12 | 27.6.2022 | FAMILIE
Fünf Kinder in sechs Jahren Wer heute fünf Kinder hat, gehört in unseren Breitengraden zu den Exoten. Erst recht, wenn zwischen dem ältesten und dem jüngsten nur rund sechs Jahre liegen, wie bei Familie Flütsch. Text: Martina Seger-Bertschi
«Sind Zwillinge dabei?» – «Sind alle Kinder vom gleichen Mann?» – «Seid ihr beide Schweizer?» – «Warum habt ihr es nicht bei vier Kindern belassen?» Solche Fragen hören Joëlle (36) und Jann (39) Flütsch oft, wenn sie mit ihren fünf Kindern unterwegs sind. Zwillinge sind nicht darunter, alle sind vom gleichen Mann, und die Eltern sind aus der Schweiz. Sie aus dem Kanton Schaffhausen, er aus Davos. Als Familie wohnen sie seit vier Jahren in Bussnang TG. Joëlle und Jann Flütsch waren sich einig, dass sie, «wenn schon Kinder, dann viele» wollen. Jann sprach am Anfang der Beziehung von zehn. Joëlle wollte sich nicht auf eine Zahl fest legen. «Unser erstes Kind war so pflegeleicht, dass ich bald Angst hatte, mich zu langweilen», sagt sie mit leicht entschuldigendem Ton. Es habe sich bei jedem Kind einfach immer richtig angefühlt – für alle. Zudem sieht sie es nicht als selbstverständlich an, dass sie fünf Kinder haben dürfen. Jann Flütsch findet es praktisch, dass sie momentan mit allen Kindern das Gleiche unternehmen können: «Wenn wir auf einen Spielplatz gehen, ist für jeden etwas dabei.» Überhaupt sieht der Vater das Kinderhaben pragmatisch: «Ich kann arbeiten, also arbeite ich. Ich kann Kinder haben, also habe ich Kinder.» Und hängt einen Vortrag über die Zukunft der AHV an, den er abschliesst mit: «Aber klar haben wir nicht fünf Kinder, damit sie die AHV mitfinan-
Bilder: Dan Cermak
zieren, sondern weil sie uns Freude machen.» Diese Freude spürt man. Dennoch ist das Ehepaar gleicher Meinung, dass es «1000 Gründe» gäbe, nach «zwei Kindern aufzuhören», wie sie es bei Freunden sehen. Joëlle Flütsch mag Action
Wenig verwunderlich, Joëlle Flütsch liebt es, wenn «etwas läuft», das sei schon in ihrem Beruf als Pflegefachfrau so gewesen. Ist sie um Menschen, kann sie auftanken. Jann Flütsch braucht eher Ruhe, um wieder zu Energie zu kommen. «Lärm, es gibt schon viel Geschrei mit Kindern», nennt er denn auch das Schwierige des momentanen Alltags. Und was ist das Schöne? «Sein, mit den Kindern mitgehen können», sagt Joëlle Flütsch. Familie Flütsch macht kein grosses Tamtam um und mit ihren Kindern. Sie seien einfach bei fast allem dabei, leben mit. In die Ferien nehmen sie bewusst wenig Spielsachen mit, da alle am liebsten draussen sind und «Kinder immer etwas Spannendes finden». In die Ferien fahren sie mit ihrem Kleinbus, in dem alle Platz haben – samt Kinderwagen. Jann Flütsch liebäugelt jedoch, bald wieder mit der ganzen Familie im Zug zu verreisen. Ihr Ziel ist oft das Tessin, genauer: die Ferienwohnung von Janns Eltern. Simon, der Älteste, wird im September sieben und Benjamin, der Jüngste, im November eins. Ob er der Jüngste bleibt, ist offen. Übrigens auch eine der häufigen «Spielplatz-
Familie Flütsch (v. l. n. r.): Simon, Benjamin, Joëlle, Emma, Daniel, Jann und Sarah