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JAHRESRÜCKBLICK
Sudetendeutsche Zeitung Folge 51+52 | 22.12.2023
Trauer und Abschied
Die Toten des Jahres Am 6. Januar starb Wid- beitskreises Mittel- und Ostmar Hader in Regensburg. europa in Hessen (PAMO), Der 1941 in Elbogen gebore- mit 82 Jahren in Offenbach. ne Komponist erhielt im Laufe Am 13. Mai starb Jana Ouseines Lebens für sein großes tratová, die Ehefrau des früWerk und sein nachhaltiges heren Vizepräsidenten des Engagement als Brückenbau- tschechischen Senats, Edvard er zahlreiche Auszeichnungen, Outrata, nach langer Krankwie den Sudetendeutschen heit im Alter von 85 Jahren in Kulturpreis für Musik 1961 Prag. und das BundesverdienstAm 16. Juni starb der tschekreuz am Bande 2011. chisch-deutsche Egerländer Am 11. Januar starb Franz und Historiker Josef Škrábek Olbert, ein äußerst verdienst- mit 95 Jahren in Prag. voller Ackermann aus dem Am 29. Juni – 23 Tage Schönhengstgau, im 88. Le- nach seinem 93. Geburtstag bensjahr in München. Mit ihm – starb Helmut Glaßl, Kunstging eine Persönlichkeit von maler, Vorstandsmitglied des uns, die unermüdlich Gro- Egerer Landtags, Kulturwart ßes für die Versöhnung und der Eghalanda Gmoi, Träger Freundschaft von Deutschen, des Bundesehrenzeichens der Tschechen und Slowaken ge- Eghalanda und der Bürgermeleistet hatte. daille der Gemeinde BubenAm 12. Januar starb Wal- reuth aus Schönbach im Kreis traud „Waldi“ Mückstein, Eger. Mitglied des Deutschen BöhAm 11. Juli verstarb der in merwaldbundes, mit 65 Jahren Brünn geborene Schriftsteller in München. Milan Kundera im Alter von Am 3. Februar starb die 94 Jahren in Paris. 1984 wurde höchst verdienstvolle Böhmer- Kundera mit seinem Roman wäldlerin Anna Pöchmann mit „Die unerträgliche Leichtig100 Jahren im baden-württem- keit des Seins“ weltberühmt. bergischen Kirchheim unter Das Buch über eine LiebesgeTeck. schichte vor dem Hintergrund Am 7. Februar starb Josef des Prager Frühlings 1968 Prell, ein Landsmann qua Ehe wurde später mit Daniel Dayund Musiker der oberfränki- Lewis und Juliette Binoche schen SL-Kreisgruppe Bay- verfilmt. Die Kommunistische reuth und der oberfränkischen Partei in der damaligen ČSSR SL-Ortsgruppe Pegnitz, mit 88 hatte Kundera 1970 aus ihren Jahren. Reihen ausgeschlossen und Am 15. Februar starb der kurz darauf mit einem Publiaus Mosty, einem Stadtteil von kationsverbot belegt. 1975 erTeschen an der Grenze zu Po- hielt er ein Ausreisevisum und len, stammende evangelische siedelte nach Frankreich über. Pfarrer und Kirchenhistoriker 1981 nahm er die französische Herbert Patzelt mit 97 Jahren Staatsbürgerschaft an. in Lübek. Am 10. August starb das Am 21. Februar starb die Bruna-Urgestein Gerd Hanak Schriftstellerin Ilse Tielsch/ mit 87 Jahren im oberbayeriFelzmann, Trägerin des SL- schen Krailling. Kulturpreises 1983, kurz vor Am 27. August starb Karel ihrem 94. Geburtstag im Krei- Holomek, Roma-Aktivist, Pose ihrer Familie in Wien. litiker, Begründer des MuseAm 13. März starb der in ums für die Roma-Kultur und Brünn geborene Philosoph Freund der Sudetendeutschen Ernst Tugendhat kurz nach sowie des Sudetendeutschen seinem 93. Geburtstag am 8. Büros in Prag, mit 86 Jahren in März in Freiburg im Breisgau. Brünn. Am 17. März starb Tilman Am 1. Oktober starb HerZülch, aus dem Altvaterland bert Haischmann im 93. Lestammender Träger des SL- bensjahr im brandenburgiMenschenrechtspreises 2003, schen Hoppegarten. Gründer der Gesellschaft für Am 8. Oktober starb Oskar bedrohte Völker Pohlner im stol(GfbV) und seit der zen Alter von 104 Gründung 1970 bis Jahren in Stuttzu seinem Tod Prägart. Der gebürtige sident der