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Die Funktion - ein Lab
Die Bismarck-Kanone fungiert als eine Art ForschungsLaboratorium, in dem neue Formen der Kontextualisierung des gegenüberstehenden Bismarck-Denkmals von jeweils wechselnden Nutzern erarbeit werden.
Im oberen Teil der Bismarck-Kanone sind zwei festinstallierte und hinter Eisengittern gesicherte lichtstarke Open Air Beamer (min. 35.000 Ansi-Lumen) untergebracht, mit denen das Denkmal in voller Größe, weithin sichtbar illuminiert wird.
Der obere Beamer bewirft die Bismarck-Statue mit Bildern und Farben. Der untere kann dazu dienen z.B. Textbotschaften oder Filme auf den Sockel zu projezieren.
Die Beamer befinden sich zwischen den beiden Geschützrohren. Zu prüfen wird sein, in wie weit die Anschaffung von Laserbeamern für einen Dauerbetrieb sinnvoll sein werden.
Im begehbaren Innenraum der Bismark-Kanone (ca.25m2) ist eine spezielle Computerschnittstelle untergebracht, wo ca. 5-minütige Animationen für die jeweiligen Projektionen ausgearbeitet werden können, mit deren Hilfe das Denkmal neu interpretiert bzw. kommentiert wird.
Pinboards oder vandalismussichere Vitrinen dienen zusätzlich als Präsentationsflächen für den jeweiligen Nutzer.
Hier können Kampagnen geplant und deren Präsentation diskutiert werden. Hier können sich Gespräche entspinnen, Pläne geschmiedet werden und Diskussionen stattfinden. Hier entsteht ein lebendiger Raum für Aktivismus und Öffentlichkeitsarbeit.
Ein Queering von Bismarck wird hier möglich gemacht.
Der Betrieb - rotierend
Das Konzept der Bismarck-Kanone als Lab sieht zwingend einen regelmäßigen Nutzerwechsel vor.
Sowohl in der starken Kritik der rein denkmalpflegerischen Sanierung des Bismarck-Denkmals als auch in der Zusammensetzung der Jury von ‚Rethinking Bismarck‘ spiegelt sich das Engagement vieler verschiedener Gruppen und Akteure.
Deswegen ist es die Zielvorgabe der Bismarck-Kanone, kontinuierlich diese zivilgesellschaftlichen Akteure zu stärken und einzubinden, damit sie ihre jeweilige Sichtweise auf das Bismarck-Denkmal vermitteln können.
Entscheidend für einen langfristigen Betrieb der Bismarck-Kanone als interaktives, integratives Lab ist eine ebenso dauerhafte wie nachhaltige finanzielle Ausstattung.
Dies könnte durch ein Bewerbungsverfahren gesichert werden, in dem sich - in jährlichem oder halbjährlichem Wechsel - freie Gruppen, Aktionsbündnisse, Initiativen und interessierte Bürger um eine zeitlich begrenzte Leitung bzw. Nutzung der Bismarck-Kanone bewerben könnten.
Ein solches Stipendium würde die entsprechenden Mittel für ihr Engagement und den Betrieb der BismarckKanone zur Verfügung zu stellen.
Denkbar wäre es, die Bismarck-Kanone als Außenstelle der SHMH zu betreuen, als Out-reach-Projekt mit einem klaren Angebot in Form eines ‚Kanonen-Grants‘. So stünde das Bismarck-Denkmal weltweit Kritikern und Aktivisten als Projektionsfläche zur Verfügung, das um Kommentare und eine Neubewertung geradezu betteln würde. Mit der Bismarck-Kanone wäre ein Labor- und Präsentationsort geschaffen, an dem zivilgesellschaftliche Initiativen unter (minimaler technischer) Anleitung ihren visuellen Ideen frei Ausdruck verleihen können.
Durch den Bewerbungsvorgang kann sichergestellt werden, dass eine breite, vielschichtige, abwechslungsreiche, durchaus auch kontroverse Form des Erinnerns und Kommentierens eingeübt wird, die sich dynamisch weiterentwickelt und offen für diverse Kontextualisierungen ist.
Gleichzeitig wird so eine Moderation gewährleistet, die unliebsame, rassistische oder beleidigende Äusserungen verhindern kann.
Vorstellbar wäre aber auch ein offener Betrieb, bei dem das Publikum ganz autonom handelt und zwischen einer Reihe von Animationsvorlagen frei wählen kann, die dann am folgenden Abend projeziert werden.
Erläuterungsbericht „Bismarck neu denken“
Titel: „KörperBau“
Medium: Videokunst/ Video Walk/ Performance
“KörperBau” ist ein partizipativer Video Walk durch den Elbenpark Hamburgs. Ziel meiner performativen und multimedialen Intervention ist es, das Bismarck Denkmal zum Leben zu erwecken und im 21. Jahrhundert zu verorten. Die statische Skulptur wird über meine Intervention beweglich - Sie bekommt Füße, Hände - ja einen ganzen Körper und durch läuft die Stadt. Das Bismarck Bau -Denkmal wird körperlich sowie räumlich erfahrbar gemacht.
Beitragsverfasser/-innen: Vanessa Cardui und kritisch hinterfragen. Der Bauch wird zu einer offenen Einkaufstüte, die Füße werden zu einem Podest, die Arme werden von einem Baugerüst gehalten, Hände zu Stein gemeißelt, das Gesicht wird versteinert, der ganze Körper wird als riesige Baustelle gezeigt, an der herumgewerkelt wird - der Körper befindet sich im ständigen Um -Bau.
Ideenskizze Video Walk „KörperBau“
Was bedeutet “Bau-Denk-mal” heute? Im Zeitalter der Selbstoptimierung und des Fitnesskults versuchen wir immer mehr unseren idealen Körper zu “schnitzen” und unsere äußere Hülle nach unseren Vorstellungen zu modellieren. Unser Körperkult erinnert an das Meißeln einer perfekten Skulptur. Wir erleben unseren Körper als “Statue”, die wir über Ernährung, Sport und Schönheitsoperationen nach unseren eigenen Vorstellungen “bauen” können. Dabei wird der eigene Körper wie zu einem Fremd- Körper. Mit meiner Intervention “KörperBau” möchte ich über einen tragbaren Monitor die Veränderungen am eigenen Körper filmisch aufzeigen
Ideenskizze 2 Video Walk „KörperBau“
Ausgangspunkt ist das Baudenkmal Bismarcks. Der Entstehungsprozess des Denkmals sowie seine urbane Umgebung sind Teil des Kunstwerks. Ausgehend von der Skulptur transformieren sich die Körp erteile zu einzelnen Baustücken des Denkmals. Ziel ist es, das idealisierte und statische Bild Bismarcks medial und performativ aufzubrechen und das Denkmal neu zu be-greifen. Hierfür möchte ich Videos kreieren, die jeweils Bezug zu unserem Körper nehmen. Wie stellen wir uns einen idealen Körper vor? Wie haben sich unsere Vorstellungen von einem idealen Körperbau im Laufe der Zeit gewandelt? Das Baudenkmal von Bismarck gibt Anstoß. Die Videos geben Einblicke und transformieren unseren Körper in Baupläne, architektonische Gebilde und Statuen. Dabei wird der tragbare Monitor Teil des Kunstwerks. Die Schwierigkeit - ja die Unmöglichkeit - eines perfekt “gebauten” Körpers wird vor Augen geführt sowie Das Ringen mit dem eigenen Körper und die wechselnde Vorstell ung, wie ein Körper auszusehen hat. Vom körperlichen Zerfall in seine “Bausteine” bis zum NeuBau und dem Körper als moderne Architektur zeigen die Videos die Eingriffe in den Körperbau und hinterfragen das steinerne Bau-Denkmal Bismarcks - setzen es in Beziehung zu unserem heutigen Um- Gang mit dem eigenen Körper.



