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bei einem Selbstversorgungsgrad für Schweinefleisch von nahezu 100 Prozent und einem regulierten Markt auch nicht notwendig ist. Dennoch setzt der norwegische Schweinesektor auf neueste Technologien in der Schweinezucht und einen engen Erfahrungsaustausch mit der Praxis, um Nachhaltigkeit und Tiergesundheit in den Betrieben weiter zu verbessern. Die Fleisch- und Schlachtkörperqualität hat bei den norwegischen Zuchtprogrammen in den letzten Jahren eine stärkere Gewichtung erhalten. Nach dem Leitmotiv „Klasse statt Masse“ bedient man sich dabei auch modernster Prüf- und Zuchtmethoden, wie zum Beispiel der genomischen Selektion, um auch kurzfristig züchterische Erfolge zu erzielen und die individuellen Märkte bedienen zu können.

Bei den European Pig Producers wird viel Erfahrungs- und Wissensaustausch betrieben. Wie schätzen Sie die Lage der europäischen Schweineproduzenten derzeit ein? Viele Schweinhalter in der EU haben einerseits mit steigenden Tierschutz- und Umweltauflagen zu kämpfen und müssen andererseits „Botschafter“ für sich selbst sein, um das Image der Schweinehaltung zu verbessern. Leider gibt es nicht in allen Ländern Organisationen wie die AMA, die für die gesamte Branche gutes Marketing betreibt und somit den Schweinebauern eine dieser Aufgaben abnimmt. Überzeugen konnte ich mich persönlich 2009 bei meinem ersten EPP-Congress in Graz, den

ich gemeinsam mit der Styriabrid und dem VÖS organisieren durfte! In vielen Ländern wird der Strukturwandel aber mit jeder weiteren Auflage zusätzlich verstärkt, so dass es v.a. für kleinere Betriebe immer schwieriger wird, wirtschaftlich zu produzieren. Regionale Vermarktung kann für diese Betriebe eine Lösung sein. Andererseits schaffen Tierwohllabel mit Kompensationszahlungen für Landwirte wie derzeit in Niederlande, Dänemark oder Deutschland praktiziert bzw. diskutiert, bislang nur sehr selten den Durchbruch.

Was sind derzeit Ihrer Meinung nach die größten Trends/Treiber im Zusammenhang mit der Fleischproduktion bzw. dem Verzehr von Schweinefleisch in Europa? Der Lebensmitteleinzelhandel ist für mich aktuell der größte Treiber in Zusammenhang mit der Fleischproduktion. Die großen Player setzen eigene Standards und beeinflussen damit auch – gewollt oder ungewollt - die Politik bzw. den Gesetzgeber. Zu Nutze machen diese sich dabei die zweifelhaften Trends wie „GVO-frei“ oder „Antibiotikafrei“. Hinzu kommt die zunehmende Entfremdung der Bürger von der Landwirtschaft als Folge des Strukturwandels. Immer weniger Verbraucher wissen, wie Lebensmittel produziert, geschweige denn Schweine gehalten werden. Die - zumindest in Deutschland zu beobachtende -

einseitige mediale Berichterstattung trägt ihr Übriges dazu bei. Mit guter Kommunikation kann man hier zumindest partiell gegensteuern.

Welche Herausforderungen sehen Sie für die Schweineproduktion in Europa? In Österreich? Der Zielkonflikt zwischen Tier- und Umweltschutz stellt für mich aktuell die größte Herausforderung dar. Wenn wir diesen beispielsweise mit Hilfe innovativer Stallkonzepte und besserer Nutzung tierbezogener Daten gelöst bekommen besteht die Chance, die gesellschaftliche Akzeptanz zurückzugewinnen. Für mich persönlich kommt der nachhaltigen Produktion über die gesamte Wertschöpfungskette dabei eine wichtige Rolle zu. Miteinander statt übereinander Reden sollte dabei im Vordergrund stehen.

Wenn Sie ein Schweinebauer wären, in welchem europäischen Land würden Sie produzieren wollen? Und warum? Ich habe im Rahmen meiner 10-jährigen Tätigkeit als EPP-Geschäftsführer schon viel über die Rahmenbedingungen der Schweinehaltung in den unterschiedlichsten Ländern gehört und gesehen. Ich bin immer wieder begeistert, wie sich die Schweinebauern den Herausforderungen stellen und die Betriebe entsprechend ausrichten. Von daher fällt es mir schwer, hier eine Auswahl zu treffen.

Bei den jährlichen EPP Kongressen wird diskutiert und viel Erfahrungs- und Wissensaustausch betrieben. Quelle: EPP 3 2017 | Interview | 7


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