GfbV, Brünner war langmit 83 Jahren im jähriges Mitglied niedersächsischen der Bruna, dem Göttingen. Heimatverband der Am 7. April deutschen Brünstarb die verbliener. bene Kuhländlerin Am 25. OktoEdith Kosler/Böber starb ProfesKarl von sor Erhard E. Kornisch mit 90 Jah- Fürst ren in Sedlnitz/ Schwarzenberg. Foto: kisch, Architekt, Mediaservice Novotny Lehrer, Autor, AusSedlnice. Sie war Vorsitzende der Ortsgruppe stellungsmacher und ehemaliNeutitschein im Verband der ger Kulturreferent der SL-BeDeutschen Nordmähren – zirksgruppe Oberbayern, mit Adlergebirge (VdD). 89 Jahren in Saaldorf-Surheim Am im Berchtesgadener Land. 11. April verstarb Dana Am 15. September starb die Němcová im Alter von 89 Jah- Egerländerin Erna Lorenz, die ren in Prag. Die Brüxerin ge- in Falkenau zur Welt gekomhörte zu den bekanntesten men war. Bürgerrechtlern und gehörAm 6. November starb kurz te zu den ersten Unterzeich- vor ihrem 102. Geburtstag nern der Menschenrechtspe- in Karlsruhe Elfi Posselt, die tition „Charta 77“. Außerdem Mutter von Volksgruppenwar sie Mitgründerin des Ko- sprecher Bernd Posselt und mitees der zu Unrecht Ver- Dr. Martin Posselt, Vorsitzenfolgten. Ende der 1970er Jah- der des Kulturausschusses der re wurde sie inhaftiert und Sudetendeutschen Bundeswegen „Untergrabung der Re- versammlung. publik“ zu einer BewährungsAm 11. November starb der strafe verurteilt. Im selben Pro- aus dem Böhmerwald stamzeß wurde der Bürgerrechtler mende SL-Aktivist Anton Bayund spätere erste demokrati- er mit 90 Jahren im oberpfälzische Staatspräsident Václav schen Cham. Havel zu viereinhalb Jahren Am 12. November starb der Haft verurteilt. ehemalige tschechische AuAm 16. April starb Gerolf ßenminister Fürst Karl von Fritsche, langjähriger Vorsit- Schwarzenberg kurz vor seizender des Pädagogischen Ar- nem 86. Geburtstag in Wien.
Sudetendeutscher Tag 2023: Ministerpräsident Markus Söder und Staatsministerin Ulrike Scharf beim Einzug in die Festhalle. Fotos: Torsten Fricke
Feierlicher Moment in der Münchner Residenz: Ministerpräsident Markus Söder überreicht Staatsministerin Ulrike Scharf die Ernennungsurkunde.
Landtagswahlen in Bayern
Schirmherrschaftsministerin wird Vize-Ministerpräsidentin Nach dem überzeugenden Wahlsieg der CSU und der Freien Wähler bei der bayerischen Landtagswahl am 8. Oktober wurden wichtige Schlüsselpositionen im Schirmland der Sudetendeutschen neu besetzt.
W
ie von allen politischen Beobachtern nicht anders erwartet, blieb Markus Söder Ministerpräsident und damit Schirmherr der Sudetendeutschen Volksgruppe, dem vierten Stamm Bayerns. Als Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales ist Ulrike Scharf weiterhin Schirmherrschaftsministerin der Sudetendeutschen. Außerdem stieg die empathische CSU-Politikerin zur Zweiten stellvertretenden Ministerpräsidentin auf. Einen großen Karriereschritt machte auch Klaus Holetschek direkt nach der erfolgreichen Landtagswahl. Auf Vorschlag des CSU-Vorsitzenden Söder wurde der 58-jährige Jurist von der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag zum neuen Fraktionsvorsitzenden gewählt. Zu den ersten Gratulanten gehörte Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und als Vorsitzender der CSUArbeitsgemeinschaft Union der Vertriebenen und Aussiedler qua Amt Mitglied des CSU-Parteivorstands: „Klaus Holetschek ist ein nachgeborener Landsmann, der von Geburt an tief in unserer Volksgruppe verankert ist. Ich arbeite mit ihm seit Jahrzehnten freundschaftlich und eng zusammen und freue mich daher, daß er eine politische Schlüsselpositi-
MdL Eric Beißwenger: Staatsminister für Europaangelegheiten und Internationales.
