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Festtage

Schön lesen, lang feiern

Mit viel Genuss durch die dunkle Zeit des Jahres.

Strassenmagazin Nr. 540 16. Dez. bis 5. Januar 2023 Bitte kaufen Sie nur bei Verkäufer*innen mit offiziellem Verkaufspass davon gehen CHF 3.–an die Verkäufer*innen CHF 6.–

* Zwei Eintritte in die Sammlung und die Sonderausstellung zum Preis von einem. Der Bon kann nicht für zwei separate Eintritte genutzt werden. Eine Kumulation mit anderen Aktionen/Museumspässen ist nicht möglich.

→ Bringen Sie diesen Bon an die Kasse des Kunstmuseums Basel mit.

2 für 1 im Januar und Februar 2023* Exklusiv für Surprise-Leser:innen Zu zweit ins Museum, nur einmal bezahlen
Foto: Mark Niedermann

Das Starre aufbrechen

Dieses Heft ist ein Adventskalender, so leiteten wir die vorherige Ausgabe ein. Und setzen fort: Auch dieses Heft ist ein Adventskalender –  doch keine Sorge: Auch wenn Sie die letzte Ausgabe verpasst haben, macht es gar nichts. Wir fangen hier zwar mittendrin an, aber es ist ein XXL-Kalender, der sich durchzieht bis zum orthodoxen Weihnachtsfest am 6./7. Januar.

Das hat seinen Grund: Unsere ehemalige Kolumnistin Semhar Negash schrieb einmal, sie sei jedes Mal etwas traurig, wenn an «ihrem», dem

Illustrationen

Myriam Kaelin lebt und arbeitet in Zürich. Mit Pinsel, Stift und Pixel gestaltet sie Plakate, Getränkeetiketten und anderes für etliche Marken. Ihre Zeichnungen kommen auch in Filmen vor.

eritreischen Weihnachtsfest der ganze Festtagsschmuck in der Schweiz schon wieder weggeräumt sei. Auch viele unserer Verkäufer*innen feiern nach der orthodoxen Zeitrechnung Jesu Geburt erst im Januar. Lange haben wir uns gefragt, wie wir dieser Ungleichzeitigkeit einmal Rechnung zollen können – und trotzdem etwas für alle entwerfen. Also haben wir den Kalender einfach verlängert und dann den Autor*innen und Fotograf*innen freie Hand gelassen.

Ich habe diese beiden Ausgaben sehr liebgewonnen – weil wir damit ausbrechen aus unserem Alltagskorsett und weil es leicht und persönlich zugeht. Das tut immer gut, ganz gleich womit. Hoffentlich haben Sie ähnlich viel Vergnügen beim Lesen und begrüssen das Neue mit Offenheit und Neugier.

Surprise 540/22 3 ILLUSTRATION COVER: MYRIAM KAELIN 4
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Ticket
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Deniz Utlu Hal
Mattia Coda Dunkles Licht
Rebekka Salm Stille Nacht
Fatima Moumouni Halt! Zusammen!
Christoph Simon Sich aus dem Bett texten
Daniel Gerlach Die Geburt des Erlösers bei den Zoroastriern
Urs Habegger Weihnachtstrubel
Rahel Krabichler Nähe in der Kälte
Kateryna Botanova Es werde Licht
Stephan Pörtner Stephanstag
Carlo Knöpfel Wie die Schweiz zu einer Million Armer kam
Sara Winter Sayilir Eine Begegnung Eine Chance
Karin Pacozzi Winterschlaf
Miriam Künzli Schlusspfiff
Roland Schmid Frostige Zukunft
Peter Conrath, Hans Rhyner Ein Duett
Annette Boutellier Warmer Winter
Kunz
Nr. 59
Semhar Negash In Eritrea steht «Ldet» vor der Tür
Impressum Surprise abonnieren
SurPlus Positive Firmen
Editorial

Halaus der stille gleichmäßig unhörbar für viele störgeräusch für einige er hält an, er hält an

etwas mit einem wald, einer stadt mit einer kirche, einer nacht, einer bank mit einer finsternis, einem wunsch, la luciole emand hält noch sein licht, hält sein licht

und das ist der zustand ein versprechen, nicht leichtfertig zugesprochen zwei menschen, die schon einmal fürchten mussten nie wieder die erdkugel zu betreten die zurückkamen, die sich sahen, die sich sahen

nach halbem weg ein rhythmus im herzen, an den lenden etwas, das sie schüttelt, die liebenden sie wissen, wer leben will, muss bereit sein, muss bereit sein und das ist der zustand

zwei, die verbrachten ein ganzes leben in viereinhalb stunden auf den saturnringen eines schwarzen autos in der nähe einer geburt, auf einem parkplatz im himmel führte ein weg durch die körper in die nacht

am tag erkennen die passanten nicht die sitze jenes autos öffnen sich in die ewigkeit die liebenden sind vergesslich am tag bleibt der kuss, die wunde die er verursachte, steigt auf wie opferrauch verteilt sich auf der erdkugel wie asche und das ist der zustand

sie sündigen, wenn sie die gebote achten sie wissen, jeder muss einmal rechenschaft ablegen die trennung von tag und nacht war nur ein trick und von licht und schatten, aber wer hält das aus, hält das aus

der tod des gefühls ist keine lösung das wissen die aufgeklärten vampire es sind die tage, die vergehen es ist die nacht, die andauert auf ein weißes laken zeichneten sie mit blut die lust auf den rücken einer jahrtausende alten sprache und das ist der zustand

DENIZ UTLU, 39, veröffentlichte zwei Romane: «Die Ungehaltenen» (Graf, 2014) und «Gegen Morgen» (Suhrkamp, 2019). Für das Manuskript seines dritten Romans, der nächstes Jahr bei Suhrkamp erscheint, erhielt er den Alfred-Döblin-Preis 2021. Er schreibt auch Lyrik und Essays. denizutlu.de

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Dunkles Licht

Besonders in der Winterszeit zieht es den Fotografen Mattia Coda hinaus auf die Strasse, meist am Abend, mit Musik in den Ohren, dann taucht er ein in eine Welt voller Farben, Lichter, Nebel und Reflektionen.

MATTIA CODA, 31, lebt in Bern, hat Fotojournalismus studiert und ist immer auf der Suche nach spannenden Geschichten.

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Stille Nacht

«Ghörsch das?»

D Doris rüttlet an synere Schultere. «Chumm wach uf, Max. Los emol, ghörsch das?» «Was?», git är verschlofe zur Antwort und taschtet nach synere Brülle.

D Doris git kchäi Antwort. Si schnufet numme dieff yy, hörbar dieff yy, und hebt denn d Luft aa, zum besser chönne lose. «Was isch denn?», säit är nonemol und schiebt sich s Brüllegstell uf d Nase.

Dr Radiowekcher näb em Bett zäigt viertel ab drüü. Jetzt lost au dr Max aagsträngt ind d Nacht use. Es kchnakcht im Heizigsroor, äimol, zwöimol, denn isch wieder still. Ganz still. Muggsmüslistill. So still wies halt isch, wenn die Letschte scho sind go pfuse und die Erschte noni uufgstande sind.

«Doris?»

