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Von Eisprinzessinnen und „Herrn Franz“
hohen Rückenlehnen lassen erahnen, dass es hier manchmal länger gehen kann. „Wir konnten bereits internationale Turniere ins Land holen. Mit der möglichen Kapazität von 50 Pokertischen gehören wir sicher zu den größten Pokerrooms in der Region und in Europa“, führt Geschäftsführer Reinhard Fischer mit etwas Stolz in der Stimme aus.
Über den Dächern. Doch der Weg führt weiter, vom Entertainment zur Gastronomie. Schließlich macht so eine Führung hungrig und durstig. Wie gut, dass es gleich vier Bars gibt. Darunter eine in – im wahrsten Sinne des Wortes – höheren Sphären. Erst im Sommer dieses Jahres hat in der vierten Etage des Grand Casino die erste Rooftop-Bar Liechtensteins ihre Pforten geöffnet. Passend zur Lage heißt sie „Floor Four“. Sie ist nicht nur für Casinogäste, sondern auch für externe Gäste zugänglich. Wer den Innenbereich der Bar betritt, fühlt sich sofort an die berühmten Herrenzimmer im englischen Stil erinnert. Alles ist in dunklen Brauntönen gehalten. Und zu diesem Thema passt auch das Sortiment nicht alltäglicher Whisky- und Zigarrensorten. Aber auch spezielle Rum- und Ginsorten können genossen werden.
Multifunktional. Auf vier Etagen sind in Bendern EntertainmentAngebot, Casino-, Gastronomie- und Hotelbetrieb vereint.



Treffpunkt. Zum Abschluss der Stippvisite geht es in Meli’s Restaurant. Hier verwandelt das Team regionale Zutaten in moderne Gaumenspiele. Reinhard Fischer: „Mit diesem Konzept verkörpert unser Haus einen gesellschaftlich multifunktionalen Treffpunkt. Das wollen wir auch in Zukunft stärken. Mit Blick auf wichtige Themen wie den Spielerschutz.“ Die Atmosphäre im „Floor Four“ ist entspannt und elegant zugleich. Man genießt seinen Drink und die Aussicht auf die Liechtensteiner und Schweizer Bergwelt.
Foto: WienTourismus/Paul Bauer Diplomatische Ansichten und „Herr Franz“
Stadtgärten treffen auf Industriehallen, Diplomaten auf Eisprinzessinnen, Vranitzky auf Frau Grete – der 3. Bezirk begeistert durch seinen Abwechslungsreichtum und ganz eigenen Mix aus hippen Lokalen, geschichtsträchtigen Bauten und Wiener Originalen.

Legendär.
Gmoakeller, eine Wiener Institution.

