Österreichische Post AG, MZ 02Z030068 M Verband österreichischer Schweinebauern, Dresdnerstrasse 89/18,1200 Wien
Ausgabe Österreich 4/2021
Tierwohl im Diskurs
www.schweine.at
Ausgabe Österreich 4/2021 06
03 Inhalt
Im Interview...
14
PRRS-Programm ...
24
Stallbau ... ... Umbau- und Neubaulösungen
34
... Geschäftsführer der AMA-Marketing GesmbH Dr. Michael Blass
04 Leitartikel
Futterkosten ...
... aufgrund hoher Steigerungen genauer unter die Lupe nehmen
05 Kommentar 06 Interview 08 Markt 09
Mit dem Rüssel in Brüssel
10 Ferkelmarkt 11
PIG Austria
12
Recht & Politik
14 Management 16
Trends in der Schweinezucht
18 AMA
20
... in Ferkelproduktionsbetrieben
Schweineproduktion ...
... in Großbritannien - eine Reportage
20 Tiergesundheit 24 Reportage 26 Stallbau 28
Fütterung
30 VÖS-Aktuell 31 Berichte 32 Fachartikel 34
Rezept-Tipp & Rätsel-Stall
35 NTÖ-Bericht 26
IMPRESSUM
Rezept-Tipp ...
...Medaillons mit Käse überbacken und Erdäpfellaibchen
Herausgeber u. Verleger: Verband Österreichischer Schweinebauern (VÖS), Dresdnerstr. 89/18 1200 Wien, Tel. 01/33417 21 DW31, E-Mail: office@schweine.at - IBAN-Nr. AT 71 3200 0000 0384 2333, BIC-Nr.: RLNWATWW Für den Inhalt verantwortlich: DI Michael Klaffenböck, VÖS-Geschäftsführer. Mit Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Herausgeber wieder. Grafik und Satz, Layout: Mag. Heinz u. Susanne Ebner GmbH, Sandwirtgasse 9/6, 1060 Wien, E-Mail: ebner@fresco.at Ständige Autoren: Dr. Peter Knapp, Dr. Johann Schlederer, DI Johann Stinglmayr, Hans Peter Bäck, Ing. Franz Strasser Anzeigen: Karin Greilinger, Dresdnerstr. 89/18, 1200 Wien, Tel. 01/334 17 21 DW31 Druck: Leykam Druck GmbH&CoKG, Bickfordstr.21, 7201 Neudörfl Titelfotos: Fraukoeppl, iStockphoto/MaXPdia, Fotolia/Anatoli
4-2021 | Inhalt | 3
© Peggychoucair
Walter Lederhilger VÖS-Obmann
Sind Regionalität und Nahversorgung nur Marketing-Überschriften?
Wenn es um künftige Anforderungen der Landwirtschaft geht, wird häufig durch überzogene Forderungen weit über das Ziel hinausgeschossen. Einigkeit herrscht darüber, dass Nachhaltigkeit, Nahversorgung und unsere bäuerlichen Strukturen wichtig sind. Wie diese aber langfristig zu erhalten und zukunftsorientiert weiterzuentwickeln sind - da gehen die Vorstellungen oft weit auseinander. Klimaschutz, Nutztierhaltung oder intensivere Bewirtschaftung land- und forstwirtschaftlicher Flächen sind nur einige Bereiche, die kontrovers diskutiert werden. Es braucht hier eine faktenbasierte, ganzheitliche Betrachtung und ehrliche Folgenabschätzungen, bevor Maßnahmen und politische Entscheidungen getroffen werden. Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) Die Diskussionen über die neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) für die nächste Periode sind im Finale. Jedem ist klar, dass die Trilog-Verhandlungen zwischen Europäischer Kommission, Ministerrat und Parlament, sowie die nationale Ausgestaltung aufgrund der unterschiedlichen Interessenlagen mühsam und schwierig sind. Im Mai 2018 wurde mit den Budgetverhandlungen begonnen. Anfangs war für Österreich jährlich ein Minus von 110 Millionen Euro vorgesehen. Nach intensiven Verhandlungsrunden konnten Kürzungen abgewendet werden und am Ende stand ein Plus von 35 Mio. Euro. Mit den Öko-Regelungen steigen die Grundanforderungen für 4 | Leitartikel | 4-2021
die bäuerlichen Betriebe bereits in der 1. Säule. Das ÖPUL-Programm wird mit seinem modulhaften Aufbau flexibler und leistungsorientierter. Für tierhaltende Betriebe ist die höhere Dotierung der Investitionsförderung und der Ausbau im Tierwohlbereich besonders positiv hervorzuheben.
Green Deal und Farm-to-Fork-Strategy Mit dem „Green Deal“ hat die Europäische Kommission Ziele vorgelegt, wie Europa bis 2050 klimaneutral werden soll. Im Bereich Landwirtschaft wird eine nachhaltige, umweltgerechte Lebensmittelproduktion eingefordert.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen sehen vor, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Düngemitteln und Antibiotika um 50 % zu senken. Die vom wissenschaftlichen Dienst der Europäischen Kommission veröffentlichte Folgenabschätzung ist allerdings besorgniserregend. Die Produktionsleistung würde natürlich zurückgehen, das landwirtschaftliche Einkommen sinken und die Lebensmittelpreise für den Konsumenten teilweise um bis zu 43 % steigen. Der größte Widerspruch liegt darin, dass ein Großteil der verminderten Emissionen durch notwendige Importe von Lebensmittel wieder kompensiert wird. Mit Nachhaltigkeit hat das nichts mehr zu tun!
und sollen künftig besser und klarer am Markt erkennbar sein. Die Herkunftskennzeichnungs-Verordnungen für verarbeitete Lebensmittel und für die Gemeinschaftsverpflegung werden gerade politisch abgestimmt und unterstützen diese Weiterentwicklungen. Auch die Verbände bündeln ihre Kräfte mit der Neugründung der Österreichischen Schweinebörse eGen soll die überregionale Zusammenarbeit der Verbände im VÖS weiter vertieft, und die gemeinsame Vermarktung von Tierwohlprogrammen besser koordiniert werden. Der gemeinsame Marktauftritt aller Mitglieder in SchweineErzeugergemeinschaften wird somit auf allen Qualitätsstufen gestärkt!
Marktbasierte Weiterentwicklung Der Verband der Österreichischen Schweinebauern (VÖS) schlägt einen nachhaltigen und umsetzbaren Weg vor, mehr Tierwohl in der Schweinehaltung umzusetzen, ohne dabei aber das wichtige Ziel der Eigenversorgung aus den Augen zu verlieren. Im Sinne einer Kreislaufwirtschaft stammen rund 80 % der Futtermittel vom eigenen Betrieb und der Wirtschaftsdünger liefert wertvolle Nährstoffe für die Ackerkulturen. Somit hat österreichisches Schweinefleisch eine deutlich bessere CO2-Bilanz, als die zunehmend industrialisierte Produktion im restlichen Europa. Mit den stufenweisen Weiterentwicklungen im AMA-Gütesiegel wird beinahe die Hälfte der heimischen Produktion auf höhere Haltungsstandards umgestellt. Auch die bisherigen Module „Mehr Tierwohl“ werden neu aufgestellt, erweitert
Anreize sind besser als Verbote! Aktuell wird intensiv über das TierschutzVolksbegehren, den Aktionsplan Kupierverzicht und über Haltungsformen diskutiert. Auch hier gilt: Wenn die Rahmenbedingungen für die bäuerlichen Betriebe nicht vernünftig erfüllbar sind, werden die Schweinehalter reihenweise aussteigen und die Eigenversorgung wird massiv einbrechen. Wenn Nachhaltigkeit ernst genommen wird, muss es auch hier eine ganzheitliche Betrachtung und korrekte Folgenabschätzungen geben. Der VÖS wird alles daransetzen, die Wettbewerbsfähigkeit in der bäuerlichen Schweinehaltung zu erhalten. Unsere Branche braucht Perspektiven für die Zukunft – mit der Weiterentwicklung des AMA-Gütesiegels haben wir eine.
Durch sinnvolle Maßnahmen müssen Nachhaltigkeit und Nahversorgung aufrecht erhalten werden. © Pavel Losevsky
Michael Klaffenböck VÖS-Geschäftsführer
Unsere Tierwohl-Strategie
Schärfere Auflagen in der Schweinehaltung sind wieder einmal in aller Munde. Ein Blick über die Grenzen lässt hier die Alarmglocken schrillen. Beispiele von Ländern, deren inländische Produktion aufgrund von gesetzlichen Verschärfungen eingebrochen ist, gibt es genug. Auch ein Blick nach Deutschland verheißt nichts Gutes: eine umfangreiche deutsche Studie belegt, dass 40 % der Mäster und 60 % der Ferkelerzeuger in den kommenden zehn Jahren den Betrieb aufgeben wollen. Hauptmotive: Summe der Auflagen, fehlende Perspektive, fehlender politischer Rückhalt. Nichtsdestotrotz müssen wir als Branche die Forderungen unserer Konsumentinnen und Konsumenten anhören und ernstnehmen. Hier gibt es eine Vielzahl an laufenden und geplanten Maßnahmen, die die Gegebenheiten des Marktes und die Eigenversorgung berücksichtigen. Diese Maßnahmen wollen wir noch heuer gebündelt im Rahmen unserer Tierwohl-Strategie der Öffentlichkeit präsentieren! Die Strategie umfasst sämtliche Maßnahmen rundum das AMA-Gütesiegel: Anhebung der Standards im Basis-Gütesiegel und Ausbau der Tierwohl-Module. Außerdem beschreibt sie unsere Ambitionen, Qualitäts- und Tierwohlprogramme österreichweit weiter auszubauen. Auch sämtliche Maßnahmen im Zusammenhang mit öffentlichen Geldern finden Erwähnung: Anhebung des Förderstandards, höhere Fördersätze für besonders tierfreundliche Stallungen und ein Ausbau der ÖPUL-Prämien. Last but not least werden das Forschungsprojekt IBeSt und aktuelle Gesundheitsprogramme erklärt und beworben. Eines ist klar: wir haben eine klare Strategie um in der Tierwohl-Debatte voranzukommen und gleichzeitig die Eigenversorgung mit österreichischem Schweinefleisch abzusichern! 4-2021 | Leitartikel | Kommentar | 5
Im Interview: Dr. Michael Blass Geschäftsführer der AMA-Marketing GesmbH Im Rahmen der Tagung des Fachgremiums zur Richtliniengestaltung der AMA-Schweinefleischproduktion definierten die Experten der AMA am 20. Juli 2021, gemeinsam mit Vertretern der Landwirtschaft, der Schlachtund Zerlegebetriebe sowie des Lebensmitteleinzelhandels, die Zukunft der Schweinehaltung im AMA-Gütesiegel-Programm. Unter dem Namen „AMA-Masterplan Schwein“ wurden zusätzlich zur Anhebung der Haltungsstandards in der Schweinehaltung weitere tierwohl- und umweltrelevante Richtungsentscheidungen getroffen (Details sind im VÖS-Magazin 03/2021 auf Seite 19 nachzulesen). Für die Umsetzung dieses Vorhabens bedarf es in Zukunft einer engen brancheninternen Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette. Was man sich darunter vorstellen kann erzählt Dr. Michael Blass im exklusiven Interview.
Herr Dr. Blass, Sie sind nun seit 2013 Geschäftsführer der AMA-Marketing GesmbH. Wie kann man sich Ihre Tätigkeit vorstellen? Was waren seither die größten Herausforderungen im Bereich Marketing und Qualitätssicherung?
Dr. Michael Blass Geschäftsführer der AMA-Marketing GesmbH © AMA-Marketing
6 | Interview | 4-2021
Die Aufgabe der AMA-Marketing – und damit auch meine – ist es, ein Vermittler zwischen den Produzenten und Konsumenten zu sein. In vielen Bereichen decken sich die Interessen der Anspruchsgruppen, unterscheiden sich aber in der Geschwindigkeit. Unsere Aufgabe ist es einerseits, die Ursache dieser unterschiedlichen Geschwindigkeiten plausibel zu erklären. Andererseits müssen Kriterien der Weiterentwicklung im Qualitätsmanagement abgesichert werden. Beides ist anspruchsvoll und bedarf vieler Gespräche. Das zunehmende Tempo in der Kommunikation, die sinkende Aufmerksamkeit und die steigende Zahl der Teilnehmer am Markt der Informationen und Botschaften fordern uns heraus, unsere Maßnahmen und Richtlinien ständig an die Anforderungen der Zeit anzupassen. Im Fokus steht dabei immer unser gesetzlicher Auftrag. Wir arbeiten nicht für die schnelle Meldung auf einer Social Media-Plattform, sondern für langfristige Lösungen, bei denen wir das Gros der Bäuerinnen und Bauern mitnehmen können. Mit diesem Ansatz wollen wir gleichzeitig die gute, breite Mitte der Lebensmittelproduktion abdecken und wir wollen sowohl für die Produzenten als auch für die Konsumenten transparenter und verlässlicher Partner sein.
Das AMA-Gütesiegel ist ein behördlich anerkanntes Gütezeichen. Es gibt verlässlich Auskunft über nachvollziehbare Herkunft, hohe Qualität und eine unabhängige Kontrolle. Wie beurteilen Sie die Bedeutung des AMA-Gütesiegels für die österreichische Schweineproduktion? Das AMA-Gütesiegel ist der Leuchtturm unter den Zeichen auf Lebensmitteln. Eine aktuelle Umfrage bestätigt uns, dass sich 25 Jahre Arbeit und Investition in diese Marke bezahlt gemacht hat. Rund 80 % der Befragten attestieren dem AMA-Gütesiegel hohes Vertrauen und große Glaubwürdigkeit. Die Einschätzung als staatliches Siegel - im Gegensatz zu privaten Marken und Logos - konnten wir ausbauen. Und speziell für Fleisch und Eier suchen die Konsumenten nach verlässlichen Orientierungshilfen beim Einkauf. Das AMA-Gütesiegel ist zum unverzichtbaren Erkennungszeichen für geprüfte Qualität und Herkunft geworden, sowohl bei den Konsumenten als auch für den Lebensmitteleinzelhandel. Auch wenn es in Österreich fast selbstverständlich geworden ist, viele andere Länder beneiden uns um dieses System, das alle Stufen und Marktpartner inkludiert und mit einem starken Zeichen bei den Verbrauchern auftritt. Das Thema „Tierwohl“ gewinnt innerhalb der tierischen Produktion immer mehr an Bedeutung. Aktuell wurde im Sommer 2021 der „AMA-Masterplan Schwein“ be-
schlossen. Was kann man sich darunter vorstellen? Welche Verbesserungen sind durch die Umsetzung des „AMA-Masterplans Schwein“ insbesondere für Schweinebauern und -bäuerinnen zu erwarten? Gemeinsam mit dem VÖS haben wir mit dem Masterplan einen sehr ambitionierten Stufenplan ausgearbeitet. Für diese konstruktive und richtungsweisende Zusammenarbeit möchte ich mich auch an dieser Stelle nochmal herzlich bedanken. Die erste Stufe ist schon gestartet, nämlich die Erweiterung um ein zusätzliches, freiwilliges Modul in unserer Richtlinie zu „Mehr Tierwohl“ mit 100 % mehr Platz im Stall. Ein Modul mit 60 % mehr Platz gibt es ja bereits seit einigen Jahren. Bei beiden Systemen sind zusätzlich eingestreute Liegeflächen vorgeschrieben. Bis Ende 2026 sollen die Zuchtsauen- und Aufzuchtbetriebe in das AMAGütesiegel eingebunden werden. Ein großes Zwischenziel haben sich die Branche und wir für 2030 gesteckt, nämlich insgesamt eine Million Schweine aus biologischer Haltung bzw. aus den freiwilligen AMA-Gütesiegel-Modulen „Mehr Tierwohl“. Wichtig dabei ist, dass diese Schweine nicht nur in besonderen Formen gehalten, sondern vor allem auch so vermarktet werden können und damit zusätzlich Wertschöpfung auf die Bauernhöfe bringen. Wenn alle Markbeteiligten an einem Strang ziehen, wird uns auch die sukzessive Umrüstung aller Schweinemastbetriebe im AMA-Gütesiegel auf Haltungssysteme ohne Vollspaltenböden gelingen. Im Masterplan haben wir Ende des Jahres 2032 dafür vorgesehen. Auch bei der Fütterung haben wir einiges vor, nämlich eine phasen- und tierangepasste Ration und ein Beitrag zur Stärkung der europäischen Eiweißstrategie. Notwendige Voraussetzung ist die Abgeltung der Mehrleistungen an die Landwirte, um eine echte Branchenlösung zu erreichen.
