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Glück gehabt, kleines Reh

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Termine

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In den ersten drei Lebenswochen haben Rehkitze einen Duckrefl ex: Droht Gefahr, pressen sie sich auf den Boden, statt zu fl iehen. Das kostet sie oft das Leben …

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FOTOS: picture alliance/Shotshop/Rainer Hunold, Susanne Vollrath (2)

Die Retter mit der Drohne müssen am frühen Morgen starten, bevor der Boden sich erwärmt

Geduckt liegt es im hohen Gras, das Rehkitz, gut getarnt durch sein geflecktes Fell. Für Fressfeinde sieht es aus, als sei hier nur Erde, auf der Sonnenflecken tanzen. Kommt ein Fuchs oder auch ein Mensch näher, presst es sich noch tiefer an den Boden und hält die Luft an, bis die Gefahr vorbei ist. „Eher treten Sie auf ein Kitz drauf, als dass es wegläuft“, ergänzt Georg Schilli, Vorsitzender der Jägervereinigung Offenburg. Dieses instinktive Verhalten rettet in der Natur sein Leben. Nicht jedoch, wenn eine Mähmaschine anrückt.

Zehn Junge in einer einzigen Wiese

Schätzungsweise 100000 Kitze werden jedes Jahr bundesweit „vermäht“, werden durch die riesigen Maschinen verstümmelt und verenden. Früher war die Gefahr nicht so groß: Zum einen wurde deutlich später gemäht als heutzutage, wo man bis zu fünf Ernten pro Jahr einholt. Zum anderen sind moderne Mähmaschinen mit einer Geschwindigkeit von etwa 15 Kilometern pro Stunde viel schneller als ein kleiner Traktor oder Menschen mit einer Sense. Außerdem bearbeiten die großen Kreiselmäher gleich mehrere Meter breite Streifen. „Da hat das Jahrtausende alte Schutzprogramm der Wildtiere keine Chance“, kommentiert Kreisjägermeister Schilli. „Im Gegenteil: Der Duckreflex ist hier fatal.“ Deswegen hat er zusammen mit einem Mitjäger 2020 eine Drohne gekauft und begonnen, Wiesen vor der Mahd mit einer Wärmebild-Kamera abzufliegen. Sie haben die Initiative „Kitzrettung Ortenau“ gegründet und sind inzwischen mit zwanzig solcher Mini-Hubschrauber aktiv.

Dass Rehkitze in Wiesen liegen, ist häufig. „Wir haben einmal aus einer Fläche von 50 auf 200 Meter zehn

Im Frühsommer surren in der Ortenau spezielle Drohnen über den Wiesen. Ihre Mission: Mit Wärmekameras retten sie schutzlosen Tierkindern das Leben. Georg Schilli, der Vorsitzende der Offenburger Jägergemeinschaft, erzählt …

Für Rehkitze sind Mähmaschinen eine große Gefahr. Viele Tiere werden durch sie verletzt oder getötet

Man darf ein Kitz nicht berühren. Riecht es nach Mensch, könnte die Mutter es verstoßen

Wenn die Drohne ein Tier entdeckt hat, bleibt sie so lange darüber stehen, bis die Helfer angekommen sind

Es ist Erfahrung nötig, um die Flecken im Display zu interpretieren

Zwei Kitze als warme Stellen in der kühlen Wiese

Das Tierkind wird in einem Korb in den Schatten gestellt, bis die Wiese gemäht ist. Danach lassen die Helfer es vorsichtig frei. Über Fieplaute ruft es seine Mutter herbei, die meistens verborgen in der Nähe wartet

davon herausgeholt“, erzählt er. Eine Rehgeiß bringt ein oder zwei Junge zur Welt, die im hohen Gras verborgen liegen. Sie stehen nur auf, wenn ihre Mutter alle drei bis vier Stunden kommt, um sie zu säugen. Ansonsten hält diese sich etwas entfernt auf – so zieht sie möglichst wenig Aufmerksamkeit auf die wehrlosen Tierkinder. Damit die nicht von Fressfeinden wie dem Fuchs entdeckt werden, arbeitet die Natur mit einem Trick: In den ersten Lebenswochen haben Rehkitze noch keinen Eigengeruch.

