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Mit Herz und Verstand
Die 60er-Jahre. Baur stellt bereits alle Geräte her, die man zur Fehlerortung in Nieder- und Mittelspannungskabeln benötigt.

Die Anfänge. Hinter ihrem Haus legten Josef Baur und sein Bruder Willi den Grundstein. Wachstum. Am Standort Sulz wird aktuell ein Erweiterungsbau überlegt.

„Innovation hat immer auch mit einer gewissen Unwegbarkeit zu tun, mit einer Unschärfe in der Planung, mit Überraschungen. Wenn Fehler passieren, probiert man es halt noch einmal. Es wäre schade, wenn man da das Buch zu früh schließen würde. Diesen Mut, oder auch diese Verbissenheit, braucht man als Unternehmen.“
sie, die Anfangzeit als neuer Geschäftsführer? „Sehr spannend, aber auch kompliziert. Also es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass alles einfach war. Ich hab in dieser Zeit sehr viel gelernt und auch die eine oder andere Nacht nicht sehr gut geschlafen.“ Was Markus Baur aber stets Rückhalt gab, war das große Vertrauen vonseiten seiner Eltern und seitens der Belegschaft.
Mit Mut und Pioniergeist. Viel Kraft und Inspiration zieht Markus Baur aus der 76 Jahre langen Geschichte des Unternehmens. „Als Beispiel fällt mir hier eine Anekdote meines Großvaters ein, der mit einem neu entwickelten Prüfgerät in den Zug zur Messe nach Hannover gestiegen ist, ohne einen Messestand zu haben. Dort angekommen, hat er einfach den Mut gehabt, von Stand zu Stand zu gehen und zu fragen: Darf ich mein Gerät bei euch abstellen und ein bisschen Werbung dafür machen? Irgendwann hat man an einem Stand zugestimmt und er konnte sich in einer Ecke präsentieren – genau gegenüber von Siemens. Und mein Großvater war danach immer der Meinung, bei ihm waren damals mehr Besucher als bei Siemens. Das inspiriert mich. Denn man muss diesen Mut haben und es einfach machen. Wir probieren auch manchmal Dinge aus, obwohl wir nicht wissen, ob es gut geht. Aber wir machen es einfach. Und klar, es passieren auch Fehler, natürlich! Wir kochen mit Wasser. Aber dann stehen wir wieder auf und sagen: Jetzt probieren wir es trotzdem noch einmal.“ Dieses immer wieder Aufstehen hat dazu beigetragen, dass Baur sich vom kleinen Familienbetrieb zu einem der weltweit führenden Unternehmen auf dem Gebiet der Prüf- und Messtechnik entwickelt hat.
Aktuell zählt das Unternehmen am Standort Sulz 155 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dazu kommen 50 weitere, verteilt auf der ganzen Welt in verschiedenen Vertriebs- und Serviceeinheiten. Und auch hier zeigt sich die etablierte Kultur und Struktur, die seit Jahrzehnten getragen wird. Nicht nur von Familie Baur, sondern auch von den Mitarbeitenden. „Wir haben beispielsweise gerade einen Mitarbeiter in die Pension verabschiedet,
der 46 Jahre bei uns war. Diese gute Mischung aus sogenannten ‚alten Hasen‘ mit viel Know-how und jungen Mitarbeitenden mit Spirit und neuen Ideen macht auch den Erfolg aus.“ Die Lehrlingsausbildung ist dabei bei Baur ein wichtiges Element auf dem Weg in die Zukunft. 16 junge Menschen werden momentan im Bereich Elektronik und im kaufmännischen Bereich ausgebildet. „Aber natürlich, auch wir müssen uns hier in die Klagen vieler anderer Unternehmen einreihen. Es ist nicht immer einfach, Lehrlinge zu finden. Vielleicht auch deshalb, weil der Beruf des Elektronikers mit gewissen Hürden verbunden ist. Mathematik, abstraktes Denken – das ist nicht jedermanns Sache“, so Markus Baur. Was ihn aber freut ist, dass sich auch immer mehr Frauen für den Beruf interessieren. Miteinander wachsen. Wenn es um Mess- und Prüfgeräte zur Ortung von Kabelfehlern, zur Zustandsbewertung von Energiekabeln und Isolierstoffprüfung geht, schwingt auch der Begriff „Innovaton“ mit. Wie schafft man es als Unternehmen, immer vorne mit dabei zu sein? „Natürlich haben wir das Ohr stets beim Kunden. Das ist das A und O. Andererseits muss man auch mal weiterdenken und in die Zukunft spinnen.