Das Planquadrat zwischen Donaukanal, Ring, Tangente und Gürtel ist ein vielfältiger Kosmos. Das wusste auch Rudolf Zabrana, der von 2001 bis 2019 stellvertretender Bezirksvorsteher war und das soziale Gefüge in seinem Refugium einst folgendermaßen beschrieb: „Die Landstraße ist ein Bezirk von Gegensätzen, wie es sie in Wien anderswo nicht gibt: vom proletarischen Erdberg über das noble Reisnerviertel mit seinen Diplomatenresidenzen, der vom Handel geprägten Landstraßer Hauptstraße bis zum Hundertwasserviertel und St. Marx, einst die Gegend der Lohnschlächter, heute ein Zentrum der Forschung und der Medien. Der Bezirk schöpft aus diesen Unterschieden.“ Bis heute präsentiert sich die Landstraße Richtung Innere Stadt mondän und hipp, während sie stadtauswärts Richtung Simmering mit großen Industriebetrieben und Gemeindebauten wie dem Rabenhof ihren Arbeiterviertel-Charme versprüht. Gerade das macht den besonderen Reiz dieses Stadtteils aus, der im Jahre 1850 durch die Eingemeindungen der ehemaligen Vorstädte Weißgerber, Erdberg und Landstraße entstanden ist.
Doch nicht alle berühmten „Söhne“ des Bezirks fanden schmeichelhafte Worte für ihr Viertel. Der österreichische Schriftsteller Heimito von Doderer, der bis zu seinem 32. Lebensjahr im 3. Bezirk in der Stammgasse 12 verweilte, schrieb später in seinem Tagebuch: es „ist ein gemeiner, ordinärer und platter Bezirk.“ Zahlreiche berühmte Bewohner sind jedoch anderer Meinung: Ingeborg Bachmann etwa, die in der Beatrixgasse lebte, beschrieb die Gegend in ihrem Roman „Malina" als „Ungargassenland“ und Beethoven (Beatrixgasse 5) komponierte hier immerhin eine Symphonie zu Ende. Ein Stück aufwärts residierte Emilie Flöge (Ungargasse 39), die bekanntermaßen Klimt zu malerischen Höhenflügen inspirierte. Die Liste an Malern, Literaten, Musikern und Architekten, die hier lebten und leben ist lang, denn der 3. Bezirk ist in vielerlei Hinsicht einzigartig.
Wiener Gemütlichkeit. Schweizergarten, Stadtpark, Botanischer Garten: einige der schönsten Wiener Parks befinden sich in der Landstraße. So ist es beinahe überraschend, dass von den 739,8 Hektar Gesamtfläche lediglich 15 Prozent grüne Areale umfassen. Umso entschleunigender ist es, sich direkt im Grünen zu „laben“ wie im Gourmetrestaurant Steirereck (Am Heumarkt 2A), das im Stadtpark beheimatet ist und als eines der besten Restaurants Österreichs gehandelt wird. Heinz und Birgit Reitbauer



Hotspots. Restaurant Steirereck, Belvedere, EislaufVerein – die Landstraße präsentiert sich facettenreich.
Beeindruckend.
Das Heeresgeschichtliche Museum im Arsenal.

Authentisch. Das Automobil, in dem 1914 Franz Ferdinand in Sarajevo erschossen wurde.
Undogmatisch.
Robert Brandhofer, Michael Gubik und Markus Gould haben mit dem Heunisch & Erbsen eine Trinkstube der Herzen geschaffen.


begeistern durch eine zeitgemäße, österreichische Küche, die mit Wabenhonig mit Kokoswasser, Buchweizen und Blütenpollen sowie wildem Lattich und Schweineohren aufwartet.
Ein paar Minuten in fußläufiger Distanz entfernt, befindet sich am Heumarkt 25 der Gmoakeller, eines der ältesten und, dank Grete Novak, auch berühmtesten Wirtshäuser Wiens. Die frühere Inhaberin des Lokals brachte es zu einem legendären Ruf, da die von ihr vorgenommenen Gesichtskontrollen beim Einlass bis heute Gesprächsstoff für zahlreiche Anekdoten bilden. Wer ihr nicht gefiel, wurde sofort wieder hinauskomplimentiert. Da konnte das ganze Lokal leer und die Türe sperrangelweit offenstehen: „Man wird ja wohl noch lüften dürfen“, bekamen die überraschten Besucher zu hören. Unvergessen ist bis heute die Abweisung von Bundeskanzler Franz Vranitzky, dem sie den Zutritt zu Erika Pluhars Geburtstagsfeier nicht gestatten wollte. Erst auf den zweiten Blick erkannte sie ihren langjährigen Stammgast, den „Herrn Franz“. Seit 2000 ist nun Sebastian Laskowsky Inhaber des Lokals, das mit Wiener Ursprünglichkeit, innovativer österreichischer Küche und viel Gemütlichkeit punktet.
Neue Eiszeit. Auf der anderen Straßenseite erreicht man eine weitere Institution der Bundeshauptstadt: Seit 1867 können im Wiener Eislauf-Verein (Lothringerstraße 22) sportlich Ambitionierte zwischen Oktober und März auf einer riesigen Eisfläche von über 6000 Quadratmetern ihre Pirouetten und Runden unter freiem Himmel drehen, um sich anschließend bei einem heißen Punsch wieder aufzuwärmen.
Wer weiter schlendert, erreicht das Schloss Belvedere mit seinem angrenzenden Botanischen Garten, das als Ort der Unterzeichnung des Staatsvertrags in die Geschichte einging, und im musealen Bereich mit Meisterwerken von Klimt, Schiele und Monet beeindruckt. In dieser Nachbarschaft mit aristokratischem Flair lässt man sich gerne nieder und so wurden die Straßenzüge um das Schloss von anderen Staaten für die Sitze ihrer ausländischen Vertretungen entdeckt. Das Grätzel beherbergt zahlreiche Konsulate und Botschaften – wie etwa die Botschaften der Kirgisischen sowie der Italienischen Republik, von Moldau, Deutschland und Albanien.
Lebensader. Pulsierende Lebensader des Bezirks ist die Landstraßer Haupstraße. Vom Stubentor stadtauswärts war sie schon zu Zeiten der Römer eine wichtige Handels- bzw. Verbindungsstraße Richtung Carnuntum. Aber auch die Kelten siedelten hier, wie neuere Ausgrabungen zeigen. Heute reihen sich hier zahlreiche
Robert Musil, Beethoven, Emilie Flöge – die Liste an Persönlichkeiten, die hier lebten ist lang.

