xviii.ch, Vol. 11/2020

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Einleitung

Netzwerkstrukturen und Digitale Editionen Ursula Caflisch-Schnetzler Der Zürcher Schriftsteller, Theologe, Philosoph und Physiognom Johann Caspar Lavater (1741–1801) war eine zentrale Figur in den gelehrten Netzwerken des 18. Jahrhunderts. Seine intensive Schreibtätigkeit und sein disziplinübergreifendes Werk bestimmten in ihrer Intensität und Diversität die Wissenskultur der Aufklärung, des Sturm und Drangs und der Empfindsamkeit entscheidend mit. Für den Austausch sowie die Realisierung von Gedanken braucht es eine in sich funktionierende Struktur. Im Zeitalter des Briefs war dies die Korrespondenz, die sich in einem dichten Geflecht über ganz Europa spannte. Die Agilität dieses Mediums der schnellen und effektiven schriftlichen Verbreitung von Ideen führte zur Verständigung unter den Gelehrten und zu einer erweiterten und vertieften Wissenskultur sowie zu einer vernakulären Entwicklung von sich bildenden Begriffen in der deutschen Sprache. Lavater diskutierte in seiner ausgedehnten Korrespondenz die zentralen Diskurse der Kultur- und Geistesgeschichte mit fast zweittausend Briefpartnern und Briefpartnerinnen in über 23’000 Briefen und vernetzte sich über ganz Europa mit den führenden Köpfen der Zeit in den Bereichen Theologie, Philosophie, Psychologie, Anthropologie, Pädagogik, Poetik, Ästhetik, bildende Kunst, Literatur, Politik, Naturwissenschaften und Medizin (vgl. Abb. 2).1 1 Zur Forschungslage vgl. https://lavater.com/ (06. 04. 2020); https://www.ds.uzh.ch/static/cms/ pfs/personen.php?detail=716&get=pb (06. 04. 2020); https://www.lavater.uzh.ch/de/jclavater/lit.html (06. 04. 2020); Johann Caspar Lavater. Ausgewählte Werke in historisch-kritischer Ausgabe (JCLW), Zürich, NZZ Libro, 2001–2019 (vgl. https://lavater.com/werke/bisher-erschienen, 06. 04. 2020): Bd. I/ 1 (Jugendschriften 1762–1769); Bd. I/2 (Jugendschriften 1762–1769, Der Erinnerer); Bd. II (Aussichten in die Ewigkeit); Bd. III (Werke 1769–1771); Bd. IV (Werke 1771–1773); Bd. V (Werke 1772–1781); Bd. VI/1 (Pontius Pilatus, 1782–1785); Bd. VI/2 (Werke 1782–1785); Bd. VIII (Patriotische Schriften 1798–1801); JCLW. Ergänzungsband: Bibliographie der Werke Lavaters. Verzeichnis der zu seinen Lebzeiten im Druck erschienenen Schriften; JCLW. Ergänzungsband: Johann Caspar Lavater. Verzeichnis der Korrespondenz und des Nachlasses in der Zentralbibliothek Zürich; JCLW. Ergänzungsband: Anna Barbara von Muralt (1727–1805). Anekdoten aus Lavaters Leben, 2 Bde (Text und Kommentar); Johann Caspar Lavater Studien, Bd. 1: Im Lichte Lavaters. Lektüren zum 200. Todestag; «Johann Kaspar Lavater», in: Historisches Lexikon der Schweiz, (https://hls-dhs-dss. ch/de/articles/010444/2008-11-27; 06. 04. 2020); Georg Gessner, Johann Caspar Lavaters Lebensbeschreibung von seinem Tochtermann Georg Gessner, 3 Bde, Winterthur, Steinerische Buchhandlung, 1802; Johann Caspar Lavater. Denkschrift zur hundertsten Wiederkehr seines Todestages, hg. von der Stiftung von Schnyder von Wartensee, Zürich, Commissionsverlag, 1902; Ernst Staehelin (Hg.), Johann Caspar Lavaters ausgewählte Werke, 4 Bde, Zürich, Zwingli-Verlag, 1943; Hans Wysling, «Johann Caspar Lavater», in: Ders. (Hg.), Zürich im 18. Jahrhundert, Zürich, Berichthaus, 1983, S. 170–188; Klaus Martin Sauer, Die Predigttätigkeit Johann Caspar Lavaters, Zürich, TVZ, 1988; Horst Weigelt, Johann Kaspar Lavater. Leben, Werk und Wirkung, Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht, 1991; Ders., «Lavater, Johann Kaspar» (1741–1801), in: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 20 (1991), S. 506–511; Karl Pestalozzi, Horst Weigelt (Hg.), Das Antlitz Gottes im Antlitz des Menschen. Zugänge zu Johann Caspar Lavater, Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht, 1994; Gerda Mraz, Uwe

xviii.ch 11/2020, 7–17, DOI: 10.24894/2673-4419.00002

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