THE FISHERMAN / DER SEEMANN
1. Ausgangspunkt/ Anlass und Ziel der Maßnahme
Im Alten Elbpark, nahe dem Hafen, dem Hamburger Kiez und dem Portugiesenviertel steht ein 34,3 m hohes Denkmal des ehemaligen Politikers Otto von Bismarck (Bauzeit zwischen 1901 und 1906) .
Mittels eines Ideenwettbewerbs soll das Denkmal hinterfragt und neue Ansätze erarbeitet werden, die eine Auseinandersetzung in der breiten Öffentlichkeit hervorrufen.
2. Entwurfskonzeption
Das bestehende Denkmal wird in einen neuen Kontext gerückt.
Der Entwurf sieht vor, das Bismarck-Denkmal und den damit einhergehenden Teil der Geschichte zu verhüllen/ zu konservieren und stattdessen daraus ein Landmark zu kreieren.
Dafür wird das bestehende Monument mit Textil verhüllt, welches den Eindruck von Regenkleidung vermittelt. Dadurch erscheint die Skulptur wie ein Fischer/ Seemann. Die Zeit des Krieges sollte vorbei sein. Das Schwert/ die Waffe wird abgedeckt. Dadurch wird die Installation zum Symbol des Friedens.
In der Dunkelheit wird das Denkmal von 4 Leuchten (Bodenstrahler) angestrahlt, der Stoff ist in einem leuchtenden Neon-Gelbton gehalten und ist lang-nachleuchtend. Dadurch wird die Statue zu einer Lichtinstallation, die Tag und Nacht von Weitem sichtbar ist.