angesagte Shops und Lokale aneinander wie Joseph Brot (Landstraßer Hauptstraße 4). In der Brotmanufaktur werden mit viel Liebe und hochwertigen Bio-Zutaten ausgezeichnete Backwerke von Hand hergestellt. Was kaum jemand weiß: Im Innenhof dieses Gebäudekomplexes befindet sich ein sogenanntes Naturdenkmal, ein Weißer Maulbeerbaum („Morus alba“), der mit seinen über 300 Jahren zu den ältesten Bäumen Wiens zählt.
Ein paar Häuser weiter residiert in der Nr. 17 das Heunisch & Erbsen. Das elegant zurückhaltende Interieur entspricht dem Understatement der Küche und bietet einen Einblick in die Üppigkeit des Kellers: Weinflaschen, gestapelt bis zur Decke. Dazu gibt es Alpsaibling oder Tartar von der Kalbin mit Liebstöckl, Bel-
Vielfalt. Das Belvedere stillt den kulturellen Hunger. Joseph Brot bietet „pheine“ Dinge aus dem Ofen. Erlebnis. Kulinarik-Experte Johannes Lingenhel vor seiner Labungsstätte.


per Knolle und Jalapeno. Aber auch das Lingenhel in der Landstraßer Hauptstraße 74 ist essenstechnisch absolut erwähnenswert: Die Kombination aus Restaurant, Weinbar und Delikatessengeschäft ist eine Art Käse-Erlebniswelt mit Lebensmittelwerkstätte. Es bietet unter anderem Leckereien wie ungewürztes Beiried mit eingelegtem Hokaidokürbis sowie Dim Sum vom geschmorten XO Beef und Buchenpilze.
Pop-Art Palais. Die Landstraßer Hauptstraße, die aufgrund ihrer Relevanz namengebend für den Bezirk wurde, führt weiter vorbei am Rochusmarkt, einem der traditionsreichsten und ältesten Märkte Wiens, der sich zu einem Hotspot mit zahlreichen Lokalen und einer beliebten Wohngegend entwickelt hat. Von dort aus schlängelt sich die Rasumofskygasse Richtung Donaukanal – benannt nach dem russischen Fürsten Andrej Rasumofsky, der an der Nr. 22 im Jahr 1806 ein Palais errichten ließ. Mittlerweile ist der klassizistische Prachtbau in privater Hand: Hinter den Mauern verbirgt sich eine der bedeutendsten Kunstsammlungen Europas: Der Industrielle Adrian Riklin und sein Partner haben über 2400 Exponate, von Warhol bis Hrdlicka, zusammengetragen und mit dem Palais den passenden „Aufbewahrungsort“ für ihre wertvollen Kunstschätze gefunden. Früher residierte übrigens Robert Musil in den Stallungen des Palais – oder in seinem zweiten Wohnzimmer, dem Café Zartl (Rasumofskygasse Nr. 7), in dem auch andere Literaten wie Doderer oder der Kabarettist Karl Farkas verkehrten. Würden sie heute dort noch sitzen und über den 3. Bezirk debattieren: das heutige Antlitz der Landstraße mit seinem urbanen Flair, der unaufgeregten Vielfalt und den ranzigen Ecken, hätte
ihnen sicher gefallen. Christiane Schöhl von Norman
Kultig. Winklers zum Posthorn.
Kreativ-Küche. Heunisch & Erbsen.