Ändlich schnufet d Doris wieder uus, hörbar dieff uus. «Gäll schön», säit si und es dunkcht en fascht, als lächle si derbyy. Das gseet är nid. Für das isch es z dunkchel. Aber är wäiss e fangs, wie d Doris dönt, wenn si lächlet. «Was mäinsch denn?», frogt dr Max und är wäiss nid, ob är söll hilflos oder hässig syy, «i ghöre nüd», säit är. «Nüd ghöri. Gar rein nüd.» D Doris süfzget zfriide. «Ebbe.»

REBEKKA SALM , 43, studierte Islamwissenschaft und Geschichte, bekam eine Tochter und zog nach Olten, bevor sie ihren vielbeachteten Debütroman «Die Dinge beim Namen» (Knapp, 2022) schrieb.

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Sich aus dem Bett texten

Manchmal lie g t der Schweizer Autor Christo p h Simon morgens apathisch im Bett und droht vor lauter Trauri g keit über die Welt in Letharg ie zu verfallen. Da zieht er sich selbst aus dem Sumpf, indem er spielfreudig Bilder, die ihn berühren oder reizen, mit Sprechblasen betextet. Das verbessert seine Laune ungemein, sodass er aufsteht. Bereit, zuversichtlich in den Tag zu drängen.

CHRISTOPH SIMON, 50, ist freier Autor und Kabarettist. Zuletzt erschienen: «Der Suboptimist» (Knapp-Verlag, 2021). Seine Sprechblasenbilder veröffentlicht er auf Instagram und Facebook. Er hilft mit, Bern zu bewohnen.

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Entscheide dich für mich und dann auch für meinen Kampf.

Manchmal will ich nicht erklären, dann gib mir einfach deine Hand.

Solidarische Grüsse klingt manchmal weird in nem Mailanhang, aber doch ganz cool, wenn man drüber nachdenkt.

Wir werden immer mehr, vor den Türen stehn die Buggies, du bist linksliberal, aber fürchtest meine Achis*?

*Achi, alternative Schreibweisen Akhi oder auch 8i, heisst «mein Bruder» auf Arabisch und ist dem Jugendslang entlehnt.

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Halt! Zusammen!

Kannst du flechten? Nimm mich mit in deinen Zopf. Ich werde da sein, an deiner Seite, dann in der Mitte, an deiner Seite, dann in der Mitte, an deiner Seite, dann in der Mitte. Denn wir gehörn zusamm.

FATIMA MOUMOUNI , 30,findet «Hoi zämme» klingt viel besser als «hoi ellaige» und dass es einen Grund geben muss, warum es sol(l)idarisch heisst.

grundsätzlich ganzheitlich

365 Tage offen von 8-20 Uhr St. Peterstr. 16 | 8001 Zürich | 044 211 44 77 www.stpeter-apotheke.com

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kommen nicht zu kurz, denn der Kampf ist viel zu lang. Wir ziehn verschiedene Lose, doch am selben Strang.
Wir
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Wir sind für Sie da.
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Die Geburt des Erlösers bei den Zoroastriern

Die längste Nacht des Jahres verbindet das Feuer mit dem Schöpfer. Denn so heissen die beiden Monate im iranisch-zoroastrischen Kalender. Der 1. Dey («Schöpfer») ist der erste Tag des Winters. Laut unserem europäischen Kalender fällt die Wintersonnenwende meistens auf die Nacht vom 21. auf den 22. Dezember. Iraner*innen sitzen am Vorabend und manchmal die ganze Nacht beisammen, essen, trinken, und lassen aufgrund des Winters eine Atmosphäre aufkommen, die manchen in Europa an Advent und Weihnachten erinnert. Sie lesen sich Gedichte eines ihrer grossen Nationaldichter vor: Hafez. In Iran und einigen seiner Nachbarstaaten wird die Nacht der Wintersonnenwende Shab-e Yalda genannt, die Nacht der Geburt, was sich aus einem persischen und einem aramäischen Wort zusammensetzt. Schon das deutet darauf hin, dass dieser hohe Festtag im iranischen Kalender eine interkulturelle Geschichte hat. Wessen Geburt da gefeiert wird? Am wahrscheinlichsten die der Sonne, die an diesem Datum die Dunkelheit überwindet und sich immer länger am Himmel zeigt. Es könnte auch, wie viele glauben, die altiranische Lichtgottheit Mithra sein. Oder aber, was auch nicht auszuschliessen wäre, es haben hier christliche Traditionen ihre Spuren hinterlassen: Schliesslich spielte das Christentum im persischen Sassanidenreich, auf dem Kaukasus und in vielen Ländern, in denen heute Shab-e Yalda begangen wird, eine wesentliche Rolle. (Die Iraner*innen würden das nicht gelten lassen. Nicht weil sie etwas gegen Christ*innen haben, sondern weil sie der Ansicht sind, dass die iranische die älteste Kultur ist und alles selbst erfunden hat.)

Am Vorabend dieser längsten Nacht des Jahres 2021 regnet es ergiebig. Die Strassen von Sulaimaniyya spiegeln das fahle Licht der wenigen Laternen. Die kurdische Metropole und Hauptstadt einer gleichnamigen irakischen Provinz liegt auf über 800 Metern und ist umgeben von den Bergen des östlichen Kurdistans. Bis zur iranischen Grenze sind es etwa hundert Kilometer Landstrasse. Wie bei den Kurd*innen im Nachbarland wird in Sulaimaniyya Sorani, ein Dialekt des Kurdischen, gesprochen.

Im Kulturzentrum herrscht an diesem Abend Hochbetrieb. Vor dem Eingang unter einem Zeltdach sind Stände mit etwas Kunsthandwerk, Honig, Öl und Süssigkeiten aufgestellt. Drinnen im Foyer werden aus einem Grund, der sich mir nicht erschliesst, ausgestopfte Tiere verkauft. Ein Fuchs, Fasane, Rebhühner und Kaninchen. Man sieht diesem kurdisch-zoroastrischen Christkindlmarkt an, dass seine Initiatoren für einige Zeit in Europa gelebt und anscheinend den Basar für Selbstgemachtes verin-

nerlicht haben. Die Stimmung ist gut, Kinder verteilen kleine Geschenktüten mit Nüssen, Rosinen und Dragées. Der Priester Asrawan Qadrok und die anderen an den rituellen Handlungen beteiligten Personen tragen an diesem Abend weisse Gewänder und rote Kopfbedeckungen. Seine Mütze sieht aus wie das «Zucchetto» genannte rote Häubchen, an welchem man in der katholischen Kirche die Kardinäle erkennt.