Um sie vor dem Mähen zu fi nden, durchstreift e man die Wiesen bisher systematisch mit Menschenketten und Hunden. Das dauert zum einen lange, zum anderen ist die Erfolgsquote nicht hoch. Da Hunde die Tierkinder im hohen Gras nicht sehen und sie auch nicht wittern, wird so nach Schätzungen Schillis höchstens die

Hälft e der Kitze gerettet. „Mit der Drohne fi nden wir dagegen hundert Prozent“, lobt er die moderne Technik. Voraussetzung: Landwirt oder Jagdpächter der Flächen melden sich rechtzeitig bei den Helfern, so dass die aktiv werden können, bevor die Mähmaschine anrollt. Kitzrettungs-Initiativen mit Drohnen gibt es inzwischen fl ächendeckend. Das Fluggerät mit der Wärmebild-Kamera fl iegt in 50 Meter Höhe nach einem vorher programmierten Muster über die Fläche. Pro Hektar braucht es kaum zwei Minuten. „Wenn wir einen hellen Fleck auf dem Display sehen, haben wir fünf bis sechs

Sekunden, um zu entscheiden, ob es ein Kitz, ein Hase oder einfach ein Maulwurfshügel ist“, erzählt der Profi Schilli. „Dann halten wir die Drohne an, unterbrechen den Flugauft rag, senken sie ab und schalten den Video-Modus dazu.“ Ist ein Rehjunges entdeckt, laufen Helfer los, per Walkie-Talkie dirigiert vom Drohnenpiloten, falls sie die richtige Stelle nicht gleich fi nden. Dann packen sie das Tier mit Handschuhen oder einem Grasbüschel. Diese Vorsichtsmaßnahme ist notwendig, damit es nicht den menschlichen Geruch annimmt. Es besteht sonst die Gefahr, dass die Mutter es nicht mehr als ihren Nachwuchs erkennt und vernachlässigt.

Meistens wird das Kitz noch mit einer Ohrmarke zu Forschungszwecken markiert. Die Helfer tragen es aus

Kitze lassen sich einfach wegtragen und zappeln nicht mal. Das Grasbüschel verhindert, dass es Menschengeruch annimmt

der Fläche, legen es unter einem umgestülpten Korb oder in einem Jutesack in den Schatten und lassen es frei, sobald die Wiese gemäht ist. Über Fieplaute finden Mutter und Kind anschließend wieder zueinander. Sicherheitshalber bleibt jedoch ein Helfer so lange da, bis klar ist, dass die Geiß ihr Kleines wirklich abholt.

Die Sonne steigt, die Zeit läuft

„Wichtig ist aber vor allem, dass der Landwirt zeitnah mäht, bevor das Kitz nach einigen Stunden wieder gesäugt werden muss oder ein anderes Reh seinen Nachwuchs in die Wiese bringt“, betont Schilli. Manchmal lassen die Retter ein Tier auch am Fundort liegen und markieren die Stelle mit einer hohen Stange und einer Fahne, so dass der Bauer drumherum fahren kann. Das gilt etwa für Wiesen, die aus Gründen des Landschaftsschutzes nicht komplett abgemäht werden sollen. Bei der zweiten Grasernte, wenn die Kitze bereits einige Wochen alt sind, ist der Aufwand nicht mehr ganz so hoch. Der Fluchtreflex hat bis dahin den Duckreflex abgelöst; es genügt oft, sie aus dem Feld zu scheuchen.