Der auffällige und markante Hochpunkt kann für die Bewohner der Stadt und Touristen zur Attraktion werden.
Statt dem umstrittenen Politiker Bismarck soll so den „einfachen“ Menschen, den UrHamburgern, den traditionellen Berufen, den Handwerkern, den Seglern, etc. ein Denkmal gesetzt werden.
Das durch das Textil gut geschützte Monument trotzt Regen und Wind - so wie die Bewohner Hamburgs.
3. Konstruktion
Das Objekt soll ähnlich, wie es das Ehepaar Christo beim Reichstag in Berlin gemacht hat, verhüllt werden.
Es soll dabei geschützt werden und nicht zu Schaden kommen.
Die Komponenten werden im oberen Bereich miteinander verbunden und im Sockelbereich so verankert, dass die Plane gegen aufsteigenden Wind gesichert ist. Der Aufbau der Hülle besteht voraussichtlich aus mehreren Materialschichten.
Es werden 2 Komponenten für das Ölzeug benötigt:
1. Regenhut/ Südwester
2. Regenmantel/ Friesennerz
Die Montage kann voraussichtlich mittels Kran/ Steiger/ Fassadenkletterer erfolgen. Dann wäre kein Baugerüst nötig.
4. Materialaufbau (von außen nach innen)
Schicht 1
Wasserabweisende Beschichtung, glänzend/ Neon- / Leuchtfarbe, lang-nachleuchtend (Ökologisch abbaubar)
Schicht 2
Stabiles Gewebe, produziert aus Material, welches im Meer gefunden wurde / recycelter Plastik-Müll
Schicht 3
Feuchteadaptive Dampfsperre/ Klimamembran, Fein-Vlies, o.ä.
Schicht 4
Schaumstoff/ Drainage zum Schutz der Skulptur und zum Ableiten von eingedrungener Feuchtigkeit
Der Materialaufbau muss vor Ausführung noch überprüft werden (Taupunkt, etc.).
Bismarck im Regen stehen lassen
Der große Bismarck wirkt auf den ersten Blick unverändert. Bei näherer Betrachtung fällt der metallene Ansatz auf seinem Kopf ins Auge. Aus der nackten Schädeldecke wuchert der Pickel einer unsichtbaren Pickelhaube.