wertgeschätzte Form der Produktion, mit der sich auch die Bäuerinnen und Bauern wohlfühlen und ein faires Einkommen für ihre Familien erwirtschaften können. Auch in zehn Jahren sollen die Schweineproduzenten noch stolz und mit großer Freude in den Stall gehen und Konsumenten über ihre Arbeit berichten können. Der österreichische Weg der qualitätsorientierten, kleinstrukturierten Familienbetriebe hat auch für die Zukunft großes Potenzial. Die Herausforderungen im Bereich der Kommunikation von Landwirtschaft sind vielfältig. Welche Schwerpunkte wird die AMA-Marketing GesmbH im Bereich der Kommunikation in den kommenden Jahren setzen? Unsere Vision ist, eine starke, gemeinsame Stimme für die Landwirtschaft zu sein, damit sie in der Vielfalt der Absender und Meinungen über Produktion und Lebensmittel wieder Gehör finden kann. Der sogenannte Share of
voice, also der Anteil am Marketing, muss sich stärker zu Gunsten der landwirtschaftlichen Organisationen entwickeln. Derzeit sprechen viele Organisationen – von den Verbänden und Vereinen über NGOs bis zum Lebensmittelhandel - über landwirtschaftliche Themen. Das ist im besten Fall neutral, vielfach aber uninformiert und im schlechtesten Fall eindeutig tendenziös gegen die Lebensmittelproduktion. Die Deutungshoheit über die Kommunikation landwirtschaftlicher Themen muss wieder in die Hände der Landwirtschaft gelangen. Die AMA-Marketing wird ihres dazu beitragen, indem wir Kern-Zielgruppen mit starken Meinungsbildnern gezielt und effizient ansprechen - mit allen neuen Möglichkeiten der Kommunikation. Da wird vielleicht die eine oder andere Maßnahme dabei sein, die manchen Schweinebauern zunächst irritiert, dafür bei dieser oft sehr kritischen Zielgruppe Gehör und Gefallen findet. Diesen Weg müssen wir gehen, um bei unseren Kritikern Interesse zu wecken, Vertrauen aufzubauen und letztlich ihre Wertschätzung zu gewinnen.
Der AMA-Masterplan Schwein sieht die kontinuierliche Weiterentwicklung aller Ställe von AMA-Gütesiegel-Betrieben auf einen gehobenen Standard vor. Wo sehen Sie das AMA-Gütesiegel im Bereich der Schweineproduktion in zehn Jahren? In Zentimetern Stall- oder Fensterfläche, in der Festlegung von Kilogramm Holz oder Stroh je Mastschwein lässt sich das schwer festmachen. Die Ansprüche der Konsumenten, der Stand der Technik und Wissenschaft und das Marktumfeld für die produzierende Landwirtschaft entwickeln sich ständig weiter. Was wir jedenfalls bauchen, ist eine von den Konsumenten akzeptierte und von den Abnehmern
Rund 80 % der Befragten attestieren dem AMA-Gütesiegel hohes Vertrauen und große Glaubwürdigkeit. © agrarfoto.com 4-2021 | Interview | 7
Betriebsmittelpreise galoppieren davon
Dr. Johann Schlederer Koordinator Ö-Börse © Fraukoeppl
Ein absolut unbefriedigendes Ergebnis zeichnet sich für das Schweinejahr 2021 ab. Weil die Preistendenz am Schlachtschweinemarkt seit Frühsommer gesunken, die Betriebsmittelpreise, allen voran Futtermittel, aber stetig gestiegen sind, führt die Preiskostenschere für alle Schweinehalter zu einem bitteren Ergebnis. Zuletzt fehlten sowohl bei Ferkeln als auch Mastschweinen jeweils € 25,- bis € 30,- zur Vollkostendeckung. Und die Vorausschau auf das 1. Quartal 2022 lässt wenig Optimismus aufkommen. Viele Gründe sind zur Erklärung dieser miserablen Marktsituation relevant. Letztlich sind es aber primär zwei Seuchen, zum einen die ASP und zum anderen Corona, die die Branchen und Märkte weltweit durcheinandergewirbelt haben bzw. anhaltend durcheinanderwirbeln. Waren wir noch 2019 und Anfang 2020 Profiteure vom ASP-bedingten unermesslichen Hunger der asiatischen Märkte, so hat sich das Blatt zuletzt zu unserem Nachteil gewendet.
Wie gewonnen - so zerronnen Als 2018 in China die ASP ausbrach, sprach man von einer Periode von drei bis fünf Jahren, die China zur Erholung brauchen würde. Nun sieht es so aus, dass man bereits nach drei Jahren die Produktionsverluste wettgemacht hat und somit der chinesische Importbedarf wieder auf „vor ASP-Zeiten“ geschrumpft ist. Stärker als erwartet hat sich jedoch das Konsumverhalten der Chinesen verändert. Die hohen Schweinefleischpreise die in Asien über zwei Jahre lang anhielten (die Erzeugerpreise lagen damals bei € 6,- je kg Lebendgewicht und höher; aktuell bei € 1,30), haben auch die Verbraucherpreise in historische Höhen getrieben. Folgedessen befanden sich in den chinesischen Einkaufskörben mehr Geflügelfleisch- als Schweinefleischprodukte, was die Geflügelhalter zur Ankurbelung ihrer Produktion bewog. Nun kämpft das Schweinefleischangebot wieder um die ursprünglich angestammte Position und man wird sehen, ob nächstes Jahr die Chinesen wieder stärker auf Schweinefleisch oder doch weiter auf Geflügelfleisch „fliegen“ werden. Optimisten gehen schon davon aus.
Produktionsrückgang am EU-Binnenmarkt ja, aber wie hoch? Die aktuell hohen Verluste werden dem Gesetz des Schweinezyklus folgend zu erheblichem 8 | Markt | 4-2021
Rückgang der Schweineproduktion in der EU führen. Ob der Rückgang allerdings ausreicht um die Schieflage wieder ins Lot zu bringen bleibt abzuwarten. Die von Eurostat jüngst veröffentlichten Zahlen zur EU-Schweinebestandszählung vom Mai/Juni 2021 sieht beim Gesamtbestand der zwölf wichtigsten Schweineländer mit 130 Millionen nur einen leichten Rückgang von 0,6 %. Die knapp 10 Millionen gezählten Zuchtsauen weisen ein Minus von 1,4 % aus. Wie gesagt, die Erhebungen wurden im Mai/Juni durchgeführt, also noch zu einem Zeitpunkt wo unsere Schweinewelt noch relativ in Ordnung war. Seither ging es nur nach unten. In Österreich bis Anfang November um ca. 25 Cent, in den meisten EU-Ländern um 30 Cent, teilweise sogar 40 Cent. Gleichzeitig stiegen die Betriebsmittelpreise insbesondere Futtermittel enorm, 30-50 % binnen Monaten, schier unglaublich.
Preiskostenschere im 2. Halbjahr zeigt Wirkung Das Auseinanderentwickeln von Produkterlös und Betriebsmittelaufwand seit Juni 2021 findet sicher erst bei der nächsten Schweinezählung im Dezember seinen massiven Niederschlag. Viele Ländern vermelden jetzt schon Einschätzungen, wonach Rückgänge mit zweistelligen Prozentzahlen erwartet werden. Es wäre nur wünschenswert, wenn das auch im Durchschnitt der EU-Produktion der Fall wäre. Zuletzt waren nur in Polen, Deutschland und Holland 5-10 % weniger Sauen gezählt worden. Wichtig wäre, wenn auch andere Länder wie Spanien, Frankreich und Dänemark bei der Dezemberzählung mit einem deutlichen Minus aufwarten würden. Selbst bei diesem positiven Ausblick wäre die EU noch locker mit 110 % eigenversorgt, was immer noch eine gewisse Abhängigkeit von Drittlandexporten bescheren würde.
Mit dem Rüssel in Brüssel EU-Kommission zeigt kein Interesse für regulatorische Maßnahmen Dass sich der europäische Schweinemarkt in einer substanziellen Krise befindet war auch Thema beim Agrarministerrat Ende Oktober in Brüssel. Belgien stellte in Abstimmung mit den meisten EU-Ländern den Antrag, dass die Kommission mittels Öffnung der geförderten Privaten Lagerhaltung zur vorübergehenden Entspannung am krisengebeutelten Markt beitragen sollte. Dieser Wunsch der Mitgliedsstaaten wurde seitens des polnischen Agrarkommissars Wojciechowski klar abgelehnt. Kurz gesagt sieht er keine Verantwortung der Kommission für die Misere und es wäre das falsche Signal, Persönlich denke ich, dass demzufolge der welches zur Prolongierung der Überproduktion führen würde. EU-Kommission eine maßgebliche Rolle Neue Marktlenkungsmaßnahmen zwingend erforderlich Nun kann man damit leben, dass die PLH nicht nur von der Kommission, sondern auch von weiten Kreisen in der Branche als kein Allheilmittel gesehen wird, was es auch definitiv nicht ist. Ja, es verschiebt den Warendruck um ca. ein halbes Jahr nach hinten und trägt nicht zur Entsorgung von Übermengen am Binnenmarkt bei. Aber es ist nun mal das einzige zur Wahl stehende Regularium. Und es ist schon so, dass die Wahrscheinlichkeit eines aufwärts tendierenden Marktes in einem halben Jahr definitiv gegeben ist. Darüber kann man diskutieren aber, dass der Kommissar in seiner Positionierung ausdrücklich die Selbstreinigungskraft des Marktes herausfordert ist jedenfalls dreist. Noch dazu verweist die Kommission auf die immer noch steigenden Produktionszahlen hin, die sich allerdings auf die Schlachtungen des 1. Halbjahres 2021 beziehen. Dass sich inzwischen die Preiskostenschere in eine katastrophale Richtung entwickelt hat berücksichtigt die Darstellung und Entscheidungsgrundlage des Kommissars nicht.
experten der Mitgliedsstaaten, welche zumeist auch die Ländervertreter in der COPA ARGE Schwein sind, einen Bericht zur Lage der Marktentwicklung, d. h. Produktionsmengen und Preisprognosen, abzugeben. Einhellige Meinung in der ARGE Schwein darüber lautet: „Wozu das Ganze, wenn die Kommission ohnehin nicht gewillt ist, selbst in Krisenzeiten in irgendeiner Form mit Hilfestellung oder Lösungsansätzen beizustehen.“
Die EU-Produktion muss runter Wie immer in kritischen Zeiten sind besonders stark betroffene Länder, wie aktuell Deutschland und Belgien, sehr gesprächsbereit, was regulative Maßnahmen anlangt. Das Grundproblem ist, wie immer zu dieser Thematik, dass alle dafür sind, die Produktion zu reduzieren, aber wenn möglich nicht im eigenen Land.
zustünde. Leider werden die schwierigen Problemfelder seitens der EU immer an die Mitgliedsstaaten zurückdelegiert, was in unserem Fall bedeutet, dass die einzelnen Länder ihre Situation selber lösen sollten. Was bisher dabei rausgekommen ist ist bekannt: nichts oder sogar das Gegenteil. Beispiel: Holland hat eine Stilllegungsaktion finanziert, die der Öffentlichkeit mehrere 100 Millionen Euro gekostet hat, während andere Länder wie beispielsweise Spanien das Mehrfache der in Holland stillgelegten Produktionsmenge zugelegt hat. Aus meiner Sicht braucht es hier dringend einen Schiedsrichter, der in Abwägung verschiedener Faktoren wie z. B. Selbstversorgungsgrad, ökologische Verhältnisse, der Produktion in den einzelnen EU-Regionen etc. in ein Regelwerk einbezieht. Der Arbeitstitel dazu könnte lauten: Ökosoziales Schweinemodell Europa. Dr. Johann Schlederer Vizepräsident COPA ARGE Schwein
COPA Arbeitsgruppe Schwein fordert Neubewertung von potenziellen Interventionsmaßnahmen In der COPA ARGE Schwein sind die Vertreter mit deutlicher Mehrheit der Meinung, dass es keinen Sinn mache, alle paar Jahre in eine Krise zu schlittern, dann bei der Kommission um eine ziemlich zahnlose Hilfe zu betteln, die dann ohnehin meist abgelehnt wird. Trotzdem fordert die Kommission zweimal jährlich von den Markt-
Die EU-Kommission setzt auf die Selbstreinigungskraft der Branche.
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4-2021 | Mit dem Rüssel in Brüssel | 9
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Hans-Peter Bäck Koordinator Ferkelausschuss © Styriabrid
Ein zwiespältiges Jahr Ein Jahr vergeht schnell und wenn man eine Zwischenbilanz zieht, fällt diese für 2021 recht zwiespältig aus. Bis hin zum Mai konnten sich die Ferkelbasispreise bis zu € 2,80 entwickeln, ein Niveau, welches so auch etwas unerwartet erreicht und mehr als drei Monate gehalten werden konnte. Ausgehend von einer zunehmend schwieriger werdenden Lage am Schlachtschweinemarkt verschlechterte sich die Situation auch für die Ferkelerzeuger.
Es ist keine große Neuigkeit, dass die Erlössituation bis in den Mai hinein jedes Jahr in der Regel gut ist, ab den Frühsommer sich ein Mengenproblem aufbaut, welches sich nach der Haupternte und mit Beginn der kälteren Jahreszeit wieder entspannt. Der Schweine- und Ferkelzyklus gilt also immer noch, allerdings kommen heuer und nächstes Jahr noch einige Herausforderungen auf uns zu, deren Bewältigung viel Anstrengung benötigen wird. Besonders prägend für das heurige Jahr war, dass die geschlossenen Betriebe in vielen Sommerwochen Partien in die freie Vermittlung anboten, die der ohnehin volle Markt nur mit Mühe bewältigen konnte. Ein Teil dieser Übermengen kommt sicher aus den weiter steigenden biologischen Leistungen, den weitaus größeren Anteil hat sicher die lange positive Grundstimmung, die dazu führte, dass Reservekapazitäten genutzt wurden, um auch einmal von einem länger gut erwarteten Markt profitieren zu können. Dass der Produktionsausstoß nicht so schnell wie zum Beispiel im Geflügelbereich zurückgenommen werden kann, ist der Hauptgrund für das lange anhaltende Mengenproblem. Ich sehe diese Situation auch irgendwie als einen „Probelauf“ für die im nächsten Jahr wirksam werdenden AMA Vorgaben in den 10 | Ferkelmarkt | 4-2021
Gütesiegel Mastbetrieben, 10 % mehr Platz zu geben und resümiere positiv, dass die Verbände in den Bundesländern zunehmend mehr und tiefer an der Bewältigung der Mengenproblematik arbeiten.