Es ist das erste Mal, dass ich die Farbe Rot bei zoroastrischen Priestern sehe, und ich vermute, dass es sich dabei um eine Idee der kurdischen Revival-Gemeinde handelt. Wer wollte ihnen das verbieten? Auch Awat trägt eine rote Kappe wie die Flugbegleiterinnen bei der Airline Emirates. Die kurdische Politikerin hat sich, im Einvernehmen mit den anderen, zur zoroastrischen Priesterin ernannt. Und da es keine zentrale Autorität, keinen Vatikan des Zoroastrismus gibt, gilt sie, diese Priesterweihe. Die kleine Gemeinde von Sulaimaniyya ist quasi eine zoroastrische Freikirche, die sich ihren eigenen Ritus gegeben hat. Dazu gehört eine eigene kurdische Hymne an Zarathustra, die mit Inbrunst und Hand auf dem Herz gesungen wird und die alle – Gross und Klein – inzwischen leidlich auswendig zu kennen scheinen. Ein gemaltes Porträt des Zarathustra hängt über dem Altar: ein sanfter, bärtiger Mann in weissem Gewand und mit weissem Turban, der die Heilige Schrift des Avesta in der Hand hält. Wann, wo und ob Zarathustra tatsächlich gelebt hat, ist in der Forschung umstritten: Im zweiten oder ersten Jahrtausend v. Chr., in Zentralasien, Iran oder an den Ufern des Kaspischen Meeres. Unstrittig ist, dass seine Lehren im Vorderen Orient vom Mittelmeer bis nach Südasien tiefe Spuren hinterlassen haben. Heute bekennen sich weltweit noch zwischen 100 000 und 150 000 Menschen zum Zoroastrismus, die meisten davon in Iran und in den Gebieten des ehemaligen britischen Kolonialreichs. Fast überall sind Glaube und Kultur der Zoroastrier auf dem Rückzug. Nur nicht hier, in Irakisch-Kurdistan.

DANIEL GERLACH, 45, studierte Geschichte und Orientalistik in Hamburg und Paris. Er ist Chefredaktor des Nahost-Magazins Zenith und Direktor des Think-Tanks Candid Foundation gGmbH. In seinem aktuellen Buch «Die letzten Geheimnisse des Orients – Meine Entdeckungsreise zu den Wurzeln unserer Kultur» (C. Bertelsmann 2022) führt er durch die Kulturgeschichte des Nahen Ostens zu den Ursprüngen von Christentum und Islam. Der vorliegende Text ist ein leicht bearbeiteter Auszug daraus.

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Weihnachtstrubel

Im Dezämber, im Dezämber, do dänke mer zrugg an Novämber.

So hat Emil einst moniert, mit Bauernregeln amüsiert. Doch heut, am 23. Dezember, ist keine Zeit für den November.

Lieber Emil, nimm’s uns nicht übel, s’ist halt wegem Weihnachtstrubel. Geschenke, Essen, dies und das, hab ich alles, fehlt noch was?

Den Christbaum schmücke ich dann morgen, muss heut noch einiges besorgen. Die Heilsarmee singt im Chor frohe Weihnachtslieder vor.

Mal innehalten, sich besinn, wo komm ich her, wo geh ich hin.

URS HABEGGER, 66, verkauft Surprise seit 14 Jahren in der Bahnhofunterführung Rapperswil. Er sagt schon seit eh und je: Hinter dem Leben steckt viel, viel mehr als nur das blosse Dasein.

DEZEMBER IM KINO

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Kälte nimmt mit Nähe ab. Christoph Mauny (*1984), Astrophysiker und Tiefseetaucher

RAHEL KRABICHLER, 43, lebt in Bern und interessiert sich fotografisch für Menschen und Reportagen.

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Die gesamten 260 Tage dieses Krieges schreibt sie täglich Tagebuch aus Kyiv. Jeden dieser Tage hat sie in der Stadt verbracht, sie hat sich sogar geweigert, zu einem Picknick mit Freunden in einen der nahegelegenen Wälder zu fahren. («Momentan hasse ich die Wälder, sie könnten voller Minen sein», schreibt sie.) Jeden Morgen öffne ich meine Facebook-Newsfeed, und da ist sie wieder mit ihren Einträgen: wieder eine neue Geschichte, weitere 24 Stunden Ärger, Glücklichsein, Liebe, Angst, Wut, Hoffnungslosigkeit, Hoffnung. Ich habe nur sehr selten all diese Gefühle innerhalb einer so kurzen Zeit, sie erlebt sie alle zusammen jeden Tag. Bisher hat sie noch an keinem einzigen Datum nichts geschrieben: Nicht, als die Panzer nur wenige Kilometer entfernt waren, nicht, als sich alles etwas zu beruhigen und der Sieg nahe schien, nicht, als eine Rakete in ein Gebäude nur einen Block von ihrem eigenen entfernt einschlug, nicht, als der erste Schnee fiel und Heizung und Licht in der Stadt durch Bomben zerstört waren. «Ich schreibe in einem vollständig dunklen Raum in einer vollständig dunklen Stadt. Das einzige Licht ist das meines Notebooks. Die Batterie ist bei zwanzig Prozent, es sollte reichen, um diesen Eintrag zu beenden.»

Ich lese das heute morgen. Ich muss dafür nichts tun, ich mache nur mein Telefon an. Zuerst checke ich die Eilmeldungen der ganzen internationalen Medien, die auf meinem Bildschirm aufploppen: Wie viele Angriffe mehr? Dann schaue ich in die Sozialen Netzwerke: Wie geht es euch, meine lieben Freunde, alle noch am Leben? Check, check, check ...

«Heute habe ich die Samen eines besonders orange leuchtenden Kürbis zur Seite gelegt. Ich habe sie gewaschen und getrocknet. Nächstes Jahr werde ich sie meinem achtzigjährigen Onkel geben, dem Bruder meiner verstorbenen Mutter, dem letzten Verwandten aus den Generationen

Es werde Licht

vor mir. Im Frühjahr stand er in seinem Haus in den Vororten von Kyiv mit seiner Familie unter russischer Besatzung. Sie hatten Glück, dass sie ungeschoren davonkamen. Nun ist sein Ziel, den nächsten Frühling noch zu erleben, um den Sieg zu erleben und die Samen in seinem kleinen Garten einzupflanzen. Er hat mich nie um etwas Derartiges gebeten, aber jetzt hat er nach den Samen gefragt.»

Sie sagt es nicht, aber ich fühle: Wenn sie diese Samen rettet, wird er diesen kalten Winter überleben – und wenn er den kalten Winter überlebt, wird er die Samen im Frühling aussäen – und wenn sie wachsen, dann wird auch der Sieg endlich kommen. Und mit ihm die Freiheit. Wenn die Freiheit Einzug hält, kann sie endlich wieder die Stadt verlassen, kann sie wieder woanders hinreisen, ohne Angst zu haben, dass der Stadt oder ihren Bewohner*innen etwas passiert. Dann kann sie ihre Schwester besuchen, die im Norden lebt, von wo derzeit die Raketen abgefeuert werden.

Ich habe mir bisher nie Gedanken darüber gemacht, aber dies ist wohl, wie Märchen entstehen. Aus Dunkelheit und Angst, doch mit einer enormen inneren Stärke und Hoffnung. Wenn der Apfelhain im Frühling blüht, kommt die Erlösung. Wenn die junge Heldin die Verzweiflung und Not überwindet und den Berg erklimmt, geht die Sonne wieder auf. Wenn man die Taschen der gegnerischen Armee mit Sonnenblumensamen füllt, wird ein Meer von Sonnenblumen auf den Schlachtfeldern wachsen, um den Sieg zu feiern.1

In den dunklen und kalten Zimmern eines weiteren Hauses in Kyiv macht eine andere Freundin von mir mit ihrer zehnjährigen Tochter Hausaufgaben. Sie schreiben eine Geschichte: Es war einmal ein Land voller Licht. Aber dann stahl der gemeine Feind alles Licht, und das Land und all seine Bewohner*innen lebten von nun an in Dunkelheit ...