Jede Stunde schießt eine Springbrunnenfontäne aus Bismarcks Kopf und lässt ihn im Regen stehen. Der Regen als Gleichmacher. Aber nicht ganz gleich – nur Bismarck wird nass.
Das Denkmal wird zum Brunnen und man fragt sich, wer Bismarck im Regen stehen gelassen hat. Waren es seine alten politischen Gegner? Unsere plurale Gesellschaft in der wir leben? Durch das Störelement Regen wird die gewaltige Symbolkraft des Denkmals kurz gestört und ermöglicht einen neuen Blick auf den alten Mann.




Bismarck darf noch da sein, aber jede Stunde wird er für fünf Minuten im Regen stehen gelassen. Damit sich der Personenkult beruhigt und etwas abkühlt – und damit eine kritische Auseinandersetzung mit dem Monument angestoßen wird – und um die Gärten am Fuße Bismarcks zu bewässern.

Die Gärten und Beete am Fuße Bismarcks werden durch betreutes urban gardening nutzbar gemacht. Hier entsteht ein grüner Treffpunkt, eine bunte Oase im Schatten der grauen Figur.

Bismarck im Regen stehen lassen, um Platz für neue Zusammenkünfte und Diskurse zu geben. Der bunte Nutzgarten spiegelt unsere plurale Gesellschaft wider. Auf den Köpfen der 8 Sockelfiguren, die früher die germanischen Stämme symbolisierten, wächst in Zukunft die neue Vielfalt.

Diaphanem Skizzenpapier gleichend, hüllt sich das Bismarck-Denkmal in einen schleierhaen Vorhang. Die zylindrische, weiß-transparente Hülle, schwebt wie ein eisiger weißer Monolith zwischen den säumenden Bäumen des Elbparks, strahlt über diese hinweg, ist Teil einer neuen Silhouette der Stadt. Knapp über Kopöhe endend, fußt die schwebende Hülle mit ihren metallenen Füßen auf dem steinernen Sockel Bismarcks, gewährt Einblick und Zugang, erzwingt Nähe, Konfrontation und Auseinandersetzung. Die transparente, zarte Hülle als Gegenüber des massiven Denkmals. Im Zwischenraum ein Wechsel von gegenseitiger Abmilderung und Übersteigerung, Annäherung und Entfremdung. In unregelmäßigen Abständen, ein Zischen. Dichter kalter Nebel sinkt vom oberen Drittel der Hülle hinab, wandert an der Skulptur nach unten, verdichtet sich, sinkt weiter, dringt nach draußen und verteilt sich über den Sockel und die Baumkronen, bis er endgültig im Wind fortgetragen wird.
Beitragsverfasser/-innen: Baukunst René Kersting
Konzepttext
Nähert man sich dem Bismarck-Denkmal, inhaltlich, wie physisch erfahren im städtischen Raum, zeigt es seine dominierende Präsenz in aller unausweichlicher Deutlichkeit. Eine ängstliche künstlerische Dekoration oder informative Beschilderung kann ebenso wenig der richtige Umgang sein, wie umgekehrt die völlige Auslöschung. Anstoß nehmend an dem Soziologen Jenö Kurucz in seinem Text „Die leere Mitte - eine Utopie“ zu den Bildern des Malers Paul Antonius: „Der Einbruch in die leere Mitte – in der Hoffnung, die Welt von dort aus anders einzurichten, und auf die Gefahr hin, sich dort spurlos zu verlieren.“, halte ich es für zwingend, entgegen der ‚leeren Mitte‘ das Denkmal im Zentrum einer gestalterischen Umgestaltung zu inszenieren.
Im Umgang mit einem Denkmal, einem städtebaulichen Objekt, dieser Dimension und Strahlkra bedarf es einer entschlossenen, großmaßstäblichen gestalterischen Intervention:
Diaphanem Skizzenpapier gleichend, hüllt sich das Bismarck-Denkmal in einen schleierhaen Vorhang. Die zylindrische, weiß-transparente Hülle, schwebt wie ein eisiger weißer Monolith zwischen den säumenden Bäumen des Elbparks, strahlt über diese hinweg, ist Teil einer neuen Silhouette der Stadt.