Futtermittelpreise Mit dem Auftrieb der Getreide- und Eiweißnotierungen hat sich bei den Futterkosten eine Entwicklung gezeigt, mit der die Erlöse von Schweinen und Ferkeln noch nicht mitgehalten haben. Die Erfahrungen mit ähnlichen Marktlagen in der Vergangenheit haben gezeigt, dass es in der Regel oft ein halbes Jahr dauert, bis sich gestiegenen Rohstoffpreise zur Produzentenseite durchschlagen. Für Betriebe, die einen Teil der Ernte zukaufen müssen, um über das gesamte Jahr ausreichend Futter zu haben, besteht verständlicherweise wenig Motivation, dies zu tun, was natürlich Auswirkungen auf den Ferkelabsatz haben kann. Der in diesem Fall mögliche Einsatz von Ergänzern oder Fertigfutter ist natürlich von der Marktlage bei den Mastschweinen abhängig. Im schlechtesten Fall kann sich die Absatzlage im Sommer 2023 sehr zäh gestalten.
Ausblick Was im heurigen Jahr wieder einmal besonders ärgerlich war ist die Tatsache, dass die Personen und Gruppierungen, die nicht in der Landwirtschaft arbeiten und von ihr leben müssen, ihre Ratschläge und Forderungen grenzwertig und beinahe unerträglich ausufern lassen. Es ärgert mich besonders, dass immer wieder das Bild entsteht, dass die Schweineproduzenten weder über neue Wege und gesellschaftspolitische Anforderungen nachdenken noch entsprechend reagieren – das Gegenteil ist der Fall! Mit dem Masterplan im Gütesiegel und den Initiativen von BM Köstinger ist ein Weg eingeschlagen worden, der Wege in die Zukunft weist. Die Verbände im VÖS sind die Brandmauer für die Schweinebauern. Sie werden sich auch 2022 und darüber hinaus für Sie einsetzen mit der Bitte, wie bisher die Gemeinschaft zu stärken und auch für den Fall der Fälle bereit zu sein, gemeinsam allfällige Kampfmaßnahmen in Angriff zu nehmen.
Strenge Selektion im PIG Austria Zuchtprogramm Um Zuchtfortschritt zu erzielen, ist es entscheidend die besten Tiere für die nächsten Generation zu selektieren. Im PIG Austria Zuchtprogramm muss jeder Jungeber und jede Jungsau die Prüfung durch einen geschulten Zuchttechniker bestehen, um zur Eigenremontierung oder zum Verkauf zu gelangen. In einer zweitägigen Schulung wurden im Oktober die Zuchtstrategien und Selektionskriterien im Zuchtteam der PIG Austria gemeinsam aktualisiert. Zucht ist „BIG Data“ In einem Zuchtprogramm ist eine umfangreiche Datengrundlage aus der Leistungsprüfung eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Selektion. Ein Zuchtprogramm ist tatsächlich „BIG Data“: sämtliche Leistungsinformationen aus verschiedenen Herkünften wie der Schweineprüfstation Streitdorf, aus den Zuchtbetrieben, aus Produktionsbetrieben sowie aus Ebertestbetrieben werden genutzt. Mehr als 100.000 Würfe pro Jahr aus ganz Österreich werden für die Berechnung der Zuchtwerte Fruchtbarkeit und Nutzungsdauer herangezogen. Zusätzlich werden rund 40.000 Ferkel jährlich einzeln gewogen und die Wurfvitalität beurteilt. Die Wurfvitalität ist neben der Fruchtbarkeit ein bedeutender Teil des Zuchtzieles. Auf der Prüfstation werden rund 3.000 Tiere gemästet und geschlachtet. Eine exakte Datenerfassung der Futteraufnahme bis hin zur Fein-Zerlegung des Schlachtkörpers bringen beste Datenqualität.
Leistung und Abstammung werden berücksichtigt In komplexen statistischen Verfahren werden diese Informationen im Rahmen der Zuchtwertschätzung mit den Verwandtschaftsbeziehungen verknüpft und damit der genetische Wert des einzelnen Tieres berechnet. Bei Reinzuchttieren wird zusätzlich die geno-
mische Information aus einer Gewebeprobe analysiert und gibt somit einen noch besseren Einblick in die genetische Veranlagung des jeweiligen Selektionskandidaten. Diese Informationen werden genutzt um die Merkmale, die die PIG Austria Zuchttiere auszeichnen, genau zu erfassen und ihr genetisches Potential zu schätzen.
Was ist nun entscheidend für die Auswahl der nächsten Generation? Die höchsten Anforderungen werden an die Eber gestellt. Durch den Einsatz in der künstlichen Besamung kann das gute Leistungspotential eines Ebers rasch an die Zucht- und Produktionsstufe weitergegeben werden. Eber stammen aus gezielten Paarungen und werden schon als Ferkel genotypisiert. Auch die Eltern der Eber sind genotypisiert und deren Veranlagung gut eingeschätzt. Nur Eber mit überdurchschnittlichen genomisch vorgeschätzten Zuchtwerten kommen zur Selektion.
Höchste Ansprüche bei den Ebern Die Eber werden nach der genomischen Vorauswahl am Ende der Aufzucht ab einem Alter von sechs Monaten zur Selektion dem Zuchttchniker vorgeführt. Dabei werden die Tiere gewogen und der Rückenspeck gemes-
Dr. Peter Knapp Geschäftsführer PIG Austria © Fraukoeppl
sen. Ein korrektes Fundament und bei den Mutterlinien-Ebern beidseitig mindestens acht gleichmäßig verteilte Zitzen sind Voraussetzung für eine positive Eberselektion.
Fortuna die gute Mutter Die Selektion der Sauen für die Reinzucht bei Edelschwein und Landrasse hat das Ziel gemäß dem Zuchtziel die geeigneten Tiere für die nächste Generation zu finden. Für die Kreuzungssauen Fortuna ist die Selektion ein wichtiger Teil, damit einheitliche Qualitätsstandards in der Ferkelproduktion gegeben sind. Nur selektierte Sauen mit korrektem und starkem Fundament, mindestens 7/7 Zitzen, optimaler Lebendtagzunahme (g) und geeigneter Rückenspeckdicke (mm) kommen dabei in Frage. Fortuna ist eine robuste Muttersau mit guten Muttereigenschaften, vitalen und ausgeglichen Ferkeln und guter Mast- und Schlachtleistung. Fortuna übernimmt selbst die Aufzucht ihrer Ferkel und garantiert somit eine wirtschaftliche Ferkelproduktion.
Strenge Selektion für verlässliche Qualität Bei PIG Austria wird jedes Zuchttier - ob Eber oder Sau - durch einen Zuchttechniker bewertet und selektiert. Durch die strenge Selektion in der Reinzucht ist die Voraussetzung für einen raschen Zuchtfortschritt gegeben. Für die Fortuna Sauen wird durch die Selektion ein einheitlicher Standard und eine verlässliche Qualität bei Jungsauen gewährleistet. Zusätzliche Information über die Qualitätsstandards der Besamungseber finden Sie unter: www.pig.at
Die Zitzenanzahl- und Qualität werden streng überprüft. © Fraukoeppl 4-2021 | PIG Austria | 11
© Fraukoeppl
DI Johann Stinglmayr Koordinator Ausschuss Recht & Politik
Forderungen der Grünen gefährden heimische Schweinebauern Die bereits länger andauernde Diskussion zum Tierschutzvolksbegehren, hat mit der aktuellen politischen Lage an Brisanz für die heimischen Schweinebauern zugenommen. Die Grünen stellen nun Forderungen auf, die die heimischen Schweinehalter in ihrer Existenz gefährden und einen Kahlschlag in der gesamten Produktionskette auslösen würden. Obwohl im Regierungsübereinkommen von ÖVP und den Grünen die Art und Weise der Weiterentwicklung des Tierschutzes klar formuliert wird, rücken sie nun von diesem Regierungsprogramm ab und fordern mehrere, für die heimische Schweineproduktion fatale Änderungen im Tierschutz: • • • • •
Ende des Vollspaltenbodens 60 % mehr Platz je Tier bis 2033 Planbefestigte Mindestfläche je Tier bis 2033 Ende des Kastenstandes Ende des Schwanzkupierens bis 2026
Weiterentwicklung im Einklang mit dem Markt Die Schweinebranche verfolgt auf Basis des aktuellen Regierungsprogrammes die Strategie einer 12 | Recht & Politik | 4-2021
marktbasierten Weiterentwicklung des Tierwohls und arbeitet seit letztem Jahr in enger Abstimmung mit den zuständigen Stellen im Bund und in den Ländern an der konsequenten Umsetzung. So wurde mit dem zuständigen Ministerium ein neuer Förderstandard für die Schweinehaltung erarbeitet. Ohne die derzeit aktuellen gesetzlichen Mindeststandards zu ändern, lenkt man damit die Schweinehaltung mit Hilfe monetärer Anreize hin Richtung mehr Tierwohl. Der große Vorteil dieser Strategie ist, dass dieser neue Förderstandard für investierende Betriebe den Weg zu mehr Tierwohl klar vorgibt ohne dabei nicht investierende Betriebe unnötigerweise vorzeitig aus der Produktion zu drängen. Gesetzlich festgelegte Übergangsfristen mit einem Ablaufdatum verursachen nämlich genau das. Nur mit der Strategie von Anreizen an Stelle von Verboten kann das Tierwohl verbessert und gleichzeitig die Eigenversorgung in Österreich gesichert werden.
Weiterentwicklung AMA-Gütesiegel Um den Bedürfnissen der Konsumenten und des Marktes gerecht werden zu können, wurde das AMA-Gütesiegelprogramm in der Schweinehaltung weiterentwickelt. Von über dem gesetzlichen Standard liegenden Haltungsauflagen bereits in der Basisstufe, bis hin zu Auflagen bei Haltung, Fütterung, Schwanzkupieren und Kastration in der Premiumstufe „Mehr Tierwohl“ reicht nun das Angebot. Je nach Bereitschaft der Konsumenten den Bäuerinnen und Bauern den Mehraufwand dafür zu begleichen, wird es zu einer dementsprechenden Entwicklung in den Stufen kommen. Damit ist eine Entwicklung in Richtung mehr Tierwohl vorgegeben und der Konsument kann darüber hinaus entscheiden, wie rasch diese Entwicklung stattfindet. Marktbasiert eben und nicht über eine gesetzliche Keule.
Kastenstand und Schwanzkupieren Neuerlich eine Kastenstanddiskussion vom Zaun zu brechen, obwohl die Bewegungsbuchten im Abferkel- und Deckbereich bereits gesetzlich klar vorgegeben sind, ist nicht nur unverständlich, sondern zeugt von wenig Sensibilität mancher Politiker. Ähnlich verhält es sich beim Thema Schwanzkupieren. Hier gibt bereits die Europäische Union die Richtung vor. Die Schweinebranche hat auf Basis dieser Forderungen in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Ministerien ein Modell zur Risikoeinschätzung des Entstehens von Schwanzbeißen entwickelt. Im Gleichklang mit anderen EU-Ländern wird damit versucht, das routinemäßige Schwanzkupieren zu reduzieren. Ein österreichischer Alleingang samt Verkündigung eines terminlichen Endes dieser Maßnahme wäre nicht nur für die Schweinebauern fatal, sondern würde in dieser Form gleichzeitig eine Tierwohlverschlechterung für die betroffenen Tiere darstellen.
Zusammenfassung Diese von der grünen Regierungspartei gestellten Forderungen sind für die heimische Schweinebranche in dieser Form unannehmbar, in der Praxis nicht umsetzbar und werden auf das Schärfste zurückgewiesen. Die Branche hat zuletzt große Bereitschaft gezeigt, sich in diesen Fragen weiterzuentwickeln und bereits konkrete Schritte eingeleitet.Keine Bereitschaft gibt es aber für Forderungen die völlig überzogen sind und für die es keine praxisverträglichen Lösungen gibt. Damit ist weder den betroffenen Bäuerinnen und Bauern, noch den Tieren geholfen. Wir fordern deshalb von den Grünen aber auch von der gesamten Regierung die Fort- und Umsetzung der bereits eingeleiteten marktbasierten Tierwohl-Strategie, so wie sie in den Grundgedanken auch im Regierungsprogramm beschrieben ist. Alles andere käme einem schweren Vertrauensbruch gleich. Eine Umsetzung dieser Forderungen würde nicht nur die Existenz der heimischen Schweinehalter und damit die Eigenversorgung mit heimischem Schweinefleisch gefährden, sondern würde fatale Verwerfungen in der gesamten Wertschöpfungskette auslösen.
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Futterkosten unter die Lupe nehmen
Franz Strasser ABL, Berater LK-OÖ
Die aktuell rekordverdächtig hohen Futterkosten lassen keinen Schweinehalter unberührt. Bei Futtereigenversorgung spüren die Schweinehalter das unmittelbar nicht, aber die hohen Sojapreise geben ihnen zu denken. So ist Soja um ca. € 70 / Tonne teurer als ein Jahr zuvor. Daher lohnt es sich jetzt verstärkt, Futterrationen zu überdenken und teure Eiweißquellen und Getreide bzw. Mais sparsam und effizient einzusetzen. Im folgenden Beitrag gibt Franz Strasser ABL, Fachberater der Beratungsstelle für Schweinehalter in Wels, dazu Impulse.
Phasenfütterung - Erkenntnisse aus den Arbeitskreisen
ten konnte gespart werden. In Summe erhöht sich der DFL/Mastplatz um € 8,90.
Die Wirkung der Phasenfütterung beruht auf das Absenken des Eiweiß- und Mineralstoffanteils im Laufe der Mast. Laut den Ergebnissen der Betriebszweigauswertung in den Arbeitskreisen Schweinemast spart Phasenfütterung Futterkosten und erhöht die Mastleistung. Ein Großteil der Arbeitskreisbetriebe (79 %) füttert bereits mehrphasig. Nach den Zahlen der Bundesauswertung 2020 stiegen die täglichen Zunahmen bei mehrphasiger Fütterung um 28 g auf 829 g an. Gleichzeitig fiel der durchschnittliche Magerfleischwert leicht um 0,3 % auf 60,5 % ab. An Futterkos-
Phasenfütterung - warum? Mit zunehmendem Gewicht der Mastschweine steigt die Futteraufnahme. 64 % des gesamten Futters werden ab einer Lebensmasse von 70 kg gefressen. Gleichzeitig bleibt der tägliche Bedarf an Rohprotein, Aminosäuren und Mineralstoffen ab einer Lebendmasse von 60 kg annähernd gleich. D.h., der Gehalt des Schweinefutters an Rohprotein, Aminosäuren und Mineralstoffen kann im Laufe der Mast abgesenkt werden. Durch die Phasenfütterung kann die Ausscheidung von Phosphor und Stickstoff um bis zu 20 % gesenkt werden. Dies rechtfertigt die Kalkulation von nie-deren N-Anfallswerten in der Gülle. Gerade in Hinblick auf die Erfüllung der nationalen NEC-Richtlinie ist das von entscheidender Bedeutung.
