Charlotte Knobloch: „Jeder hat seine Geschichte – wenn er überlebt.“ (Seite 3)
Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
Reicenberger Zeitung 161. Jahrgang
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Jahrgang 74 | Folge 7 | 2,80 EUR · 75 CZK | München,18. Februar 2022
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B 6543
„Beste Beziehungen“
Zeman gratuliert Steinmeier
Nach der Wiederwahl zum Bundespräsidenten haben führende Politiker der Tschechischen Republik Frank-Walter Steinmeier gratuliert.
I
hre Wiederwahl und Ihre Beliebtheit in der Öffentlichkeit sind ein klarer Beweis für die hervorragende Vertretung des Landes. Die Bundesrepublik kann zu Recht stolz auf ihren Präsidenten sein, und es ist mir eine Ehre, Sie, lieber Frank-Walter, meinen persönlichen Freund nennen zu dürfen“, schrieb der Staatspräsident Miloš Zeman an seinen deutschen Amtskollegen. In seinem Glückwunschschreiben erinnerte Zeman an die zahlreichen persönlichen Treffen, zuletzt im vergangenen August. „Wir sind uns beide einig, daß die Beziehungen zwischen unseren Ländern die besten in der Geschichte sind. Dies ist auch den starken historischen Gesten zu verdanken, zu denen sicherlich Ihr Besuch in der Krypta der St.-Cyrill-und-Method-Kirche in der Resslova-Straße in Prag im August gehörte.“
Die Präsidenten Steinmeier und Zeman trafen sich im August in Prag. Weiter schreibt Zeman: „Ich schätze das hohe Niveau der Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern sehr, nicht nur auf wirtschaftlichem und politischem Gebiet, sondern auch zwischen den Grenzregionen, beim Austausch von Studenten und bei normalen zwischenmenschlichen Kontakten. Außerdem hat die Coronavirus-Pandemie deutlich gezeigt, wie wichtig die gegenseitige Zusammenarbeit ist.“ Auch der tschechische Premierminister Petr Fiala (ODS) gratulierte Steinmeier zu seiner Wiederwahl und twitterte: „Seine Unterstützung quer durch das politische Spektrum zeigt, welche Autorität er in seinem Land hat. Dies ist eine sehr gute Nachricht für die tschechisch-deutschen Beziehungen, die sich bereits auf einem hervorragenden Niveau befinden.“ Der tschechische Außenminister Jan Lipavský (Piraten) würdigte insbesondere die klaren Worte, mit denen sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für Frieden, Freiheit und Demokratie ausgesprochen hatte: „Ich danke Ihnen für Ihre außergewöhnlich starke Rede nach Ihrer Wiederwahl. Wir dürfen nicht zulassen, daß uns die Demokratie genommen wird, und wir müssen aggressiven Regimen zeigen, daß wir als Verbündete vereint sind.“ TF
Das Archivfoto zeigt Papst Franziskus bei einem Besuch des emeritierten Papstes Benedikt XVI. im November 2020.
Foto: Vaticano Media
Schwere Vorwürfe gegen Gutachter: Keine Beweise, daß der emeritierte Papst Benedikt XVI. an der Vertuschung von Mißbrauchsfällen beteiligt war
Kirchenstreit: Tschechische Bischöfe üben scharfe Kritik an Kardinal Marx Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist in einem Mißbrauchsgutachten des Erzbistums München und Freising schwer belastet worden: Er habe als damaliger Münchner Erzbischof in vier Fällen nichts gegen Kleriker unternommen, die des sexuellen Mißbrauchs beschuldigt waren. Doch so eindeutig, wie die Gutachter die über 40 Jahre zurückliegenden Vorkommnisse auf einer Pressekonferenz am 20. Januar geschildert haben, scheint der Fall nicht zu sein.
