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Editorial
from Hotelier 04 - 05
by WEBER VERLAG
Wohin geht die «Reise» in der Stadthotellerie?
IPK International zählt zu den weltweit führenden Beratungsunternehmen im Tourismus und ist spezialisiert auf Tourismusforschung, Tourismusmarketing und Tourismusplanung. Neben Sonderstudien zur COVID19Pandemie führt IPK seit mehr als 25 Jahren den World Travel Monitor durch, die weltweit umfassendste Studie zum Auslandsreiseverhalten der Europäer, Asiaten, Nordamerikaner und Lateinamerikaner. Der World Travel
Monitor wird in über 60 Ländern durchgeführt und deckt damit mehr als 90 Prozent der weltweiten Nachfrage nach internationalen Reisen ab.
Warum ich Ihnen, liebe «Hotelier»Leserinnen und Leser, am Anfang dieses Editorials IPK kurz vorstelle, hat einen Grund, denn die jüngste Studie von IPK für das Reisejahr 2021 kommt zu Ergebnissen, die uns optimistisch und mit Freude in die nahe Zukunft blicken lassen:
62 Prozent der weltweiten Reisenden haben die Absicht, noch in diesem Jahr
ins Ausland zu reisen. Diejenigen, die derzeit noch von einer Auslandsreise absehen, nennen dafür nicht finanzielle Gründe, sondern das CoronaInfektionsrisiko. Doch durch den nun verfügbaren Impfstoff und die weltweiten Impfaktionen, verbunden mit der sehr hohen Impfbereitschaft unter Reisenden (90 Prozent), entfällt die Hauptursache, auf Reisen zu verzichten – und einer schnellen und breiten Erholung der Reisebranche steht damit nichts mehr im Wege. «Freude herrscht», würde ExBundesrat Dölf Ogi sagen.
Fragt man nach den Reiseplanungen für Auslandsreisen in diesem Jahr, so
steht im Fokus die Ferienreise. Was die Geschäftsreisen betrifft, so sind die Reiseabsichten unter den Amerikanern und Asiaten grösser als bei den Europäern. Bei den geplanten Ferienreisen ins Ausland zeigt sich für 2021 ein hohes Interesse für den Bade/Strandurlaub. Städtereisen liegen auf Rang zwei im Ranking der Ferienarten (bei Asiaten auf Rang eins) und die naturorientierten Ferien positionieren sich auf Rang drei, was im Vergleich zu VorCoronaZeiten ein stark angestiegenes Interesse für diese Art von Ferien zum Ausdruck bringt. Die aktuellen Umfragen zeigen auch ein nach wie vor grosses Interesse für Flugreisen ins Ausland.
Gefragt nach den bevorzugten Reisezielen für Auslandsreisen im Jahr 2021 zeigt sich unter den Europäern (darunter auch die Schweizer) eine klare Präferenz für
inländische und europäische Reise-
ziele. Angeführt von Spanien folgen u.a. Italien, Frankreich und die Schweiz im Ranking der bevorzugten Destinationen. Für Amerikaner und Asiaten kommen ebenfalls vor allem Reisen innerhalb des eigenen Kontinents in Frage. Trotzdem spielen auch Reiseziele in Europa bereits 2021 eine Rolle.
JÜRG SCHMID
Der Autor
Hans R. Amrein, Publizist, Hoteltester, Buchautor und Dozent, ist seit 2010 Chefredaktor der Fachzeitschrift «Hotelier». Er ist auch Mitglied mehrerer Fachjurys. Mit anderen Worten: Die Chancen für
eine weltweite und rasche Erholung des internationalen Tourismus stehen
sehr gut. Der Wunsch der Menschen nach Reisen ist weltweit gross, die Reiseabsichten für 2021 belegen das. Und wie gesagt, durch den zunehmend verfügbaren Impfstoff und die weltweiten Impfaktionen entfällt der Hauptgrund, auf Reisen zu verzichten. Gelingt eine schnelle und international hohe Impfquote (derzeit deuten fast alle Fakten in diese Richtung), trägt das massgeblich zu einem raschen und umfassenden Aufschwung der weltweiten Nachfrage nach Auslandsreisen bei. Im besten Fall könnte 2022, spätestens jedoch 2023, dieses Ziel erreicht sein.