Wie kann Phasenfütterung umgesetzt werden?
Moderner Breiautomat mit tiefer Fressschale verhindert Futtervergeudung. © Strasser
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Wer bedarfsgerecht füttert und dabei sparen will, muss im Laufe der Mast einen Rezeptwechsel durchführen. Die Programme der meisten heute gängigen Fütterungscomputer können diese Funktion durchführen. Oft mangelt es in der Praxis aber an der Optimierung der dazugehörigen Abläufe. So scheuen sich viele Schweinemäster davor, dass die Fütterung zwei Mal aufbereitet werden muss. Hoher Stromverbrauch durch lange Fütterungsdauer kann durch geschickte Gestaltung der Aufbereitungs- und Fütterungsfolge verhindert werden. Eine passende Möglichkeit dazu ist, zuerst die gesamte Futtermenge
in eiweißarmer Qualität aufzubereiten und den Schweinen über 70 kg zu füttern. Anschließend wird mit Soja, Mineralstoffen und Getreide (als Konzentrat oder Vormischung) zugesetzt und das „eiweißreiche Futter“ für die Schweine bis 70 kg aufgemischt und ausdosiert. Die Methode des Aufmischens kann in ähnlicher Art und Weise bei CCM-Trockenfütterung durchgeführt werden.
Täglich einmal eiweißarmes Futter verfüttern? Eine spezielle Fütterungsstrategie sieht nur eine Mahlzeit pro Tag für Schweine ab 70 kg vor bei der der Nährstoffgehalt kräftig abgewertet wird. Bei Sensorfütterung wird der Futterblock am Abend geteilt. Erst werden die Schweine im Gewichtsbereich bis 70 kg mit dem Standardfutter gefüttert. Darauffolgend erhalten die Schweine über 70 kg CCM-reiches, rohprotein- und mineralstoffabgesenktes Futter. Zur Umsetzung muss das Fütterungsprogramm umgestellt werden. Im Stall bei den Schweinen verändert sich optisch nichts, die unterschiedlichen Rationen werden gut aufgenommen, die Tageszunahmen und der Magerfleischanteil bleiben gleich. Mittlerweile sind schon zahlreiche Mäster der Einfachheit halber auf dieses Fütterungssystem umgestiegen. Derzeit gibt es nur positive Erfahrungen.
Auf eine hohe Futterverwertung achten! Welcher Schweinemäster weiß über die Futterverwertung seiner Schweine Bescheid? Da eine Mengenerfassung der verbrauchten Futtermittel und deren Zuordnung auf die damit produzierte Fleischmenge (in kg) schwierig ist, kennen viele Mäster diesen Faktor nicht.
Die gängigen Fütterungscomputer rechnen die verbrauchten Futtermengen/Ventil mit. Es liegt jetzt an dem Mäster, nach dem Ausstallen eine Boxenbewertung zu machen und die einzelnen Ventile einer Einstallgruppe zusammenzufassen und die dazugehörigen Schlachtgewichte und Erlöse einzutragen. Der Fütterungscomputer rechnet dann die verbrauchten MJ/kg Zuwachs aus. Laut Auswertung der Arbeitskreisdaten liegt der Wert von den 25 % der besten Betriebe bei 36,0 MJ /kg Zuwachs. Umgerechnet auf kg Trockenfutter würde das eine Futterverwertung von 1:2,77 bedeuten.
Wie kann die Futterverwertung erhöht werden? • Tageszunahmen erhöhen Bei hohen Tageszunahmen erreichen Mastschweine auch mit weniger Masttagen das erforderliche Schlachtgewicht. Bei durchschnittlich 98 kg Schlachtgewicht ergibt sich eine Aufmast von 90,5 kg. Bei einer Leistungssteigerung von 780 auf 820 g spart man 6 Masttage. Somit spart man auch das Erhaltungsfutter für sechs Tage. Wenn man von einem durchschnittlichen Erhaltungsbedarf von 40 % der Tagesration ausgeht, kann diese verkürzten Mastzeit bei den gegenwärtigen Futterkosten mindestens € 3,50 pro Mastschwein eingesparen. Darüber hinaus ermöglicht die verkürzte Mastdauer mehr Umtriebe und somit eine bessere Auslastung des Mastplatzes. • Schlachtgewicht nicht übertreiben Oft wird bei Schlachtgewichten > 100 kg übersehen, welche enormen Futtermengen diese Schweine fressen um noch zu wachsen. Ein Versuch bei hohen Mastendgewichten in der Prüfanstalt Streitdorf macht das deutlich. Obwohl die Zunahmen im Gewichtsabschnitt von 120-130 kg noch über 800 g lagen, ver-
schlechterte sich die Futterverwertung um 0,2 kg. In diesem Versuch brauchte man 3,75 kg Futter für den Zuwachs von 1 kg Lebenstageszunahmen. Ursache dafür ist der hohe Erhaltungsbedarf, der im Gewichtsbereich von 40 kg bei 36 % liegt und bei 120 kg auf 48 % des täglichen Energiebedarfes steigt. • Nicht mit Futter „heizen“ Um eine gute Futterverwertung zu realisieren muss am Vollspaltenboden für einen durchgewärmten Baukörper und eine Ferkeleinstalltemperatur von > 24°C gesorgt sein. Am Liegeverhalten der Ferkel wird das sofort sichtbar, wenn es den frisch angekommenen Ferkeln in der neuen Umgebung so richtig „taugt“. Sie liegen in Seitenlage verstreut in der Box, haben Appetit und lassen sich das Futter schmecken. Mit einem guten Stallklima über die ganze Mast werden optimale Vorraussetzungen für die Fleischbildung geschaffen. Alte Hasen unter den Schweinemästern sehen zugfreie Luftführung und trockene Spalten als wesentliches Indiz, dass es den Tieren passt. So können sie sich richtig ins Fleisch hineinwachsen. • Futtervergeudung vermeiden Bisher haben viele Mäster nach dem Grundsatz gefüttert soviel Futter in die Tiere hineinzubringen wie möglich. Unter den gegenwärtigen Futterpreisen soll aber diese Haltung überdacht werden. Fütterung auf blanken Trog sowohl am Quertrog wie am Sensor bzw. Automat bekommt wieder Bedeutung, da ein gewisser Luxuskonsum etwas Futter vergeudet. Diese Erkenntnisse machten Arbeitskreisbetriebe, die auf Ihrem Betrieb Quertrog und Ad-Libitum-Fütterung am Sensor vergleichen können. Bei Fütterung am Automaten sind auch die Futterverluste rund um den Automaten entscheidend. Das richtige Einstellen des Dosier-
Soja sparsam und gut abgestimmt einsetzen. © Strasser
Für eilige Leser • Auf Phasenfütterung umstellen • Rezepturen optimieren • In der Endmast Eiweiß und Mineral stoffe absenken • Futterverbrauch erfassen und Futter verwertung berechnen • Luxuskonsum an Futter verhindern • Futtervergeudung vermeiden (kei ne Trogverschmutzung, blanker Trog, knapp eingestellten Automaten) • Optimales Stallklima, warm, trocken, zugfrei • Kurze Mast erspart den Erhaltungs bedarf • Schlachtgewicht nicht übertreiben: 100 kg bei dem aktuellen Schweine preis und gleichzeitig hohem Futter preis nicht gerechtfertigt
schiebers erfordert Aufmerksamkeit und Zeit. Es erspart aber oft eine Menge ungenütztem Futter, das durch „verwirsten“ der Ferkel bzw. Schweinen in den Güllekanal landet.
Fazit Durch die hohen Preise bei Getreide, Mais, Eiweiß und Mineralstoffen sind alle Mäster gut beraten, Produktionstechnik, Futterstrategien und Rezepturen zu überdenken. Nehmen Sie sich Zeit dazu und analysieren Sie mit Ihrem Produktionsberater von VLV, Gut Streitdorf und Styriabrid bzw. der LK ihre Situation. Denn durch einen Blick von außen kann das eine oder andere bestätigt oder verbessert werden.
Dieser Automat ist schlecht eingestellt - somit sind die Futterverluste beträchtlich. © Strasser 4-2021 | Management | 15
Gibt es Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Schweinezucht? Dr.in Christina Pfeiffer Zuchtleitung PIG Austria
In letzter Zeit haben sich die Zielkonflikte zwischen Schweineproduktion und Gesellschaft in Österreich verschärft. Eine Gesellschaft, die sich zunehmend von der Landwirtschaft entfremdet, fordert tiergerechtere und umweltschonendere Produktionssysteme.
© Fraukoeppl
Themen wie Klimawandel, Diversitätsverlust, Ressourcenverbrauch, Nahrungsmittelkonkurrenz, Tierschutz und Tierwohl werden in der gesellschaftlichen Diskussion immer präsenter und nachhaltige Lösungen stärker eingefordert. Gleichzeitig müssen schweinehaltende Betriebe unter den derzeitigen politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen überleben. Um diese Zielkonflikte zwischen Gesellschaft und Schweinezucht zu entschärfen, braucht es nachhaltige Lösungsansätze, welche ökonomisch, ökologisch und sozial verträglich sind. Abseits von Haltungs- und Fütterungsaspekten leistet die Schweinezucht einen wichtigen Beitrag.
Zuchtprogramme – das Kernstück einer erfolgreichen Schweinezucht Zuchtprogramme sind national zu betrachten. Zudem sind sie dynamisch und passen sich den nationalen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen an. Ausgehend von einer Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Schweinefleisch stand bei der Formulierung von Zuchtzielen lange Zeit die Leistungssteigerung im Vordergrund. Ein sehr guter züchterischer Erfolg, vor allem bei der Mast- und Schlachtleistung aller Rassen, wurde rasch erreicht. Heutzutage rückt die tierische Leistung vermehrt in den Hintergrund. Vielmehr rücken Merkmale im Zusammenhang mit einer effizienten Futterverwertung, geringer Umweltbelastung und Vermeidung von Nahrungskonkurrenz in den Vordergrund. Darüber hinaus soll die genetische Diversität erhalten und das Tierwohl positiv beeinflusst werden, was auch die gesellschaftliche Wertschätzung der heimischen Landwirtschaft fördern soll. 16 | Trends in der Schweinezucht | 4-2021
Diese Aspekte sind schon bzw. werden in Zukunft ein fixer Bestandteil der PIG Austria Zuchtprogramme.
Wo wird schon ein züchterischer Beitrag geleistet? Fruchtbarkeit und Wurfqualität Im Zuchtprogramm der Mutterrassen Edelschwein und Landrasse gab es im Februar 2020 eine wichtige Veränderung - der Wurfvitalitätsindex wurde eingeführt. Dadurch wird die Selektion auf optimale biologische Leistungen (Wurfgröße) bei zeitgleicher Steigerung der Ferkelüberlebensfähigkeit ermöglicht. Vitale Ferkel mit einem einheitlichen Geburtsgewicht sind ein großer und fester Bestandteil im Zuchtziel. Die Ferkelanzahl soll in Einklang mit der Zitzenanzahl (optimal 8/8) der Sau stehen. PIG Austria hat sich bewusst gegen eine einseitige Selektion auf extrem fruchtbare Sauen entschieden, da mit zunehmender Wurfgröße die Überlebensfähigkeit der Saugferkel sinkt. Zudem fordern sehr große Würfe einen sehr hohen Managementaufwand bis hin zu aufwändigen technischen Lösungen (z.B. künstliche Ammen).
Diese technischen Aufzuchtlösungen sind gesellschaftlich nicht kommunizierbar. Verhaltensmerkmale Auf einem Großteil der PIG Austria Zuchtbetriebe werden bereits mütterliche Verhaltensmerkmale erfasst. Umfassende Datensätze von vielen Betrieben sind notwendig, um züchterische Entscheidungen richtig zu treffen. Eine Veröffentlichung des Mütterlichkeitsindexes erfolgt erst bei validen Datensätzen. Hier rüsten wir uns bereits für eine Umstellung auf freie Abferkelsysteme. Die Wunschvorstellung gegen Schwanzbzw. Ohrenbeißen selektieren zu können ist zu relativieren. Bei dieser Verhaltensstörung handelt es sich um ein multifaktorielles Problem, wobei vorrangig Mängel in der Haltung und Fütterung Schwanz- und Ohrenbeißen auslösen. Für eine züchterische Bearbeitung ist die Täteridentifikation der springende Punkt. Um hier allerdings zuverlässige Daten zwischen Täter und Opfer-Interaktion zu erhalten, bedarf es einer Weiterentwicklung in der Erfassungs- und Auswertungstechnologie (Stichwort: künstliche Intelligenz, VideoSysteme). Darüber hinaus müssen für eine erfolgreiche züchterische Bearbeitung viele und qualitativ hochwertige Daten erhoben
Vitale Ferkel mit einem einheitlichen Geburtsgewicht sind ein großer und fester Bestandteil im Zuchtziel. © Fraukoeppl
werden, was bisher noch eine große Herausforderung darstellt. Fundament Langlebige Sauen zeichnen sich durch ein gutes Fundament aus. Zum Zeitpunkt der Selektion wird das Fundament bei allen Rassen durch geschulte Zuchtwarte beurteilt. Ein gutes Fundament steigert nicht nur das Wohlbefinden der Sau (Reduktion von Verletzungen) sondern vermindert auch die Erdrückungsverluste bei den Saugferkeln, da sich die Sau richtig und kontrolliert ablegen kann. Anomalien Bei allen Rassen bzw. Rassenkreuzungen werden die Anomalien Hodenbruch, Binneneber, Spreizer, Afterlosigkeit und sonstige Missbildungen erfasst. Zudem werden sogenannte Anomalien-Feldprüfungen der Pietrain-Besamungseber durchgeführt und ein Anomalienindex (Zuchtwertkombination auf Hodenbruch, Binneneber und Spreizer) geschätzt. Eine erste Auswertung hat gezeigt, dass Zuchtfortschritt bei der Reduktion von Hodenbrüchen beim Pietrain erzielt werden konnte. Die Daten der Anomalien-Feldprüfung sowie der Anomalienindex werden zurzeit weiterentwickelt.