Bunt. Hundertwasserhaus inspiriert von Gaudí.
Diese Hotspots im 3. Bezirk sind ebenfalls einen Besuch wert
Hundertwasserhaus. Eine bis 1985 erbaute Wohnhausanlage der Gemeinde Wien, die vom österreichischen Künstler Friedensreich Hundertwasser gestaltet wurde und durch ihr farbenprächtiges, verspieltes expressionistisches Gesamtkonzept ins Auge sticht. Der eigenwillige Stil erinnert an Gaudí, denn Hundertwasser wurde von den Bauwerken des spanischen Architekten, in der Formsprache des Modernisme, der katalanischen Variante des Jugendstils, inspiriert. Keglergasse 36–38
Winklers zum Posthorn. Das kultige Wirtshaus besteht schon seit 1870 und war eines der Stammlokale von Qualtinger und Hundertwasser. Auf die Teller kommen Klassiker aus der Donaumonarchie wie Tafelspitzsülzchen mit Zwiebel, Kernöl oder Kalbsleber und Rindsgulasch. Posthorngasse 6

Wiener Seifenmanufaktur. Hier hütet Sonja Baldauf in ihrem heimeligen Laden ihre duftenden Schätze. Seit 2006 hat sich die gebürtige Vorarlbergerin dem Erbe des Stadlauer Seifensieders Friedrich Weiss verschrieben. Ihre rund 70 verschiedenen Seifensorten werden aus feinsten Bio-Zutaten, basierend auf Kokosöl, im aufwendigen Kaltrührverfahren von Hand hergestellt. Hintzerstraße 6
Heeresgeschichtliches Museum. Zwischen 1850 und 1856 wurde das Museum als Kernstück des Militärkomplexes Arsenal nach Plänen von Ludwig Förster und Theophil Hansen errichtet. Es ist damit der älteste Museumsbau der Stadt. Der Schwerpunkt liegt auf der Geschichte der Habsburgermonarchie und den Jahren danach. So ist etwa in einem eigenen Saal das Automobil, in dem Franz Ferdinand erschossen wurde, zu bestaunen. Arsenal, Objekt 1 Kunst Haus Wien. Meister Hundertwasser hat die frühere Bugholzmöbelfabrik Thonet komplett in seinem charakteristischen Stil umgebaut: Bunte Flächen, unregelmäßige Formen, wuchernde Grünflächen. Das Museum bietet eine Hundertwasser-Werkschau sowie wechselnde Ausstellungen spannender Gegenwartskunst. Weißgerberstraße 13
Papierflieger. In Katerina Widauers Papeterie gibt es von originellen Post-its über liebevoll gestaltete Karten bis hin zu bunten Notizbüchern unglaublich viel zu entdecken. Ungargasse 55
Gasthaus Seidl. Erstklassige Wiener Küche mit kreativem Zugang. Auf der Karte stehen Blutwurst, Beef Tatar und Wiener Schnitzel sowie saisonale Highlights wie im Herbst das Gansl. Das Interieur ist unprätentiös und reduziert. Ungargasse 63
Benkei. Sushi, Sashimi & Co. – Wer eine authentische japanische Küche mit erlesenen hochwertigen Zutaten und traditionellen Hauptspeisen sucht, ist hier an der richtigen Adresse. Ungargasse 65
Dufte. Sonja Baldauf fertigt Wohlkultur für die Haut.