Knapp über Kopöhe endend, fußt die schwebende Hülle mit ihren metallenen Füßen auf dem steinernen Sockel Bismarcks, gewährt Einblick und Zugang, erzwingt Nähe, Konfrontation und Auseinandersetzung. Die transparente, zarte Hülle als Gegenüber des massiven Denkmals. Im Zwischenraum ein Wechsel von gegenseitiger Abmilderung und Übersteigerung, Annäherung und Entfremdung.
In unregelmäßigen Abständen, ein Zischen. Dichter kalter Nebel sinkt vom oberen Drittel der Hülle hinab, wandert an der Skulptur nach unten, verdichtet sich, sinkt weiter, dringt nach draußen und verteilt sich über den Sockel und die Baumkronen, bis er endgültig im Wind fortgetragen wird.
Die beschriebenen atmosphärischen räumlichen Stimmungen gestalteten sich technisch wie folgt: Ein möglichst filigranes Stahlgerüst, welches auf dem Sockel und den Stufen des Denkmals steht, bildet eine zylindrische Struktur um das Denkmal. Über diese Struktur gespannt befindet sich ein transparentes, dünnes und leichtes Material (Netz, Streckmetall oder ähnliches). Die Hülle ist nach oben und unten geöffnet. Somit kann der Raum Zwischen Hülle und Denkmal begangen werden. Etwa auf der Häle des Zylinders befinden sich, in dem Stahlgerüst integriert, unzählige feine Wasserdüsen, welche in unregelmäßigen Abständen einen feinen, nach unten sinkenden Nebel produzieren.
[Schwarzenfeld] R. A. Sauer u. M.
Beitragsverfasser/-innen: Künstlerduo [Schwarzenfeld] R. A. Sauer u. M. Erläuterungsbericht zur künstlerischen Konzeption
Auf dem riesigen Sockel steht der stolze Otto von Bismarck ‐ zu groß zu mächtig ‐ so viel Ehre muss hinterfragt werden. Sein Ruhm zu Lebzeiten und seine immense Glorifizierung nach seinem Tod zeugen von einem übertrieben Heldenstatus. Eine ganze Nation hat den eisernen Kanzler, den imperialistischen Kolonialpolitik er, den politischen Jongleur, den Reichseiniger zu ihrem Heiligen hochstilisiert. Das Bild dieser verklärten Ikone wird durch einen verrutschten Heiligenschein „gerade“ gerückt.
Das übergroße Denkmal soll durch eine einfache Intervention in einem neuen Licht erstrahlen. Ein Heiligenschein aus Messing, welcher weit nach unten verrutscht ist und so Bismarck starren Blick verdeckt, soll den Betrachtern neue Blickwinkel bieten und einladen Fragen zu stellen. Wie ein Trabant kreist der kreisrunde Heiligenschein um den steinernen Kopf des eisernen Kanzlers.