Nun, wer in der Schweiz ein Hotel in den Bergen, an einem See oder im Tessin betreibt, darf die IPKPrognosen freudig zur Kenntnis nehmen. Anders sieht die Zukunft für die Stadthotels aus. Sie werden bis 2024 warten müssen, bis der Geschäftstourismus wieder anzieht. Wobei, auch da gibt es Ausnahmen: Städte wie Salzburg,
Wien oder Hamburg, die bisher stark auf Freizeitreisende (Leisure-Markt) gesetzt haben, werden sich schneller von den Folgen der Krise erholen.
Weil der internationale Businessmarkt in Städten wie Zürich, Basel oder Genf erst 2024 wieder einigermassen auf Touren kommt, setzen immer mehr Stadthotels und Hotelbetreiber auf den Freizeitmarkt. So auch Jürg Schmid, ExDirektor von «Schweiz Tourismus» und Delegierter der LuxusLifestyleHotelgruppe «The Living Circle». «Wir haben für unsere drei Zürcher Hotels Widder, Storchen und Alex eine komplett neue Strategie erarbeitet», betont Schmid. Ab sofort verkaufen sich die drei renommierten Zürcher Hotels als «City & Lake Resort». Mit zusätzlichen Freizeitund Hotelangeboten, zum Beispiel einer «RooftopBar» auf dem Dach des Hotels Storchen oder einem BootShuttleService zwischen Storchen und Hotel Alex in Thalwil, will man vermehrt Freizeitgäste in die «mediterrane Limmatstadt» locken.
Klar, das Business kommt zurück, «aber nicht mehr in einem Ausmass, wie wir es bis 2019 hatten», ist Jürg Schmid
überzeugt. Er rechne mit Einbussen um die 30 Prozent. Deshalb setze man jetzt auf den Freizeitmarkt, um eine einigermassen gute Bettenauslastung zu erzielen. «Unsere Städte werden jetzt vermehrt zum Erlebnisraum», sagt der Schweizer Trendforscher Stephan Sigrist.
Und für Tourismusprofi Jürg Schmid steht fest: «Die Stadthotels müssen den Freizeitwert ihrer Stadt erkennen und ihre Angebote darauf ausrichten». Auch Duncan O’Rourke, Nordeuropachef des Hotelkonzerns Accor, ist überzeugt, dass Städte wie Zürich, Bern oder Genf immer mehr zu Freizeitdestinationen und Businesshotels zu Freizeithotels werden: «Der Städtetourismus war schon vor Corona ein stark wachsender Markt – und das wird er bleiben.»
Hans R. Amrein
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01 03


FRAGE AN LUKAS KALBERMATTEN, PRÄSIDENT DER BEST 3 STAR HOTELS:
Warum kam es im Vorstand zum Eklat?
Die «26 besten 3-Sterne-Hotels der Schweiz» haben einen neuen Präsidenten: Lukas Kalbermatten, Hotelier im Lötschental (Wallis). Damit nicht genug: Die Mitglieder des Vereins wählten einen neuen Vorstand und eine neue Geschäftsstelle, nachdem es an der Vereinsspitze zu unterschiedlichen Auffassungen und folglich zum Eklat kam. Wie sieht der neue Präsident die Zukunft des 3-Sterne-Vereins?
Lukas Kalbermatten, der Verein Best 3 Star Hotels hat seit einigen Wochen einen neuen Vorstand und eine neue Geschäftsstelle. Warum der Wechsel?
Am 3. November 2020 habe ich die Generalversammlung des Vereins besucht. Es wurde mir klar, dass der Vorstand und die Geschäftsstelle nicht mehr zueinander finden werden. Aber löst es das Problem, nur an einer Schraube zu drehen? Die GV hat auf meinen Antrag praktisch einstimmig entschieden, die Geschäftsstelle auszuwechseln und Erneuerungswahlen für den Vorstand durchzuführen.
