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Was erhoffen Sie sich vom Schweizer Markt, Herr Wendl?
from Hotelier 04 - 05
by WEBER VERLAG
EHL-Digitalexperte Maxime Medina hat drei Thesen zur Digitalisierung in der Hotellerie entwickelt
«Wir brauchen jetzt eine digitale Revolution»
Hier ein Zoom-Meeting, da ein Webinar, dort ein Online-Apéro.
Die Digitalisierung hat die Bühne mit Covid-19 definitiv betreten.
Und sie hält uns beruflich wie privat fest im Griff. Das merkt
auch die Hospitality-Branche unweigerlich und damit die
die an vorderster Front die neuen Leader ausbilden.
TEXT Maxime Medina, Chief Operating Officer, EHL Gruppe der sich die Digitalisierung drastisch beschleunigt. Und ich wage die These: Jedes
Unternehmen, das die Digitalisierung nicht aufgreift, riskiert unweigerlich,
in Rückstand zu geraten. Oder, um mit Gorbatschow zu sprechen: Wer zu spät kommt, den straft das Leben. Gerade im Bildungssektor wartet eine Menge Startups darauf,das Steuer zu übernehmen. Jede Branche wird momentan stark aufgerüttelt. Die Hotellerie, die Gastronomie, die AirlineIndustrie, das Banking, allesamt.
Heutige Studierende und Mitarbeitende lernen komplett anders. Bildung und HospitalityBranche müssen unbedingt mit dieser digitalen Revolution Schritt halten, postuliert Maxime Medina, COO der EHL Gruppe. Und zeigt in drei Thesen auf, wie die Ecole hôtelière de Lausanne (EHL) in ihren drei Campussen Lausanne, Passugg und Singapur den (digitalen) Takt vorgeben will.
Zuwarten ist kein guter Ratgeber
Wie oft habe ich in den vergangenen Monaten den Satz gehört: «Ich habe diese ZoomMeetings satt. Ich kann jetzt dann nicht mehr. Wann haben wir wieder richtige Meetings und richtigen Unterricht?» Da muss ich innerlich jeweils ein wenig schmunzeln. Denn es ist doch nicht eine Frage des EntwederOder. Beide Formen, die virtuelle und die reale, haben nebeneinander Platz. Und beide Formen haben ihre Existenzberechtigung – auch künftig.
Klar kann man nun entgegnen, gerade Hospitality habe doch in ihrem Kern etwas Soziales und lebe deshalb vom Austausch. Auch Covid19 könne diese Tatsache nicht ausser Kraft setzen. Dem ist unbestritten so, und wir legen an der EHL oberste Priorität auf die Schulung von Soft Skills und HandsonTraining, von Menschen mit Menschen, auf unseren drei Campussen. Aber die Pandemie hat in der Tat eine aussergewöhnliche Situation geschaffen, in Die Bildung ist da also keine Ausnahme, auch wenn die Beweggründe für einen Digitalisierungsschub vielleicht andere sind.
Hier geht’s nicht um Kosteneinsparungen oder Effizienz, sondern darum, die Erwartungen und neuen Lernbedürfnisse der heutigen Jungen zu erfüllen.
Deren Verhalten und Mediennutzung hat sich komplett verändert. Das gilt auch für die jungen Mitarbeitenden in der HospitalityBranche. Und wenn nun mal das normale Leben auf digitalen Interaktionen aufbaut, sind wir als Schule, aber auch als Arbeitgeber (im Sinne von Employer Branding, aber auch modernem HRManagement), wahrscheinlich gut beraten, eine entsprechend ausgestaltete Lernumgebung zu schaffen. Zumal wir aus Erfahrung an der EHL wissen, dass digitales Unterrichten nicht nur zu einem höheren Engagement, sondern auch zu einem besseren Verständnis komplexer Ideen führt. ➤
MAXIME MEDINA, DIGITALEXPERTE EHL
Traditionen sind nicht in Stein gemeisselt
Traditionen haben etwas Gutes. Sie geben Halt. Gerade die HospitalityBranche legt Wert auf Historie, auf Qualität und Altbewährtes. Aber: Für traditionelle Anbieter – und dazu zähle ich die EHL auch – kann ihr Erbe nämlich auch eines der grössten Hindernisse für die digitale Transformation darstellen. Die EHL hat Studierende seit über hundert Jahren auf innovative und zeitgemässe Weise unterrichtet. Waren wir doch zum Beispiel eine der ersten Hochschulen, die Lernende in den 1990erJahren mit einem Laptop ausgestattet hatte. Nichtsdestotrotz ist eine umfassende Transformation keine leichte Herausforderung, für unsere Gruppe nicht – und für unsere Branche erst recht nicht.
