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Quelle: Harmonikaverband
ist das ganz anders.“ Und daher ist auch die Qualität, mit der die Jungen auf der Quetschn spielen, gewaltig gestiegen. Aber ein Phänomen ist geblieben: Man muss nicht unbedingt Noten lesen können, um die Steirische zu beherrschen. „Ein großer Teil kennt keine
ne. Aber natürlich kann man – und das ist wiederum der Vorteil – sich zusätzliche Tasten einbauen lassen. Jeder nach seinem Wunsch. Sodass dann all das gespielt werden kann, was man will. Je nach Lehrer und Schule gibt’s also verschiedene Belegungen auf der Tastatur. Die gängigste Belegung ist in B-Dur. Warum das so ist: Die Lehrer haben schon immer Einfluss auf die Schüler genommen und damit hat sich das so entwickelt. „Das ist zum einen gut, aber eigentlich auch eine kleine Katastrophe“, so Stefan Maier. „Ein Akkordeon oder ein Klavier – das kaufst du dir und dann spielst du darauf für Jahre. Bei der Quetschn ist es so, dass viele Künstler, viele Schüler zumindest zwei oder drei Instrumente dann im Laufe der Jahre zu Hause haben. Weil jede eben eine spezielle Tastatur hat bzw. die Tastatur mit speziellen Tönen belegt ist.“ Er nennt das Beispiel eines obersteirischen Fans, der sich im Vorjahr 12 Instrumente gekauft hat und jedes klingt anders. Er spielt sie aber auch sehr oft. Ab 4.000 Euro aufwärts geht’s los im Harmonika-Geschäft. Aber auch Geräte mit 15.000 Euro und mehr sind keine Seltenheit. Längst hat die Steirische auch Einzug in den Jazz, Austropop gefunden, ist nicht mehr nur auf die traditionelle Volksmusik beschränkt. Ein Hubert von Goisern oder ein Herbert Pixner, die ihren eigenen Weg gegangen sind und einen neuen Stil kreiert haben, werden bei ihren Auftritten gefeiert. Andreas Gabalier wiederum hat für einen echten Hype gesorgt. „Ihm gebührt dafür das Verdienstkreuz“, obwohl er selbst gar nicht wirklich spielen kann.
über 15 Jahren: Mario (Mitte) von den Pagger Buam
Foto: zVg
Heimatgefühl
Noten, spielt daher auch nicht nach Noten“, bemerkt Stefan Maier. Gelernt wird nach der sogenannten Griff-Schrift. Sie ist eine Notationshilfe. Legt man eben die drei Finger auf der Tastatur nebeneinander, so hat man einen Dreiklang. Und mit einem Griff kann man dann unterschiedliche Akkorde spielen. Dieser Vorteil hat aber auch seine Nachteile. Die steirische Harmonika ist nach der diatonischen Tonleiter gestimmt. Die einfachsten Tastaturen auf ihr haben gar keine Moll-Tö-
Und da passt zum Abschluss auch eine Geschichte hinein, die es gegeben hat: Eine Frau kauft eine Quetschn und sagt, sie möchte was Besonderes. Als ihr der bekannte Trompeter Toni Maier in seinem Musikhaus in Bärnbach/Rosental dann seine beste und teuerste zeigt, die er im Geschäft hat, bittet er die Kundin, diese auszuprobieren. Sie sagt: „Nein, danke“, zieht ein wenig daran und entlockt der Quetschn einige Töne und freut sich darüber. „Die nehme ich. Wissen Sie, ich kann nicht spielen. Ich lebe in Australien. Und wenn ich die Töne dann dort höre, dann klingt das für mich sofort nach Heimat. Und das ist wunderschön.“
„Musik fürs Herz fasziniert Jung und Alt“ Simon Gspurning (li.) hat den „Steirischen Harmonikawettbewerb 2021“ gewonnen. Mitglied der Jury: Christian Hartl, Geschäftsführer des Steirischen Volksliedwerk und Musikschuldirektor in Eisenerz.