Ein Universum an Fragen und Möglichkeiten soll die Welt der nachfolgenden Generationen zu einer besseren machen.
Vom Heiligenschein zur Scheinheiligkeit ‐ Schon seit der Antike schmückten sich Herrscher jeglicher Kulturen und Religionen mit Strahlenkränzen, Gloriolen, Mandorlas, Nimbusse oder Heiligenscheine. Der Nimbus ist in der Kunst ein Symbol für Mächtige, Erleuchtete, Heilige oder Götter. Dieses einfache Stilmittel erhöht die Person, entrückt sie aus der Welt der Sterblichen und entbindet sie von jeder Haftung für das Weltliche. Der Schein dieses leuchtenden Kranzes trübt den Blick und lässt so auch große Schatten schwinden. Ein verrutschter Heiligenschein hingegen zieht die Person beinahe ins Lächerliche. Diese Lichtkrone ist nun kein Zeichen der Erleucht ung mehr, sondern eher der Verblendung, der Blindheit oder der Scheinheiligkeit.
Die Kolossalstatue wird so „entzaubert, die Überhöhung des Geeh rten schwindet und wir können getrost das Vergangene hinterfragen.
Kunstintervention am Boden: Am Fuße der Statue am Podest und der Plattform werden in Anlehnung an den „verrutschten“ (Schein)Heiligenschein, Messingkreise im Boden aufgebracht/eingelassen. Diese Sternschnuppen der Geschichte sollen die Intervention erklären und Wege aufzeigen. In den goldenen Kreisen sind Textbotschaften, Fragen und Fakten gemeißelt oder gefräst. Diese „gefallenen“ Heiligenscheine verbinden Kopf und Fuß und verdeutlichen die Notwendigkeit Bismarck neu zu denken. Es könnte der Start eines Parcours sein, welcher auch i ns Innere des Denkmals führt oder im Elbpark und Umgebung seine Kreise zieht.
Im Sockel schlummert der nächste mächtige Feind. Die Hohlräume des Denkmals wurden 1939 bis 1941 mit 2.000 Tonnen Beton zu Luftschutzbunkern umgebaut. Goldene Hakenkreuze, riesige Adler und Eichenkränze zierten und zieren das Innenleben der Bismarckstatue und fragwürdige Textpassagen und Zitate von Bismarck haben sich in die meterdic ken Wände gefressen: „Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden große Fragen entschieden, sondern durch Eisen und Blut“.
Diese Höhlenräume des Schreckens müssen in ein Museum verwandelt werden und mit eindeutigem Kontext als Mahnung dienen.
Der steinerne Bismarck mit verrutschtem Heiligenschein wäre nun dazu bereit.
Kunstintervention aus drei Teilen:
1) Sichtbare Kennzeichnung an der Kolossalstatue,
2) Informationsvermittlung am Boden (als Option)
3) Kontextualisierung im Museum
1) Ein Messingkreis mit einem Durchmesser von ca. 4‐5m wird am Kopf der Bismarckstatue mittels weniger Halterungen reversibel verankert. An der Stirnseite des Kreises könnte evtl. ein LED‐ Band integriert werden, welches in der Nacht weit hin sichtbar leuchtet. Der Messingkreis mit einer Stärke von 20‐30cm ist innen hohl. Dort könnte auch zusätzlich eine Textbotschaft angebracht werden.
2) Die Messingapplikationen des Gedenk‐Parcours am Boden des Denkmales sind 40‐50cm groß und 3‐5cm breit. Im Inneren des goldenen Kreises ist ein gravierter Stein oder eine Betonplatte.
3) Das Museum soll in Absprache mit Experten, Vereinen, Histori kern und Institutionen aus der unmittelbaren Umgebung geplant und umgesetzt werden.
WETTBEWERB ZUR KONTEXTUALISIERUNG DES BISMARCK-DENKMALS IN HAMBURG
INTENTION
Die Erbauer versuchten durch das Bismarck-Denkmal ihr Zukunftsbild von der Identität der Deutschen Nation zu einem allumfassenden zu erheben Der „Eiserne Kanzler“ als kolossale Figur wird als unveränderliche, ordnungsgebende Instanz kommuniziert Die Gegenseite bekam kein
Denkmal
Der Entwurf ist daher ein Versuch mit Hilfe einer architektonischen Form ein Gegendenkmal zu errichten um zumindest Gleichheit als Fiktion herzustellen
Das Bismarck-Denkmal soll durch den Entwurf sinnstiftend in einen geschichtlichen Zusammenhang eingebettet werden
Intention
Bild 1: Das ursprüngliche
Das Sondierungsinstrument für den Entwurf ist eine künstliche Grabung im Bismark-Denkmal um dessen Anfang zu rekonstruieren Die Erkundungen zeigen die verschiedenen Entwicklungsphasen des Monuments und werden in Bild 1 bis Bild 5 dokumentiert Bild 5 zeigt das Trommelfundament als Spur des Bismark-Denkmals und gleichzeitig als autonomes eigenes Monument Das Fundament dokumentiert den Denkmalsturz als Sockel aber auch den Anfang des Denkmals der Gegenseite Es bleibt ein solider Block losgelöst vom Bismarck-Denkmal