«Mama, warte, ich weiss, was als Nächstes passiert!», sagt die Tochter. «Dann entschied ein kleines Mädchen aus einer Familie, dass es Zeit für sie wäre, ein Licht zu werden. Sie arbeitete hart, um einen kleinen Funken hervorzubringen, der schliesslich zu einem kleinen Feuer wurde. Andere Menschen sahen dies und entschieden sich ebenfalls, Lichter zu werden und brachten ihre kleinen Feuer. Und so wurde das ganze Land wieder hell. Und der Feind sah das Feuer und erblindete ...»

«Und dann?»

«Und dann war Weihnachten.»

1  Bereits vor dem Krieg als inoffizielles Nationalsymbol gehandelt, gilt die Sonnenblume heute vielen als Zeichen für den ukrainischen Widerstand. Nur Tage nach Beginn der russischen Invasion im Februar ging ein Video einer Einwohnerin der okkupierten Kleinstadt Heničes’k viral: «Hier, steckt euch ein paar Sonnenblumenkerne ein, damit wenigstens Sonnenblumen daraus wachsen, wenn ihr hier begraben liegt», sagte sie wütend zu einem schwerbewaffneten russischen Soldaten auf der Strasse und forderte ihn mit scharfen Worten zum Abzug auf. Seitdem werden Sonnenblumen vielerorts als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine eingesetzt. (Anm. d. Red.)

KATERYNA BOTANOVA, 46, ist eine ukrainische Kuratorin, Kulturkritikerin und Autorin. Sie wohnt in Basel und kuratiert unter anderem das Kulturfestival Culturescapes. Derzeit publiziert sie zahlreiche Artikel über verschiedene Aspekte des Krieges in der Ukraine.

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Stephanstag

Jedes Jahr freue ich mich auf die Weihnachtszeit. Obwohl ich mit Weihnachten nichts anfangen kann. Erstens, weil ich nicht dem christlichen Glauben angehöre, zweitens, weil ich kein Freund des Termin-Schenkens bin, bei dem Menschen Geschenke bekommen, unabhängig davon, ob sie diese wollen oder brauchen.

Das Schenken zu Weihnachten geht auf die Heiligen Drei Könige zurück, die einen Präzedenzfall schufen: Zwei Drittel der Geschenke waren Mist. Gold, okay, aber Weihrauch und Myrrhe? Ein Mann und eine hochschwangere Frau, erschöpft von einer beschwerlichen Reise, werden von Herberge zu Herberge geschickt, in finsterer Nacht, ehe die Frau das Kind zur Welt bringt, in einem Stall, in dem weder Halbpension noch Frühstücksbuffet angeboten werden. Dieses Ehepaar wird sich kaum gesagt haben: «Ach, hätten wir bloss Weihrauch und Myrrhe!» Doch genau das bekamen sie. Seither will es die Tradition, dass unnütze, aber teure Dinge verschenkt werden.

Die eigentlichen Feiertage sind geprägt von Familiendramen, Animositäten und Ressentiments. Allein die Frage, bei wem am 24. oder am 25. gefeiert wird, führt dazu, dass Konflikte, Verletzungen und Beleidigungen schon wacker gedeihen, bevor die erste Kerze am Baum brennt. Der Tannenbaum, der zwingend dazugehört. Das Jahr über kaufen wir alles, bei dem versprochen wird, dass dafür Bäume gepflanzt werden, zu Weihnachten massakrieren wir sie wieder, und was der Tannenbaum mit einer Geburt in Palästina zu tun hat, bleibt bestenfalls unklar.

Aus diesen Gründen habe ich mit Erreichen der Volljährigkeit das Feiern von Weihnachten eingestellt, mich diesem mittels Verreisen ins nahe Ausland entzogen. Der Schritt über die Grenze ist ratsam, denn wenn sich herumspricht, dass man Weihnachten allein zuhause verbringt, wird man gnadenlos eingeladen, teilzuhaben am Elend anderer Menschen.

Der 24. und 25 Dezember werden ruhig vertüdelt. Zeit, einen Klassiker zu lesen.

Nun aber folgt der Grund, weshalb ich die Weihnachtszeit trotzdem mag: der Stephanstag. Der am wenigsten beachtete, aber meiner Ansicht nach schönste Feiertag des ganzen Jahres. Dass es mein Namenstag ist, macht ihn mir umso sympathischer. Nicht zuletzt, weil noch nie

jemand auf die Idee gekommen ist, mir am Stephanstag etwas zu schenken, mich zu besuchen oder einzuladen. In der Schweiz hat man an diesem Tag frei, fragt man die Leute jedoch nach dem Anlass dafür, haben sie keine Ahnung. Niemand interessiert sich für den armen Stephan, den Märtyrer, der gesteinigt wurde. «He got stoned», wie es im Englischen heisst. Dasselbe zu tun, war in jungen Jahren durchaus eine Methode, seiner zu gedenken.

Um den Stephanstag möglichst vollständig zu geniessen, empfiehlt es sich, früh aufzustehen, was kein Problem ist, wenn man am Abend vorher zeitig zu Bett ging und von schweren Speisen und Alkohol die Finger liess. Selten ist die Welt so ruhig und friedlich wie am Morgen des Stephanstages. Welch ein Gegensatz zum Weihnachtsrummel. Es lohnt sich, einen kleinen Morgenspaziergang zu unternehmen, ausser Besitzer*innen von Hunden mit Reizblase ist niemand unterwegs. Alles liegt erschlagen im Bett, hat einen Kater und ist still. Herrlich.

Ein idealer Tag, um Wintersport zu betreiben, selbst Topdestinationen sind menschenleer. Dasselbe gilt für alle anderen Ausflugsziele, Naturschönheiten, See- und Meeresufer: Man ist, wenn nicht allein, so doch fast. Selbst an touristischen Hotspots herrscht kaum Gedränge, denn niemand will am Stephanstag ein Selfie mit feiertagsbeschädigter Fratze machen.

Bis die ersten Festtagsleichen dann doch noch auftauchen, ist man schon ordentlich müde, begibt sich wieder zurück ins Innere und widmet sich dem, wonach einem gerade der Sinn steht, denn es gibt nichts aufzuräumen, keine Küchen zu putzen, keine Geschenke zu verstauen, keine Entschuldigungsanrufe zu tätigen. Man geniesst die letzten ruhigen Stunden dieser Jahreszeit, denn bald schon beginnen die Leute wieder umtriebig zu werden, sich aufzubrezeln, Schaumwein zu trinken und in der Kälte zu stehen, weil irgendwo im Hochnebel scheints ein Feuerwerk abgebrannt wird.

STEPHAN PÖRTNER, 57, ist ein hochgeschätzter, langjähriger Begleiter von Surprise, ob mit eigenen Kolumnen oder als Wissensvermittler in der Surprise-Schreibwerkstatt.