Üben scharfe Kritik: Kardinal Dominik Duka, Erzbischof von Prag (links), und Jan Graubner, Erzbischof von Olmütz und Vorsitzender der tschechischen Bischofskonferenz. Fotos: Wikipedia CC BY-SA 4.0/ Erzdiözese Prag
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on einer „weltweiten Medienkampagne gegen den emeritierten Papst Benedikt XVI.“ und einem „Münchner Verrat“ spricht der Erzbischof von Prag, Kardinal Dominik Duka, und schreibt in einem offenen Brief: „Ich protestiere daher und erlaube mir, den Erzbischof von München, seine Kurie und den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz für die Diffamierung und Schädigung des Ansehens von Papst Benedikt XVI. zur Rechenschaft zu ziehen.“ Von „schändlichen Angriffen, die derzeit gegen den emeritierten Papst geführt werden“, spricht auch der Erzbischof von Olmütz und Vorsitzende der tschechischen Bischofskonferenz, Jan Graubner. In dem 1900 Seiten umfassenden Gutachten über sexuelle Gewalt im Erzbistum München und Freising, das Kardinal Reinhard Marx in Auftrag gegeben hatte, wird dem emeritierten Papst unter anderem eine Falschaussage vorgeworfen. Demnach habe er am 15. Januar 1980, also vor über 42 Jahren, an einer Ordinariatssitzung teilgenommen – was Benedikt XVI. zunächst bestritten hatte. Der Beraterstab des emeritierten Papstes hat mittlerweile auf-
geklärt, wie es zu dieser falschen Aussage gekommen ist: Demnach sei es nur einem einzigen Berater des emeritierten Papstes erlaubt gewesen, die 8000 Seiten an Akten für eine Stellungnahme einzusehen. Zudem hätten die Gutachter es auch untersagt, Dokumente zu speichern, auszudrucken oder zu kopieren. Aufgrund des hohen Zeitdrucks und der Masse an Unterlagen sei dem Berater dabei ein Übertragungsfehler passiert. „Diesen Übertragungsfehler kann man Benedikt XVI. nicht als bewußte Falschaussage oder ,Lüge‘ anlasten“, verteidigen die Berater den emeritierten Papst und verweisen darauf, daß eine bewußte Falschaussage „auch keinen Sinn ergeben“ hätte, da im Protokoll der Sitzung Äußerungen des damaligen Kardinals protokolliert waren. „Die Anwesenheit von Joseph Ratzinger war damit offensichtlich.“ Ein Thema in dieser Sitzung vom 15. Januar 1980 sei der Umgang mit einem externen Seelsorger gewesen, der im Gutach-
ten Priester X genannt wird. Die Gutachter werfen Kardinal Ratzinger vor, Priester X weiter eingesetzt zu haben, obwohl dieser sexuellen Mißbrauch begangen hatte – was die Berater des emeritierten Kirchenoberhaupts bestreiten: „Joseph Ratzinger hatte weder Kenntnis davon, daß Priester X. ein Mißbrauchstäter ist, noch daß dieser in der Seelsorge eingesetzt wird. Die Akten zeigen, daß in der Ordinariatssitzung am 15. Januar 1980 nicht über einen seelsorgerlichen Einsatz des Priesters X. entschieden wurde. Die Akten zeigen auch, daß in der fraglichen Sitzung nicht thematisiert wurde, daß der Priester sexuellen Mißbrauch begangen hat. Es ging ausschließlich um die Unterbringung des jungen Priesters X., weil er sich in München einer Therapie unterziehen sollte. Diesem Anliegen wurde entsprochen. Der Grund der Therapie wurde in der Sitzung nicht benannt.“ Auf der Pressekonferenz mit dieser Frage konfrontriert, mußten die Gutachter einräumen,
daß sie in der Tat keinen Beweis haben, daß der damalige Kardinal Ratzinger die strafrechtliche Relevanz des Falles gekannt hatte. Dies sei nach der subjektiven Meinung der Gutachter nur „überwiegend wahrscheinlich“. Auch in den drei anderen Fällen fehlen offensichtlich die Beweise. So sagen Benedikts Berater: „In keinem der Fälle, die das Gutachten untersucht, hatte Joseph Ratzinger Kenntnis von Taten oder vom Tatverdacht sexuellen Mißbrauchs der Priester. Das Gutachten präsentiert keine Beweise dafür, daß es sich anders verhält.“ Gleichwohl hat sich der emeritierte Papst in seinem Antwortschreiben auf das umstrittene Gutachten von den Tätern distanziert und sich bei den Opfern entschuldigt: „Bei all meinen Begegnungen vor allem auf mehreren Apostolischen Reisen mit von Priestern sexuell mißbrauchten Menschen habe ich den Folgen der übergroßen Schuld ins Auge gesehen und verstehen gelernt, daß wir selbst in diese übergro-
ße Schuld hineingezogen werden, wenn wir sie übersehen wollen oder sie nicht mit der nötigen Entschiedenheit und Verantwortung angehen, wie dies zu oft geschehen ist und geschieht. Wie bei diesen Begegnungen kann ich nur noch einmal meine tiefe Scham, meinen großen Schmerz und meine aufrichtige Bitte um Entschuldigung gegenüber allen Opfern sexuellen Mißbrauchs zum Ausdruck bringen.“ Mit der öffentlichen Unterstützung für den emeritierten Papst stehen die tschechischen Bischöfe nicht alleine da. So habe selbst Papst Franziskus Benedikt XVI. „einen sehr schönen Brief geschrieben“, sagte Erzbischof Georg Gänswein, der Privatsekretär des emeritierten Papstes, und verwies darauf, daß Benedikt XVI. nicht nur bei allen Opfern von Mißbrauch um Vergebung gebeten, sondern in diesem „sensiblen Bereich“ auch viel getan habe. Wer die Fakten „aufrichtig lese“, so Gänswein, könnte die Kritik in den deutschen Medien nicht teilen. Unterstützung bekommt der emeritierte Papst auch vom Präsidenten der Päpstlichen Akademie für das Leben, Bischof Vincenzo Paglia. „Er war der erste, der von diesem ‚Schmutz‘ in der Kirche gesprochen hat.“ Benedikt habe sofort nach seiner Wahl zum Papst ein Verfahren in Sachen Mißbrauch in der Kirche eingeleitet. Benedikts Brief sei ein Dokument eines „großen Gläubigen und eines großen Humanisten“, so Paglia. Der Erzbischof von Bologna, Kardinal Matteo Zuppi, sagte: „Die Bitte um Vergebung für das Versagen, das Zeigen von Schmerz und tiefer Scham, erteilt eine Lektion in Demut und Verantwortung und beweist Mut.“ Torsten Fricke