Was wichtig ist: Bei uns an der EHL beginnen wir aber definitiv nicht bei Null. Unser Sektor befindet sich generell im Umbruch, und im Moment sind es Technologieunternehmen, nicht Pädagogen, die den Weg weisen. Es muss uns also gelingen, das Beste aus der alten Bildungswelt mit dem Besten aus der neuen Welt zu kombinieren. Immer müssen die pädagogischen Bedürfnisse und der Fokus auf die Lernergebnisse oberste Priorität haben. Wir benötigen dazu die Hilfe von TechnologieStartups und Disruptoren, die uns mit fantastischen, neuen Ideen unterstützen, wie man ansprechende Inhalte erstellt und interaktive Lernformate schafft.
Ein Beispiel: Unsere Branche muss vermehrt Gamification und Virtual Reality (VR) einsetzen, um die Motivation und das Engagement der Lernenden zu steigern. Nehmen Sie unseren HousekeepingVirtualRealityKurs, den wir zusammen mit dem Beau Rivage Palace in Lausanne entwickelt haben. Auf diesem Weg können wir in Trainings die besten und schlechtesten Beispiele im HotelHousekeeping aus erster Hand zu erleben. Via immersive virtuelle Realität werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kurses der «Année Préparatoire» Teil der Welt, die sie sehen. Und in dieser virtuellen Welt interagieren sie dann miteinander. Das ist spielerisch, spannend und lehrreich zugleich. Ich bin überzeugt, dass dies die ganze Hotellerie voranbringt, denn die alten Methoden – sprich: der/die Vorgesetzte im Housekeeping instruiert und korrigiert die Reinigungskraft hundertfach – bringen uns hier nicht weiter. Für mich ist deshalb klar:
Es ist höchste Zeit, nun eine Revolution der digitalen Transformation zu schaffen, die von der Bildung angetrieben und von der Technologie unterstützt wird – und nicht umgekehrt.

3. THESE:
Digitale Transformation kostet – Investitionen in Innovation rechnen sich mittel- und langfristig
Wenn wir schon bei den Grundsätzen sind: Investitionen in die digitale Bildung und Weiterbildung in unserer Branche sind von unschätzbarem Wert. Aber nur, wenn sie richtig in die Hand genommen werden. Es lässt sich zudem nicht leugnen, dass zu Beginn zusätzliche Kosten anfallen. Dies nicht einmal nur in Form von finanziellen Aufwendungen. Vielmehr benötigt digitale Transformation in unserer Branche vor allem Zeit und bedeutet personellen Aufwand.
Investitionen in die digitale Aus- und Weiterbildung sind so gesehen ein wichtiger Schritt für die Branche – nicht primär nur wegen der finanziellen Gewinne, sondern wegen des Wissensgewinns, den sie bringen. Mittelfristig geht es aber
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natürlich auch um mehr betriebliche Effizienz und damit um finanzielle Einsparungen. Ein Thema, das gerade im Zuge von Covid19 enorm an Bedeutung gewonnen hat. Auch dafür setzen wir digitale Tools in unserem Unterricht ein. So arbeiten wir mit Simulationssoftware. Dazu gehören HOTS (Business Management Simulation) wie auch REVSIM (Revenue Management Simulation) von Russell Partnership Technology.
