5 minute read

3. Vorsorgevollmacht

Ich bestimme einen oder mehrere Vertreter und deren Wirkungsbereiche selbst. Der/Die Vertreter werden nicht vom Gericht überwacht.

3.1 Allgemeines

Die gerichtliche und gesetzliche Erwachsenenvertretung sind Instrumente für Menschen, die nicht mehr selbst für sich entscheiden können. Sie greifen also erst bei Verlust der Entscheidungsfähigkeit der betroffenen Person. Im Falle der gerichtlichen Erwachsenenvertretung entscheidet das Gericht, wer die Vertretung übernimmt. Mit einer Vorsorgevollmacht kann ich selbst bestimmen, wer als Bevollmächtigter später einmal für mich entscheiden und mich vertreten soll.

Eine Vorsorgevollmacht wird wirksam, wenn die betroffene Person die erforderliche Entscheidungsfähigkeit verliert. Für den Zeitraum

BEISPIEL ZUR VORSORGEVOLLMACHT

Viktor ist 65 Jahre alt. Sein guter Freund Alex hatte vor kurzem einen schweren Autounfall und kann jetzt nicht mehr für sich selbst sorgen. Da Alex, genau wie Viktor, alleine lebt, wurde vom Gericht ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter bestellt. Dieser kümmert sich nun um die Geschäfte von Alex.

Viktor weiß, dass auch er nicht jünger wird und ihm einmal dasselbe passieren kann. Er möchte aber keinen gerichtlichen Erwachsenenvertreter „auf`s Auge gedrückt“ bekommen. Er will heute schon vorsorgen, dass einmal sein Bruder Bruno für ihn entscheiden soll, wenn er das selbst nicht mehr kann.

Was kann Viktor tun, damit sich einmal sein Bruder Bruno, zu dem er vollstes Vertrauen hat, um seine Geschäfte kümmern kann?

davor kann eine Vollmacht (vgl. Kapitel „Vollmacht“ Seite 15) erteilt werden. Vollmacht und Vorsorgevollmacht können, müssen aber nicht den gleichen Umfang haben und in selber Urkunde erteilt werden.

Mit einer Vorsorgevollmacht entscheiden Sie selbst, wer sich um Ihre Angelegenheiten kümmern soll, wenn Sie dazu selbst nicht mehr in der Lage sind. Sie bestimmen selbst, für welche Angelegenheiten der Bevollmächtigte zuständig sein soll. Es ist auch möglich, mehrere Personen zu bevollmächtigen, die unterschiedliche Aufgaben übernehmen. So kann sich beispielsweise eine Vertrauensperson um die Bankgeschäfte kümmern und eine andere um medizinische Belange. Auch könnte beispielsweise verfügt werden, dass alltägliche Geschäfte jeder Bevollmächtigte allein, weitreichende Entscheidungen jedoch gemeinsam getroffen werden müssen.

Die betroffene Person kann sich jede beliebige Person als Bevollmächtigten aussuchen. Es gibt nur zwei Ausnahmen:

Wenn man in einem Heim lebt, dürfen Pfleger oder Betreuer dieses Heimes nicht bevollmächtigt werden. Außerdem darf der Bevollmächtigte nicht selbst einen Erwachsenenvertreter haben.

3.2 Für wen macht eine Vorsorgevollmacht Sinn?

Leidet man zum Beispiel an einer Krankheit, die mit fortschreitender Entwicklung das Entscheidungsvermögen beeinträchtigen kann, wie Alzheimer oder Altersdemenz, ist eine Vorsorgevollmacht natürlich besonders zu überlegen. Aber auch wenn es einem heute gut geht, kann mit der Vorsorgevollmacht für mögliche Einschränkungen nach einem Unfall oder einem Schlaganfall vorgesorgt werden.

Eine Vorsorgevollmacht kommt für jeden in Frage. Gerade auch junge Personen und Unternehmer können mit einer Vorsorgevollmacht vorsorgen! Die Vorsorgevollmacht ist Ausdruck der Selbstbestimmung!

LÖSUNG ZUM BEISPIEL VORSORGEVOLLMACHT

Viktor ist Mitgesellschafter eines Unternehmens. Hat er einen Schlaganfall und kann nicht mehr an Gesellschafterversammlungen teilnehmen, tritt ein vom Gericht bestellter gerichtlicher Erwachsenenvertreter an seine Stelle und braucht für weitreichende Entscheidungen immer zusätzlich auch einen Beschluss des Gerichtes. Das ist teuer und zeitaufwendig. Darüber hinaus wird der gerichtliche Erwachsenenvertreter eher kein unternehmerisches Risiko eingehen, sondern immer den sicheren Weg gehen.

Gerichtliche Erwachsenenvertreter sind daher in der Regel keine guten Unternehmer.

Zum Glück hat Viktor rechtzeitig eine Vorsorgevollmacht errichtet. Damit agiert der Bevollmächtigte auf Basis von Viktors Aufträgen schnell und unbürokratisch. Unternehmerische Entscheidungen können so rasch getroffen werden.

Voraussetzung ist natürlich volles Vertrauen zum Bevollmächtigten.

TIPP

Gerade Unternehmer können durch eine Vorsorgevollmacht verhindern, dass ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter und damit das Pflegschaftsgericht unternehmerische Entscheidungen trifft.