Insider sagen, der bisherige Vorstand und die bisherige Geschäftsführung hätten sich sozusagen auseinandergelebt. Man spricht von einem handfesten Konflikt zwischen Ex-Vorstand und Ex-Geschäftsstelle. Was ist konkret passiert?
Der Vorstand sowie der Inhaber der Geschäftsstelle haben seit 2015 eine grosse Aufbauarbeit für den Verein geleistet. In nur fünf Jahren wurde aus einer Idee ein Verein mit klarer Positionierung und 36 Mitgliedern sowie einem Budget von 250 000 Franken. Ab 2018, am Ende der Aufbauphase, blockierten sich Vorstand und Geschäftsstelle gegenseitig, weil Differenzen bezüglich der in der Aufbauphase geleisteten Arbeiten auftraten. Ich konnte als praktisch neutrale Person mit beiden Seiten sprechen. Ich bin heute der Überzeugung, dass zu viel guter Wille und zu grosses Vertrauen mit den damit einhergehenden, fehlenden DetailAbsprachen zu den Differenzen geführt haben.
Einige Hotels haben aufgrund des Konfliktes den Verein verlassen …
Ja, Ende 2020 haben sieben Hotels den Verein verlassen. Zwei Betriebe haben gekündigt, weil sie ihre Ausrichtung ändern, was für mich zur normalen Fluktuation gehört. Bei drei weiteren Häusern hege ich den Verdacht, dass sie wegen der internen Krise gekündigt haben. Insgesamt vier Hotels wollten wegen der Pandemie aus finanziellen Gründen austreten oder die Mitgliedschaft sistieren. Mit dem BonusMalusSystem der Mitgliederbeiträge konnten wir zwei Betriebe dazu veranlassen, in der Gruppe zu bleiben. Ein Hotel ist Anfang dieses Jahres ausgestiegen, weil der Inhaber der Meinung war, dass man keine Geschäftsstelle beauftragen sollte, sondern alternative Modelle für die Vereinsführung finde müsste, um Kosten zu sparen. Aktuell sind wir also 26 Hotelbetriebe.
Warum glauben Sie an eine erfolgreiche Zukunft der Best 3 Star Hotels?
Ich engagiere mich seit zwanzig Jahren in der Politik unseres Tales. Ich bin es gewohnt, wenn man das Maul aufmacht, anschliessend auch zu liefern. Es war mein Antrag, den die GV angenommen hat. Mir war vor meinem Votum klar, dass ich, sollte mein Antrag angenommen werden, danach in der Pflicht stehe.
Schön und gut, aber warum braucht es diesen 3-Sterne-Hotelverein?
Die Marke Best 3 Stars of Switzerland hat eine glasklare Positionierung, die keine weiteren Erklärungen benötigt. Wir sind auf den Schweizer Markt ausgerichtet, und die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer weiss, was sie in einem guten 3SterneHotel erwarten darf. In diesem Preissegment ist eine breite Bevölkerungsschicht unterwegs, entsprechend interessant ist das Markpotenzial. Viele unserer Mitglieder sind in ihrer Region LeadBetriebe, und wir haben uns das Ziel gesetzt, in ein paar Jahren als Benchmark für die besten 3SterneDienstleistungen in der Hotellerie zu avancieren.
Wem gehört eigentlich die Marke Best 3 Star Hotels?
Die Marke gehört vier Privatpersonen, die 2015 als beteiligte Hoteliers oder Mitglieder der Geschäftsstelle das Projekt gestartet haben. Diesen Personen haben wir klar signalisiert, dass der Verein der Inhaber der Marke sein muss. Dieses Geschäft steht nicht zuoberst auf der TodoListe des neuen Vorstandes, muss aber gelegentlich angegangen werden.