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Wie die Schweiz zu einer Million Armer kam

Seit 1999 gibt Caritas Schweiz jährlich den Sozialalmanach heraus. Sie schliesst damit eine Lücke in der kontinuierlichen Sozialberichterstattung. Jeder Sozialalmanach hat zwei Teile. Im ersten wird die wirtschaftliche, politische und soziale Entwicklung der Schweiz im Jahresrückblick dokumentiert und kommentiert. Im zweiten Teil wird ein sozialpolitisches Thema aus verschiedenen Perspektiven diskutiert. Die erste Ausgabe war der «Existenzsicherung» gewidmet.

Für die Ausgabe 2006 stellte ich im gesellschaftspolitischen Rückblick zum sozialen Wandel fest, dass es immer noch keine Statistik über das Ausmass an Armut in der Schweiz gab. Man konnte zwar im Statistischen Jahrbuch nachlesen, wie viele Forellen aus dem Bodensee gefischt und wie viele Autos neu zugelassen wurden, aber wie viele armutsbetroffene Menschen in der Schweiz lebten, war bislang unbekannt.

Ich suchte darum Studien zusammen, die jeweils eine Schätzung für einen Teil der Armutsbevölkerung beinhalteten. Die erste schätzte, wie viele Kinder und Jugendliche in Armut leben, die zweite, wie viele Erwachsene betroffen sind, und die dritte, wie viele Rentnerinnen und Rentner. Zusammengerechnet ergab dies eine Million Arme in der Schweiz. Diese Feststellung machte ich in meinem Jahresrückblick fast beiläufig, sie sollte aber auf grosse Resonanz stossen. Denn ohne mich vorweg zu informieren, publizierte der Leiter der Kommunikation bei der Caritas heute vor 17 Jahren, am 27. Dezember 2005, eine Medienmitteilung zum Erscheinen des Sozialalmanachs mit dem Titel «Eine

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Million Arme leben in der Schweiz». Ich war in der Woche mit meiner und ein paar anderen Familien in einem Ferienlager in Broc im Kanton Fribourg. An diesem Tag machten wir eine Schneewanderung zu einem Kloster. Kurz vor der Pforte schaute ich auf mein Handy und hatte 7 verpasste Anrufe auf dem Display. An einem Tag zwischen Weihnachten und Neujahr? Beim ersten Rückruf wurde mir klar, was los war: Journalist*innen von Radios, Fernsehen und Zeitungen wollten wissen, wie Caritas dazu kam, von einer Million Armer in der Schweiz zu sprechen: mehr als Zehntel der Bevölkerung!

An diesem Tag war ausgerechnet ich für das Abendessen zuständig. Es gab Poulet. Ich fuhr mit dem Bus zurück zum Lagerhaus, marinierte die Poulets und steckte sie in den Ofen. Immer wieder musste ich diese bepinseln. Parallel dazu rief ich die registrierten Nummern an, inzwischen waren es 11 verpasste Anrufe, und gab zwischen den Pinselrunden in der Küche unserer Unterkunft Interviews: Was versteht man unter Armut? Wie viele Arme gibt es? Wer ist arm? Warum sind Menschen arm? Was kann man gegen Armut machen? Dass die Poulets saftig und knusprig aus dem Ofen kamen, überrascht mich noch heute. Nun kam uns aber die Moral in den Weg: Durfte diese Poulets denn überhaupt geniessen, wer zur selben Zeit über das massive Ausmass an Armut in der Schweiz Auskunft gab?

Die Sache ging weiter, als kurz nach Neujahr ein ganzseitiger Artikel mit dieser Headline in der NZZ erschien. Der Artikel begann als Verriss: Wie war Caritas zu einer solchen Schätzung

jenseits aller Realitäten gekommen? Diese könne nur falsch sein. Doch dann arbeitete sich der Autor ebenfalls durch die erwähnten Studien, die absolut seriös waren, und kam zum Schluss, dass die Schätzung wohl ihre Richtigkeit habe. Doch was nicht sein darf, kann nicht sein: So endete der Artikel mit der «Erkenntnis», dass offenbar die Armutsgrenze in der Schweiz zu hoch angesetzt sei. Damit lieferte er die Vorlage für eine erneute Debatte über die SKOS-Richtlinien, in denen das soziale Existenzminimum festgelegt ist. Viel an der Realität geändert hat sich seither nicht: Heute leben schon 1,3 Millionen armutsbetroffene und armutsgefährdete Menschen in der Schweiz.

CARLO KNÖPFEL, 64, kann auch Poulet zubereiten. Sonst ist er Professor am Institut Sozialplanung, Organisationaler Wandel und Stadtentwicklung der Hochschule für Soziale Arbeit der Fachhochschule Nordwestschweiz.

Ungleichheit in der Schweiz, Sozialalmanach 2023: Das Caritas-Jahrbuch zur sozialen Lage, Caritas-Verlag, Luzern. caritas.ch/shop

Fachtagung Caritas-Forum 2023: Ungleichheit in der Schweiz, für Fachkräfte und Interessierte, Fr, 27. Januar, 9.30 bis 16.30 Uhr, Anmeldung erforderlich, Eventforum, Fabrikstrasse 12, Bern. caritas.ch/forum

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Eine Begegnung

Surprise-Podcaster Simon Berginz lebt in Winterthur. Seit einigen Jahren produziert er für uns regelmässig den Surprise Talk: Gespräche mit Autor*innen oder Protagonist*innen ausgewählter Geschichten im Strassenmagazin. Thema sind die Recherchen hinter den Geschichten, es gibt Hintergründe dazu, Kontext, Zusatzinformationen.

Für die XXL-Adventsausgaben hat Berginz sich für einmal eine andere Aufgabe ausgesucht: Er traf einen Verkäufer. Und zwar Negasi Garahlassie, langjähriger, erfolgreicher Surprise-Repräsentant gleich dort, wo Berginz zuhause ist – in Winterthur eben. Daraus ist ein neuer Surprise Talk entstanden. Einer übrigens, der auch zulässt, dass Garahlassie nicht astrein deutsch spricht. Das finden wir, wie viele andere auch, ohnehin unproblematisch, aber im Audioformat kommt es doch immer noch eher selten vor. Journalist Berginz und Verkäufer Garahlassie unterhalten sich über den Heftverkauf. Was ist anders seit Corona? Und sie sprechen über die eritreische, orthodoxe Weihnacht –warum Garahlassie wie auch andere Surprise-Verkaufende erst Anfang Januar das Fest begeht und was es ihm bedeutet.

SIMON BERGINZ , 37, ist freier Journalist und Podcaster, liebt Sagen und spannende Begegnungen und verbringt viel Zeit mit seinen zwei kleinen Kindern.