Die Studierenden bewegen sich in der Geschäftsleitung eines eigenen virtuellen Betriebs, der ganz handfest die Hotelwelt rund um sie herum abbildet. Laufend ändern sich in diesem Lernspiel die Parameter. Die Lernenden treffen konstant strategische und operative Entscheide, die den Erfolg ihres Tuns in EchtZeit abbilden. So lassen sich die Einflüsse von cleverem Sales und FieldManagement, aber auch HR und MarketingManagement systematisch üben.
Bei REVSIM geht’s auch um so wichtige Themen wie Personalplanung und Materialeinsatz in der Küche, beispielsweise. Damit wird das Kostenbewusstsein geschult. Ein weiterer Vorteil: Diese Tools lassen sich auch für TeamSchulungen sehr gut einsetzen. Und: Sie sind zu 100 Prozent online umsetzbar.
Und was lernen wir daraus? Die EHL und die gesamte HospitalityWelt stehen noch am Anfang ihrer digitalen Transformationsreise. Doch hat sie bereits viele Vorteile: ein starkes Engagement der Lernenden oder Mitarbeitenden, inspirierte und motivierte Lehrkräfte oder Vorgesetzte und einfachere, rationalisierte Prozesse.

[01] Maxime Medina wurde 2019 zum Chief Operating Officer und stellvertretenden CEO der EHL Group ernannt. Er leitet u. a. die Digitalisierungsstrategie der EHL.
[02] Haupteingang der Ecole hôtelière de Lausanne (EHL).
Wer ist Maxime Medina?
Maxime Medina begann seine Karriere als IT-Ingenieur in der Finanzwelt und im Private Banking. Von Natur aus Unternehmer, gründete er seine eigene Firma und vermarktete ein innovatives und bahnbrechendes Entwicklungstool der israelischen TechnologieUniversitäten in der ganzen Schweiz. Danach gründete er ein zweites Unternehmen im Bereich E-Business. Über viele Jahre leitete er internationale Grossprojekte und sammelte dabei viel praktische Erfahrung in den unterschiedlichsten Bereichen wie industrielle Produktion in der Luxusindustrie, Vertrieb, internationale NGOs, Private Banking, Sport, Energie, Pharma, Verlagswesen, Biotech und im öffentlichen Sektor. Anschliessend nutzte er seine Erfahrungen sechs Jahre lang, um Start-ups aktiv zu unterstützen und neue Geschäftsaktivitäten in Hightech-Unternehmen zu starten.
Im Jahr 2008 begann er als Berater gemeinsam mit der Leitung der Ecole hôtelière de Lausanne (EHL) sämtliche Bildungsprogramme der EHL auf die Bologna-Standards der EU abzustimmen. Anfang 2012 trat er dem Executive Committee der EHL in seiner Funktion als Generalsekretär bei und war hauptsächlich für die Umsetzung der Gesamtstrategie der Schule verantwortlich. Im Jahr 2017 wurde Medina zum Chief Asset Management Officer ernannt und leitete das neue Campus-Entwicklungsprojekt in Lausanne.
2019 wurde Maxime Medina zum Chief Operating Officer und stellvertretenden CEO ernannt. Dabei entwickelte er das «Center of Excellence»-Modell für Shared Services. Zudem leitet er die Digitalisierungsstrategie der EHLGruppe.


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blue TV Host: Jetzt neu mit Infokanal
Kosten sparen mit dem eigenen TV-Infokanal

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Das Hotel Ambassador in Brig serviert seinen Gästen ein neues

Informationsmenü. Apropos Menü: Die Küche des Walliser Traditions-
betriebs ist mit 13 GaultMillau-Punkten prämiert. Doch auch in Sachen
Information und Kommunikation bietet Hotelier Stefan Welschen seinen
Gästen Hochwertiges: Als eines der ersten Schweizer Hotels betreibt das Ambassador einen eigenen Infokanal auf den TV-Geräten in den Zimmern. Swisscom hat den Infokanal neu in blue TV Host integriert –
ihrem TV- und WLAN-Komplettangebot für die Hotellerie und für Heime.