Der Sockel ist leer und offen für Unvorhersehbares
Der kreisrunde stufige Block ist der Vorschlag für das Gegendenkmal Das Gegendenkmal und der einfassende Boden bestehen aus dunklem Gußbeton Es wird gegenüber dem Bismark-Denkmal platziert
Die Erbauer versuchten durch das Bismarck-Denkmal ihr Zukunftsbild von der Identität der Deutschen Nation zu einem allumfassenden zu erheben. Der „Eiserne Kanzler“ als kolossale Figur wird als unveränderliche, ordnungsgebende Instanz kommuniziert. Die Gegenseite bekam kein Denkmal.



Der Entwurf ist daher ein Versuch, mit Hilfe einer architektonischen Form ein Gegendenkmal zu errichten, um zumindest Gleichheit als Fiktion herzustellen.
Das Bismarck-Denkmal soll durch den Entwurf sinnstiftend in einen geschichtlichen Zusammenhang eingebettet werden.
Das Sondierungsinstrument für den Entwurf ist eine künstliche Grabung im BismarkDenkmal, um dessen Anfang zu rekonstruieren. Die Erkundungen zeigen die verschiedenen Entwicklungsphasen des Monuments und werden in Bild 1 bis Bild 5 dokumentiert. Bild 5 zeigt das Trommelfundament, als Spur des Bismark-Denkmals und gleichzeitig als autonomes eigenes Monument. Das Fundament dokumentiert den Denkmalsturz, als Sockel aber auch den Anfang des Denkmals der Gegenseite. Es bleibt ein solider Block, losgelöst vom Bismarck-Denkmal.
Der Sockel ist leer und offen für Unvorhersehbares.
Der kreisrunde stufige Block ist der Vorschlag für das Gegendenkmal.
Das Gegendenkmal und der einfassende Boden bestehen aus dunklem Gußbeton. Es wird gegenüber dem Bismark-Denkmal platziert.
Künstlerischer Entwurf.
Eine Käfig Skulptur um das Bismarck Denkmal, die ästhetisch an ein Vogelkäfig und einem Käfig der für die kolonialen „Menschenschauen“ benutzt wurde, angelehnt ist.
Material: Käfig, Bambuskonstruktion Skulpturen Spiegel und Verschlüsse: Stahl, Pulverbeschichtung
Bismarck Neu Denken
Künstlerische Konzeption
Der Kern der Idee ist, eine deutliche Setzung zu machen, die das vorhandene Denkmal in seiner Präsenz überragt. Im gleichen Maße entsteht durch die Intervention ein neues Narrativ und die Bismarck Statue wird konterkariert, ihr wird humorvoll die monumentale Machtpose entzogen.

Einer Skulptur von einer mehr als streitbaren Person wird ein Vogelkäfig aufgesetzt. Bismarck, der die unsägliche Völkerschauen mit zu verantworten hat, mutiert zu einer begafften Figur, der der Spiegel vorgehalten wird.