“ Es geht also darum, in die Glaskugel zu schauen, Szenarien zu entwickeln und daraus neue Konzepte zu definieren, die den Kunden vorgestellt werden. „Wenn wir gute Resonanz bekommen, können wir daran weiterarbeiten“, erläutert Markus Baur die Arbeitsweise. „Grundsätzlich ist dieser Innovationsgeist natürlich kundengetrieben. Aber ich denke, dass wir alle hier einfach einen grundsätzlichen Spaß an der Innovation und an der Technologie haben.“ Eine Technologie, die sich immer weiterentwickelt. „Die Energieversorger und Netzbetreiber sind mit einer Energiewende konfrontiert, die eine hohe Komplexität hat. Sie sind konfrontiert mit einer Dezentralisierung der Stromversorgung, der Dekarbonisierung und der Digitalisierung. Und dort versuchen wir einen Beitrag zu leisten. Wir sind vielleicht nur ein kleiner Teil der Energiewende, aber wir sind ein Teil davon“, so Markus Baur. Nach den Wünschen für die Zukunft gefragt, fällt ihm eine Antwort leicht: „Dass wir gemeinsam mit unseren Kunden wachsen, auch als Organisation. Dass die Kultur weiterhin stark bleibt. Ja, und dass wir natürlich mit der einen oder anderen Innovation glänzen. Denn das ist schon so etwas, was uns Spaß macht.“ Sabine Carotta
Ich nenne 2021 ein Jahr der Investitionen. Wir geben Gas und bereiten uns vor für ein hoffentlich gutes 2022.
Mit Transparenz. „Unsere Mitarbeiternden sind immer darüber informiert, wie es läuft, welche Themen es aktuell gibt. Diese Transparenz schafft Vertrauen. Und das spüren wir auch.“

Herz und Verstand
Ihre Leidenschaften sind Kommunikation, Netzwerken und aus vollem Herzen lachen. Dabei läuft die Musik von David Bowie rauf und runter. „kontur“ hat Conny Amann 10 Fragen gestellt.
Von der Werbeagentur führte Sie Ihr Weg in die Selbstständigkeit. Wie
kams? Ich dachte mir, wenn ich für andere viel arbeiten kann und erfolgreich bin, kann ich das auch für mich. Ich bin ein „OneWoman-Unternehmen“, arbeite aber in all meinen Projekten in Teams. Ich brauche den regelmäßigen Austausch, gemeinsames „Hirnen“ und Reflektieren. Und das Feiern nach abgeschlossenen Projekten macht im Team auch viel mehr Spaß.
Nach 16 Jahren als Unternehmerin: Wie hat sich die Arbeitswelt für Frauen
seither verändert? Als ich ins Berufsleben einstieg, arbeiteten die Frauen in den Büros als Sekretärinnen, später nannte man sie Assistentinnen und nur ganz wenige saßen in der ersten Reihe. Das lag aber nicht an deren Können und Wissen, sondern am patriarchalen System. In meiner Selbstständigkeit konnte ich dann bereits so manche Veränderungen spüren. Es gab in den Führungspositionen mehr Frauen, doch wurden diese dann gerne als „Karrierefrauen“ tituliert. „Karrieremann“ habe ich dagegen noch nie gehört. ;-) Ich habe das Gefühl, dass wir Frauen uns heute mehr zutrauen, mehr einfordern und auch mehr zu dem stehen, was wir können und was wir sind. Und – was ganz wichtig ist – dies auch kommunizieren und auch besser vermarkten. Aber ja, es ist noch Luft nach oben. Mir gefällt, dass die jungen Frauen von heute viel selbstbewusster auftreten und genau wissen, was sie wollen.