„D
er Simon übt regelmäßig, aber net stundenlang, wie manche glauben. Er hat offensichtlich Talent“, sagt seine Mutter. Sie selbst spielt Querflöte, die Tochter Klarinette und sie stehen auch als „Familienmusik Gspurning“ auf der Bühne. „Für den Simon war die Harmonika von Anfang an sein Instrument, weil er da gleich ,richtige Töne‘ spielen hat können.“ Das Musische hat im Hause Gspurning in Edelschrott viel Tradition. Simon wird dennoch keine Musiker-Laufbahn einschlagen, sondern die Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft in Raumberg (Ennstal) besuchen, um später im elterlichen Viehzucht-Betrieb mitzuarbeiten. Aber natürlich wird er seiner Harmonika treu bleiben und weiterhin das Publikum mit seiner Art zu spielen begeistern. „Den nächsten Auftritt“, so die Mutter, „gibt’s beim PrimaLa-Musica-Wettbewerb am 31. März in Graz.“ Christian Hartl, Geschäftsführer vom Steirischen Volksliedwerk spielt selbst Harmonika und ist erfreut und beeindruckt, wie das Niveau der Teilnehmer beim „Steirischen Harmonikawettbewerb“ gestiegen ist. „Die Musik mit der Harmonika vermittelt das Gefühl von Heimat, ist bodenständig, er-
Fotos (2): ORF/Regine Schöttl
Die Steirische Harmonika ist ein diatonisches, wechseltöniges Handzuginstrument mit Knopf-Tastatur. Sie wird in der Volksmusik in Bayern, Österreich, Südtirol, Tschechien, Slowenien, sowie in etlichen weiteren Ländern verwendet. Das Wort „steirisch“ hat nur wenig mit dem Land Steiermark zu tun. Diese Bauart des Akkordeons wurde in Wien erfunden. Der Unterschied zu anderen diatonischen Akkordeons besteht in der Verwendung der stark klingenden Helikonbässe und dem Gleichton. Durch den diatonischen Aufbau ist sie besonders geeignet, alpenländische Volksmusik zu spielen, diese Musik wurde in Wien „steirisch“ genannt als Synonym für ländliche Musik, und daher wurde das neue Instrument Steirische genannt. Gängige „VulgoNamen“: Steirische, Ziehharmonika, Knöpferlharmonika, Harmonika, Harmonie, Zugorgel, im Dialekt Ziach, Ziacha, Ziachharmonie, Ziachorgel, Zugin und Quetschn, scherzhaft auch Faltenradio, Wanznpress, Zerrwanst oder Heimatluftkompressor.
innert an die Natur, wo man sich wohlfühlt“, beschreibt Hartl die Faszination. Er ist auch Musikschuldirektor in Eisenerz. „Bei uns daheim ist immer gesungen und gespielt worden.“ Was Kinder begeistert: „Beim Zitherlernen brauchst du zum Beispiel eineinhalb Jahre für einen g’scheiten Ton. Mit der Harmonika kann man, wenn man einigermaßen geschickt ist, schon nach zwei Monaten mehrstimmig eine Melodie mit Bassbegleitung spielen und es klingt wie ein ganzes Orchester. Und diese Begeisterung geht durch alle Altersgruppen und Gesellschaftsschichten. Die Steirische kann flexibel eingesetzt werden in der Popular-, Popmusik, im Schlager, mit den verschiedensten Klangfarben. Jeder kann sich durch die Knopfbelegung, durch Bass-Systeme praktisch sein eigenes Instrument bauen lassen. Gestiegen in den letzten Jahren ist stark das Niveau, weil auch die Musiklehrer besser ausgebildet sind.“ Zur Lehr- und Lernmethode: „Bevor wir Schreiben und Rechnen lernen, lernen wir Sprechen. Daher funktioniert das mit der Harmonika auch so – vor- und nachspielen. Ich finde das gut, weil das fördert das freie Musizieren, wie es eben auf der Alm oder im Wirtshaus passiert.“
Quetschn Academy Thomas Holzer (er hatte die Idee dazu) gründete im Jahre 2016 mit Stefan Kern die Quetschn Academy. Beide sind der Steirischen „verfallen“. Holzers Idee war, Lernvideos zur steirischen Harmonika zu machen, damit sich jeder den Traum vom Quetschnspielen erfüllen kann. Er ist der Organisator in der Quetschn Academy. Stefan Kern gewann 2011 den steirischen Harmonikawettbewerb. Seine Devise: „Alles ist möglich, jeder kann es schaffen.“ Er hat „drei Wochen“ Chemiestudium hinter sich. Das Duo hat bisher über 200 Lernvideos produziert und hat nach eigenen Angaben 24.000 registrierte Nutzer, die natürlich dafür in die Tasche greifen müssen. www.quetschn.academy März 2022 7













