Aufruhr in Rostock Die Rostocker Domfehde 1487-1491 (Teil 2) 008 Rostocker Acht 800 Das Quartettspiel
Dieser Text ist die Fortsetzung einer mehrteiligen Nacherzählung in heutiger Sprache aus „Des Altund Neuen Mecklenburgs achtes Buch von Mecklenburgs Vereinigung durch Zusammenfügung seiner Länder...“ von David Frank, Güstrow und Leipzig 1754 sowie einigen Ergänzungen aus wikipedia und rosdok.uni-rostock.de
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ie Stadtoberen waren wirklich nicht zu beneiden. Sie konnten wählen zwischen Bann und Blockadepolitik von „ganz oben“ - durch Landesherren und Kirche oder Aufruhr von unten, durch aufgebrachte und gewaltbereite Mitbürger. Auseinandersetzungen wurden auch innerhalb der Stadt von jeher sehr erbittert geführt. Herzog Balthasar entfernte sich am Samstagabend in Befürchtung von Unruhen mit seinen Bediensteten aus der Stadt und versuchte auch seinen herzoglichen Bruder Magnus dazu zu überreden. Dieser wollte sich jedoch auf das von der Stadt zugesicherte freie Geleit verlassen. Ohnehin war er der Tatkräftigere, der den größeren Teil der Regierungsverantwortung trug.
Verbleib der Domherren. Besonders an Probst und Dekan waren sie interessiert. Während die Sänger und Stiftsherren sich auf das Kirchengewölbe flüchteten, entkamen die beiden Gesuchten aus der Jakobikirche. Sie versuchten beim Landesherren Zuflucht zu gewinnen und unter seinem Schutz die Stadt zu verlassen - schließlich war er ja der neue Gönner. Der verbliebene Herzog befand sich zu dieser Zeit aber im Gottesdienst in der Marienkirche, hörte allerdings auch von dem Lärm. Er begab sich daraufhin unter Begleitung etlicher Ratsherren in sein Quartier, nicht ohne den Stadtoberen zu befehlen, den deutlich hörbaren Krawall zu stillen. Auf ihrem Weg zur Schreiberei am Marienkirchhof begegnete den Ratsherren schon eine größere Anzahl der Aufrührer. In Todesangst und aus sicherem Abstand - einem Fenster der Schreiberei - verrieten sie den Aufenthaltsort der
Sühnestein für Thomas Rode im Kloster zum Heiligen Kreuz (Foto: wikipedia, Stullkowski)
Die Rostocker Jakobikirche (Bild: Sammlung H. Bentzien)
Aufruhr am Sonntagmorgen
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In den frühen Morgenstunden des Sonntags war es vorbei mit der Ruhe. Noch vor der Frühmesse hatte sich eine wütende Menschenmenge auf dem Neuen Markt versammelt. Sie schien gewillt zu sein, die frisch ernannten Würdenträger des Domstiftes zur Rede zu stellen. Zufällig trafen sie auf Hinrich Krohn, Mitglied einer der ratsfähigen Familien Rostocks und möglicherweise verwandt mit dem Domprobst. Sie forderten ihn auf, ihnen zu allen Rostocker Klöstern zu folgen. Dort verboten sie den Mönchen bei Androhung des Todes, den frisch ernannten Würdenträgern des Domstiftes Zuflucht zu gewähren. Ja, nun ging es wirklich um Leben und Tod! In St. Jakobi, dem frisch installierten Domstift, waren die Empörten zur Hochmesse zur Stelle und konnten während des Gottesdienstes gerade noch an sich halten. Als aber der frisch zusammengestellte Chor zu singen begann, stürmten sie nach vorne, entrissen den Chorherren die Gesangbücher und bewarfen sie damit. Sie bedrohten den Chor, raubten den wertvollen Abendmahl-Kelch und fragten nach dem
Domherren. Die Meute stürmte daraufhin die nahegelegene Probstei, plünderte das Haus und fand den zu Tode erschrockenen Domprobst und Pfarrherren von St. Marien Thomas Rode. Dieser wurde von einem regelrechten Lynchmob durch die Lange Straße in Richtung Badstüber Straße und Blauen Turm geprügelt. Er wurde vor der „Burse zum halben Monde“ erschlagen, auf der Straße liegen gelassen und in der Nacht von barmherzigen Menschen fortgebracht und begraben. Ursprünglich wollten ihn die Mörder unter das Eis der zugefrorenen Warnow stecken, was aber durch den schnellen Tod Rodes verhindert wurde. Der Geistliche Thomas Rode war eine durchaus bedeutsame und den Mecklenburgischen Herzögen nahestehende Persönlichkeit. Er diente ihnen als persönlicher Berater, Sekretär und Kanzler, war auch Domherr in Schwerin, sowie Gesandter der Herzöge in Rom. Den bereits neunzigjährigen Dekan des Domstiftes, Heinrich Bentzien, gleichzeitig Rostocker Archidiakon, Vizekanzler der Universität und Pfarrer der Jakobikirche fand man in den Räumen des Heilig-Geist-Spitals unter alten Stiftsdamen. Nach mehreren Monaten Haft im Gefangenenturm wurde er aufgrund seines hohen Alters entlassen. Er soll schon dem Vater der regierenden Herzöge, Heinrich IV. von Mecklenburg, als Kanzler die Einrichtung des Domstifts empfohlen