Hotel Ambassador Brig

Stefan Welschen führt das Briger Viersternehotel in dritter Generation. Bevor er das Ambassador 2001 übernahm, war er unter anderem im Kader des Fünfsternehauses Brown Palace in Denver (USA) sowie in F&B-Leitungspositionen grosser Schweizer Gastronomiebetriebe tätig gewesen. Das Ambassador Brig bietet 27 moderne Zimmer mit 50 Betten. Für das Wohl der Gäste sind 22 Mitarbeitende besorgt. Gekocht wird auf hohem Niveau: Die Küche der hauseigenen Brasserie Des Cheminots verzeichnet 13 GaultMillauPunkte.

ambassador-brig.ch Jederzeit hellwach: der elektronische Concierge
Ein Fingertipp auf die Fernbedienung – und als Startseite auf dem ZimmerTV erscheint der hoteleigene Infokanal, sorgfältig gestaltet in den Hausfarben und Hausschriften des Ambassador. Jetzt wählt der Gast die Inhalte, die ihn interessieren: zum Beispiel das tagesaktuelle Angebot in der Brasserie Des Cheminots, den Eventkalender oder die kulinarischen MonatsSpecials. «Wir könnten aber auch Ausflugstipps oder gemeinsame Aktionen mit Partnern aufschalten», erklärt Stefan Welschen, «und sogar Werbeflächen an lokale Betriebe vermieten.» Die Gäste seien mit dem «elektronischen Concierge» besser informiert, weiss der Gastgeber. «Unsere Mitarbeitenden müssen weniger häufig wiederkehrende Auskünfte geben und gewinnen dadurch mehr Zeit für spezifische Anliegen der Gäste. Zudem sind die Reaktionen auf unsere Angebote, die wir auf den TVs schalten, sehr erfreulich: Wir verzeichnen viele Reservationen für unsere gastronomischen Specials.»
75 Prozent tiefere Druckkosten
Der Infokanal von blue TV Host zahle sich auch ganz direkt in Franken und Rappen aus, freut sich Stefan Welschen: «Dank ihm drucken wir heute unsere Flyer, Broschüren und Karten in viel tieferen Auflagen. Wir sparen bei den Druckkosten 75 Prozent ein. Und das aufwendige Aktualisieren der PapierGästedokumentationen können wir uns schenken.» Einen weiteren wichtigen Vorteil erkennt der Hotelier in der Reaktionsgeschwindigkeit seines Infokanals: «Bekanntlich ist die CoronaSituation bisweilen ziemlich turbulent. Über den Infokanal können wir sehr schnell und kontaktlos über neue Regeln informieren. Das schafft Vertrauen.»
Den Infokanal bedienen? Keine Hexerei!
Für das Programmieren und Bespielen des Infokanals ist Stefan Welschens Ehefrau Maria Grazia WelschenVincenzi zuständig. «Das ist heute völlig unkompliziert. Nach einer Schulung hatte ich das effiziente
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Bedienen der Module und für das Einspielen unserer Daten rasch im Griff. Zunächst bereite ich am PC die Dateien in unserem Design im richtigen Format auf. Danach sende ich sie über eine automatische Schnittstelle in das InfokanalSystem, aktualisiere die Anzeige, und schon erscheinen die neuen Inhalte live auf den TVs.»
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[01] Stefan Welschen, Direktor Hotel Ambassador Brig: «Der TV-Infokanal ist ein Puzzleteil, das perfekt in unsere hohe Servicequalität passt.»
[02] TV einschalten – und die Startseite des Hotel-Infokanals erscheint.
[03] Touristische Infos über Briger Sehenswürdigkeiten.