Inzwischen beteiligen sich alle vier Jägervereinigungen aus der Ortenau an den Aktionen. Für die Saison 2022 konnte die Offenburger Kitzrettung viele neue Drohnenpiloten gewinnen, um die insgesamt 21000 Hektar Grünflächen abzufliegen. Außerdem hat sie Zuschüsse vom Bundes-Landwirtschaftsministerium erhalten. Denn kostenträchtig sind nicht nur die Fluggeräte, sondern auch ihre Akkus. 20 Minuten hält einer, es sind also mehrere Ersatz-Akkus nötig. „Falsch positive“ Meldungen, etwa ein Maulwurfshügel, der sich erwärmt hat, kosten unnötig Zeit und Akkuenergie, weil die Drohne näher heranfliegen muss, damit der Pilot mehr sieht.

Die Mitglieder der Kitzrettung Ortenau sind Jäger und andere Naturliebhaber, darunter ein Geoinformatiker und ein Vermesser. Deren Sachkenntnis war besonders wertvoll, erzählt Schilli. So konnte die Initiative mit ihrer Hilfe eine Webseite erstellen, auf der Landwirte und Jagdpächter in eine Karte eintragen können, wann welche Flächen gemäht werden sollen. Die Landwirte sind dazu verpflichtet, Wildtiere zu schützen. Kosten entstehen ihnen für den Drohneneinsatz keine. Die Jä-

Die Rehgeiß bleibt immer in der Nähe ihres Kitzes. Es kann gleich nach der Geburt laufen, liegt aber meist verborgen im Gras

Typisches Ziel für den Drohneneinsatz: eine hohe Wiese bei Schwanau

gervereinigung finanziert die Einsätze durch Spenden und die Zuschüsse, die Aktiven arbeiten ehrenamtlich. Manche nehmen in diesen Wochen Ende Mai, Anfang Juni Urlaub, andere regeln den Einsatz über Gleitzeit. Haben die Akteure von einer geplanten Mahd erfahren, wird am Abend der Flugplan für den nächsten Morgen programmiert. Gegen 5.30 Uhr treffen sich die Helfer im Gelände. Dann sind die Tierkinder, die eine OberflächenTemperatur von etwa 25 Grad haben, noch deutlich als helle Flecken im Wärmebild zu sehen; die kühlere Umgebung ist dagegen blau. Doch die Zeit läuft: „Ab etwa halb neun hat sich der Boden so aufgewärmt, dass man einen

Flickenteppich aus hellen Stellen sieht und die Tiere nur noch schwer von der Umgebung unterscheiden kann“, beschreibt Schilli das Problem.

Wenn die Sonne hoch am Himmel steht und die Suche beendet ist, lassen die Akteure bei einem Kaffee die letzten Stunden Revue passieren, froh darüber, dass kein Rehkitz sein Leben verlieren musste. „Letztes Jahr haben wir mit acht Drohnen rund 150 Kitze gefunden. Ich rechne damit, dass wir dieses Jahr 300 bis 500 Tiere retten können“, sagt Schilli abschließend. „Solche Zahlen waren früher undenkbar, doch die Drohnentechnik hat die Kitzrettung revolutioniert.“

ANJA RECH

INFO Auf www.kitzrettung-ortenau.de können Landwirte Flächen anmelden, die sie mähen wollen. Die Jägervereinigung freut sich über Spenden, um Drohnen zu kaufen.

FOTOS: Adobe Stock/Ingo Bartussek, Susanne Vollrath, Adobe Stock/henk bogaard, Adobe Stock/alexanderoberst

