss ist eine Voraussetzung für die Mitgliedschaft. Es bezeugt, dass die Winzer Weiterbildungen absolvieren und in ihren Rebbergen die Grundsätze der Integrierten Produktion (IP) anwenden. «Clos, Domaines & Châteaux» ist auch ein Spiegel der Schweizer Seele, die
chandrakurt.com
das Wohl der Gemeinschaft schützt und pflegt, denn schlussendlich sind wir ein Land des Konsenses – oder zumindest der Konsenssuche, der Präzision und des Strebens nach hoher Qualität.
Chasselas wird mit den Jahren anders …
Chasselas wird meist in jungen Jahren genossen – was meist etwas schade ist, zumal Chasselas auch gut reift. Im Gegensetz zu manch anderem Wein, der mit der Lagerung besser wird, geschieht beim Chasselas etwas ganz anderes. Er wird nicht besser, sondern ganz anders. Nach einigen Jahren hat man förmlich die Gelegenheit, einen ganz neuen Wein zu entdecken. Eine fast schon ungeahnte Vielfalt an Sekundäraromen taucht plötzlich auf. Vom Bienenwachs, über Gewürze, bis hin zu Noten von Waldboden, Trüffel und Champignons. Solche Flaschen dekantiere ich gerne – wie etwa die limitierte Edition von Château de Châtagneréaz – eine 6erKiste mit je einem Jahrgang von 2011 bis 2016.
chatagnereaz.ch
Gastronomie-Experte Moritz Kuhnel über die Krise als Chance
Was sollten Gastronomen nach Corona beachten?
Im Frühjahr 2020 ging eine Schockstarre durch die gesamte GastronomieBranche. Quasi von heute auf morgen mussten Restaurants, Bars, Cafés und Discos wegen eines grassierenden Virus schliessen; eine einmalige, noch nie dagewesene Situation, die wir alle nicht so schnell vergessen werden. Seit über einem Jahr versuchen wir das Bestmögliche aus einer unmöglichen Situation zu machen. Auch wenn sich die Lage langsam beruhigt: Die Krise wird uns noch lange beschäftigen.
Zunächst wird es unausweichlich zu Betriebsschliessungen und Konkursen kommen. Zu den Betroffenen zählen vor allem GastroBetriebe, die sich noch knapp mit CovidKrediten über ein paar Monate schleppen konnten. Andere werden aus rein wirtschaftlichen Gründen ihre Bilanz deponieren und (noch) Schlimmeres verhindern. Egal aus welchem Grund, hinter solchen Entscheiden stehen immer Schicksale, ganze Familien.
All jene, die nicht aufgeben (müssen) und die Türen wieder öffneten, dürfen sich anfänglich über eine grössere Resonanz freuen. Die Menschen haben nur darauf gewartet, sich wieder auf einen Kaffee mit Freunden, zum gemeinsamen Lunch mit Arbeitskollegen, auf einen gemütlichen Apéro oder ein Nachtessen mit der Familie ausserhalb von Wohnungen zu treffen. Dieser erste, und hoffentlich länger anhaltende Ansturm, muss natürlich auch gemeistert werden.

Das Home Office wird auch in den nächsten Monaten unausweichlich seine Spuren hinterlassen. Einer Studie zufolge haben in der Schweiz rund 40 Prozent der Erwerbstätigen die Hälfte ihrer Arbeitszeit im Home Office verbracht. Langfristig gehen 25 Prozent davon aus, dass sie mindestens einen Teil ihrer Arbeit von zu Hause aus erledigen können. Natürlich wird sich das Zurückziehen ins Private nicht eins zu eins in den Umsätzen der Gastronomie niederschlagen. Allerdings werden diese Beschäftigten sicher nicht mehr jeden Mittag ein Restaurant aufsuchen und für eine volle Auslastung sorgen.
Weitere Einbussen sind bei Events und dem Tourismus einzukalkulieren, welche je nach Standort nicht sofort wieder im gleichen Mass für eine gewohnte Nachfrage sorgen.
Kommunikation ist jetzt entscheidend.
Bereits im letzten Jahr war schnell spürbar, wer in diesem Bereich Engagement gezeigt und sich immer wieder in Erinnerung gerufen hat. Die Betriebe müssen auch nach der Öffnung für Aufmerksamkeit sorgen und am Ball bleiben. Ab und zu auf Facebook oder Instagram ein paar Bildchen zu posten, reicht nicht aus. Eine Auseinandersetzung mit den sozialen Medien ist unausweichlich: Welcher Kanal kann wie und für welche Zielgruppe genutzt werden? Die Follower müssen informiert, emotional erreicht und begeistert werden!
Eine weitere Herausforderung für die Gastronomen stellen auch Take-
away und Liefer-
services dar. Gerade als logische Folge zum Home Office und den Erfahrungen der letzten Monate weiss oder ahnt zumindest heute jeder, dass es mit dem Ausliefern einer Pizza, einem ThaiCurry oder dem Sushi bis zur Wohnungstür nicht getan ist. Eine gute Integration dieser Prozesse in das operative Geschäft ist wichtig, auch weil die Kommissionen für Lieferdienste sehr hoch ausfallen.