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blue TV Host von Swisscom
blue TV Host bringt das beliebteste Fernsehen der Schweiz auch in Hotels und Heime. Das Komplettpaket enthält blue TV mit mehr als 300 Sendern, WiFi für Gäste, Bewohnerinnen und Bewohner sowie Managed LAN. Neu bietet blue TV Host einen individuell bespielbaren Infokanal für tagesaktuelle News und Angebote. Die zentrale Steuerung und Aufschaltung ermöglicht Zeit- und Kosteneinsparungen.
Jetzt mehr erfahren: swisscom.ch/curaviva
Swisscom (Schweiz) AG Geschäftskunden
Postfach CH-3050 Bern
Tel. 0800 055 055 swisscom.ch/kmu


«Hotelier»-Serie (Teil 3 und Schluss): Wie führt man Kleinsthotels zum Erfolg?
Jetzt hat die Osteria im Tessin eine Perspektive
Die Osteria Bordei liegt abseits im Gentovalli. Acht Zimmer, 35 Sitzplätze im
Restaurant. Ein typisches Tessiner Lokal, umgeben von schönster Natur. Was Touristen und Gäste nicht wissen: Die Osteria ist seit vielen Jahren ein
Sanierungsfall. Doch dank dem Businessplan von Mirco Held (39), Berater
bei Gastroconsult, erhält die Osteria jetzt eine neue und erfolgversprechende
Perspektive. Anfang Mai wurde das Mini-Hotel im Centovalli wieder eröffnet.
INTERVIEW Hans R. Amrein ANALYSE & BUSINESSPLAN Mirco Held, Gastroconsult
Mirco Held, es ist jetzt Anfang Juni. Ist die kleine Osteria Bordei im Tessin jetzt wieder offen, so wie die meisten Hotels im Tessin?
Ja, der Hotelbereich der Osteria konnte Anfang Mai wieder eröffnet werden – und die Nachfrage nach den acht Zimmern war bereits in den ersten Tagen erfreulich hoch. Das hängt mit der Tatsache zusammen, dass die Schweizerinnen und Schweizer jetzt vor allem Ferien und Kurzurlaube im eigenen Land verbringen. Viele Hotels im Tessin sind bereits bis August fast ausgebucht.
Was hat sich denn in der Osteria Bordei konkret getan in den letzten Wochen?
Ich freue mich, dass unser Businessplan jetzt so etwas wie die Grundlage der Osteria ist. Die neuen Betreiber setzen jetzt auf lokale Produkte und Produzenten, die eigene Landwirtschaft und vor allem auf das einzigartige, kunstvoll restaurierte Dörfchen Bordei als Positionierungsmerkmal. In Zukunft wird man in Bordei nicht nur eine Osteria betreiben …
Was meinen Sie damit?
Bordei wird zum Gesamtkunstwerk. Dieses besteht aus der Osteria, dem eigenen Landwirtschaftsbetrieb mit Kühen, Schafen, Hühnern, Kaninchen und Kräuterund Gemüsegarten. Dazu kommt eine eigne Lebensmittelproduktion. Neben dem bereits bekannten «Bordei Honig» will der neue Betreiber weitere lokale Produkte herstellen und im Tessin verkaufen. Zum Gesamkunstwerk Bordei gehört aber auch die wunderbare, unberührte Natur, die restaurierten Steinhäuser, die kleine Kapelle mit den alten Fresken aus dem 16. Jahrhundert, das Kulturdorf Terra Vecchia, die vielen NaturAttraktionen und vieles mehr…
Wer betreibt denn jetzt die Osteria?
Hinter der Osteria steht die Stiftung Terra Vecchia Villaggio. Stiftungsgründer Jürg Zbinden hat die beiden Dörfer Bordei und Terra Vecchia in den letzten fünfzig Jahren, zusammen mit jungen Menschen und Handwerkern, wieder aufgebaut und kunstvoll restauriert. Die Stiftung hat jetzt den Tessiner Gastronomieprofi Rene Probst engagiert, der die Osteria und die neue Lebensmittelproduktion in Bordei als Coach betreiben wird. Er tut dies mit einem sehr kleinen Team, um den Personalaufwand in Grenzen zu halten. Probst geht es darum, die Osteria mit bescheidenen Mitteln, innovativen Ideen und einzigartigen Angeboten durch die Sommerund Herbstsaison zu führen.