Für die Errichtung einer Vorsorgevollmacht muss die betroffene Person noch selbst für sich entscheiden können, also entscheidungsfähig sein. Wenn dies nicht mehr der Fall ist, tritt die gesetzliche Erwachsenenvertretung durch nächste Angehörige ein (siehe Kapitel „Gesetzliche Erwachsenenvertretung“ Seite 39) oder es wird vom Gericht ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter bestellt (siehe Kapitel „Gerichtliche Erwachsenenvertretung“, Seite 51).

Vorsorgevollmachten müssen vor einem Notar, einem Rechtsanwalt oder einem Erwachsenenschutzverein höchstpersönlich schriftlich errichtet werden. Der Vorteil dabei ist, dass die betroffene Person bei der Errichtung unterstützt sowie über alle Rechtsfolgen der Vorsorgevollmacht aufgeklärt wird. Vorsorgevollmachten müssen im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) registriert werden. Die Registrierung erfolgt durch einen Notar, einen Rechtsanwalt oder einen Erwachsenenschutzverein. Die Vorsorgevollmacht kann dann im Bedarfsfall immer – und vor allem schnell – gefunden werden.

Für die Errichtung einer Vorsorgevollmacht fallen einmalig Kosten an. Wie hoch diese sind, ist vom jeweiligen Einzelfall abhängig. Das erste Informationsgespräch über die Vorsorgevollmacht bei jedem Notar ist kostenfrei. Nach der Errichtung fallen einmalig Gebühren für die Registrierung im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) an.

3.3 Inhalt einer Vorsorgevollmacht

BEISPIEL ZUM INHALT EINER VORSORGEVOLLMACHT

Viktor überlegt sich nun, was er einmal alles erledigt wissen will, wenn er selbst nicht mehr entscheiden kann. Er möchte später einmal so lange es geht, zu Hause gepflegt werden. Sein Ferienhaus am See braucht er dann nicht mehr und er möchte, dass sein Bruder das Ferienhaus im Falle des Falles verkauft.

Was kann Viktor alles in seine Vorsorgevollmacht aufnehmen?

Punkte, die eine Vorsorgevollmacht jedenfalls enthalten sollte: • Daten der Vertrauensperson (oder Vertrauenspersonen). • Aufgabenbereiche, für welche die Vertrauenspersonen zuständig sind („Was darf die Vertrauensperson tun?“). • Zeitpunkt, ab welchem die Vorsorgevollmacht wirksam wird und wie lange sie gilt. • Individuelle Wünsche und Vorstellungen der betroffenen Person über ihre Zukunft z. B.: Pflegeleistungen Heimaufenthalt bzw. Heimeinweisung Medizinische Versorgung Freizeitgestaltung

Die Aufgaben sollten möglichst genau beschrieben werden.

Hat der Bevollmächtigte bestimmte Entscheidungen zu treffen, welche die betroffene Person besonders belasten können (z. B. medizinische Behandlungen gegen den Willen der betroffenen Person, dauerhafte Wohnortverlegung ins Ausland), benötigt er eine gerichtliche Genehmigung.

Die betroffene Person kann eine einmal erteilte Vorsorgevollmacht jederzeit widerrufen.

LÖSUNG ZUM BEISPIEL INHALT EINER VORSORGEVOLLMACHT

Viktor will einmal zu Hause gepflegt werden. Er kann in seiner Vorsorgevollmacht den Wunsch äußern, zu Hause gepflegt zu werden so lange es möglich ist. Auch zum Verkauf des Ferienhauses kann er seinen Bruder in der Vorsorgevollmacht bevollmächtigen.

TIPP

Vorsorgevollmacht ist Ausdruck der Selbstbestimmung

Mit der Vorsorgevollmacht können Sie die Person selbst aussuchen, die Sie einmal vertreten und für Sie entscheiden wird, wenn Sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind. Sie bietet die Möglichkeit, selbst zu bestimmen, wer-was-wann für Sie machen darf und soll.

Aber Achtung:

Den gerichtlichen Erwachsenenvertreter kontrolliert das Gericht. Den Vorsorgebevollmächtigten kontrolliert niemand!

Sie sollten nur jemanden bevollmächtigen, dem Sie absolut vertrauen.

3.4 Was ist Inhalt Ihrer Vorsorgevollmacht?

Wichtig ist, dass Sie deutlich und unmissverständlich aufschreiben, wer sich um Sie und Ihre Angelegenheiten im Fall der Fälle kümmern soll. Achten Sie auch darauf, dass nicht mehrere Personen gleichzeitig beauftragt werden, die sich eventuell nicht einigen können. Regeln Sie, wie mehrere Bevollmächtigte zu einer Entscheidung kommen sollen.

Des Weiteren müssen Sie die Aufgabenbereiche, für welche Sie vertreten werden wollen, genau benennen. In welchen Angelegenheiten wollen Sie von Ihrem Bevollmächtigten vertreten werden? Die Formulierung „Für alle mich betreffenden Angelegenheiten“ reicht nicht aus. Als Hilfestellung dafür finden Sie hier eine Checkliste für die Vorsorgevollmacht:

This article is from: