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Stadt, Land, Stutz

Illustration: Rinah Lang Lisa Stutz (29) sucht die Balance zwischen urban und ländlich. Und pickt von beidem das Beste heraus.

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Ein guter Bahnhof

STADT, LAND, STUTZ Ich gehe meistens mit dem Flow. Dieser spült mich leider oft zu einer unpassenden Uhrzeit am Bahnhof an. Zum Beispiel genau dann, wenn mein Zug gerade abgefahren ist. Ich muss daraufhin die maximale Zeit warten, bis der nächste fährt. Und das passiert mir nicht nur am Abend nach einem geselligen Znacht, nein, auch am Morgen nach der Eingebung, ich könnte heute mal mit dem Streckeisen Beachwaves in die Haare machen. Ich strande also mit mehr oder weniger gelungenen Beachwaves auf einem mehr oder weniger verlassenen Perron. Dort dümple ich herum wie früher mit 13, kicke einen Kieselstein vor mir her, friere oder langweile mich halb zu Tode.

Ich habe auf diese Art und Weise schon viel Lebenszeit an den verschiedensten Bahnhöfen dieses Landes vergeudet. Und ich kann Ihnen sagen: Es sind nicht alle Bahnhöfe gleich gut. – Was ist ein guter Bahnhof?, fragen Sie sich, und ich kann es Ihnen sagen. Ein guter Bahnhof hat einen Laden. Und möge er noch so klein sein, man kann sich immerhin das Sortiment ansehen und allenfalls etwas kaufen. Es gilt die Faustregel: Ein Laden ist besser als ein SelectaAutomat, ein SelectaAutomat ist besser als gar nichts. Ein guter Bahnhof hat zudem Sitzgelegenheiten – und zwar genug. Nicht nur in diesen stickigen Wartekabäuschen.

Ein guter Bahnhof ist ein bisschen belebt. Das spielt vor allem am Abend und als Frau eine Rolle. Man will da nicht mutterseelenallein stehen und sich fürchten. Ein guter Bahnhof bietet Schutz vor Sonne, Regen und Wind. Kein Witz: Ich hab mal beim Warten einen Sonnenbrand gekriegt, weils keinen Millimeter Schatten gab. Zudem hat ein guter Bahnhof alle paar Meter eine Anzeigetafel. Denn auch an einem guten Bahnhof muss man irgendwann den Zug erwischen. MM

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