Umwelt und Ressourceneffizienz Die Futterverwertung ist seit Jahren fester Bestandteil aller Zuchtprogramme. Mit einer entsprechenden Gewichtung im Zuchtziel wird ein wertvoller Beitrag zur Reduktion des Futtermittelverbrauchs je erzeugtem Kilogramm Schweinefleisch geleistet. Erste wissenschaftliche Erkenntnisse aus dem Ausland zeigen, dass auch die Zucht auf protein-effiziente Schweine möglich ist. Dazu wird allerdings noch geforscht. Ab 26. Juni 2022 ist der Einsatz von Zinkoxid (ZnO) bei Schweinen in Österreich verboten und eine Antibiotika-Reduktion in der Schweinehaltung ist anzustreben. Beides wurde bisher bei Absetzdurchfall, welcher durch Eschericha Coli Stamm 18 (E. Coli F18) hervorgerufen wird, eingesetzt. Alternativ dazu besteht in der Zucht die Möglichkeit auf die Resistenz dieser Erreger zu züchten. Bei den Mutterrassen steigt die Anzahl der E. Coli F18 resistenten Sauen und Eber zunehmend. Bei den Vaterrassen wurde ebenfalls mit einer schärferen Selektion auf E. Coli F18 resistente Sauen und Eber begonnen. Fleischqualität In Österreich sind Parameter der Fleischqualität schon sehr lange ein fixer Bestandteil in allen Zuchtprogrammen. Dafür werden
jährlich rund 3.000 Tiere an der Mast- und Schlachtleistungsprüfanstalt in Streitdorf geprüft. Die Merkmale pH-Wert im Schinken und Karree, Dripsaftverlust, Fleischfarbe sowie der intramuskuläre Fettgehalt werden erfasst. Um das Image von Schweinefleisch zu verbessern, wird in Zukunft ein stärkerer Fokus auf geschmacksbeeinflussende Produkteigenschaften bei der Rasse Duroc gelegt. Erhaltung der Biodiversität Auch für die kleinen Populationen Duroc und Schwäbisch Hällisches Schwein werden nationale Zuchtprogramme durchgeführt. Bei den Rassen Edelschwein, Landrasse und Pietrain wird außerdem auf eine Linienvielfalt geachtet.
Fazit Die heimische Schweinezucht hat bereits Lösungen für die bestehenden Zielkonflikte zwischen Schweineproduktion und Gesellschaft anzubieten. Durch die dynamische Formulierung unserer Zuchtziele können wir die derzeitigen und auch künftigen Herausforderungen der Schweineproduktion erfolgreich bestreiten.
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Aktuelle Future Meat – GfK-Studie In Zusammenarbeit der AMA mit dem Marktforschungsinstitut GfK wurde im Frühjahr 2021 eine Studie über die Zukunft von Fleisch durchgeführt. Im Rahmen dieser Studie wurden mehr als 2000 Teilnehmer am GfK Consumer-Panel (Haushaltspanel) zu ihrem Kaufverhalten und Motiven beim Fleischkonsum befragt. Die Ergebnisse wurden mit dem tatsächlichen Einkaufsverhalten lt. Panel verknüpft und ergeben somit sehr valide und aussagekräftige Einblicke in die Zukunftsperspektiven des Fleischmarktes. Das sind die wichtigsten Erkenntnisse! • Insgesamt hat gut ein Drittel der Haushalte den Konsum von Fleisch in den letzten Jahren reduziert bzw. zur Gänze aufgegeben. Bei den einzelnen Fleischsorten trifft das insbesondere auf Schweinefleisch (44 %) und Pute (37 %) zu. Auf der anderen Seite geben 26 % der österreichischen Haushalte an, mehr Hühnerfleisch zu konsumieren. • Beim Kauf von Fleisch ist vor allem das frische Aussehen (für 85 %), die Herkunft aus Österreich (83 %) und eine artgerechte Haltung (80 %) wichtig. • Lammfleisch wird am häufigsten überwiegend/nur in der Bedienung gekauft (44 %), gefolgt von Rindfleisch (33 %). Hühnerfleisch (60 %) und Pute (61 %) sind die Fleischsorten, die am häufigsten größtenteils/nur in der Selbstbedienung gekauft werden. Für die Bedienung spricht insbesondere, dass auf individuelle Bedürfnisse und Wünsche bei Menge (76 %) und Zuschnitt (43 %) Einfluss genommen werden kann. Etwa die Hälfte ist davon überzeugt, dass in der Bedienung die Ware frischer ist. • Der Hauptgrund für die Reduktion des Fleischkonsums ist, dass die Haushalte nicht überall die erwünschte Qualität erhalten (22 %). Jeder fünfte Haushalt gibt zudem den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung als Argument für weniger Fleischkonsum an. Betrachtet man die einzelnen Fleischsorten separat, ist der Preisfaktor mit 30 % der Hauptgrund für die Reduktion des Rindfleischkonsums.
• Fragt man die Haushalte, wie sie über ihren weiteren Fleisch- und Wurstkonsum denken, zeigt sich, dass der Trend zu der Reduktion anhalten wird – 38 % der Haushalte werden in den kommenden zwei Jahren den Fleischkonsum weiter reduzieren, 35 % den Genuss von Wurst und Schinken. • Eine nachweisbare Herkunft des Fleisches aus der Region (56 %) oder Österreich (63 %) sowie eine nachvollziehbare artgerechte Tierhaltung sind Aspekte, die dazu führen können, dass die Haushalte ihren Fleischkonsum doch nicht reduzieren. • Auf der anderen Seite zeigt sich, dass 31 % der Haushalte sehr/eher wahrscheinlich künftig pflanzliche Fleisch- und Wurstersatzprodukte verzehren werden.
Im Großteil der österreichischen Haushalte lebt mindestens eine Person, die den Fleischkonsum reduziert. Daten: GfK Future Meat - Multi Client Studie
• Wer weniger Fleisch isst, nimmt (zwangsläufig) mehr andere Nahrungsmittel zu sich. Die Haushalte, die den Fleischkonsum reduzieren bzw. komplett darauf verzichten, geben zu 72 % an, mehr Gemüse zu essen. Etwas mehr als die Hälfte nimmt vermehrt andere tierische Produkte zu sich. • Die gesundheitlichen Aspekte spielen bei der Entscheidung für die Fleischreduktion eher eine untergeordnete Rolle. Lediglich 13 % geben gesundheitliche Bedenken als Grund mit an, den Verzehr von Fleisch zu reduzieren. Bei Wurst/Schinken ändert sich das Bild. Hier sind es schon 31 % die gesundheitlichen Gründe für eine Reduktion angeben. • In 20 % der Haushalte werden Fleisch- und Wurstersatzprodukte konsumiert. Doch diese Produkte werden in den seltensten Fällen dazu genutzt, um Fleisch und Wurst komplett zu ersetzen. Vielmehr sind sie eher als zusätzliches Lebensmittel im Ernährungsplan zu sehen. So sind auch 63 % der Haushalte der Meinung, dass diese Derivate Fleisch und Wurst nicht vollständig ersetzen können. Für etwa mehr als die Hälfte der Befragten sind die Ersatzprodukte zu teuer.
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Schweinefleisch wird weniger gegessen, gefolgt von Pute und Rind. Daten: GfK Future Meat - Multi Client Studie
Die Herkunft des Fleisches wie auch die Tierhaltung insgesamt sind sehr relevante Aspekte beim Fleischkauf. Daten: GfK Future Meat - Multi Client Studie
RollAMA im ersten Halbjahr 2021: Alles bleibt anders Einkäufe im LEH liegen weiter auf hohem Niveau. Das zeigen die RollAMA-Marktzahlen für das ersten Halbjahr 2021. Der CoronaLockdown im ersten und die langsame Öffnung im zweiten Quartal machten sich ebenso bemerkbar wie generelle Änderungen im Kaufverhalten, insbesondere bei jungen Konsumenten, die mehr einkaufen und selbst kochen als vor der Krise. Auch Preise und Aktionen beeinflussten in vielen Bereichen die Entwicklungen. Nach einem Plus von 18 % im ersten Halbjahr 2020 gegenüber dem Vorjahr lagen die Frischwareneinkäufe im heurigen ersten Halbjahr nochmal um 1 % über dem Vorjahresniveau. Seit dem zweiten Quartal 2021 zeigt die Kurve allerdings wieder nach unten. Die Umsätze lagen im Juni 2021 „nur“ 9 % über dem Vergleichszeitraum 2019. Langsam aber doch geht der Weg zurück Richtung Normalität.
Mehr Fleisch und Gemüse Eine gute Grillsaison und weniger strikte Corona-Beschränkungen als im Vorjahr ließen auch die Fleischeinkäufe wieder steigen. So landeten um 7 % mehr Schweinefleisch und 5 % mehr Rindfleisch in den Einkaufskörben. Weiterhin dynamisch bleibt die Entwicklung am Biomarkt. Die Ausgaben für Bioprodukte stiegen im Vergleich zum Vorjahr um fast 17 %. Im Ranking der Produkte mit dem höchsten Bioanteil führen Frischmilch, Naturjoghurt und Kartoffeln. Fleisch und Fleischwaren hinken deutlich nach. Eine Detailanalyse zeigt, dass die Käuferanteile und Intensitäten insbesondere bei den Haushalten stiegen, die bislang noch wenig Bio nachgefragt haben.
Aktionsanteile steigen deutlich Nachdem der Anteil der Aktionen im Jahr 2020 etwas zurückgegangen war, kam es im Laufe dieses Jahres wieder zu einer deutlich verstärkten Aktionstätigkeit der Lebensmitteleinzelhändler. Rund 28 % aller erfassten Produkte wurden zu rabattierten Preisen gekauft, davon überdurchschnittlich viele Produkte in den Kategorien Fertiggerichte sowie Fleisch und Wurst.
Tabelle: Marktentwicklung Fleisch und Geflügel im Lebensmitteleinzelhandel 1. Halbjahr 2021. Der Absatz von Schweinefleisch stieg um 7 %. Daten: RollAMA/AMA-Marketing, Feldarbeit: GfK Austria/ Auswertung: KeyQuest Marktforschung
AMA-Hoftafeln für Top-Betriebe verliehen Anlässlich der Rieder Messe wurden TopUnternehmen der Schweinebranche mit der AMA-Hoftafel ausgezeichnet. Sie absolvierten die regelmäßigen Kontrollen ohne Beanstandung und ohne eine einzige Abweichung von den Vorgaben.
Folgende Schweinemastbetriebe wurden ausgezeichnet: • Josef Angermayr (Altschwendt) • Susanne und Josef Mairhofer (Naarn im Machland) • Christine und Alois Zauner (Hofkirchen a. d. Trattnach) • Mario Steininger (Prambachkirchen)
In Österreich nehmen mehr als 40.000 landwirtschaftliche Betriebe am AMAGütesiegelprogramm teil. Diese Betriebe werden in regelmäßigen Abständen kontrolliert. Mit der Hoftafel werden nur jene Betriebe ausgezeichnet, die die letzten beiden Kontrollen fehlerfrei bestanden haben.
V.l.n.r.: Markus Brandmayr (VLV-Obmann), Elisabeth Köstinger (Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus), die ausgezeichneten Landwirte Christine und Alois Zauner, Josef Angermayr, Johannes und Susanne Mairhofer, Mario Steininger, Michaela Langer-Weninger (Aufsichtsratsvorsitzende AMA-Marketing), Johann Schlederer (VLV Geschäftsführer), Günter Griesmayr (AMA-Vorstandsvorsitzender). © AMA-Marketing 4-2021 | AMA | 19
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PRRS-Programm in Ferkelproduktionsbetrieben: Maßnahmen für „PRRS-positiv“-Betriebe Dr.in Barbara Leeb Tierärztin OÖ Tiergesundheitsdienst
Im Juli 2019 wurde das Programm des österreichischen Tiergesundheitsdienstes (ÖTGD) „Stabilisierung der Tiergesundheit in Ferkelproduktionsbetrieben (Schwerpunkt PRRSV und Biosicherheit)“ in den amtlichen Veterinärnachrichten veröffentlicht. Eine Vorstellung dieses Programmes erfolgte bereits im VÖS Magazin 1/2021. Im Jahr 2020 wurde das Programm dann in Form von Grunduntersuchungen zur PRRSStatuserhebung der Betriebe gestartet. Zielsetzung und Hintergrund Ziel des Programmes ist die Stabilisierung und Verbesserung der Tiergesundheit in Ferkelproduktionsbetrieben, wobei der Fokus auf der Vermeidung der Verbreitung von PRRS-Feldviren durch den Tierverkehr liegt. Dadurch sollen Probleme bei der Durchmischung von Ferkeln unterschiedlicher Herkunft bei Einstallung in die Mast vermieden und damit langfristig die kleinstrukturierte Produktion in Österreich gesichert werden. Nach der Vergabe eines PRRS-Status durch eine Grunduntersuchung sieht das Programm unterschiedliche Maßnahmen für Betriebe in Abhängigkeit ihres PRRS Status vor.
Univ.-Prof.in Dr.in Andrea Ladinig Universitätsklinik für Schweine Veterinärmed. Universität Wien
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Vorgehen auf „negativen“ Betrieben In unverdächtigen und stabilen Betrieben, also solchen Betrieben, die PRRS-negative Ferkel vermarkten, sind dreimal jährliche Folgeuntersuchungen zur Überwachung des PRRS-Status vorgesehen. Hierbei müssen in jedem Fall Verkaufsferkel
über der 10. Lebenswoche mittels Blutproben oder Kaustrickproben auf PRRSV-Antikörper untersucht werden. Jede dritte Untersuchung gilt als erweiterte Folgeuntersuchung und sieht in jedem Fall die Entnahme von Blutproben von Verkaufsferkeln und jüngeren Zuchtsauen des Bestandes vor. Zusätzlich zur Untersuchung auf Antikörper gegen PRRSV wird jeweils die PCR-Untersuchung der Proben (in 5er-Pools) zum direkten Virusnachweis angeraten.
Vorgehen auf „positiven“ Betrieben In Betrieben mit positivem PRRS-Status, die ihre Ferkel über Vermarktungsorganisationen verkaufen, sind künftig Maßnahmen zur Reduktion der Verbreitung von PRRS-Feldviren zu treffen. Diese Maßnahmen beinhalten einerseits Biosicherheitsmaßnahmen und andererseits Impfmaßnahmen. Die geforderten Biosicherheitsmaßnahmen (siehe Seite 23) gliedern sich in externe Biosicherheitsmaßnahmen, die einen PRRSV-Eintrag in den Bestand verhindern sollen, und interne Biosicherheitsmaßnahmen, die die betriebsinterne
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Viruszirkulation so weit als möglich reduzieren sollen. Gerade die Reduktion der Viruslast innerhalb des Bestandes ist ein wesentlicher Aspekt in der PRRSV-Bekämpfung. Wie experimentelle Studien gezeigt haben, können modifizierte Lebendimpfstoffe gegen PRRSV einen guten Schutz in geimpften Tieren induzieren, der jedoch bei Infektionen mit zu hoher Viruslast unvollkommen ist. Als Begleitmaßnahme zur Impfung ist demnach die Reduktion der Viruslast innerhalb des Bestandes unumgänglich, um die größtmögliche Effektivität der Impfung zu erzielen. Die Verminderung der Viruslast ist nur durch entsprechende Biosicherheitsmaßnahmen zu erreichen.