Ministerpräsident Markus Söder und Klaus Holetschek, zu dem Zeitpunkt noch Gesundheitsminister, auf der Wahlparty im Maximilianeum. on in unserem Schirmland eingenommen hat.“ Holetscheks Vater stammt aus Markt Eisenstein im Böhmerwald, seine Mutter aus Marienbad. „Die Vertreibung war in unserer Familie ein wichtiges Thema, vor allem als meine Großmutter noch gelebt hat“, hat der neue Fraktionschef einmal in einem Interview erzählt. Eine neue Aufgabe hat auch die Landtagsabgeordnete Dr. Petra Loibl. Die Niederbayerin wurde zur neuen Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene ernannt. Das Amt hat sie von Sylvia Stierstorfer übernommen, die nicht mehr für den Landtag kandidiert hatte.
Zum neuen Staatsminister für Europaangelegenheiten und Internationales wurde Eric Beißwenger befördert. Dem WahlAllgäuer kommt 2024 eine besondere Rolle zu, da im Juni die Europawahlen auf der Agenda stehen. Bereits im Dezember reiste Beißwenger zu seinem ersten Antrittsbesuch nach Prag und traf dort den tschechischen Kulturminister Martin Baxa sowie den Vize-Außenminister Jan Marian. Eine wichtige Aufgabe erhielt auch Martin Schöffel. Der Staatssekretär im Finanzministerium ist der neue Koordinator der bayerische-tschechischen Zusammenarbeit. Torsten Fricke
MdL Dr. Petra Loibl: Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene.
Finanz-Staatssekretär Martin Schöffel: Koordinator der bayerischtschechischen Zusammenarbeit.
Sudetendeutsches Museum in München und Isergebirgs-Museum in Neugablonz
Ein erfolgreiches Jahr für die Museen Für das Sudetendeutsche Museum hatte das Jahr bereits mit einer besonderen Würdigung begonnen: Als eines von nur drei Institutionen in Deutschland wurde es für den Award „Europas Museum des Jahres 2023“ nominiert, dessen Finale dann im Mai in Barcelona stattfand.
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in besonderer Erfolg war auch die Sonderausstellung „Ein bißchen Magier bin ich schon...“, die anläßlich des 100. Geburtstages des aus Reichenberg stammenden weltberühmten Autors Otfried Preußler gezeigt wurde. Mit über 10 000 Besuchern wur-
10 000 Besucher sahen die Sonderausstellung „Ein bißchen Magier bin ich schon...“. Foto: Torsten Fricke
de ein neuer Rekord aufgestellt. „Viele Besucher haben die Sonderausstellung sowie die vielen Veranstaltungen des Begleitprogramms auch dazu genutzt, um sich die Dauerausstellung des Sudetendeutschen Museums anzusehen“, freute sich Museumsdirektor Dr. Stefan Planker über die große Resonanz. Mit der dritten Teilnahme bei der Kulturveranstaltung „Die lange Nacht der Münchner Museen“ und der zweiten Ausrichtung der „Sudetendeutschen Dialoge“ für Volksgruppen und Minderheiten in Europa hat das Sudetendeutsche Museum eben-
falls für überregionale Beachtung gesorgt. Auch das Jahr 2024 dürfte erfolgreich starten, da die neue Sonderausstellung „So ein Theater! Marionetten aus Böhmen und Mähren“ noch bis zum 13. Februar gezeigt wird. Auch beim Isergebirgs-Museum in Neugablonz, das die Otfried-Preußler-Ausstellung übernommen hat und bis zum 7. April zeigt, durfte gefeiert werden. Im Juni würdigte die Hans-FreiStiftung die Institution mit dem Schwäbischen Museumspreis. Und im Juli fand der große Festakt zum 20-jährigen Bestehen statt. TF