Sie finden den Surprise Talk hinter diesem QR-Code. Mit ihrer Smartphone-App scannen und schon landen Sie auf der dazugehörigen Webseite, wo im Übrigen auch alle anderen Folgen des Talks zu finden sind. Hören Sie rein. Wer ohne QR-Code zur Webseite finden möchte: surprise.ngo/talk

Eine Chance

Fabian Schläfli verkauft schon sehr lange Surprise. Er spielt auch Drehorgel und bekommt eine IV sowie Hilflosenentschädigung, da er aufgrund einer Krankheit in der Kindheit nicht lesen und schreiben lernen kann. Seinen Arbeitsplatz in der Behindertenwerkstätte findet er hin und wieder ganz schön langweilig, er möchte gern einen normalen Job. Im ersten Arbeitsmarkt. Dazugehören. Am liebsten sowas wie Regale auffüllen bei einem Detailhändler, Fabian ist gross und kräftig, er könnte gut Waren bewegen. Nun braucht er ein Kollegium, das Lust hat und sich die Zeit nimmt, ein Teammitglied wie ihn mitzutragen. Abrechnungen müsste man mit ihm gemeinsam machen, emotional ist Fabian manchmal ungebremst, beides bräuchte etwas mehr Menschlichkeit, als unsere durchgetaktete Arbeitswelt in der Regel bietet. Nun hat ein Kollege ihm eine Chance verschafft, erzählt er Anfang Dezember im Surprise-Büro. Er darf zwei Wochen in einer Detailhändler-Filiale mitarbeiten. Seine Augen leuchten, als er uns das erzählt. Seit langem ist genau das sein Traum. (Was für ein Kompliment auch für den Detailhandel!) Nun ist die Zeit für Neujahrswünsche: Möge also die Erfahrung für Fabian eine gute werden, möge die Detailhändler-Filiale ihre Chance ergreifen – dann würde das neue Jahr grad einen guten Start im Bereich Inklusion hinlegen. Doch selbst wenn der Versuch nicht zu einer Dauerbeschäftigung führen sollte: Die Chance signalisiert Offenheit – und das ist eine gute Nachricht auch für weitere Versuche, neue Rahmenbedingungen für ein inklusives Miteinander zu schaffen.

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Winterschlaf

Wie jedes Jahr fühle ich mich im Winter müde. Die Enerie des Frühlings, Sommers und Herbstes ist vorbei. Im Herbst dann kommt mir jedes Mal ein Gedicht von Rainer Maria Rilke in den Sinn, das ich mal auswendig konnte.

Herbsttag Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr gross.

So beginnt es. Rilke ist immer sehr religiös, ich bin es eientlich nicht. Aber hier passt es und vermittelt das Gefühl: Es geht um etwas Grösseres. Die dritte und letzte Strophe heisst:

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben, wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben und wird in den Alleen hin und her unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

Der Text ist melancholisch, man spürt, wie sich die Blätter verfärben. Rilkes Gedichte sind wie Gemälde. Der «Herbsttag» ist im «Buch der Bilder» unter vielen anderen Gedichten zu finden.

Schon Ende November, wenn die Tage bereits um vier Uhr dunkler werden und der Tagesanbruch lange auf sich warten lässt, bereiten sich die Tiere draussen im Wald auf ihren Winterschlaf vor, um den ich sie beneide. Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Das Haus könnte auch eine Höhle sein. Am liebsten würde auch ich mich für die nächsten zwei bis drei Monate in den Schlaf flüchten. Wenn man am Schlafen ist, ist man nicht allein. Wenn man sich in ein Bett kuscheln und sich in den Schlaf hineingeben kann, fühlt man sich nie einsam. Was seltsam ist, denn im Schlaf ist man im Grunde ja allein. Aber wenn man tief schlafen kann, ist alles gut. Wenn man nach tiefem Schlaf aber erwacht und sofort wieder weiss, wo man ist, und dazu noch das Gefühl kommt, dass einem niemand weh tun kann, dann vergehen auch die kurzen Tage in Wärme und Geborgenheit.

Auch Lesen wäre eine Überwinterungsmethode. Oder was wohl Rilkes Briefeschreiben entspräche: lange Gespräche. Im eigenen Kopf oder mit anderen Leuten.

KARIN PACOZZI, 56, verkauft Surprise in Zug und hat immer einen Block auf dem Küchentisch, um Gedanken aufzuschreiben und Kurzgeschichten zu verfassen.

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Schlusspfiff

The game is over! Oder schmieden die Kinder am Ende der Saison etwa bereits Pläne fürs neue Jahr, von denen niemand etwas wissen darf?

MIRIAM KÜNZLI, 45, arbeitet in Zürich und ist spezialisiert auf Porträts.

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Frostige Zukunft

Zwei Eisfischer an Neujahr 1992 auf dem Finnischen Meerbusen: Die Stadt heisst seit vier Monaten wieder Sankt Petersburg, das Volk wollte es so. Die Menschen blicken hoffnungsvoll in die Zukunft: diese verhiess Frieden und Freiheit. Damals.

ROLAND SCHMID, 56, lebt in Basel und macht daheim Porträts und auf Reisen Reportagen.

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Ein Duett

Hans: Peter war derjenige, der Surprise in Schaffhausen erst bekannt gemacht. Und irgendwann hat er mich dann gefragt: Würdest du auch nach Schaffhausen verkaufen kommen? Da habe ich Ja gesagt. Und jetzt kommt Peter seit letztem Frühling jeden Samstag zu mir, wenn ich vor der Manor am Fronwagplatz verkaufe.

Peter: Mit dem elektrischen Rollstuhl kann ich gut alleine dazukommen. Den habe ich nun seit einem Jahr. Vorher ging das nicht, mit dem normalen Rollstuhl.

Hans: Wenn er nicht dabei ist und mich die Leute beim Verkaufen fragen, was ist denn mit dem Peter los, muss ich Auskunft geben. Dann sage ich: Er hat Pech gehabt, Hirnblutung. Es geht ihm besser, aber er ist auf den elektrischen Rollstuhl angewiesen.

Peter: Hans ist für mich ein sehr guter Freund. Als ich wusste, dass ich wieder verkaufen könnte, aber keinen eigenen Standplatz mehr hatte, sagte er zu mir: Du kannst zu mir verkaufen kommen. Er hat nicht gesagt: Das ist mein Platz, der gehört nur mir.

Hans: Zusammen mit Ruedi waren wir auch bei den Stadtführungen in Zürich ein Team. Profitiert habe ich da viel von Peter. Auf meinem ersten Rundgang habe ich die Begrüssung vergessen, Peter hat mich darauf aufmerksam gemacht.

Peter: Es war gut, wieder mit Verkaufen anzufangen. Leute, die Surprise früher bei mir vor der Migros gekauft haben, haben mir gesagt: Sie haben wir lange nicht mehr gesehen! Ich habe das als schön empfunden, die Kontakte wieder zu haben. Und zu sehen, man wird vermisst.

Hans: Peter ist ein sehr guter Kumpel, er ist ehrlich. Peter ist nicht missgünstig, nicht neidisch. Er ist bereit zum Teilen. Da sind der Peter und ich gleich.

Peter: Ich dachte am Anfang, der Hans ist da am Fronwagplatz, und wenn ich nun auch da bin, dann plötzlich nehme ich dem Hans die Kunden weg, das will ich nicht.

Hans: Die Leute haben in der Zeit, als er nicht verkauft hat, immer nach Peter gefragt. Jeden Tag hat jemand nach ihm gefragt. Und woher kommt das? Wenn Leute nach jemandem fragen, dann tun sie das, weil sie ihn interessant finden. Weil er etwas ausstrahlt, das sie schätzen.