Nicht wenige Hotelexperten sagen: Kleinsthotels mit nur 10 oder 20 Zimmern und hohem F&B-Anteil haben in Zukunft – betriebswirtschaftlich gesehen –keine Chance mehr. Als Folge der Covid-Krise würden solche Kleinstbetriebe zuerst vom Markt verschwinden, so die Experten. Teilen Sie diese Auffassung?
Man muss dies differenziert betrachten. Einerseits gibt es die Stadthotellerie, die mit grosser Konkurrenz und aufgrund von Corona mit ausbleibenden ausländischen Gästen zu kämpfen hat. Andererseits gibt es die Hotels in Gegenden, wo der Tourismus eine untergeordnete Rolle spielt. Diese Betriebe haben allgemein Mühe, Gäste zu akquirieren. Sie leben oftmals von Handwerkern, die teilweise Tage bis Wochen bleiben und so den Betrieb quersubventionieren. Nebst der Auslastung geht es aber auch darum, die internen Kosten im Griff zu haben. Dazu zählen auch die hohen Mitarbeiterkosten. Wenn für ein Hotel mit 15 Zimmern die Rezeption von morgens bis spät abends durch eine Person besetzt ist, dann funktioniert dies nicht. Es muss versucht werden, Synergien zu nutzen. So tätigt beispielsweise der Servicemitarbeiter an Randstunden die CheckinProzesse. Zudem ist es wichtig, dass die Gäste des Hotels auch über das Angebot der Gastronomie informiert sind. Auch in diesem Bereich gilt es, Synergien zu nutzten. ➤
«Bordei wird zum Gesamtkunstwerk. Dieses besteht aus der Osteria, dem eigenen Landwirtschaftsbetrieb mit Kühen, Schafen, Hühnern, Kaninchen und Kräuter und Gemüsegarten. Dazu kommen eigene Produkte wie der BordeiHonig.»



MIRCO HELD
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Ein renommierter Schweizer Gastronomie- und Hotelexperte sagt: Gastronomie- und Hotelbetriebe, die nicht mindestens einen Jahresumsatz von 1 Mio. Franken erzielen, können finanziell nie Erfolg haben. Sie verursachen vor allem Kosten. Was sagen Sie dazu?
Auch da muss ich betonen, dass es ganz darauf ankommt, wie der Betrieb aufgestellt ist. Wie in der Gastronomie, so gehören auch in der Hotellerie die Mitarbeiterkosten zum grössten Kostenblock. Daher gilt es auch hier und allgemein, die Mitarbeiterkosten möglichst tief zu halten. Dazu gibt es heute Möglichkeiten wie SelfCheckinAutomaten. Konzepte wie jenes von «b smart» sind geeignet für Hotels mit 20 bis 40 Zimmern. Sie expandieren fleissig und scheinen erfolgreich zu sein. Zudem gilt es zu beachten, ob es ein vom Eigentümer geführter oder ein Mietbetrieb ist. Wenn keine Miete bezahlt werden muss und die Hypothekarlast nicht all zu hoch ist, kann durchaus auch mit weniger Ertrag profitabel gewirtschaftet werden – Überstunden des Eigentümers natürlich nicht miteinkalkuliert.
Bisher galt die Regel: Ein Hotel muss mindestens 40 Zimmer haben, damit es rentabel geführt werden kann. Trifft dies heute noch zu? Oder anders gefragt: Wie viele Zimmer sollte ein Hotel haben, damit es sich am Ende rechnet und Gewinne erzielt?