02
04
Der neue Vorstand
Der neue Präsident der «Best 3 Star Hotels of Switzerland», Lukas Kalbermatten, ist Inhaber und Gastgeber des Hotel Edelweiss in Lötschental. Neu im Vorstand ist auch Annalies Biäsch vom Hotel Walserhuus in Sertig-Davos und Rolf StuckiFrutig, Inhaber des Hotel Nidwaldnerhof in Beckenried. Annalies Biäsch ist im Vorstand zuständig für Finanzen und Controlling. Rolf Stucki wird mit anderen Hoteliers der Gruppe gemeinsam die Marketing-Strategie verantworten. Neu besetzt ist auch die Geschäftsstelle. Seit anfangs Februar ist Nicoletta Müller mit ihrer Firma «Innovation, Sales & Marketing GmbH» mit Sitz in Zürich dafür verantwortlich. Müller ist gut vernetzt und begleitet verschiedene Hotelkooperationen und Individualhotels. Sie bringt langjährige operative Führungserfahrung in der Hotellerie und fundiertes Know-how im Bereich Innovationsmanagement mit.
Die Hotelgruppe Best 3 Star Hotels of Switzerland wurde am 1. Oktober 2015 von der Tourismusmarketingfirma Smarket AG (Zürich) und damals sieben Hoteliers gegründet und vereinigt aktuell 26 Dreisternehotels. Die Hotels sind und bleiben unabhängig und sind mehrheitlich inhabergeführt.
Kontakt Geschäftsstelle
nicoletta.mueller@best3starhotels.ch Nicht wenige Hotels setzen aktuell nicht mehr primär auf Hotelsterne (Klassifikation). Sie allerdings positionieren sich über die 3 Sterne. Warum sind die Sterne nach wie vor ein wichtiges Marketinginstrument?
Ich glaube nicht, dass die SterneKlassifikation ein Auslaufmodell ist. Nach welchen Kriterien wollen sich die Kunden denn schnell und einfach ein Bild machen, wie das Hotel ausgestattet ist, was sie dort erwarten können? Bei der Klassifikation werden immer häufiger auch weiche Faktoren beachtet, das finde ich gut.
Worin liegt der Mehrwert für den Hotelier, der bei Ihnen Mitglied ist?
Der Jahresbeitrag errechnet sich anhand der Anzahl Gästezimmer und liegt zwischen 5000 und 6000 Franken, was in der Branche ein tiefer Wert ist. Die Mitglieder erhalten dafür eine national gültige, klare Positionierung. Wir werden es schaffen, eine sehr professionelle und schnell reagierende Geschäftsstelle aufzubauen, die den einzelnen Hotelier dort unterstützt, wo er eine Lücke hat. In den nächsten Jahren konzentrieren wir uns klar auf den Zielmarkt Schweiz. Ich habe bereits erwähnt, dass unsere Mitglieder LeadBetriebe in ihrer Region sind oder wir ihnen helfen wollen, es zu werden.
Best 3 Star Hotels sind die «besten 3-Sterne-Hotels der Schweiz». Wie können Sie dieses Qualitätsversprechen konkret umsetzen und gegenüber dem Gast auch garantieren?
Als ich persönlich über einen Beitritt nachgedacht habe, war es genau diese Frage, die mein grösstes Bedenken auslöste. Gehören wir tatsächlich zu den Besten? Ich habe es dann an etwas anderem aufgehängt: Wie sieht es in meiner Region, in meiner Destination aus? Ich habe mich dann auf das ausführliche EintrittsAudit verlassen; hätte dieses zu viele kritische Punkte aufgeworfen, wäre ich wohl nicht beigetreten. Wir werden diese Audit Massnahmen bei der Aufnahme noch verstärken.
[01] Hotel und Gasthof Bären, Gonten (Appenzell).
[02] Nidwaldnerhof, Beckenried (Nidwalden).
[03] Hotel Florhof Zürich.
[04] Der neue Präsident der Best 3 Star Hotels of Switzerland: Lukas Kalbermatten.