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Mit Steigeisen im Flachen

Anna Gassser DoppelOlympiasiegerin im Snowboard Big Air Super-G-Olympiasieger Matthias Mayer
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Regeln sind da, um rigoros kontrolliert und eingehalten zu werden. Das weiß man von China, seit von dort ausgegangen die Welt mit dem CoronaVirus zu kämpfen hat. Auch wenn die Regeln nicht immer sinnvoll sind. „Wenn du auf einem zehn Meter langen Hügel im Gelände zum Tragen von Steigeisen verpfl ichtet wirst – weil es ein bisserl geschneit hat –, wo bei uns Kleinkinder mit dem Zipfl bob runter rutschen, dann fragst du dich schon, was das soll. Man zieht halt die Dinger an und die Chinesen nicken dankbar und sind glücklich“, so Patrick Steiner. Er ist Jung-Fotograf bei der Grazer Bild-Agentur GEPA. Diese ist seit drei Jahrzehnten bei allen großen internationalen Sport-Ereignissen vertreten. „Aber es wird vom Aufwand her immer schwieriger, sich gegen die ganz Großen zu behaupten“, merkt GEPA-Geschäftsführerin Ingrid Gerencser an. Die vier GEPA-Fotografen Harald Steiner, Daniel Götzhaber, Patrick Steiner und Matic Klansek Velej waren in Peking im Einsatz. Patrick Steiner war eineinhalb Monate dort, weil er auch die Paralympics-Bewerbe mit seiner Kamera festgehalten hat. Aufgrund der Zeitverschiebung von sieben Stunden mussten die Kollegen in Graz schon um halb vier Uhr früh das Büro aufsperren. „Denn vieles musste hier koordiniert und organisiert werden, weil das von Peking aus schwieriger war“, so Ingrid Gerencser.
In Mailand ging’s los
„Schon beim Boarding der Air China wurden wir von Stewardessen in ,Raumanzügen‘ begrüßt“, schildert Patrick Steiner, „die dann während des Flugs regelmäßig die Temperatur der Fluggäste gemessen haben. Schlafen praktisch unmöglich.“ Nach der Ankunft in Peking ging es von einer Test-Station zur nächsten, bis alles ausgefüllt und erledigt war. Im Hotel hieß es dann auf die Auswertung der Covid-Tests zu warten. „So erleichtert war ich noch nie über ein negatives Testergebnis. Die Angst vor einem positiven Test war aber auch während Olympia stets da. Getestet wurde am Abend und erst am Morgen beim Verlassen des Hotels kam die Stunde der Wahrheit. Nur wenn die Akkreditierung grün aufl euchtete, konnte man die Absperrung hinter sich lassen. Immer wieder hörten wir von Kollegen, die von der Quarantäne-Polizei abgeholt wurden.“ Auch eine unliebsame Überraschung: „Englisch ist in China Mangelware und Leute zu fi nden die einem wirklich helfen können, war aufgrund der Sprachbarrieren nicht immer ganz einfach.“
Riesige Anlagen, große Entfernungen
„Los ging’s“, so Patrick Steiner, „immer um sechs Uhr früh. Denn die Anfahrten dauerten – abhängig vom Bewerb – bis zu vier Stunden. Irrfahrten eingeschlossen – nicht beim Pressecenter angekommen zu sein, sondern beim in entgegengesetzter Richtung liegenden Broadcastcenter. Nach der Siegerehrung sind wir dann am Abend wieder zurück im Hotel gewesen. Internet hat gut nur im Speiseraum des Hotels funktioniert. Ein Buch lesen – und das war’s dann. Sightseeing in Peking – privat und zu Fuß – war praktisch ausgeschlossen, nicht erlaubt.“ „Wer mich aber besonders beeindruckt hat, das waren die Volunteers – junge Leute, die stets bereit waren, einem zu helfen Und die sprechen dann meist auch Englisch“, erlebte Patrick Steiner die positive Seite des Gastgeber-Landes. „Man hat wirklich gemerkt, dass sich die meisten Leute hier freuen, Gäste aus aller Welt in ihrem Land zu begrüßen und etwas über andere Länder zu erfahren. Sich ein Bild über die Wettkampfstätten zu machen, war ganz wichtig“, so Patrick
Steiner. „Denn die Foto-Positionen waren zugeordnet. Nirgendwo anders durfte man sich bewegen.“ Selbst wenn es da und dort aufgrund unterschiedlicher Kultur, Sprache oder anderen Dingen nicht so funktionierte: „So freundlich und hilfsbereit wie die Chinesen uns hier behandelt haben – das habe ich noch nicht oft erlebt.“ Was immer wieder Gesprächsthema war und natürlich auch in Österreich zu Mit Steigeisen im flachen Gelände sehen war – die extreme Kälte. „Ich war zum Glück darauf
Aus erster Hand, GEPA-Fotografen in Peking bei der Arbeit schon eingestellt, weil ich mich informiert habe, dass im Februar durchschnittlich minus 16 Grad gemessen werden“, zeigte Steiner sich vorbereitet. „Mit Hilfe von beheizten Westen, Handschuhen und Wärmepads war also alles halb so schlimm.“ Und was war sein persönliches Highlight bei seinen ersten Olympischen Spielen? „Die zwei Tage Aufenthalt direkt in Peking, um den Snowboard Big Air zu fotografi eren. Gekrönt wurde das Ganze dann noch mit der Goldenen von Anna Gasser. Das war die Medaille, die ich unbedingt fotografi eren wollte und es hat mich mega gefreut, dass es tatsächlich so gekommen ist.“ Beim Skype-Telefonat mit KLIPP sitzt Patrick Steiner am Abend gerade im Speisesaal des Hotels. „Die Restaurants innerhalb unserer kleinen Blase waren super. Auch was man sonst so braucht, konnte man alles innerhalb der Blase fi nden. Außer Gummibären, zu meinem großen Bedauern.“ Und an diesem Abend gönnt er sich mit einem Kollegen das erste Mal ein chinesisches Bier. Und über‘s Telefon gab‘s ein: Prost! PS: „Unsere Fotografen haben von bzw. während Olympia exakt 11.333 Fotos geschossen“, so GEPA-Geschäftsführerin Ingrid Gerencser. „Und weitere tausende bei den Patrick Steiner (li.), re mit Kollegen Matic Klansek Velej Paralympics.“