Rehe und Hirsche – zwei unterschiedliche Arten

5Die anmutig gefleckten Kitze sind der Nachwuchs von Rehen. Die männlichen Tiere tragen ein zierliches Gehörn, die weiblichen haben keinen Kopfschmuck. Sie erreichen eine Schulterhöhe von 75 Zentimetern. 5Rehwild, wie Jäger sagen, ist bei uns häufig und oft in der Dämmerung auf Lichtungen und Wiesen zu sehen. Im Sommer leben die Tiere einzeln, im Winter bilden sie Gruppen. Sie sind Wiederkäuer und fressen Gras, Rinde oder Knospen. 5Rehkitze kommen Ende Mai, Anfang Juni zur Welt und werden etwa ein halbes Jahr lang gesäugt. Nach sechs Wochen verlieren sie ihre Flecken und werden rotbraun wie die Eltern. Sie bleiben über ein Jahr bei der Mutter, bis die nächsten Jungen geboren werden. 5Hirsche, als Rotwild bezeichnet, werden bis 1,40 Meter hoch. Wegen ihres stattlichen Geweihs nennt man die männlichen Tiere auch „König des Waldes“. Es wird jedes Jahr abgeworfen und wächst erneut – immer etwas größer. Hirschkühe tragen kein Geweih. 5Hirschkälber werden zur gleichen Zeit wie Rehkitze geboren und sind anfangs ebenfalls gefleckt. Sie liegen aber nicht im Gras, sondern im Unterholz im dichten Wald. Einige Jahre lang leben sie mit den weiblichen Tieren im Rudel. Erwachsene männliche Tiere bilden eigene Rudel.

Hirsch mit Geweih

Rehbock mit Gehörn

Donaueschingen

– die Stadt an der Donauquelle

Donaueschingen als Residenzstadt am Rande des Schwarzwalds hat vieles zu bieten. Zweifelsohne ist die weltbekannte Donauquelle DAS Ausfl ugsziel für Besucher aus nah und fern und ein Muss für jeden Donauliebhaber. Die weiteren Besonderheiten der Stadt wie die farbenfrohen Jugendstilgebäude mit blauem Rathaus und Musikantenbrunnen oder der Residenzbereich können bei einer der vielfältigen Erlebnisführungen erkundet werden.

Kultur- und Naturerlebnis in fürstlichem Ambiente

Genießen Sie ausgedehnte Spaziergänge durch den herrlichen Schlosspark, in dem sich auch das Schloss des Hauses Fürstenberg befi ndet, bis hin zum Donauursprung – dem Zusammenfl uss von Brigach und Breg. Beliebt bei Gruppen ist die unterhaltsame Führung durch die Fürstenberg-Brauerei mit anschließender Verkostung.

Empfehlenswert ist außerdem ein Besuch der vielfältigen Museen: Museum Art.Plus mit Ausstellungen zeitgenössischer Kunst, Fürstlich Fürstenbergische Sammlungen mit Ausstellungsstücken zur Geschichte und Kultur der Familie zu Fürstenberg und das Zunft Museum mit historischen Fastnachtsrequisiten der Baar. Im Kinder- und Jugendmuseum können kleine Gäste ausprobieren, forschen und die Welt verstehen lernen.

Die berühmte Donauquelle von oben

Interessante Architektur, Genussorte, Museen – die Residenzstadt hat vieles zu bieten

Freizeitspaß für Groß und Klein

Für eine aktive Freizeitgestaltung bietet der Erholungsort seinen Gästen viele Möglichkeiten: vom Badesee mit Campingplatz über Schwimmbäder und Minigolf bis hin zu einer 45-Loch-Golfanlage. Abwechslungsreiche Rad- und Wanderwege runden das Freizeitangebot ab und ermöglichen es, die landschaft lichen Besonderheiten des Umlands sportlich zu entdecken. Wer entlang der Donau bis nach Passau oder noch weiter radeln möchte, der kann von Donaueschingen aus auf den Klassiker unter den Fernradwegen, den Donauradweg, starten. Nach einem erlebnisreichen Tag laden attraktive Geschäft e, gemütliche Restaurants und Cafés zum Verweilen und Genießen ein. Raum für Erholung und Entspannung bietet das facettenreiche Übernachtungsangebot.

Tourist-Information, Karlstr. 58, 78166 Donaueschingen Tel.: 0771/857221, Fax: 0771/857228 tourist.info@donaueschingen.de, www.donaueschingen.de

FOTOS: Stadt Donaueschingen/Tobias Raphael Ackermann

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