MORITZ KUHNEL
Wer ist Moritz Kuhnel?
Der 39-Jährige ist seit sechs Jahren Inhaber und Geschäftsführer der foodcult gmbh. Der ehemalige Absolvent der Hotelfachschule Luzern (SHL) ist, nach Stationen in grossen und kleineren Unternehmen, als Berater und Sparringpartner für Gastronomen in der ganzen Schweiz unterwegs.
Foodcult mit Sitz in Basel unterstützt Gastronomen bei der Schärfung ihrer Positionierung, Konzepte und Prozesse. Der Fokus wird dabei, so Moritz Kuhnel, «immer auf die Machbarkeit und Rentabilität gelegt, wobei auch Hilfsmittel wie das MenuEngineering zum Einsatz kommen.»
Neben Schulungen werden auch Service-Module angeboten, bei denen der Betrieb langfristig begleitet wird.
foodcult.ch
Es stellt sich auch die Frage: Wie präsentiert sich das Gericht dem Kunden, nachdem es 30 Minuten bis zur Auslieferung unterwegs war? Dabei spielen Angebot, Konsistenz, Temperatur und das Aussehen eine zentrale Rolle.
Das Thema Nachhaltigkeit beschränkt sich nicht bloss auf die Verpackung. Lokales und Regionales haben durch die Pandemie einen weiteren Aufschwung erhalten und werden zunehmend an Relevanz gewinnen. Dieser Trend bedeutet nicht automatisch Nachhaltigkeit. Die Herkunft der Produkte, der Ursprung der Zutaten kann und sollte als Mehrwert genutzt und ausgespielt werden. Lokale Anbieter sind mehr als Lieferanten, sie sind StoryMacher oder Geschichtenerzähler und eignen sich hervorragend, um die eigene Positionierung zu stärken.
Beim neuen Angebot sollte sich daher auch jeder Betrieb überlegen, was wirklich zu ihm passt, wie gross die Auswahl sein muss, wie oft diese gewechselt wird. Zudem muss unbedingt eine saubere und vollständige Kalkulation erstellt werden, denn das Ziel lautet: die Gäste begeistern und eine maximale Rendite zu erwirtschaften. Dabei darf der Preis nicht einfach blind erhöht werden, sondern will aufgrund der Kalkulation und der Positionierung gut überlegt sein.
Ganz generell muss die Affinität zu den Zahlen und der Wirtschaftlichkeit einen viel höheren Stellenwert bekommen. Ein gut durchdachtes Kassensystem, Monatsabschlüsse, Inventuren und eine aktuelle Buchhaltung sind elementar, um ein Restaurant erfolgreich führen zu können.
Neben dem klassischen Angebot dürfen auch über das Erlebnis vor Ort hinaus Produkte angeboten werden. Seien es Saucen, Dressings, Eingemachtes, DinnerBoxen, PicknickKörbe oder VideoKochanleitungen einzelner Komponenten – sie alle dienen der Markenbindung und generieren ganz nebenbei Umsatz.
Von den Zahlen kommen wir auch sogleich auf die Zahlungsmittel zu sprechen. Wenn ich meinen Einkauf heute bar zahlen will, werde ich oft mit grossen Augen angeschaut. Auch auf diese neuen Bedürfnisse und Zahlungsgewohnheiten muss man sich ausrichten und gleichzeitig bewusst sein, dass ein mobiles Terminal wohl nicht ausreicht. Was mit möglichen Anschaffungen verbunden ist, zieht allerdings auch weitere Kommissionszahlungen je Transaktion nach sich und darf bei der Kalkulation nicht ausser Acht gelassen werden. Ein paar Prozente hier, ein paar Prozente dort und der Profit wird kleiner und kleiner.
Stichwort Digitalisierung: Was früher die OnlineReservation war, ist heute die digitale Anzeige in der Küche. Diese Transformationen werden auf allen Ebenen Einzug halten. Sofern einfache und zielführende Lösungen möglich sind, die sich auf den Betrieb adaptieren und mit allen anderen Systemen ergänzen lassen, zahlt sich die Investition samt laufenden Kosten langfristig durch optimierte Prozesse und eine höhere Effizienz aus.
Eine Herkulesaufgabe, die heute schon viele und durch die Pandemie noch zusätzlich belastet, ist der Fachkräftemangel. Nicht nur der einzelne Betrieb, sondern die ganze Branche und die Verbände sind enorm gefordert; die Berufe müssen wie der an Attraktivität und Wertschätzung gewinnen und für den Nachwuchs langfristig interessant werden.
Ich gebe es zu: Die genannten Auswirkungen sind auf Papier einfach festzuhalten. Die Umsetzung und der tägliche Kampf gegen die Auswirkungen der Krise werden noch viel Energie benötigen, obwohl bereits jetzt viele erschöpft sind. Trotzdem: Es kommen schon bald wieder bessere Zeiten!