Die Intervention arbeitet ähnlich wie die Konzeption des Denkmals mit einer formalen Vereinfachung um eine größtmögliche Wirkung zu erzielen. Voluminöser und noch präsenter im Stadtbild führt sie das Bismarck Denkmal in eine absurde Dimension.

Die Käfigform taucht traurigerweise tatsächlich auf Bildern von damaligen Völkerschauen auf, in der Menschen präsentiert wurden.
Die weiteren künstlerischen Eingriffe, der rote Spiegel und die roten Verschlussclips im Entwurf, sind alltäglichen Vogelkäfigen entlehnt und sind mit ihrer Signalfarbe bewusst gewählt worden.
Die riesigen skulpturalen Verschlussklips werden vor den acht Sockelfiguren installiert, die die deutschen Stämme symbolisieren. Die Verschlussclips sollen die Figuren mit etwas Abstand abdecken. Auch eine Anlehnung an den Ursprungsentwurf, der diese Figuren nicht geplant hatte. Die innere Form dieser skulpturalen Verschlussclips soll an eine Abgussform erinnern. Die Betrachter*innen haben weiterhin die Möglichkeit, auf der Treppenstufe vor den Sockelfiguren um das Denkmal zu laufen. Angedacht ist, dass aus dem inneren der acht Verschlussclips Archiv-Audioaufnahmen von Menschen aus Afrika zu hören sind, von denen im 19 Jahrhundert ohne deren Genehmigung Ganzkörperabgüsse in Holzkonstruktionen gemacht wurden. Eine unmenschliche Tortur, auch weil sie durch die Sprachbarrieren nicht informiert wurden. Eventuell werden diese Tonaufnahmen auch nur via QR-Codes an den Skulpturen zu hören sein. Das wird in Phase 2 ausgearbeitet, da die Audioarbeiten Teil des didaktischen Konzeptes sind.

Die Käfigskulptur wird aus Bambus gebaut, einem natürlichen Material, das Mitte des 19. Jahrhundert nach Europa kam.

Der Spiegel und die Verschlussclips bestehen aus Stahl und werden mit einer Pulverbeschichtung bearbeitet.
Die Gesamthöhe des Käfigs überragt das stehende Denkmal um ca. 4-6 Meter.
Die umfangreiche Intervention hat neben ihrer sichtbaren und inhaltlichen Präsenz auch die Besonderheit, dass sie trotz der unmittelbaren Nähe am vorhandenen Denkmal nichts verändert oder beschädigt und das ursprüngliche Objekt in seiner Form lässt.
Das didaktische Konzept der Idee konzentriert sich auf die Audioebene. Dafür wird zusätzlich eine Audioplattform (Webseite und App) aufgebaut. Neben Audioguides und Podcasts wird ein digitales Radio mit einem nonlinearen Programm senden. Die Inhalte können direkt am Denkmal oder Park angehört werden aber auch von jedem anderen Ort.
Diese begleitende Audioplattform ist eine aktive Einheit, die vermittelt, aber auch Teilhabe ermöglicht. So wären Gespräche mit Experten und Interessierten interessant, aber auch Projekte mit Schüler*innen/Studierenden möglich. Für die Live Ebene könnte man z.B. mit einem Radiosender wie NDR, Deutschlandfunk oder ByteFM kooperieren. Die Live Ebene könnte gelegentlich gekoppelt sein an Events in und um das Denkmal.
Das Themenspektrum ist, wie in der Ausschreibung skizziert, sehr breit und so könnte die Audioplattform ein begleitender Zeitzeuge einer reflektierenden und hinterfragenden Gesellschaft sein.
Dieser didaktische Teil des Ideenvorschlags würde in der zweiten Phase des Wettbewerbs umfangreicher ausgearbeitet werden. Das Interesse der Gesellschaft an Audioinhalten ist sehr groß und die Möglichkeiten für Umsetzungsformate sehr vielfältig
Beitragsverfasser/-innen: Johannes Kuhn, Thies Warnke
1. Einleitung