Peter: Manche bringen auch mal ein Schoggistengeli vorbei. Wobei, ich möchte auch sagen, dass man auch umgekehrt als Surprise-Verkäufer manchmal ein bisschen ein Pfarrer ist. Ich weiss von manchen Leute Sachen, die würde ich selbst niemandem erzählen. Da würde ich sagen, das ist mir zu persönlich.

Hans: Da ist man Seelentröster.

Peter: Ja, genau. Seelentröster, das ist das bessere Wort.

Hans: Wir haben auch in Zug und Zürich Surprise verkauft. Wir kommen immer schnell in Kontakt mit den Leuten. Wenn du als Surprise-Verkäufer auch ein bisschen hilfsbereit bist, das überrascht die Leute: Oh, der Mann vor der Manor ist freundlich und trägt mir noch die Tasche zum Bus. Wir wollen unseren Standplatz zu einem besonderen Ort machen, wo echte Begegnungen stattfinden.

PETER CONRATH, 58, hat 2007 begonnen, Surprise zu verkaufen und war der erste Verkäufer im Schaffhausen. HANS RHYNER, 68, verkauft in Zürich, Zug und Schaffhausen und arbeitet weiterhin als Surprise-Stadtführer. Das Gespräch fand im Pflegeheim Lindli-Huus, Wohnhaus für Körperbehinderte, statt, wo der Hans den Peter oft besucht.

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18.11.22 – 8.1.23
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Warmer Winter

Bamako, die Hauptstadt von Mali, wo es um diese Zeit über 30 Grad im Schatten hat: Ein Spaziergang mit der Fotografin durch das Quartier Bagadadji im betörenden Licht der Zwischenstunden der Dämmerung. Menschenleere Orte, Wände, Strassen, Hofeinblicke. Handlungsorte des Lebens, Bühnen des Alltags.

Die Bilder sind von 2009. Aufgrund der desolaten Sicherheitslage ist Pressearbeit in Mali derzeit für Ausländer*innen, aber auch lokale Journalist*innen hoch gefährlich.

ANNETTE BOUTELLIER, 56, lebt in Bern und setzt ihre Begegnungen mit Menschen und Orten in Bildergeschichten um.

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Ticket Nr. 59

Dieses Jahr habe ich nach langer Zeit in der Schweiz mal wieder eine Weile woanders gelebt. Im Ausland, in Sevilla, Südspanien. Und nicht, um Ferien zu machen, sondern um mit den Spanier*innen Flamenco zu trainieren. Ein wirklich langer Aufenthalt war es nicht, knapp sieben Wochen. Aber lange genug, um einen Alltag zu haben – und lange genug, um in diesem Alltag fremd zu sein.

Fremd sein heisst erst einmal: nicht wissen. Wie das Müll- und Recycling-Wesen der Stadt funktioniert oder der öffentliche Verkehr. Fremd sein heisst, umgekehrt gedacht: herausfinden müssen, in meinem Fall mit begrenzten Sprachkenntnissen. Fremd sein heisst deshalb auch, überfordert zu sein. Wenn man den Instruktionen der Lehrerin im Tanzstudio nur so ungefähr folgen kann, zum Beispiel, oder dem Kellner in der lauten Tapas-Bar.

Am Tag nach meiner Ankunft menge ich mich in eine Menschentraube um den Tresen eines Käse- und Wurststands in der ältesten Markthalle von Sevilla. Es ist Samstagmorgen, die Stimmung geschäftig. Kund*innen mit sehr spezifischen Wünschen fachsimpeln mit den vier Lebensmittelhändler*innen, die leicht erhöht hinter den polierten Scheiben einer Auslage stehen, mit hunderten verschiedenen Manchegos, Quesos, Cabras, Chorizos, Jamones. Alle scheinen sich zu kennen, kreuz und queres Palaver unter den Wartenden. Nach zehn Minuten entdecke ich, dass man eine Nummer ziehen muss, also bahne ich mir den Weg zum Ticketautomaten, der die Nummer 59 ausspuckt. Im Gewimmel des Ladens sehe ich schliesslich auch den Zähler, rot leuchtet darauf die 8. Acht? Echt?

Eine Frau muss mein Verblüffen beobachtet haben, sie wendet sich mit einer langen Wortsalve an den Chef des Ladens, worauf dieser ein kleines Gerät zur Hand nimmt und vorklickt – bis auf dem Zähler die 55 erscheint. Die Leute lachen ihn freundlich aus: Euer Zählsystem ist nur Show! Vale, vale, ist ja gut, sagt der Verlachte. Die Frau, die intervenierte, hat die 55, aber bedeutet mir: Du warst vor mir, hast’s halt nicht verstanden mit den Nümmerchen. Da gebe es ja auch nichts zu verstehen, sagt eine zweite Frau, nochmals etwas Gegacker. Ich sei auch vor ihr da gewesen, meint sie. Eine dritte lässt mir auch den Vortritt, und noch eine. Vale, ich bin dran, die 59!

Sowas, sinniere ich auf dem Weg zurück zu meiner Wohnung, würde in der Schweiz nie passieren. Schon gar nicht einer Fremden.

YVONNE KUNZ , 50, beobachtet die Welt, ob im Zürcher Gerichtssaal, auf Reisen oder auch auf dem Tanzboden.

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In Eritrea steht «Ldet» vor der Tür

Als ich mit meinem Sohn vom Spielplatz zu unserem Haus zurückkam, freuten wir uns, einer Nachbarin zu begegnen, die wir in den letzten Wochen nicht gesehen hatten. Sie erzählte uns, dass sie Urlaub hatte und für einige Wochen verreist war. Oh, sagte ich, ich freue mich auch darauf, im Dezember wegzufahren, um Weihnachten mit der Familie meines Mannes zu feiern. Sie liess mich den Satz nicht bis zu Ende sprechen und sagte traurig: Oh, ihr seid zu Weihnachten nicht hier? Letztes Jahr war ich in der Wohnung ganz allein, und ich konnte richtig spüren, wie wenig Energie das Alleinsein am Weihnachtstag hat. Das tut mir leid, entgegnete ich, ich weiss, wie es ist, sich einsam zu fühlen. Beide waren wir für einen Augenblick traurig und still.

Der Vorfall mit dieser Nachbarin erinnert mich wieder daran, welche Bedeutung der Aspekt des Zusammenkommens für ein Fest hat, sei es eine religiöse, eine kulturelle

oder sonst eine Feier. Unabhängig davon, auf welchem Kontinent wir leben, was, wie, warum und wann wir ein Fest feiern, es gibt ein gemeinsames Bedürfnis danach, nach dem viele von uns sich sehnen. Wenn ich mich an Weihnachten erinnere, das in meiner Muttersprache Tigrinya «Ldet» heisst, tragen mich die vielen Bilder, Gerüche und Geschmäcker zurück in mein Heimatland Eritrea, das tief in mir verankert ist.