Impfprogramm Die Impfmaßnahmen umfassen alle Tiere des Bestandes. Dazu zählen die Impfung der Jungsauen zumindest drei Wochen vor Eingliederung in den Bestand, die regelmäßige Impfung aller Sauen und Eber, wofür eine bestandsweise Impfung im Abstand von 3 bis 4 Monaten angeraten wird, sowie eine Impfung aller Ferkel spätestens vier bis fünf Wochen vor dem Verkauf. Der Impfzeitpunkt der Ferkel und die Wahl des Impfstoffes sind dabei für jeden Bestand mit dem Betreuungstierarzt festzulegen. Für Rückfragen zu den Impfmaßnahmen stehen die MitarbeiterInnen der Tiergesundheitsdienste und der Universitätsklinik für Schweine gerne zur Verfügung. Bei der Auswahl der Impfstoffe sind die Vorgaben
der europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) zum Einsatz von modifizierten Lebendimpfstoffen gegen PRRSV zu berücksichtigen. Diese besagen, dass pro Betrieb nur ein Impfstamm zum Einsatz kommen darf um eine Bildung von rekombinanten Viren, also Chimären mit Impfvirusisolaten zu verhindern. Im ÖTGD-Programm wurde diese Problematik bereits berücksichtigt, da das Programm vorgibt denselben Impfstamm innerhalb eines Betriebes (also bei Sauen und Ferkeln) einzusetzen. Sollte ein Wechsel zu einem anderen Impfstamm erfolgen, so sind Übergangsfristen einzuhalten, die sich nach der Länge der maximal zu erwartenden Impfstoffausscheidung laut Herstellerangaben richten. Dies bedeutet, dass so lange kein neuer Impfstamm im Bestand eingesetzt werden darf, bis die Dauer der maximalen Ausscheidung der Impfviren von geimpften Tieren überschritten ist. Wie lange die Impfstoffausscheidung erfolgt wird vom jeweiligen Impfstoffhersteller im Beipacktext angegeben. Eine Übersicht zu den in Österreich zugelassenen modifizierten Lebendimpfstoffen gegen PRRSV kann Tabelle 1 entnommen werden.
Stabilisierung PRRS-positiver Bestände Sofern die geforderten Biosicherheitsmaßnahmen in PRRSV-positiven Betrieben umgesetzt werden und der Betrieb am ÖTGD Programm „Impfprophylaxe beim Ferkel“ teilnimmt, können LandwirtInnen künftig
Tabelle 1: In Österreich zugelassene modifizierte Lebendimpfstoffe gegen PRRSV. 22 | Tiergesundheit | 4-2021
in die PRRSV-Impfung der Ferkel einbezogen werden. Während Impfungen von Jungsauen, Zuchtsauen und Ebern weiterhin dem Tierarzt obliegen, dürfen Impfstoffe zum Einsatz beim Ferkel künftig also vom Betreuungstierarzt an die Landwirte, die die geforderten Kriterien erfüllen, abgegeben werden. Das PRRS-Programm für Ferkelproduktionsbetriebe zielt natürlich auch darauf ab, dass möglichst viele Betriebe eine Verbesserung ihres PRRS-Status anstreben und erreichen. Eine Stabilisierung von PRRSpositiven Beständen ist durch die gesetzten Biosicherheits- und Impfmaßnahmen auch zu erwarten. Demnach sind die geforderten Impfmaßnahmen nicht dauerhaft umzusetzen, sondern es steht Betrieben offen, den Erfolg der Stabilisierungsmaßnahmen frühestens sechs Monate nach Umsetzung der Maßnahmen zu überprüfen. Eine stufenweise Vorgehensweise zur Überprüfung der Stabilität des jeweiligen Bestandes kann dem veröffentlichten Programm entnommen werden.
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Schweineproduktion in Großbritannien
Die britische Schweineproduktion macht im Herbst 2021 wegen eines großen Rückstaus am Schlachtschweinemarkt Schlagzeilen. Der Verband Österreichischer Schweinebauern (VÖS) hat bei Branchenkenner Charlie Dewhirst, dem Senior Policy Advisor der britischen Interessensvertretung National Pig Association (NPA), nachgefragt. Ökonomie und Handel Schweineproduktion ist in Großbritannien grundsätzlich anders strukturiert als in Österreich. Im Jahr 2020 betrug der gesamte Schweinebestand in Großbritannien 5,1 Millionen Schweine, davon 402 000 Zuchtsauen. Der Bestand verteilt sich auf über 10.500 schweinehaltende Betriebe, von denen jedoch nur wenige Hundert marktrelevant produzieren. Der Wert des Schweinesektors beläuft sich auf jährlich £ 1,6 Mrd. (€ 1,9 Mrd.). Berücksichtigt man auch die nachgelagerte Industrie, generiert die britische Schweineindustrie jährlich sogar £ 14,0 Mrd. (€ 16,5 Mrd.). Der Selbstversorgungsgrad für Schweinefleisch liegt in Großbritannien bei lediglich 40 %. Als Gründe nennt Experte Charlie Dewhirst das Verbot der Einzelhaltung von Sauen, das 1999 ohne adäquate Übergangsperioden oder staatliche Unterstützungen umgesetzt wurde, und somit einen Rückgang der bri24 | Reportage | 4-2021
tischen Schweineproduktion um 50 % verursachte. Als Reaktion spaltete sich damals auch die National Pig Association (NPA) von der etablierten Bauernvertretung National Farmers Union (NFU) ab, um den britischen Schweinebetrieben eine stärkere Stimme zu verleihen. Aktuell vertritt die NPA über 300 Mitgliedsbetriebe, die den Großteil der britischen Produktion abdecken. Jährlich werden in Großbritannien etwa 9 Mio. Schweine geschlachtet. Knappe 30 % der heimischen Produktion (224 000 t) werden exportiert – überwiegend nach Fernost. Um den jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch von knapp 25 kg Schweinefleisch trotz des niedrigen Selbstversorgungsgrades decken zu können, importiert Großbritannien jährlich 446 000 t Schweinefleisch – zu einem Großteil aus Dänemark und Deutschland. Der Export nach China und andere asiatische Länder hat enorm unter Covid gelitten, da wegen Krankheitsfällen in Schlachtbetrieben oft automatisch die Exportlizenzen entzogen wurden.
Geographie und Haltung Die Regionen mit der größten Schweinedichte befinden sich in Yorkshire und East Anglia, zwei Regionen im Osten und NordOsten Englands. Großbritannien hat mit 40 % der Produktion einen enorm hohen Anteil an Freilandhaltung. Diese Form der Haltung wird vor allem in flachen Gebieten mit schlechten Ackerböden betrieben. Britische KonsumentInnen fragen diese Form der Haltung stark nach, und bezahlen einen Aufpreis von knapp 25 % zum Grundpreis. Eine große Herausforderung der Freilandhaltung ist laut Dewhirst der Widerspruch zwischen verbessertem Tierwohl und gleichzeitig schlechterer Umweltwirkung durch das fehlende Düngermanagement in diesen Systemen. Eine weitere Besonderheit der britischen Schweineproduktion ist der weitgehende Verzicht auf das Kastrieren männlicher Ferkel. Dieser lässt sich im Wesentlichen durch die deutlich niedrigeren Schlachtgewichte
von knapp 90 kg erklären – die Tiere werden geschlachtet, bevor ein großes Risiko für Ebergeruch auftritt. Der vollperforierte Boden ist laut Dewhirst kein allzu großes politisches Thema. Großen politischen Druck gibt es allerdings im Bereich des Schwanzkupierens und beim Ferkelschutzkorb. Angriffe von radikalen Tierrechtsgruppen auf Betriebe entlang der Wertschöpfungskette der Schweineproduktion sind auch in Großbritannien keine Seltenheit.
Aktuelle Situation Im Herbst 2021 erreichte eine Vielzahl an Medienberichten über bevorstehende Massenkeulungen aufgrund von CO2- und Fachkräftemangel die deutschsprachige Medienlandschaft. Insbesondere eine flapsige Aussage des Premierminister Boris Johnson zu einem Journalisten („Es tut mir Leid, es Ihnen mitteilen zu müssen […] aber in unserer Lebensmittelindustrie werden viele Tiere getötet.“) befeuerte die Debatte. Im Gespräch mit Branchenexperte Charlie Dewhirst ergab sich ein Bild einer komplexen Problemsituation. Der erste Rückschlag für die Schlachtkapazität kam mit dem Rückgang von Schweinefleischexporten nach Asien aufgrund der Covid-19-Pandemie. Export war in der Vergangenheit mit sehr geringem Arbeitsaufwand verbunden, da die Schlachtkörper in der Regel nur in sechs Teile zerlegt und verschifft wurden. Der Absatz am Inlandsmarkt war somit mit einem erhöhten Zerlegeaufwand verbunden. Durch die Aufhebung der Reisebeschränkungen kam es im Sommer 2021 zu einer massiven Abwanderung von osteuropäischen Arbeitskräften aus
Großbritannien. Dewhirst sieht hier einen größeren Zusammenhang mit der Covid19-Pandemie, als mit dem Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union. Da die britische Schlachtindustrie in der Vergangenheit zu 60 bis 80 % Facharbeiter aus Osteuropa beschäftigte, verursachte die Abwanderung vieler Osteuropäer einen signifikanten Rückgang der Schlachtkapazität auf derzeit 85 %. Der Rückstau an schlachtreifen Schweinen betrug zum Redaktionsschluss 150 000 Tiere und wuchs wöchentlich um 15 000 Tiere an. Viele Landwirte und Landwirtinnen sehen keinen Ausweg und befürchten, ihre Tiere keulen zu müssen – ein wirtschaftliches und moralisches Desaster. Eine weitere Katastrophe wartet allerdings bereits auf die britische Schweineproduktion: das zur Betäubung der Schweine am Schlachthof benötigte CO2 droht auszugehen. CO2 fällt in erster Linie als Nebenprodukt der Düngemittelproduktion an. Da diese aufgrund der hohen Energiepreise
allerdings stillsteht, muss die britische Regierung die CO2-Produktion aktuell künstlich am Leben halten. Sollte diese Finanzierung ausfallen, ist mit einem Rückgang der Schlachtkapazität auf ca. 40 % zu rechnen, da auf die zeitintensive Elektrobetäubung umgestellt werden müsste. Dies würde den Rückstau am Schlachtschweinemarkt noch weiter zuspitzen und wäre wohl eine unvergleichliche Katastrophe für die britische Schweineproduktion. Die Interessensvertretung versucht indes erleichterte Einreisebestimmungen für geschultes Schlachthofpersonal aus Südostasien und Südamerika zu erwirken. Diese Forderung steht allerdings in einem ideologischen Konflikt mit dem einwanderungskritischen Kurs der konservativen Regierungspartei. Im Landwirtschaftsministerium ist allerdings ein großes Problembewusstsein vorhanden und es wird mit Hochdruck nach Lösungen gesucht. VÖS-Redaktion
Freilandhaltung ist in Großbritannien weit verbreitet und ein gängiges Haltungssystem. © Pig World
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Tierwohl – Stallbau: Umbauund Neubaulösungen
Ing. Johannes Spangel, ABL Bauberatung NÖ Lanwirtschaftskammer
Der Begriff „Tierwohl“ prägt zunehmend die öffentliche Wahrnehmung. Auch in der Nutztierhaltung werden in allen Bereichen Diskussionen über die bestehende Praxis geführt. Die Anforderungen dafür regelt in Österreich das Bundestierschutzgesetz mit der Nutztierhaltungsverordnung.
Grundsätzlich ist jeder Nutztierhalter auch im wirtschaftlichen Interesse bemüht, bestes Wohlergehen seiner Nutztiere zu gewährleisten. Über die Vorgaben hinaus gibt es sehr viele Programme, die genauere und höhere Vorgaben für die Haltung regeln. Das bekannteste dafür ist das AMA-Gütesiegel, welches von der Geburt bis zum Konsum fast ausschließlich österreichische Herkunft garantiert. Verarbeiter und Lebensmittelkonzerne haben eigene Programme und Marken entwickelt, um dem gesellschaftlichen Trend von mehr Tierwohl gerecht zu werden. Für die tierhaltenden Betriebe bedeutet das oft höhere Investitionskosten und mehr
Arbeit bei oft unklaren und unsicheren Abgeltungen dafür. Jeder Betrieb sollte vorab genau abklären, ob die höheren Aufwendungen für seinen Betrieb machbar sind und auch zur Gänze abgegolten werden. Die LK NÖ Schweineberatung bietet dazu ausführliche Unterstützung und Beratung. Ist für SchweinehalterInnen der Einstieg in ein Tierwohlprogramm ein möglicher Schritt der Weiterentwicklung, sind nach wirtschaftlicher Abklärung die Möglichkeiten im Stallbau zu erörtern. Im Anschluss werden unterschiedliche Ausführungsbeispiele für den Neu- und Umbau eines Tierwohlstalles dargestellt und beschrieben.
Auf planbefestigten Flächen sollte ausschließlich trocken gefüttert werden. © Spangel
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Pigport Seit über 20 Jahren greifen LandwirtInnen beim Bau eines Außenklimastalles gerne auf das Pigportsystem zurück. Unter den verschiedenen Baureihen wurde in den letzten Jahren vermehrt das Pigport 3 System gewählt. Das Stallgebäude besteht aus einer Leichtkonstruktion (meist Holzbau) mit einem isolierten Dach oder einem Kaltdach (Überhitzung). Großzügige Zu- und Abluftelemente ermöglichen vor allem im Sommer einen guten Luftaustausch. Im Stallinneren befindet sich der Bedienungsgang, der planbefestigte Liegebereich und der perforierte Fressbereich. Der anhebbare Kistendeckel sorgt für ein angenehmes Kleinklima im Liegebereich. Der Auslauf regt die Tiere zum Absetzen von Kot und Harn an und gibt dem System zusätzliche Sicherheit. Um einer Systemumkehr (Verschmutzung der Liegefläche) vor allem in den heißen Monaten vorzubeugen, sollte der Auslauf Richtung Süden gerichtet und großteils unüberdacht sein. Der Spaltenboden im Fressbereich ermöglicht die Anordnung der Tränken im frostsicheren Stallinneren. Eine weitere häufig gewählte Stallform vor allem im Biobereich aber auch seit neuesten im konventionellen Bereich ist der Pigport 5. Im Gegensatz zum Pigport 3 sind alle Bereiche mit einem geschlossenen Boden ausgeführt. Die Kotbereiche werden mittels Frontlader oder Hoftrac entmistet. Je nach Einstreumenge entsteht dabei Gülle oder Festmist, was Entmisten verursacht. Im Vergleich zum Pigport 3 ein nicht zu unterschätzender Mehraufwand. Oberflurschieber können helfen den Arbeitsaufwand zu verringern. Dabei muss aber auf einige Aspekte wie z. B. Frost, Verletzungsgefahr (an der Buchtentrennwand), Rutschfestigkeit Rücksicht genommen werden.
Gedämmte Liegehütte Im Stallinneren befindet sich ein Bedienungsgang und der planbefestigte Liegebereich. Durch eine gedämmte Gebäudehülle kann auf den Kistendeckel verzichtet werden. Im Anschluss befindet sich der Fressbereich im Auslauf. Dieser ist überdacht und wird meist planbefestigt ausgeführt. Im klein gehaltenen Kotbereich gewährleisten Kunststoffspalten guten Durchtritt. Eine Spülleitung oder Unterflurschieber sorgen für einen sauberen Güllekanal. Durch einen Unterflurschieber kann eine Kot- und Harntrennung erfolgen. Dies bewirkt eine große Emissionsminderung.
Tiefstreusystem Neugebaute Tiefstreusysteme werden meist mit Ausläufen gebaut. Wie auch bei allen anderen Systemen regt der Auslauf zum Koten an. Somit bleibt die Tiefstreu im Stallinneren halbwegs sauber und die Ammoniakbelastung für Mensch und Tier hält sich in Gren-
zen. Je nach Belegdichte und Einstreumenge wird der Auslauf meist einmal wöchentlich und der Liegebereich im Stallinneren einmal monatlich entmistet. Eine gute Strohqualität ist bei Tiefstreusystemen ein Muss. Verpilzung und hohe Staubbelastung können der Gesundheit der Schweine schaden. Technische Unterstützung für eine Reduzierung des Staubanteiles bieten Ionisierungslampen sowie eine Entstaubungsanlage für das Stroh.
führt. Klassische Unterdrucklüftungen sind für diese Stallsysteme nicht zu empfehlen. Durch den Falschlufteintrag über die Auslauftüren kommt es zum Zug. Bei Sommerluftraten lassen sich die Auslauftüren schwer öffnen. Eine bessere jedoch auch um einiges teurere Belüftungsmöglichkeit des Stalles bietet die Gleichdrucklüftung.
