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Körper, Geist und Seele

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Die Natur als Helferin in der Psychiatrie: Green Care („Grüne Pflege“) ist ein neuer Behandlungsansatz, Menschen zu mehr Gesundheit und Lebensqualität zu verhelfen. Die Psychiatrische Diplompflegerin Margarethe Böhler von pro mente V erprobt gemeinsam mit der Stadtgärtnerei Bregenz und Kräuternest das gartentherapeutische Potenzial.

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„Grüne Pflege“ für Körper, Geist & Seele

Wer selbst einen Garten hat, kennt das wohl: die Farbe Grün wo man hinsieht, mit allen Nuancen des Spektrums, kleine und große, runde und längliche Blüten, summende Blütenbesucher – idyllisch kann es sein, sich einfach im Garten aufzuhalten. Oder aber harte Arbeit. „Gartenarbeit heißt schon auch, im Dreck zu arbeiten“, sagt Joachim Hopfner* und lächelt dabei. „Mir gefallen die schweren, körperlichen Arbeiten. Ich bin ein sportlicher Typ und mag es, gefordert zu werden.“

Joachim darf im Rahmen seiner Betreuung bei pro mente V einmal in der Woche in der „Naturwerkstatt“ arbeiten. Die Naturwerkstatt ist das Green Care Projekt von pro mente V in Kooperation mit der Stadtgärtnerei Bregenz und Kräuternest. Psychiatrieerfahrene Personen im Alter von 18 bis 65 Jahren werden dabei von der Psychiatrischen Diplompflegerin Margarethe Böhler in der Instandhaltung des Permakulturgartens der Stadtgärtnerei in der Josef-Huter-Straße ge- und begleitet.

Reale Orte, grüne Arbeit, soziale Dienstleistung

„Das Neue an Green Care sind die Kooperationen, die eingegangen werden. Reale Orte, wo grüne Arbeit geleistet wird, verbinden sich mit Orten, wo soziale Dienstleistungen erbracht werden“, erklärt Margarethe Böhler. Die 43-jährige Wolfurterin hat über 20 Jahre lang in der Psychiatrie im Krankenhaus Rankweil gearbeitet, ist nun seit drei Jahren bei pro mente V tätig und befindet sich aktuell in Ausbildung zur Gartentherapeutin. „Die Idee ist, mit Unterstützung von Natur, Pflanzen und Tieren gesundheitsförderliche Maßnahmen durchzuführen.“

Wie groß das gartentherapeutische Potenzial ist, zeigt das Beispiel von Murat Yilmaz*, der in den letzten fünf Jahren verschiedene Gruppenangebote des Tageszentrums Bregenz besuchte. Nach zwei Jahren Gartenarbeit unter Begleitung

Text und Fotos: Christina Vaccaro

von Margarethe Böhler, ergab sich dieses Jahr die Chance, den rund 80 Quadratmeter großen Garten in Lochau zu erhalten – völlig selbstständig. „Ich hatte keine Ahnung vom Gärtnern, als Kind hat alles die Mutter gemacht“, erinnert sich Murat. „Jetzt habe ich viel gelernt – ich habe mir viele Gedanken gemacht, wie ich was pflanzen und wo hinmachen kann, welche Komposterde passt und wie schnell das Gemüse darin wächst. Ich habe in diesem Jahr wirklich viel über Pflanzen gelernt. Die Natur gefällt mir.“

Jürgen Kiesenebner, Leiter der Stadtgärtnerei Bregenz, steht voll hinter der Naturwerkstatt. „Ich finde das Projekt toll und sehe es als Win-Win-Situation, in der sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gärtnerei und Klientinnen und Klienten gegenseitig unterstützen. Es soll einen regen Austausch geben und die Scheu genommen werden. Unsere Lehrlinge erhalten die Chance, Sozialkompetenz und die Weitergabe von Wissen zu lernen.“

Die Zusammenarbeit zwischen der Stadtgärtnerei und pro mente V orientiert sich am Bedarf der Natur, auch außerhalb der Saison fallen Arbeiten an, werden Ansaaten miteinander abgestimmt, die eine oder andere Pflanze vermehrt, Beete angelegt oder umgegraben. Die Covid-Beschränkungen haben den Start des Green Care-Projekts zwar erschwert, dennoch gab es bereits im möglichen Rahmen Kontakt und Austausch. Jürgen Kiesenebner ist sich sicher: „Jede Zusammenarbeit ist ein Prozess. Sie wird sich entwickeln und in den nächsten Jahren noch intensiver stattfinden.“

Auch das junge Unternehmen Kräuternest (siehe Infobox) profitiert von der Kooperation. Im Herbst werden die Klientinnen und Klienten von pro mente V Produkte von Kräuternest abfüllen und etikettieren. Während des ganzen Jahres wurden Kräuter gesammelt und getrocknet, zu Kräutertees, Thymianhonig oder Kräuteressig verarbeitet – noch für den Eigenbedarf, doch mit wirtschaftlichem Wachstumspotenzial.>>

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