Eritrea ist eines der Länder, die Ldet am 7. Januar feiern – wie auch andere orthodoxe Christ*innen. Ich bin in einer Stadt namens Keren aufgewachsen, die zur Hälfte von Muslim*innen und zur Hälfte von Christ*innen bewohnt wird und in der mindestens vier Sprachen gesprochen werden. Dort ist das Feiern der Vielfalt eine wichtige Sache, an die ich auch denke, wenn ich mich an das LdetFest in Eritrea erinnere. Als Christ*innen feierten wir Ldet mit unserer Familie sowie der Nachbarschaft und luden

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auch unsere muslimischen Nachbar*innen oder Freund*innen ein, mit uns zu feiern. Wir als Christ*innen wurden auch immer dann zu den Muslim*innen nach Hause eingeladen, wenn sie ihre religiösen Feste, genannt «Eid», feierten.

Wie so oft an Orten, wo Menschen verschiedener Glaubensrichtungen schon lange zusammenleben, gab es auch in dieser Stadt unsichtbare Grenzen zwischen «wir» und den «anderen» aufgrund der Religion. Aber diese Grenzen und Unterschiede wurden akzeptiert, respektiert und hinderten niemanden daran, seinen jeweiligen Glauben zu praktizieren, gemeinsam zu leben und zu feiern. Wenn wir zum Beispiel unsere muslimischen Freund*innen oder Nachbar*innen einluden, war es klar, dass sie unser nicht nach dem muslimischen Ritus geschlachtetes Fleisch nicht essen würden und wir etwas Vegetarisches für sie zubereiten würden und umgekehrt.

Woran ich mich auch lebhaft erinnere, ist das Teilen. In Eritrea essen die Menschen meistens Fleisch an Ldet oder anderen religiösen Festen. Für Festtage kauft man Fleisch bei uns meist nicht im Supermarkt, sondern man ersteht ein ganzes, lebendes Tier und schlachtet es selber. Eine Ziege oder ein Schaf zu kaufen, können sich jedoch nicht alle Menschen leisten. Deshalb verschafft man sich zum Ldet-

Fest einen Überblick vor allem in der Nachbarschaft: Wer sich Fleisch leisten kann, teilt mit denen, die keines haben. Nicht zuletzt ist es für mich immer noch bemerkenswert, dass bei uns die Menschen, die aus welchen Gründen auch immer allein leben, an den Festtagen nicht alleingelassen werden. In Eritrea reist man nicht quer durchs Land, um Weihnachten mit der Familie zu feiern, sondern man feiert mit denen, die in der Nähe leben – ob aus der Familie oder der Nachbarschaft. Es wäre doch schön, würden wir hierzulande auch nicht alle umherreisen und Menschen, die – wie meine Nachbarin – alleine leben, würden mit den Menschen in der Nachbarschaft feiern. Zu diesem Weihnachtsfest wünsche ich mir ein neues Jahr, in dem alle Menschen, die sich einsam fühlen, die Chance bekommen, ihre Lieben wieder einmal zu treffen und in Frieden dorthin zu gehen, wohin sie wollen.

SEMHAR NEGASH, 37, Sozialanthropologin, ist in Eritrea geboren und aufgewachsen. Seit 10 Jahren lebt sie in Bern. Sie arbeitet als Wissenschaftliche Assistentin an der Fachhochschule Nordwestschweiz und als Interkulturelle Vermittlerin mit verschiedenen Organisationen in der deutschsprachigen Schweiz.

Imp ressum

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Madlen Blösch, Geld & so, Basel

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Automation Partner AG, Rheinau FairSilk social enterprise www.fairsilk.ch Maya-Recordings, Oberstammheim Arbeitssicherheit Zehnder, Zürich Femisanum – natürliche Intimpflege, Zuzwil Scherrer & Partner GmbH, Basel Breite-Apotheke, Basel

Sublevaris GmbH, Brigitte Sacchi, Birsfelden Kaiser Software GmbH, Bern Cornelia Metz, Sozialarbeiterin, Chur Fachschule LIKA, Stilli b. Brugg Liberty Specialty Markets, Zürich Schwungkraft GmbH, Feusisberg Coop Genossenschaft, Basel AnyWeb AG, Zürich

Gemeinnützige Frauen Aarau Dipl. Steuerexperte Peter von Burg, Zürich Itsmytime.ch, Stefan Küenzi, Berlingen Beat Vogel – Fundraising-Datenbanken, Zürich Stadt Illnau-Effretikon

Gemeinnütziger Frauenverein Nidau hervorragend.ch | Grusskartenshop debe bijouxtextiles Bern

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Das Programm

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Merima Menur kam 2016 zu Surprise –durch ihren Mann Negussie Weldai, der bereits in der Regionalstelle Bern arbeitete. Zuvor lebten sie fünf Jahre getrennt –er in der Schweiz, sie in Äthiopien. Einige Zeit nach ihrer Ankunft in der Schweiz begann Merima auch mit dem Verkauf des Surprise Strassenmagazins und besuchte einen Deutsch-Kurs, mit dem Ziel selbständiger zu werden und eine Anstellung zu finden. Dank Surplus besitzt Merima ein Libero-Abo für die Stadt Bern und kann somit leichter an ihren Verkaufsort reisen. Surplus gibt der 39-Jährigen ausserdem die Möglichkeit, sich einige bezahlte Ferientage zu gönnen.

Einige unserer Verkäufer*innen leben fast ausschliesslich vom Heftverkauf und verzichten auf Sozialhilfe. Surprise bestärkt sie in ihrer Unabhängigkeit. Mit dem Begleitprogramm SurPlus bieten wir ausgewählten Verkäufer*innen zusätzliche Unterstützung. Sie erhalten ein Abonnement für den Nahverkehr, Ferienzuschlag und eine Grundausstattung an Verkaufskleidung. Zudem können bei finanziellen Notlagen aber auch für Gesundheits- oder Weiterbildungskosten weitere Unterstützungsbeiträge ausgerichtet werden. Die Programmteilnehmer*innen werden von den Sozialarbeiter*innen bei Surprise eng begleitet.

Derzeit unterstützt Surprise 24 Verkäufer*innen des Strassenmagazins mit dem SurPlus­Programm. Ihre Geschichten stellen wir Ihnen hier abwechselnd vor. Mit einer Spende von 6000 Franken ermöglichen Sie einer Person, ein Jahr lang am SurPlus­Programm teilzunehmen.

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Ein Strassenmagazin kostet 6 Franken.

Die Hälfte davon geht an den*die Verkäufer*in, die andere Hälfte an den Verein Surprise.

Das Heft erscheint alle 2 Wochen. Ältere Ausgaben werden nicht verkauft.

Alle Verkäufer*innen tragen gut sichtbar einen Verkaufspass mit einer persönlichen Verkaufsnummer. Diese ist identisch mit der Nummer auf dem Magazin.

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Winterzeit

«Das Jahresende ist in Sicht, festlich erstrahlt die Stadt im Weihnachtslicht. Oh du schöne Winterzeit, was hältst du für uns bereit?

Ruhige Stunden, ganz ohne Hektik, das wär doch mal eine neue Taktik. Auch Freude und Glück gehören in diese Zeit, und selbst das neue Jahr ist nicht mehr weit.

In diesem Sinne wünschen wir: schöne Festtage bei fröhlichem Beisammensein und zauberhafte Stunden im flackernd’ Kerzenschein.»

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