Kurz gefasst Warmstall mit Auslauf Der Zubau eines Auslaufes an einen bestehenden Warmstall bietet eine einfache Möglichkeit zur Erhöhung des Tierwohls und somit zur Teilnahme an einem Vermarktungsprogamm. Genauso gut eignet sich dieses System auch für einen Neubau. Der Stall wird klassisch als Warmstall ausgeführt und bietet den Tieren den Mindeststandard. Durch den Auslauf wird das System den Anforderungen der Tierwohlprogramme gerecht. Dieser wird entweder als Teilspaltensystem oder vollständig planbefestigt ausge-
Pigportsystem: Innen- und Außenansicht. © Spangel
Damit den Tieren auch wirklich erhöhtes Tierwohl geboten werden kann und sich auch der Betreuungsaufwand im Rahmen hält ist es entscheidend, dass die Tiere die einzelnen Funktionsbereiche (Liege-, Fressund Kotbereich) einhalten. Dazu sollte jedes Stallsystem genau geplant sein.
Stallbautag
zum Thema „Tierwohlpackt Schweinemast – stallbauliche Auswirkungen“ am 2.12.2021 in Großmeißeldorf Nähere Informationen unter bauberatung@lk-noe.at
Innen- und Außenansicht eines Tiefstreusystems. © Spangel 4-2021 | Stallumbauten | 27
Analysieren lohnt sich – „ x Daumen“ war gestern
Reinhard Puntigam Uni-Rostock © Puntigam
Das Ziel der Tierernährung besteht in der effizienten Umwandlung von Futtermittel bzw. deren beinhalteten Nährstoffe in hochwertige tierische Lebensmittel unter Aufrechterhaltung der Tiergesundheit sowie Berücksichtigung ökonomischer und ökologischer Aspekte (vorrangig N- und P-Ausscheidung). Somit gilt es über die Kombination von Einzelfutter- wie auch Ergänzungs- und Mineralfuttermittel im Zuge der Rationskalkulation ein Alleinfuttermittel zu errechnen, zu mischen und schlussendlich zu verfüttern welches den Nährstoffbedarf der Tiere zum jeweiligen Lebens- und Leistungsabschnitt optimal deckt. Ein „zu wenig“ schlägt sich in einer reduzierten tierischen Leistungsfähigkeit nieder, wohingegen ein „zu viel“ ausgeschieden werden muss und sich nachteilig auf die Tiergesundheit, Ökologie und Ökonomie auswirkt. Der Bedarf an Nährstoffen Die Erforschung und Dokumentation des Bedarfs an Nährstoffen eines Schweins stellt über die letzten Jahrzehnte einen sehr wichtigen Aspekt innerhalb der Agrarwissenschaft dar. Eine Vielzahl an Fütterungsversuchen wurde in Bedarfsempfehlungen z.B. Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung von Schweinen der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GfE, 2006), wie auch in der Veröffentlichung „Nutrient Requirements of Swine“ des National Research Council (NRC, 2012) zusammengeführt und stellt das „SOLL“ an Nährstoffen im Zuge der Rationskalkulation dar.
Julia Slama Hochschule f. Agrar- u. Umweltpädagogik © Slama
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Das Liefervermögen an Nährstoffen Um dieses „SOLL“ bestmöglich abzudecken gilt es Futtermittel optimal zu kombinieren. Dazu ist es erforderlich den Nährstoff- und Energiegehalt, sowie deren Verfügbarkeit = Verdaulichkeit der jeweiligen Einzelfuttermittel bestmöglich einzuschätzen. Auch hierzu gibt es eine Fülle an Veröffentlichungen und auch Rationsberechnungsprogramme (z.B. von Sauvant und Kollegen, 2004; NRC, 2012; https://www.feedipedia.org/; Zifo2 etc.) in denen eine Vielzahl an Daten zusammengefasst wurde. Ganz bedeutend hierzu ist jedoch die Frage: Wie gut stimmt der angegebene Tabellenwert mit jenem meines Einzelfuttermittels, z.B. mit hofeigenem Körnermais etc. überein? Folglich wird in der Tabelle 1 beispielhaft ein ausgewählter Überblick zum Nährstoffgehalt bei Körnermais unterschiedlicher Quellen veranschaulicht. Wie ersichtlich, unterscheiden sich die Literaturangaben zum Gehalt der angeführten Nährstoffe geringfügig voneinander, was auf einem sehr großen Probenumfang (hunderte bis tausende) zurückzuführen ist. Demgegenüber konnte mit einer Arbeit von Rodehutscord und Kollegen (2016) im Zuge des Projektes „GrainUP“ die deutliche Variabilität im
Nährstoffgehalt zwischen verschiedenen Sorten einer Getreideart nachgewiesen werden. Hierzu wurden von einigen Getreidearten eine Vielzahl an Genotypen / Sorten nährstofflich charakterisiert. Über alle Maisgenotypen hinweg (27) konnte eine durchschnittliche Trockenmasse von 903 g/kg, ein durchschnittlicher Rohproteingehalt von 93,5 g/kg (Minimum: 78,1; Maximum: 112) sowie ein durchschnittlicher Lysingehalt von 2,98 g/kg (Minimum: 2,51; Maximum: 3,53) nachgewiesen werden. Es herrschte somit eine deutliche Variabilität obwohl die ackerbaulichen Einflüsse (Düngung etc.) jeweils ident waren. Dieser Umstand verdeutlich, dass Literaturangaben als Orientierungswerte für die Einschätzung des Gehalts an Nährstoffen von Einzelfuttermittel sehr gut geeignet sind, jedoch kann man, wie an den Minimum- und Maximum-Gehalten an Rohprotein sowie des Lysins zu erkennen ist, eine „Über- bzw. Unterschätzen“ des Nährstoffliefervermögens nur bedingt ausschließen.
Der Proteingehalt von Sojafutter Dass auch Sojafuttermittel gewissen Schwankungen unterliegen, wird mit Abb. 1 veranschaulicht. Dargestellt sind der Gehalt an Rohprotein und Lysin der am LVFZ Schwarzenau (Quelle: Dr. Preißinger, LfL) in den Jahren 2017 bis 2019 angelieferten Sojaextraktionsschrote. Auch hier ist eine deutliche Streuung zu erkennen, die sich bei einer Fehleinschätzung im Zuge der Rationsberechnung deutlich auf die tierische Leistungsfähigkeit auswirken kann.
Der rechtliche Rahmen Die rechtliche Regelung für gewisse Schwankungen bzw. Toleranzen analytischer Bestandteile und Futtermittelzusatzstoffe in Einzel- und in Mischfuttermitteln sind in der EU-Verordnung 2017/2279 festgehalten. Werden demnach im Sojaschrot 41,2 %
Rohprotein analysiert und 44 % wurden dafür angegeben (deklariert), ist die Lieferung nicht zu beanstanden, da die in diesem Fall die zulässige Toleranz von 3 % (absolut = 30 g) für den Gehalt an Rohprotein nicht unterschritten wurde (44 % Rohprotein - 3 % = 41,0 %). Darüber hinaus gilt es zusätzlich einen klar definierten Analysenspielraum einzuhalten, z.B. für einen Gehalt an Rohprotein zwischen 25,0 und 52,0 %: Analysenspielraum ± 4 % relativ; (Quelle: VDLUFA). Wie deutlich sich Streuungen im Rohproteingehalt von Einzelfuttermittel auf die Rationsgestaltung in der Ferkelaufzucht auswirken können, soll mit folgendem Beispiel veranschaulicht werden. Kalkuliert wurde eine Ferkelaufzuchtration (Tabelle 2) unter Ein-
satz von optimal aufbereitetem Sojakuchen. Dabei wurde ein Gehalt an Rohprotein in der Ration von 163,2 g/kg auf Basis der Analyse mittels NIRS errechnet (roter Punkt, Abb. 2). Aus einem vorangegangenen Projekt wurden eine Vielzahl an Sojakuchen beprobt, mittels NIRS analysiert und diese Ergebnisse wurden ebenfalls für die in Abb. 2 dargestellte Modellkalkulation genutzt. Jeder grüne Punkt stellt die idente Zusammenstellung der angeführten Ration dar (Tabelle 2), wobei ausschließlich die unterschiedlichen Sojakuchenvarianten eingesetzt wurden. Wie ersichtlich herrschen deutliche Schwankungen, welche von ca. 144 bis knapp 170 g/kg an Protein in der Ferkelaufzuchtration reichen.
Tabelle 1: Gehalt an Nährstoffen von Körnermais aus Literaturquellen (in 880 g TM). © LfI Bayern Zifo2; NRC 2012; Sauvant et al. 2004
Abb. 1: Gehalt an Rohprotein und Lysin in angelieferten Sojaextraktionsschroten aus den Jahren 2017 bis 2019. © Puntigam/Slama
Fazit Mit den dargestellten Beispiel lässt sich sehr deutlich die Wichtigkeit der Rationskalkulation auf Basis analysierter Werte (nasschemisch oder mittels NIRS) unterstreichen, um eine bedarfsgerechte Nährstoffversorgung sicher zu stellen. Die richtige Beurteilung des Nährstoffliefervermögens stellt somit die Grundlage für ein erfolgreiches Fütterungskonzept sowohl hinsichtlich ökonomischer wie auch ökologischer Aspekte dar und leistet einen wertvollen Beitrag zur Tiergesundheit.
Tabelle 2: Beispieltabelle für Ferkelaufzucht. © Puntigam/Slama
Abb. 2: Variierender Gehalt an Rohprotein in Ferkelaufzuchtrationen in Abhängigkeit der eingesetzten Sojakuchenvariante.
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VÖS Aktuell LeserInnen-Befragung Die Umfrage zur Zufriedenheit unserer Leserschaft ist nun abgeschlossen. Wir bedanken uns herzlich bei allen TeilnehmerInnen und freuen uns, dass das VÖS Magazin zusammenfassend ein gutes Feedback bekommen hat.
Das Ergebnis der VÖS-Magazin-Umfrage ist Bestätigung und Auftrag zugleich. © VÖS
Frau Anna Feichtiger aus Schildorn ist eine der fünf glücklichen GewinnerInnen. © VÖS
Natürlich werden wir uns bemühen, den gesammelten Anregungen und Wünschen entgegen zu kommen um das VÖS Magazin in Zukunft weiter zu verbessern. Außerdem dürfen wir den GewinnerInnen der fünf PIG Austria Gutscheine im Wert von je € 100,ganz herzlich gratulieren.
Ein herzliches Dankeschön an Herrn Dr. Peter Knapp und PIG Austria für die Zurverfügungstellung der Gutscheine. Sie lesen von uns! Ihr VÖS Magazin Redaktionsteam
Neuer Obmann im Burgenländischen Ferkelring und Schweinezuchtverband Am 15.09.2021 fand im Gasthaus Janits die Generalversammlung des Burgenländischen Ferkelringes und Schweinezuchtverbandes statt. Neben den Berichten zur aktuellen schwierigen Lage am Schweinesektor standen auch Neuwahlen am Programm. Nach mehr als 30-jähriger Obmannschaft legte Ök.-Rat Anton Binder sein Amt als Obmann zurück und übergab an Andreas Leidl. Auch der lang gediente Vorstand Helmut Poller wurde abgelöst. Im Rahmen der Generalversammlung bedankte sich KAD-Stv. DI Franz Vuk bei den scheidenden Funktionären, für deren langjährige ehrenamtliche Tätigkeit im Schweinesektor und verwies auf die Wichtigkeit der Aufrechterhaltung der regionalen burgenländischen Schweineproduktion, welche eine Wertschöpfung von 13 Millionen Euro im Burgenland erwirtschaftet. Ehrenobmann Anton Binder hat durch sein Engagement die Entwicklung der bgld. Schweinewirtschaft über Jahrzehnte mitgeprägt. Für diesen Einsatz gebührt ihm Respekt und Anerkennung. Ök.-Rat Anton Binder wurde in Anerkennung seiner Verdienste um die burgenländische Schweinehaltung von der Generalversammlung zum Ehren30 | VÖS Aktuell | 4-2021
obmann gewählt. KAD-Stv. DI Franz Vuk wünschte dem neugewählten Vorstand viel Erfolg für die auf ihn zukommende herausfordernde Tätigkeit im Verband. Der neu gewählte Vorstand setzt sich wie folgt zusammen:
Obmann: Andreas Leidl Obmannstellvertreter: Norbert Binder Vorstände: Peter Binder, Werner Eder, Georg Grabenhofer Ing. Wolfgang Pleier
Der neu gewählte Vorstand v.r.n.l.: Tierzuchtdirektor KAD-Stv. DI Franz Vuk, Bürgermeister Anton Wiedenhofer, Ehrenobmann Ök.-Rat Anton Binder, Obmann Andreas Leidl, Geschäftsführer Ing. Wolfgang Pleier. © LK Burgenland
© Vetta/LANDWIRT
Das war die Freilandtagung 2021 Die FREILAND-Tagung ist „eine der traditionsreichsten interdisziplinären, wissenschaftlichen Nutztierethologie-Fachtagung im deutschsprachigen Raum“zum Thema Nutztierhaltung mit Fokus auf die biologische Wirtschaftsweise, die sich nicht nur an WissenschaftlerInnen, sondern auch an LandwirtInnen und BeraterInnen richtet. Die 28. Freilandtagung fand aufgrund der Covid-Pandemie als Hybridveranstaltung statt – die eine Hälfte der TeilnehmerInnen fand sich im Hörsaal der Universität für Bodenkultur (BOKU) ein, die andere Hälfte war per Videokonferenz zugeschaltet. Nach einer Begrüßung und einleitenden Worten durch Tagungsorganisator Reinhard Geßl und Rektor Hubert Hasenauer eröffnete Univ. Prof. Werner Zollitsch den ersten Vortragsblock. Nach einer Kaffee-Pause mit Obst und Bio-Joghurt lauschte das Publikum gespannt dem Vortrag zu stressreduzierten Schlachtverfahren von Frau Dr. Anet Spengler Neff vom Schweizer Forschungsinstitut für biologischen Landbau. Im Anschluss begeisterte Metzgermeister und Landwirt Fred Zehetner mit einem bewegenden Praxisbericht zur Schlachtung im gewohnten Lebensumfeld von Rindern die Zuhörerschaft. Abgerundet wurde der zweite Vormittagsblock mit einem Vortrag von Dr. Barbara Leeb (TGD OÖ), der sich mit dem Thema „Nottötung beim Schwein“ beschäftigte. Wer sich zu diesem Thema näher informieren möchte, findet im VÖS Magazin 03/2020 auf Seite 20 einen ausführlichen Artikel von Dr. Barbara Leeb. Außerdem steht zu diesem Thema eine umfassende LFI-Broschüre online zur Verfügung.