Man kann diese Frage nicht pauschal beantworten. Klar gibt es Fixkosten, die so oder so anfallen. Diese sind aber, je nach Betriebsgrösse, Lage und Konzept, verschieden. Die meisten Kosten sind jedoch flexible Kosten. Das heisst: Mehr Arbeit bedeutet auch mehr Kosten. Hier gilt es, die Kosten im Überblick und so tief wie möglich zu halten. Nur so kann ein Hotel rentabel betrieben werden. Es sollte zudem versucht werden, mit guten Zusatzangeboten Zusatzverkäufe zu generieren. Diese könnte beispielsweise mit einem «Shop in Shop»Angebot erzielt werden. Wichtig ist, dass dieser Shop dann durch das bestehende Personal betrieben wird. Allgemein ist relevant, dass man sich bereits vor dem Unterzeichnen des Mietvertrags Gedanken über die Herausforderungen macht und ein seriöses Budget erstellt.
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Werden die Auswirkungen der Corona-Krise die Klein- und Kleinstbetriebe in der Schweiz besonders hart treffen? Wird es in diesem Segment besonders viele Opfer geben?
Derzeit (Anfang Mai) ist es noch eher ruhig, was die Konkurse betrifft. Die Unterstützungsmassnahmen des Bundes und der Kantone scheinen für den Moment zu greifen. Die kritische Phase ist wahrscheinlich die Übergangsphase zur neuen Normalität – wenn die Kredite zurückbezahlt werden müssen. Dann könnte eine Konkurswelle entstehen.
Nehmen wir an, ich betreibe ein kleines Hotel mit 15 bis 20 Zimmern, einem Restaurant, einer Bar und einem kleinen Wellness-Bereich in den Bergen. Wie schaffe ich es, den Betrieb auf der Grundlage eines Mietvertrages mindestens «schwarz» zu führen?
Es hängt von Ihrer eigenen Leistung ab! Wenn Sie sich voll engagieren und hart arbeiten, haben Sie eine Chance. Und wenn der Mietzins human ist, sieht es auch nicht schlecht aus. Natürlich wäre es einfacher und langfristig tragbarer, einen solchen Betrieb zu besitzen und nicht mieten zu müssen. Zudem kommt es auf das Umfeld an. Sollte das Hotel der letzte Mohikaner des Dorfes sein, mit einem klaren Konzept und Mehrwert für interne und externe Restaurantgäste, kann es funktionieren. Zudem gilt es, die internen Aufgaben zu erledigen. Stichwort Kostenmanagement.
Das Gastgewerbe leidet nach wie vor unter den Folgen der CovidKrise. Wie sehen Sie die nahe und mittelfristige Zukunft der Kleinbetriebe?
Das Gastgewerbe wird auch nach der Pandemie stark umkämpft bleiben. Wichtige Erfolgsfaktoren in Zukunft sind Positionierung und Lage. Denn ein Kleinbetrieb hat nicht die Anziehungskraft wie ein renommierter Hotelbetrieb. Wichtig ist auch, dass das Hotel im Netz gefunden wird. Zudem sollte sich das kleine Hotel von seiner Konkurrenz differenzieren. Dies geschieht über einzigartige Angebote, Produkte und Konzepte.
[01] Restaurant-Tafel im Wald bei Bordei.
[02] Das Gebäude der Osteria stammt ursprünglich aus dem 16. Jahrhundert.
[03] Tropische Regenstimmung über Bordei im Centovalli.
[04] Osteria-Steinfassade mit Efeu.
[05] Blick in die alte, historische «Gaststube» mit Kamin.
Was tut Gastroconsult?
Mit der Idee, kompetente, branchenspezialisierte und kostengünstige Dienstleistungen im Treuhandbereich anzubieten, hat die Erfolgsgeschichte von Gastroconsult genau vor 100 Jahren begonnen. Nicht ohne Grund gilt die Gastroconsult seit 1921 als die Nummer eins in den Bereichen Treuhand, Steuern, Prüfung und Beratung für Restauration und Hotellerie. Die Unternehmensberater von Gastroconsult arbeiten von Zürich, Bern und Pully aus und verfügen über mehrjährige GastronomieErfahrung. Sie helfen bei der Erarbeitung eines kompletten Businessplans, eines Betriebskonzepts oder der Analyse der Betriebsabläufe. Zudem beraten sie auch bei der Vermietung oder beim Verkauf einer Liegenschaft. Gastroconsult betreibt 15 Standorte in der ganzen Schweiz. Das Team besteht aus rund 100 kompetenten Mitarbeitern.
