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„Architektur gern maßlos unterschätzt“
from IMMOBILIEN AKTUELL
by IMMOCOM
Star-Architekt Hadi Teherani spricht über Nachhaltigkeit, das Design von Solaranlagen, über den Innovationsbogen in Augsburg und den Baustoff Holz.

Foto: Roger Mandt, Berlin
IMMOBILIEN AKTUELL (IA): Im April 2022 wurde der Grundstein für den Innovationsbogen in Augsburg gelegt: Das Projekt hat begrünte Dächer, ist auf Ressourcenschonung und Energieeffizienz konzipiert. Nachhaltigkeit ist ein stark strapazierter Begriff, trotzdem: Welche Rolle spielt er in der aktuellen Architektur?
Hadi Teherani (HT): Nachhaltigkeit ist gerade beim Bauen von zentraler Bedeutung. Wir bauen schließlich nicht für morgen oder übermorgen, sondern für die nächsten Generationen. Dabei geht es nicht nur darum, Gebäude zu entwerfen, die den Anforderungen der Zukunft räumlich gerecht werden, sondern insbesondere darum, durch die Art und Weise wie wir bauen, die Lebensbedingungen der kommenden Generationen zu verbessern. Nicht etwa darum, sie durch negative Effekte in ihren Lebensbedingungen zu beschränken. Diesen Anspruch haben wir schon vor über 20 Jahren realisiert, beispielsweise beim Berliner Bogen in Hamburg mit Aquathermie und Bauteilaktivierung oder bei der Hauptverwaltung für die SwissRe in Unterföhring mit einer vollständig begrünten Fassade. Insofern ist der Begriff Nachhaltigkeit für uns absolut unausweichlich. Wir dürfen nur nicht vergessen, dass es trotz all dieser drängenden Prioritäten beim nachhaltigen Bauen immer auch darum gehen muss, Architektur zu schaffen: Städte, Gebäude und Innenräume, die atmosphärisch überzeugen und emotional bewegen. Nur dann ist Architektur eine absolut nachhaltige Investition in die Zukunft.
IA: Welche Baumaterialien sind für Sie in Zukunft besonders wichtig?
HT: Es gibt eine große Debatte um Holz, ein naheliegender Ansatz. Aber man darf dieses Thema nicht überstrapazieren. Jedes Material muss zu seiner Bauaufgabe passen, nicht jedes Projekt muss und kann jetzt unbedingt in Holz verwirklicht werden. Das würde den Baumbestand in Deutschland sogar schnell überfordern. Hinzu kommen negative Einflüsse wie zum Beispiel Logistikprozesse oder das Thema Artenschutz, um nur zwei zu nennen. Andererseits gibt es bei den herkömmlichen Baustoffen wie beim Stahlbeton enorme Fortschritte, den Materialeinsatz und den CO₂-Ausstoß zu reduzieren. Der Einsatz von Recyclingbaustoffen oder -zusätzen ist ein ebenso wichtiges Ziel, das wir weiter vorantreiben müssen. Die Fassade unseres Projektes Mercator One in Duisburg ist vollständig aus recyceltem Aluminium gefertigt, was niemand bemerken wird.
IA: Sie haben ein Solar-Unternehmen gegründet. Welches Ziel verfolgt das Unternehmen?
HT: Als Architekten und Energiespezialisten sind wir Gestalter der Lebenswelt. Unsere Projekte sind ganzheitlich und nachhaltig ausgerichtet. Wir wirtschaften umwelt- und ressourcenschonend, bauen auf Fairness und eine ehrliche, transparente Geschäftspolitik, im täglichen Leben, im Unternehmen, als Partner und weit darüber hinaus. Seit 25 Jahren stellen wir die Weichen für eine Zukunft mit sauberer Energie. Wir realisieren die Projekte mit integrierten Photo voltaik- Lösungen. Uns verbindet der Mut, die Offenheit und das Bestreben, Veränderungen zuzulassen und grenzenlos fachübergreifend zu planen. Nur so können wir den Herausforderungen begegnen, die mit dem Klimawandel auf uns zukommen. Unser innovatives Unternehmen hat sich der umfassenden Nachhaltigkeit verschrieben.
IA: Was bedeutet das genau?
HT: Nicht nur unsere Regierung hat sich klare Klimaziele bis zum Jahr 2030 gesetzt, auch wir wollen und werden unseren Beitrag dazu leisten, um die Energieversorgung in Deutschland nachhaltig zu verändern. Wir möchten unseren Kunden die Chance geben, von der Energiewende zu profitieren, sowohl in finanzieller Hinsicht als auch der Umwelt zuliebe. Dabei sollte man die CO₂-Emissionsminderung nicht unterschätzen. Nicht nur der Name Hadi Teherani als Architekt steht für Innovation, Qualität und Nachhaltigkeit, auch unser Solar-Unternehmen HTS verfolgt das Ziel, diesen Anspruch zu verwirklichen.
IA: Geht es bei Solaranlagen auch um Design?
HT: Ganz wesentlich sogar. Wir müssen uns vor dem Hintergrund der Energiewende – und aktueller politischer Entwicklungen natürlich – nicht nur die Frage stellen: Wo kommt die Energie her? Sondern parallel auch: Welche neuen Erscheinungsbilder sind damit verbunden? Denn so oberflächlich das klingen mag, letztendlich müssen und wollen wir ja alle auch weiterhin in dieser Welt leben. Also gilt es, sie anspruchsvoll zu gestalten. Unser Projekt Innovationsbogen in Augsburg veranschaulicht das eindringlich: Ein Bürogebäude, dessen Dach als begrünter Bogen dem Sonnenverlauf folgt und dabei die Effizienz der Solarpanele maximiert. Nicht zuletzt deshalb haben wir uns als Gestalter, als Architekten und Designer dieses Thema auf die Fahnen geschrieben.
IA: Die Baukosten steigen, die Regulatorik wird größer, die Ansprüche der Politik auch. Wie kann man das mit nachhaltiger Architektur alles unter einen Hut bekommen?
HT: Das ist unsere tägliche Herausforderung seit langem. Architektur gehört zum Komplexesten, das man sich vorstellen kann, und wird dennoch gerne maßlos unterschätzt. Es geht jeden Tag darum, die verschiedensten und nicht selten diametral einander ausschließenden Anforderungen in einer architektonischen Lösung zu vereinen. Das ist insofern für uns nichts Neues.
Interview: Ivette Wagner