Brombeerrot und sattelfest Unter den Hufen der Pferde erzittert der Boden, über den Köpfen das Eichenfass auch, denn – Klong! – wieder hat eine der Damen mit dem Knüppel zugeschlagen. Damen? Aber ja! Flott in brombeerrot und schwarz gekleidet, elegant anzusehen beim sattelfesten Ritt auf ihren geschmückten Pferden, galoppieren sie wie junge Göttinnen über die Borner Festwiese, um der Eichentonne den Garaus zu machen. Mit „Aah“ und „Ooh“ und Szenenapplaus fiebern die Besucher:innen und Gäste an der Reitbahn mit, charmant und kurzweilig moderiert von DJ Erwin. Aber von vorn. Die Tradition des Tonnenabschlagens reicht, soweit es zu belegen ist, bis ins vorletzte Jahrhundert. Es ist eine markante Spielart lange praktizierter Reiterfeste. In einigen Dörfern der Region, besonders aber auf der Halbinsel, wird das Tonnenabschlagen als jährliches Fest mit besonderer Aufmerksamkeit begangen. Jedes Dorf hier hat seinen Tonnenbund, organisiert als Verein, der jeweils eigene Tonnenfeste im Jahresverlauf ausrichtet. Prerow, Wieck, Born, Ahrenshoop samt Althagen und Niehagen, Wustrow. Sie alle feiern den Abschluss der sommerlichen Festsaison mit dem Bezirks-Tonnenabschlagen, an dem Delegationen der Dörfer teilnehmen. Besucher und Besucherinnen haben deshalb vielfältige Gelegenheit, dieses traditionsreiche und volksverbundene Reiterfest mitzuerleben. 2016 wurde das Tonnenabschlagen in die Liste des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Wir sind wieder in Born. Das Dorf kann mit einigen Besonderheiten zum Tonnenabschla-
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gen aufwarten, erwähnt seien hier zwei: 1889 gegründet, ist der Tonnenbund Born der älteste in der Region. 2019 wurde in Born mit dem Verein „Damen-Tonnenfest“ e. V. ein neues Zeichen gesetzt: Auf diesem Tonnenfest reiten ausschließlich Frauen! Mit diesem Schritt haben sich die erfahrenen und reitbegeisterten Damen einen eigenen, zeitgemäßen Zugang zur Tradition eröffnet, denn die männerdominierten Tonnenbünde haben erst in den letzten Jahren eher zögerlich einige Mitreiterinnen zugelassen – viel zu wenig, fanden die neuformierten Tonnenfest-Damen. Mittlerweile eröffnen sie den Reigen der hiesigen Tonnenfeste immer Mitte Juni mit dem festlichen Reiterinnen-Umzug durch das wimpelgeschmückte Born, begleitet von der Original Mecklenburg-Vorpommerschen Blaskapelle Ribnitz-Damgarten, die seit vielen Jahren treu allen Tonnenvereinen den Marsch bläst. Obwohl der „Damen-Tonnenfest“ e. V. beim eigentlichen Tonnenabschlagen nur Reiterinnen zulässt, ist der Verein offen für alle Interessierten. 2023 gehören 33 Frauen und fünf Männer dazu. Von Anfang an gab es große Unterstützung von der Kurverwaltung Born, dem „alten“ Tonnenbund sowie einer zunehmenden Anzahl von Sponsoren, und nicht zuletzt den Familien. Sie alle machen ein würdiges Tonnenfest samt der logistischen und finanziellen Anforderungen erst möglich. Der Verein legt unbedingten Wert auf Sicherheit: Helmtragen ist Pflicht! Auch den Tieren soll es während des anstrengenden Tages gut gehen. Tränken stehen bereit, die Reitausstattung ist sorgfältig. Die meisten Frauen reiten auf