Gestärkt durch einen Bio-Schweinsbraten ging es in den ersten Nachmittagsblock mit Schwerpunkt auf Geflügelhaltung. Den zweiten Vortragsblock eröffnete Dr. Erik Schmid, Fachtierarzt für Tierhaltung und Tierschutz mit einem äußerst kritischen Vortrag zur Nutztierhaltung in dem die Reduktion der Produktionsmenge, Verbesserung der Haltungsbedingungen und (teilweiser) Ersatz der tierischen Produkte klar gefordert wurden – praxistaugliche Umsetzungsvorschläge blieb er dem Publikum allerdings schuldig. Gleich im Anschluss bot Thomas Reisecker einen praxisnahen Einblick in den Alltag eines österreichischen konventionellen Schweinemästers. Darin ging er auf die vielfältigen Herausforderungen der Schweinebauern und -bäuerinnen ein, die aktuell immer öfter öffentlicher Kritik ausgesetzt sind. Die konventionelle Haltung von Tieren soll die Produktion leistbarer Lebensmittel für die österreichischen KonsumentInnen bezwecken, ohne dass dabei das Tierwohl zu kurz kommt. Es darf nicht vergessen werden, dass hinter jedem Betrieb ein Mensch steht, welcher sich dieses System überlegt, finanziert und umgesetzt hat. Eine Änderung des Betriebs-
systems ist oft nicht von jetzt auf gleich möglich, selbst wenn der Wunsch danach groß ist. Eine ausführliche Betriebsreportage zum Betrieb von Thomas Reisecker finden Sie im VÖS-Magazin 03/2021 auf Seite 22. Abschließend gewährte Dr. Michael Blass noch einen Einblick in seine Funktion als Geschäftsführer der Agrarmarkt Austria Marketing GesmbH. Nähere Infos zum Thema AMA-Masterplan und Fokus auf das Nutztier Schwein können im aktuellen Interview auf Seite 6 nachgelesen werden. Im Anschluss genossen die TagungsteilnehmerInnen noch anregende Unterhaltungen bei Brot und Wein. Der VÖS bedankt sich herzlich bei Reinhard Geßl und seinem Team für die Planung und gelungene Umsetzung einer sehr spannenden Fachtagung. Links: http://www.freiland.or.at/freiland-tagung/28-freiland-tagung/ Nottötung beim Schwein Broschüre http://www.noe-tgd.at/fileadmin/pdf/ Fachbeitraege/2021_Nottoetung_von_ Schweinen_endgueltig.pdf 4-2021 | Bericht | 31
© Garant
DI Markus Mader Garant © Cisar
Zuchtsauen optimal versorgen – bedarfsgerechte Fütterung von der Belegung bis zum Absetzen Eine bedarfsgerechte Versorgung der Zuchtsau ist der Grundstein einer erfolgreichen Ferkelproduktion. Dieser Artikel gibt eine Übersicht über neue und etablierte Eckpunkte einer modernen Sauenfütterung. Um den Ansprüchen der Zuchtsau in jeder Leistungsphase gerecht werden zu können, empfiehlt sich, die differenzierte Betrachtung von vier Zeitabschnitten. Diese sind Leerzeit, Trächtigkeit, Geburtsvorbereitung und Säugezeit.
Leerzeit Zwischen Absetzen und Belegung können mittels hoher Energie- und Vitaminzufuhr die Ovulationsrate erhöht und die Rauschesymptome verstärkt werden. Wichtig ist bei dieser Flushingfütterung, dass die zusätzliche Energiemenge vorrangig aus Stärke und Zucker und nicht aus Fett kommt. Säugefutter ist durch seinen hohen Proteingehalt darauf ausgelegt die 32 | Fachartikel | 4-2021
Milchproduktion der Sau zu fördern und eignet sich daher nicht als Flushingfutter.
Trächtigkeit Tragende Sauen haben im Allgemeinen einen geringen Nährstoffbedarf. Um diesen zu decken, ist nur wenig Futter notwendig. Um aber trotzdem satte, ruhige Sauen im Stall stehen zu haben, kommt in dieser Phase der Faserausstattung des Futters große Bedeutung zu. Moderne Tragefutterrationen enthalten daher einen Mix aus mehreren Faserquellen mit unterschiedlichsten Eigenschaften, um eine anhaltende Sättigung der Sauen zu erreichen. Einerseits werden stark quellfähige Komponenten wie Lignozellulosen und Wei-
zenkleie benötigt. Diese vergrößern im Magen ihr Volumen um ein Vielfaches und führen so zu einer mechanischen Sättigung. Andererseits können bakteriell fermentierbare Faserquellen wie Trockenschnitte und Sojaschalen von der Bakterienflora im Dickdarm zu Fettsäuren abgebaut werden. Diese werden als Energiequelle in den Blutkreislauf aufgenommen und bewirken über diesen Weg auch ein chemisches Sättigungsgefühl. Während der Tragezeit ist es wichtig, die in der letzten Laktation eingeschmolzenen Fettreserven der Zuchtsauen rasch wieder aufzufüllen. Im Optimalfall geschieht dies bereits während des ersten Trächtigkeitsmonats über eine erhöhte Energiezufuhr durch entsprechende Zuschläge zur Futterkurve.
Um die beim Mastschwein gewünschten hohen Magerfleischprozente zu erzielen, müssen auch die Zuchtsauen ein großes Potential für hohen Fleischansatz mitbringen. Sie zeigen daher auch bei sehr guter Kondition nur geringe Fettauflagen. Bei diesen Tieren wird während der Säugezeit neben Fett oftmals auch Muskelmasse abgebaut. Während für den Wiederaufbau der Fettdepots eine Erhöhung der Energiezufuhr ausreicht, wird für den Aufbau von Muskeln eine erhöhte Zufuhr von Eiweiß bzw. den darin enthaltenen essenziellen Aminosäuren benötigt. Um dies zu erreichen empfiehlt sich im Tragefutter eine moderate Erhöhung des Lysins/Energieverhältnisses gegenüber bisherigen Empfehlungen.
Geburtsvorbereitung Die Transitphase stellt eine herausfordernde Zeit für die Sau dar. Neben einer starken Belastung des Stoffwechsels durch die kurz vor der Geburt stark wachsenden Föten und einer hormonellen Vorbereitung auf die nahende Geburt, wird in dieser Phase in vielen Betrieben auch das Futter umgestellt um Sau und Ferkel ausreichend versorgen zu können. Anstelle des nährstoffarmen und faserreichen Tragefutters erhalten die Sauen energiereiches, faserarmes Säugefutter. Doch gerade in der Transitphase ist eine ausreichende Versorgung des Verdauungstraktes mit quellfähiger und fermentierbarer Faser besonders wichtig. Denn nur dadurch kann Verstopfung und damit einhergehenden Problemen mit MMA effizient vorgebeugt werden. Dazu sollte das Säugefutter mit ausreichend Faser (mind. 4,5-5,0 % XF) ausgestattet sein. Futtermittellieferanten bieten oft noch zusätzliche Ergänzungsfutter-
mittel. Diese Top-dressing Produkte zur Geburtsvorbereitung enthalten wichtige Vitamine, Nähr- und weitere Zusatzstoffe für eine optimale Geburtsvorbereitung. Wo die Umsetzung technisch möglich ist, kann ein speziell abgestimmtes, separates Geburtsfutter vorgelegt werden.
Säugezeit Ziel der Fütterung in der Säugezeit ist das Erreichen einer größtmöglichen Futter- bzw. Nährstoffaufnahme ab ca. dem zehnten Säugetag. So kann der Gewichtsverlust der Sau möglichst gering gehalten werden. Um eine hohe Futteraufnahme gewährleisten zu können, muss der Stoffwechsel der Sau bestmöglich entlastet werden. Durch die Zugabe von fünf synthetischen Aminosäuren (Lysin, Methionin, Threonin, Tryptophan, Valin) kann der Rohproteingehalt in modernen Säugerationen deutlich abgesenkt werden. Das entlastet den Stoffwechsel der Sau und senkt nebenbei durch die Einsparung an Soja auch noch die Futterkosten. Auch während der Säugezeit fördert eine Mindestausstattung an Faser (mind. 4,5 % XF) Verdauung und Wohlbefinden der Sau. Eine erhöhte Faserausstattung führt jedoch naturgemäß zu einer Verdünnung der erwünschten hohen Nährstoffdichte im Säugefutter. Um diesen Konflikt bestmöglich zu lösen, können hochkonzentrierte Faserträger wie Lignozellulose verwendet werden. Dadurch werden in der Ration nur geringe Anteile an nährstoffhaltigen Komponenten verdrängt. Eine alternative Möglichkeit bietet der Einsatz von extrudierter Leinsaat. Diese enthält neben einem hohen Anteil an quellfähiger und fermentierbarer Faser auch noch
hochwertiges Protein. Im Gegensatz zu Leinextraktionsschrot, dem in der Herstellung das enthaltene Öl bzw. Fett fast vollständig entzogen wird, enthält Leinextrudat noch den gesamten nativen Fettgehalt. Im Säugefutter dient das Fett als Energiequelle und liefert zusätzlich noch einen sehr hohen Anteil an wertvollen Omega-3-Fettsäuren. Diese unterstützen die Vitalität der Sau und das Wachstum der Saugferkel. Nebenbei kann dadurch bereits ein positiver Effekt auf die Anzahl und Qualität der Ferkel im Folgewurf erreicht werden.
Fazit Bei hochleistenden Sauen kann es während der Säugezeit neben der Einschmelzung von Körperfettreserven auch zum Abbau von Muskelmasse kommen. Um diese in der Trächtigkeit wieder aufbauen zu können, bedarf es einer Anhebung der Aminosäureausstattung im Tragefutter. Für eine optimale Faser-, Energie- und Eiweißversorgung in Transitphase und Säugezeit kann der Einsatz von extrudierter Leinsaat im Säugefutter einen wertvollen Beitrag leisten.
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Medaillons mit Käse überbacken und Erdäpfellaibchen
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Zubereitung 1. Das Schweinsfilet von Häuten, Sehnen und eventuell anhaftendem Fett befreien. 2. Dann in 6 Medaillons mit jeweils ca. 6 dag portionieren. 3. Die Medaillons mit den Händen flach drücken, salzen und pfeffern. 4. In einer Pfanne etwas Öl erhitzen, die Schweinsmedaillons darin anbraten und nach zwei Minuten wenden. Zwei weitere Minuten fertigbraten (medium). 5. Medaillons auf eine feuerfeste Platte legen, mit Paradeis-Würfel und BlauschimmelkäseStückchen (jeweils ca. 1 dag schwer) belegen und mit etwas Paprikapulver bestauben. 6. Auf die mittlere Schiene des 200 °C heißen Rohres schieben und ca. 5 bis 7 Min. überbacken.
©Rezept und Foto „Medaillons mit Käse überbacken und Erdäpfellaibchen“ Herausgeber: AMA
Erdäpfellaibchen 3 bis 4 mehlige Erdäpfel kochen, schälen, passieren und etwas abkühlen lassen. Mit zwei Eiern, Salz, Pfeffer, Muskat (und ev. Kräutern oder Ingwer) nach Geschmack zu einer geschmeidigen Masse vermengen. Daraus Laibchen formen und im heißen Fett auf beiden Seiten goldgelb backen.
Zutaten für 4 Personen ca. 35 dag. Schweinsfilet (Mittelteil) 6 dag Blauschimmelkäse 6 dag Paradeiser, geschält, gewürfelt Öl zum Anbraten Salz, Pfeffer 1 Prise Paprikapulver, edelsüß
7. Medaillons auf blanchiertem Blattspinat anrichten.
... im VÖS RÄTSEL-Stall Kreuzworträtsel rund ums Schwein 7
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1. Schröpfen heißt das Einschneiden der Schwarte, damit eine köstliche K... entsteht. 2. Schweine dürfen beim Transport zum Schlachthof nicht leiden und keine S... haben.
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3. Die kleinen Fettäderchen im Muskel, die das Fleisch saftiger und geschmackvoller machen, nennt man M... 4. Die Mehrheit der ÖsterreicherInnen (ca. 92 %) möchte nicht auf Fleisch v... 5. Der für Österreich bedeutendste Exportmarkt für Agrarwaren und Lebensmittel ist D...
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6. Das hochwertigste Fleischstück vom Schwein ist der Lungenbraten, der auch F... genannt wird. 7. Weltweit helfen Nutztiere bei der Feldarbeit und Feldfrüchteherstellung und helfen so auch bei der Armutsb...
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8. Damit das Schweinefleisch nach dem Braten zart und saftig wird, soll man es r... lassen. >9
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34 | Rezept/Rätsel | 4-2021
9. Für Schweine-Steaks kann man z. B. den „Schlussbraten“ verwenden, er ist ein Teilstück der H...
Geschäftsführerinnenwechsel bei der Nachhaltigen Tierhaltung Österreich Im Rahmen der Vorstandssitzung im Oktober 2021 wurde die Salzburgerin Ing. Johanna Prodinger, MEd. zur neuen Geschäftsführerin des Vereins Nachhaltige Tierhaltung Österreich (NTÖ) bestellt. Prodinger stammt von einem Milchviehbetrieb im Salzburger Lungau und hatte zuvor die Bildungsleitung der Rinderzucht Austria inne. „Die Herausforderungen für die kleinstrukturierten tierhaltenden Betriebe in Österreich sind groß. In Zukunft soll der Verein noch intensiver als Sprachrohr für die Sparten der Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen, Pferde und des Geflügels dienen und auf deren Interessen aufmerksam machen. Die verpflichtende Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie, der Gemeinschaftsverpflegung sowie im Tierwohl werden auch in Zukunft von Seiten des NTÖs große Aufmerksamkeit erhalten“, betont Prodinger. „Ein großer Dank gilt der ehemaligen Geschäftsführerin DI Viktoria Egger, die seit der Idee des Vereins am Aufbau mitgewirkt hat. Gemeinsam mit den einzelnen Sparten wurde der Tierzuchtpakt erarbeitet. Er dient als wichtiger Schritt für die Weiterentwicklung des Tierwohls und der Lebensmittelstandards in der heimischen Nutztierbranche“, bedankt sich NTÖ-Obmann Josef Fradler.
Über den NTÖ Die Zentrale Arbeitsgemeinschaft Österreichischer Rinderzüchter (ZAR), der Verband Österreichischer Schweinebauern (VÖS), der Österreichische Bundesverband für Schafe und Ziegen (ÖBSZ), die Zentrale Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Geflügelwirtschaft (ZAG) sowie die Arbeitsgemeinschaft Rind (ARGE Rind) und die Zentrale Arbeitsgemeinschaft österreichischer Pferdezüchter (ZAP) haben 2016 den gemeinsamen Dachverein „Nachhaltige Tierhaltung Österreich“ gegründet. Damit sollen gemeinsam die Interessen der Tierhalterinnen und Tierhalter aller Sparten vertreten und agrarpolitische Themen koordiniert behandelt werden. Rückfragen: Ing. Johanna Prodinger, MEd., NTÖ - Nachhaltige Tierhaltung Österreich, Dresdner Straße 89/18, 1200 Wien Tel.: 01/ 334 17 21 - 15, E-Mail: office@nutztier.at www.nutztier.at
V.l.n.r.: Josef Fradler, Viktoria Egger, Johanna Prodinger und Roland Taferner. © NTÖ 4-2021 | Bericht | 35