Sie sind eine leidenschaftliche Netzwerkerin. Warum ist genau das heu-
te immer wichtiger? Netzwerken bringt Menschen zusammen. Für mich persönlich das Wichtigste überhaupt. Man unterstützt sich gegenseitig, lernt Neues kennen und es können tolle Kooperationen entstehen. Wissen teilen, Empfehlungen abgeben, Brücken bauen – für alle eine Bereicherung.
Kann man sich in Vorarlberg gut „vernetzen“? Ich finde schon. Kleines Land, jede(r) kennt jede(n), das macht es schon mal leichter. Für Nicht-Vorarlberger(innen) ist es aber anfangs, glaube ich, nicht ganz so einfach. Ich würde mir wünschen, dass die Menschen hier noch offener und unvoreingenommener werden, und dass Status sowie Ansehen nicht so wichtig werden.
Sie arbeiten in einem Coworking-Büro. Was zeichnet diese Art des Arbeitens für Sie aus und wem würden Sie es empfehlen? Man kann sich austauschen, die Infrastruktur nützen, Kosten sparen und auch mal einen Kaffee zusammen trinken. Ich kann Coworking vor allem Einzelunternehmer(inne)n zu Beginn ihrer Selbstständigkeit empfehlen, am besten in einem branchenähnlichen Umfeld. Für mich persönlich ist wichtig, dass ich ein eigenes Büro habe und auch mal die Tür zumachen kann, wenn ich Ruhe brauche.
Von BTV bis Netz für Kinder. Von Kommunikation bis Personalentwicklung. Die Bandbreite Ihres Schaffens ist groß und auch herausfordernd. Wie kommen immer wieder neue Ideen
und Inspirationen? Wenn man mich fragt, was mein Beruf ist, komme ich kurz ins Stocken, weil ich eben so vielfältig unterwegs bin. Ich bin eine sehr interessierte und auch neugierige Person. Es gibt so vieles um mich herum, das ich spannend finde. Ich mag den Austausch mit Menschen. Von den Jungen lerne ich immer wieder Neues und wenn ich mit Älteren zusammenarbeite, profitiere ich von deren Erfahrung. Ich bin eine gute Zuhörerin und habe gelernt, aus meinem Bauchgefühl heraus zu entscheiden.
Stichwort Netz für Kinder. Eines Ih-
rer Herzensprojekte? Ja, zu 100 Prozent. Als ich vor zehn Jahren zum Netz für Kinder kam, wusste ich nicht, dass so viele Kinder und Familien in Vorarlberg in deutlich benachteiligten Umständen leben müssen. Die Projekte des Netz für Kinder sind auf die Bedürfnisse dieser Kinder abgestimmt und unterstützen diese auf ihrem Weg in eine bessere Zukunft. Der Verein bekommt keine Förderungen und ist deshalb auf Spenden angewiesen. Mittlerweile werden 400.000 Euro benötigt. Dieses Budget aufzutreiben wird nicht einfacher, da helfen mir natürlich mein Netzwerk und meine Kontakte im Land.
Kommen wir von der Unternehmerin zur Privatperson: Wie und wo können
Sie „abschalten“? Musik ist mein Lebenselexier, ohne Musik geht gar nichts. Sehr gerne im Auto, wo ich laut mitsingen kann – und abends, wenn niemand mehr im Büro ist, lasse ich auch es gerne „schränzen“. Meinen Kopf wieder frei bekomme ich beim Laufen und Wandern in der Natur. Zum Entspannen brauche ich viel Schlaf, lustige Abende mit meinen Freundinnen und Yoga.
In welchem Land würden Sie gerne le-
ben bzw. längere Zeit bleiben? Sechs Monate in Vorarlberg und sechs Monate in Sri Lanka oder Italien – Hauptsache am Meer und in der Sonne.
Ihr Lebensmotto? Es gibt nichts Schlechtes, das nicht für etwas gut ist. Sabine Carotta