Welche Bedürfnisse hat Ihr Betrieb? Wie können wir Sie unterstützen? Fordern Sie uns heraus – wir freuen uns darauf, eine massgeschneiderte Lösung für sie zu entwickeln.
Gastroconsult AG Blumenfeldstrasse 20
8046 Zürich Telefon 044 377 54 44 direktion@gastroconsult.ch gastroconsult.ch
Bisherige Folgen der «Hotelier»-Serie:
Hotelier, Ausgabe 01–02: Hat die kleine Osteria Bordei eine Chance?
Hotelier, Ausgabe 03: Wie lockt man Gäste in die kleine Osteria?



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Neues Boutique-Hotel am Marktplatz in Basel
Es war einmal ein Warenhaus
Die «Bâle Hotels» eröffnen Ende Juli das Hotel Märthof mitten in der Altstadt
von Basel. In dem historischen Gebäude direkt am Marktplatz entsteht
ein modernes Boutique-Hotel mit 68 Zimmern und dem Restaurant «Bohemia».
Was steckt hinter dem Interior Design des neuen Vier-Sterne-Hauses?
Auf den fünf Hoteletagen verteilen sich insgesamt 68 hochwertig gestaltete Zimmer. Ein Highlight seien die sechs «Marktplatz Juniorsuiten» mit direktem Blick auf den Marktplatz, so die Betreiber. Das Hotel bietet seinen Gästen ausserdem einen Fitnessraum, einen Wellnessbereich, einen Bankettraum sowie eine Dachterrasse mit Aussicht über die Stadt Basel.
«Verweilen mit Genuss»
Im Erdgeschoss wird das Restaurant Bohemia mit einer grossen Bar und einer Terrasse direkt am Marktplatz eröffnet. Im Stil der Boheme können die Gäste von einem neuartigen Gastronomieangebot profitieren. Die hauseigenen Fleisch, Fisch und Gemüsespezialitäten werden auf offenem Holzkohlegrill zubereitet. Am Mittag stehen neben dem AlacarteAngebot diverse Mittagsmenüs zur Auswahl. Am Samstag und Sonntag wird ein «Bohemia Brunch» serviert.
Vom Warenhaus zum Hotel
Der Märthof befindet sich in einem historischen Basler Gebäude mit einer denkmalgeschützten NeubarockFassade aus dem Jahr 1894. Die fünf unabhängigen Wohn und Geschäftshäuser am Marktplatz und der Eisengasse wurden 1981 zu einem Gebäude vereint. Der so entstandene Märthof öffnete 1983 seine Türen erstmals als Warenhaus. Beim Bau des Hotels wurde die einzigartige Fassade aufrechterhalten und mit grossen Fensterfronten kombiniert.
Investition in den Standort Basel
Der Märthof ergänzt das bestehende Angebot von BâleHotels, das die Hotels Pullman Basel Europe, Baslertor und Victoria im Raum Basel sowie das Hotel Savoy in Bern umfasst. Die «Bâle Hotels»Gruppe, eine Division der CoopGenossenschaft, investiert damit weiter in den Standort Basel. «Die Hotels in Basel sowie in Bern überzeugen mit ihrer zentralen Lage und der Gastfreundlichkeit. Mit Les Quatre Saisons bietet Bâle Hotels zudem ein Catering auf hohem Niveau sowie ein HauteCuisine PopupRestaurant», schreibt Coop in einer Medienmitteilung.
[01] Das Hotel Märthof liegt direkt am Marktplatz.
[02] Blick in ein Doppelzimmer
[03] Treppenaufgang zur Rezeption.